![]() |
Online Publications |
|
Towards Cybersociety and "Vireal" Social Relations |
||
Auf dem Weg zur "Cyberdemocracy"? Auswirkungen der Computernetze auf die öffentliche politische Kommunikation Universität Zürich, Juli 1996 1 Methodologische Vorbemerkungen zu den Schwierigkeiten und Grenzen soziologischer Medienanalyse 2 Konstitutive Funktionsprinzipien einer elektronischen "Netzöffentlichkeit"
3 Einige Konsequenzen und Folgeprobleme für den Prozess politischer Demokratie
4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Methodologische Vorbemerkungen zu den Schwierigkeiten und Grenzen soziologischer Medienanalyse
Kommunikationsmedien sind - per definitionen - funktional hoch
generalisierte technische Einrichtungen, die unter
verschiedenartigsten Situationsbedingungen für den Transport
vielfältigster Informationsinhalte von beliebigen Sendern an
beliebige Adressaten zur Verfügung stehen. Bei der Erfindung der Schrift konnte man sicher nicht wissen, dass sie einmal zur Grundlegung von Offenbarungsreligionen, zur individuellen Selbstreflexion im Tagebuch oder zur revolutionären Massenmobilisierung (via Flugblätter) Verwendung finden würde. Heinrich Hertz hat für die von ihm entdeckten elektromagnetischen Wellen ausdrücklich nur spielerische Anwendungsmöglichkeiten gesehen und in keiner Weise ihren konstitutiven Einfluss auf Öffentlichkeit und Politik antizipiert, der uns heute beispielsweise fragen lässt, ob moderne soziale Bewegungen überhaupt nur noch in der Symbiose mit dem Fernsehen lebensfähig seien (vgl. Imhof 1996) oder ob in der politischen Arena ein Wechsel von Parteimedien zu Medienparteien zu diagnostizieren sei (vgl. z.B. Plasser 1985: 9ff.) Die wissenschaftliche Analyse eines Kommunikationsmediums
würde deshalb bedeuten: die umfassende Mitobjektivierung aller
individuellen und gesellschaftlichen Bezüge, in denen sich seine
Funktionalität in irgendeiner (sei es bedingenden, mitprägenden
oder gar konstitutiven) Weise realisiert.
Dank dieser Vielseitigkeit können computergestützte Kommunikationsnetze der Verbreitung philosophischer Weisheiten ebenso dienen wie der Propagation primitivster emotionaler Ausbrüche ("flames"), und sie können das produktive wissenschaftliche Gespräch ebenso fördern wie den Austausch pornographischer Bilder oder die terroristische Konspiration. Von keiner anderen Kommunikationstechnologie wäre es so
abwegig, im Sinne McLuhans zu behaupten, dass "das Medium die
Botschaft" sei: d.h. also dass in ihrer technologischen
Konstituiertheit spezifische Formen und Begrenzungen der
Funktionalität bereits fest eingegossen seien.
Manches spricht vielmehr dafür, dass wir in den digitalen
Computernetzen in embryonaler Form ein "Supermedium" vor
uns haben, das zumindest potentiell in der Lage ist, alle
bisherigen Kommunikationsmedien in sich zu vereinigen und durch
zusätzliche, bisher nicht verfügbare Funktionsleistungen zu
komplettieren.
Denn die Bedeutung der Digitalisierung besteht darin, dass
sämtliche Informationen in einfachstmögliche Elementarbausteine
(bits) zerlegt werden: unabhängig davon, ob es sich auf der
Makroebene um Sprache, Schrift, Töne, Bilder, Videosequenzen,
Zeichnungen (oder evtl. gar taktile und olfaktorische)
Kommunikationsformen handelt (vgl. Negroponte 1995).
Dementsprechend wird es unerlässlich, bei der Analyse des
Internet zumindest die drei folgenden Ebenen klar zu
unterscheiden:
Sozialwissenschaftler müssen sich klar darüber werden, dass sie mit ihrem Rüstzeug empirischer Methodik und theoriegeleiteter Dateninterpretation nur für die erste (weitaus uninteressanteste) dieser drei Aufgaben geeignet sind. Bereits die zweite Aufgabe benötigt weit über durchschnittliche Wissenschaftlerqualifikationen hinausgehende Fähigkeiten kreativer Phantasie: um sich bisher noch unrealisierte Anwendungsformen vorzustellen zu können und funktional auf gegebene soziale Realitäten und Bedürfnislagen oder kulturelle Werthaltungen und Zweckorientierungen zu beziehen. Die dritte Aufgabe der Zukunftsprospektion muss wohl weitgehend der Phantasie von Science Fiction Autoren überantwortet werden. Denn hier sieht sich der Soziologe selbst in seiner - eher intellektuellen als professionellen - Rolle des Gesellschaftsprognostikers (sei es des warnenden Propheten oder des verheissenden Visionärs) grundsätzlich überfordert, weil es angesichts möglicher technischer Innovationen fraglich ist, welche der momentan sichtbaren Entwicklungen in die Zukunft extrapoliert werden können. Deshalb bleibt nur die viel bescheidenere tentative Aufgabe,
innerhalb eng begrenzter Funktionsfelder in der aktuellen
empirischen Realität der Computermedien nach Indizien für ihre
Entwicklungsmöglichkeiten in der kurz- und mittelfristigen
Zukunft zu fahnden - und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen,
die eher den Charakter alternativer Szenarien als wahrscheinlicher
Voraussagen besitzen.
So wird im folgenden unterstellt, dass die politische
Öffentlichkeit unserer Gesellschaft bereits in den nächsten
Jahren völlig neue Entfaltungschancen gewinnen wird, die
2. Teil Konstitutive Funktionsprinzipien einer elektronischen "Netzöffentlichkeit" 2.1 Computernetze als Konstitutionsbasis einer dezentralisiert-interaktiven politischen Öffentlichkeit Ein erster Zugang zu den funktionalen Kapazitäten des Internet ergibt sich aus der Feststellung, dass es gewisse technologische Asymmetrien in der bisherigen Medienentwicklung beseitigt, die der Entfaltung einer demokratischen Öffentlichkeit bisher hinderlich entgegen gestanden haben.
Typologie der Kommunikationsmodi:
Jeder oberflächliche Blick in die Mediengeschichte zeigt, dass
sich die obgenannten vier Modi der Kommunikation technologisch in
höchst unterschiedlichem Masse entwickelt haben. Im Vordergrund standen eindeutig "one-to-many" -
Technologien, die seit dem Aufkommen des Buchdrucks in Führung
gegangen sind, um dann im 19. Jahrhundert durch die Massenpresse
und in unserem Säkulum durch Radio und Fernsehen nochmals eine
immense Steigerung zu erfahren.
Im Bereich dezentral-interaktiver Kommunikation ist eigentlich
nur das Telephon als wesentliche Neuerung aufgetreten. Dieses aber
hat nur wenig zur Erleichterung von sozialen
Kollektivierungsprozessen beigetragen, weil es aufgrund seiner
objektiven technischen Eigenschaften praktisch ausschliesslich
für diadische Dialoge Verwendung findet. Genau umgekehrt hat es
dadurch, dass es diadische Kommunikationsbeziehungen strukturell
isoliert, wahrscheinlich vielerlei Kollektivierungsprozesse
behindert und damit zur Entpolitisierung
beigetragen.
Diese Entwicklung steht also schon seit Anfang an in einem unauflösbaren Spannungsverhältnis zum aufklärerischen Idealmodell einer politischen Öffentlichkeit, die sich bekanntlich durch die Gesamtheit der gebildeten Bürger konstituiert, welche ungeachtet ihrer zugeschriebenen Herkunftsmerkmale (Ethnie, Religion, Stand) als Gleiche unter Gleichen in einen herrschaftsfreien öffentlichen Diskurs miteinander treten, um einen vernünftigen Konsens zu realisieren (vgl. z.B. Habermas 1962; 1990: passim). Denn einerseits befindet sich der Schwerpunkt wahrhaft interaktiver Kommunikation weitestgehend im Bereich kleiner face-to-face-Gruppen, die auch dann, wenn sie für jedermann frei zugänglich sind (wie z.B. Kaffeehäuser oder Gemeindeversammlungen) immer noch geschlossene Kreise darstellen, deren innere Vorgänge einer weiteren Öffentlichkeit nicht zugänglich sind. Und andererseits handelt es sich bei öffentlichen Kommunikationen überwiegend um Einwegemissionen (Publikationen, Fernsehsendungen usw.), die die Empfänger in die einseitige Rolle schierer Rezipienten drängen und deshalb auch kaum geeignet sind, den Emittenten gehaltvolle Informationen über die Wirkungen ihrer Botschaften zu vermitteln. Vor allem die Vertreter der Frankfurter Schule, aber auch viele andere Kritiker haben darauf hingewiesen, in welchem Ausmass das Aufkommen organisierter Parteien und Grossverbände sowie die Zentralisierungsprozesse in Presse, Radio und Fernsehen dazu geführt haben, dass die Partizipationschancen immer ungleicher verteilt sind und dass an die Stelle des offenen Raisonnements immer mehr die in propagandistischer Absicht "veröffentlichte Meinung" tritt, die den normalen Bürger nur noch als passiven, hin und wieder zur "Akklamation" aufgerufenen Rezipienten ins Kalkül einbezieht: "Mit der Kommerzialisierung und der Verdichtung des Kommunikationsnetzes, mit dem wachsenden Kapitalaufwand für und dem steigenden Organisationsgrad von publizistischen Einrichtungen wurden die Kommunikationswege stärker kanalisiert und die Zugangschancen zur öffentlichen Kommunikation immer stärkerem Selektionsdruck ausgesetzt. Damit entstand eine neue Kategorie von Einfluss, nämlich eine Medienmacht, die, manipulativ eingesetzt, dem Prinzip der Publizität seine Unschuld raubte. Die durch Massenmedien zugleich vorstrukturierte und beherrschte Öffentlichkeit wuchs sich zu einer vermachteten Armee aus, in der mit Themen und Beiträgen nicht nur um Einfluss, sondern um eine in ihren strategischen Intentionen möglichst verborgene Steuerung verhaltenswirksamer Kommunikationsflüsse gerungen wird" (Habermas 1990: 28). Dementsprechend zeigt sich auch, dass die meisten sozialen
Bewegungen nicht etwa in spontanen Assoziierungen betroffener
Einzelbürger, sondern in gezielten Aktionen zentralistischer
Mobilisierung (z.B. durch präexistierende Verbände oder "social
entrepreneurs") ihren Ursprung haben (Oberschall 1973;
McCarthy/Zald 1984). Namen wie Murdoch, Kirch, Berlusconi, Ted Turner etc.
signalisieren den gerade heute sich stark beschleunigenden
globalen Konzentrationsprozess privater Medienmacht, der mit der
strikt nationalen Reichweite demokratischer politischer
Öffentlichkeit in ein wachsendes Diskrepanzverhältnis tritt
(vgl. Keane, 1991: 52ff.).
Analog dazu hat die rasch voranschreitende Pressekonzentration
im Lokalbereich zur Folge, dass selbst grössere Städte (wie
z.B. Luzern) immer häufiger nur noch eine einzige Zeitung
besitzen.[2]
Diese beispiellose Zentralisierung medialer Kontrollmacht steht
im paradoxen Gegensatz zum wachsenden gebildeter und politisch
interessierter Bevölkerungsschichten, die motiviert und befähigt
sind, sich in aktiv-kommunikativer Weise an der öffentlichen
Meinungsbildung mitzubeteiligen.[3]
So muss Habermas zugestehen, dass sogar unter diesem zunehmend
"vermachteten" Medienregime seit den 1960er-Jahren eine
erstaunlich aktive politische Partizipationskultur herangewachsen
ist, die in vielerlei virulenten sozialen Bewegungen ihren
Ausdruck fand: Habermas glaubt also, dass auf kultureller und sozialpsychologischer Ebene sich innerhalb unserer Konsumgesellschaft wachsende politische Aktivitätspotentiale gebildet haben - und würde deshalb wohl leicht zugeben, dass Technologien, die diesen Artikulationsbedürfnissen entgegenkommen, heute auf eine beträchtliche Nachfrage stossen. Im Lichte dieser Analyse liegt die vielleicht fundamentalste
funktionale Bedeutung der Computernetzwerke darin, dass sie - zum
erstenmal in der Mediengeschichte - alle vier kommunikativen Modi
auf dieselbe technologische Basis stellen und in einen
übergreifenden Gesamtzusammenhang integrieren (vgl. z.B.
Quarterman 1993). Erst mit den Computernetzen wird die Vorstellung einer gleichzeitig maximal öffentlichen und maximal interaktiven Kommunikationssphäre zu einer greifbaren Realität. Erst hier kann ein reziproker Austausch von Informationen, Meinungen u.a. stattfinden, der einerseits den Partizipanten maximale Chancen freier Selbstartikulation belässt, und ihnen andererseits die Chance gibt, ihre Aussagen in eine Arena globaler Öffentlichkeit einfliessen zu machen. Erst jetzt wird es möglich, selbst in privatesten Lebensumständen, an entlegendsten geographischen Standorten und zu unkonventionellsten Tages- und Nachtzeiten nicht auf den Zugang zu öffentlicher Kommunikation zu verzichten und selbst für die spontanste subjektive Äusserung eine potentiell weltweite Resonanz zu finden. Wenn die konventionellen Massenmedien mit ihrer radialen Kommunikationsstruktur zu einer Stärkung autoritär-hierarchischer Institutionen beigetragen haben, werden die Computernetze jenen dezentralisierten und informellen Interaktionssystemen technische Unterstützung verleihen, die im Selbstverständnis unserer demokratischen Gesellschaft zwar schon lange als unverzichtbar gelten, im bisherigen öffentlichen Raum aber nur geringe Entfaltungs- und Einflusschancen gefunden haben.
Die klassische Öffentlichkeit hat sich in der Aufklärung zuerst in sehr exklusiven Zirkeln (Salons, Lesegesellschaften, Bildungssozietäten, ja sogar freimaurerischen Geheimbünden) konstituiert (Habermas 1990: 14). Mit dem Pressewesen und den elektronischen Sendemedien Radio und Fernsehen hat sich im 19. und 20. Jahrhundert zwar eine unüberbietbar inklusive Öffentlichkeit entwickelt: aber mit den untragbar hohen Kosten, dass die meisten Partizipanten auf eine ausschliesslich rezeptive Teilnahmerolle zurückgebunden wurden. So haben die konventionellen Medien eine ausserordentlich tiefe
Kluft zwischen "Der Kommunikationszusammenhang eines räsonnierenden Publikums von Privatleuten ist zerrissen; die aus ihm einst hervorgehende öffentliche Meinung ist teils in informelle Meinungen von Privatleuten ohne Publikum dekomponiert, teils zu formellen Meinungen der publizistisch wirksamen Institutionen konzentriert" (Habermas 1990: 356). Die elektronischen Kommunikationsnetze können als eine Brücke
zwischen diesen beiden Sphären verstanden werden, indem sie es
allen Individuen ermöglichen, ihre Artikulationen ohne besonderen
Aufwand in die Öffentlichkeit zu tragen, ohne ihnen dadurch die
Verbindlichkeit von Zeitungsfrontnachrichten oder "TV-Prime
Time News" zu verleihen. So bieten Computernetze die erstens gleichzeitig billigste, schnellste und zuverlässigste Art, Daten in beliebiger Menge über beliebige geographische Distanz zu übertragen (Bonchek 1995. Diese Vorteile mögen in der Dritten Welt eher noch stärker als in hochentwickelten westlichen Ländern zu Buche schlagen, weil häufig besonders grosse Distanzen zu überbrücken sind und weil die einheimischen Post und Telephondienste meist nicht befriedigend funktionieren. Zweitens ist es bedeutsam, dass die Teilnahme an Computerkommunikation mit praktisch beliebigen situativen Bedingungen und Rollenverhältnissen eines Individuums vereinbar ist, weil sie zu jedem beliebigen Zeitpunkt und an jedem beliebigen Ort erfolgen kann. Dies ist vor allem für all jene Personenkreise vorteilhaft, die - wie z.B. Invalide, Klinikpatienten, Gefängnisinsassen oder Bewohner abgelegener Gebirgsregionen - infolge physischer Behinderungen oder ungünstiger Standorte von vielerlei anderen Kommunikationsmöglichkeiten ausgeschlossen sind. Drittens kommt hinzu, dass die im Internet agierende Diskussionszirkel einen grundsätzlich öffentlichen Status besitzen und deshalb auch für "Aussenstehende" zugänglich sind, die beispielsweise nicht über eine formelle Vereinsmitgliedschaft oder einen sonstigen Zugehörigkeitsausweis verfügen.[5] An die Stelle derart zugeschriebener oder durch autoritative institutionelle Akte verliehener Statusmerkmale und Mitgliedschaften tritt die Eintragung in die "mailing list", die von jedem einzelnen vollzogen wird und zu jedem Zeitpunkt begründungslos zurückgezogen werden kann. Daraus wiederum folgt, dass virtuelle Gruppen grundsätzlich mit einer sehr volatilen, hinsichtlich Umfang, Zusammensetzung und Aktivitätsweisen unberechenbar fluktuierenden Anhängerschaft rechnen müssen, die eine nicht voraussehbare Vielfalt unterschiedlicher Standpunkte und Meinungen artikulieren. Dank dieses niederschwelligen Zugangs liegt der Schwerpunkt des Internet eindeutig in der Sphäre subinstitutioneller Basiskommunikation , wo bisher informelle face-to-face Gruppen (wie z.B. Stammtischrunden Salonzirkel) vorherrschend waren. Die Bedeutung dieser elementarsten Kommunikationsebene besteht darin, dass sich hier die Verknüpfung und der osmotische Austausch zwischen der individuellen Ebene persönlicher Einstellungen und der intersubjektiven Ebene sozialer Meinungsbildung vollzieht. Einerseits finden die Individuen in diesen elementaren Interaktionskontexten eine besonders niederschwellige Gelegenheit, ihre subjektiven Werthaltungen, Situationsbeurteilungen, Vorschläge u.a. in soziale Kommunikationsprozesse einfliessen zu lassen, die vielleicht wiederum die Basis für formellere und institutionsnähere Kommunikationsvorgänge (z.B. in den Massenmedien) bilden. Andererseits bildeten diese informellen Interaktionsfelder bisher umgekehrt auch immer Instanzen der Sozialisation und sozialen Kontrolle, die auf diese selben subjektiven Einstellungen im konstituierenden oder modifizierenden Sinne Einfluss nahmen.[6] Mit den elektronischen Diskussionsgruppen im "Usenet" ist nun eine zusätzliche Ebene informeller öffentlicher Kommunikation entstanden, die der Stammtischrunde einerseits sehr viel näher steht als den konventionellen Massenmedien, ohne andererseits deren soziale Kontrollwirkung mitzuimplizieren. In mancher Hinsicht kann man gar sagen, dass hier das Niveau hergebrachten face-to-face Gruppen durch eine noch basalere Kommunikationsebene unterboten wird, weil sie dem unmittelbaren Artikulationsbedürfnis der Individuen überhaupt keine Hemmungen entgegensetzt und damit dazu prädestiniert ist, die höchste Komplexität, Mannigfaltigkeit und Variabilität von Themenstellungen und Meinungsäusserungen zu generieren. So wird sich ein Teilnehmer am Usenet weniger gehemmt fühlen, auch höchst unpopuläre, exotische, unmoralische oder sonst wie abwegige Positionen zum Ausdruck zu bringen, weil es im Gegensatz zu face-to-face Gesprächen nicht damit rechnen muss, sich missbilligenden Blicke oder Bemerkungen anwesender Kollegen zuzuziehen oder gar auf Dauer ihre freundschaftliche Zuwendung zu verlieren. Je grösser und je heterogener die Teilnehmerschaft an einer "newsgroup", desto mehr darf ich damit rechnen, auch für höchst seltsame Themen und Meinungen irgendwo in der Welt auf Resonanz und Zustimmung zu stossen - und je grösser die Zahl der verfügbaren Gruppen, desto besser die Chance, dass ich mich auch als Extremist, als Chaot oder Sozialutopist irgendwo in passender Gesellschaft fühle. So führen interaktive Computernetze erfahrungsgemäss eher dazu, dass
Individuen ihre initialen Divergenzen und Idiosynkrasien noch
verstärken, während die konventionellen Formen informeller
Kommunikation eher konvergierende und homogenisierend wirken, weil
die Partner bestrebt sind, wechselseitig nicht als allzu
abweichend und dissensual zu erscheinen.[7]
Bezeichnenderweise tummeln sich im Internet besonders viele
Gruppen mit überaus extremistischer und exotischer Ausrichtung,
die - wie z.B. rassistische Neo-Nazis, militante antifeministische
Männergruppen und andere "hate groups") in einer
besonders grossen Distanz zur dominierenden Wertekultur stehen
(Schneider 1995; Sowa 1995b). Sie profitieren alle von der Möglichkeit, sich ohne das Risiko
von Zensur und Sanktionen frei artikulieren zu können, da es für
die Teilnahme - im Gegensatz etwa zum Verfasser von Leserbriefen -
nicht erforderlich ist, seine wahre Identität preiszugeben und
sich der Selektivität irgendwelcher Herausgeber und Redakteure zu
unterziehen.
Bei manchen von ihnen mag es sich um den embryonalen Keim einer
neuen sozialen Bewegungsgruppe handeln, die in Zukunft vielleicht
expansiv an die Öffentlichkeit tritt und Zugang zu
konventionelleren Medienkanälen gewinnt. Als Folge ihrer Inklusivität nimmt die neue elektronischen Öffentlichkeit einen extrem heterogenen Charakter an, weil sich nicht nur menschliche Personen unterschiedlichster sozio-kultureller Provenienz, sondern auch vielerlei supraindividuelle Akteure (Vereinigungen, Unternehmen, Institutionen, Behörden u.a.) gleichwertig daran mitbeteiligen. Dadurch ist es ausgeschlossen, dass sich die neue Öffentlichkeit - wie im idealistischen Verständnis von Habermas - als ein Kreis reiner "Privatpersonen" konstituiert, die einen von allen Zentren institutioneller Macht losgelösten - und damit aussschliesslich der kritischen Vernunft verpflichteten - Diskurs untereinander führen. Vielmehr entsteht ein extrem "polymorphes" Kommunikationsfeld, in dem es wahrscheinlich wird, dass private Interessenstandpunkte mit den Sichtweisen organisierter Kollektive und offizieller Behördeinstanzen in Berührung treten. Dies korrespondiert mit einer Gesellschaft, die im Gegensatz zur frühbürgerlichen Ära nicht mehr eine saubere Trennung zwischen "Staat" und "Gesellschaft" aufweist, sondern eine komplexe Gemengelage, die durch eine wachsende Interpenetration zwischen öffentlicher und privater Sphäre und ein disproportionales Anwachsen eines intermediären Bereiches der "Paraöffentlichkeit" (Privatunternehmungen, privatrechtliche Verbände u.a.) gekennzeichnet ist.
2.3 Die Abstrahierung und Anonymisierung der kommunikativen Subjekte Damit sich die Kommunikationspartner in der Öffentlichkeit als Gleiche begegnen können, ist es notwendig, ihre höchst unterschiedlichen Statusmerkmale im Kommunikationskontext zu neutralisieren. Dies ist so lange schwierig, ja undenkbar, als die Teilnehmer bereits aufgrund ihrer äusseren Erscheinung als Angehörige bestimmter Wandelsgruppen oder Statuskategorien (z.B. als Adlige, Bauern, Städter, Akademiker u.a.) erkennbar sind. "Wie sehr sich Tischgesellschaften, Salons und Kaffeehäuser in Umfang und Zusammensetzung ihres Publikums, im Stil des Umgangs, im Klima des Räsonnements und in der thematischen Orientierung unterscheiden mögen, sie organisieren doch allemal eine der Tendenz nach permanente Diskussion unter Privatleuten. Zunächst ist eine Art des gesellschaftlichen Verkehrs gefordert, der nicht etwa die Gleichheit des Status voraussetzt, sondern von diesem überhaupt absieht. Die Parität, auf deren Basis allein die Autorität des Arguments gegen die der sozialen Hierarchie sich behaupten und am Ende auch durchsetzen kann, meint im Selbstverständnis der Zeit die Parität des 'bloss Menschlichen'" (Habermas 1990: 97). Aus diesem Grund hat sich in der feudalen Gesellschaftsordnung
keine Öffentlichkeit im modernen Sinne ausbilden können, weil
die Individuen die Insignien ihrer sozialen Herkunftsgruppe immer
sichtbar mit sich herumtrugen und in jeder sozialen Situation als
Exponenten ihres Standes erkennbar waren. Das Usenet mit seiner strikten Ausfilterung aller persönlichen
und sozialen Attribute ist nur eine logische Fortsetzung dieses
langfristigen Trends.
Erst die Umstellung von face-to-face Kommunikation auf
elektronischen Meinungsaustausch bietet die Basis, um auch die
nicht durch Kleidung verdeckbaren Status- und
Persönlichkeitsmerkmale, wie sie mit dem Geschlecht, dem Alter,
der Hautfarbe oder physischen Körperbau verbunden sind, wirksam
zu neutralisieren. Botschaften und Dokumente im Internet sind grundsätzlich im
dreifachen Sinne "kontextfrei", weil nicht zweifelsfrei
eruiert werden kann
Bei vielen Netzkommunikationen ist es grundsätzlich
unklar, ob ihr Absender als Privatperson seine persönlichen
Meinung zum Ausdruck bringt oder ob er als Exponent (bzw.
mandatierter Repräsentant) einer Gruppe, Vereinigung, Institution
oder Behörde einen überpersönlichen Kollektivstandpunkt
artikuliert. Manchmal steht nicht einmal zweifelsfrei fest, ob die
Äusserung überhaupt einem kommunikationsfähigen Subjekt
zugerechnet werden kann und nicht vielmehr von einem artifiziellen
Softwareagenten ("chatterbot") stammt, der mit der
Absicht, vielleicht den "Turing Test"
[10]zu bestehen, ins Netz eingeschmuggelt wurde
(vgl. z.B. Turkle 1995: 77ff.).
Zu den Kosten und Risiken einer derart weitgehenden
Anonymisierung gehört, dass die Kommunikation sich auf semantisch
immanent eindeutige Wörter, Sätze, Texte oder intertextuelle
Strukturen beschränken muss, weil es nicht mehr möglich ist,
Mehrdeutigkeiten durch Rekurs auf die personalen oder sozialen
Merkmale ihres Autors zu reduzieren. Dementsprechend hängt das Verständnis der Aussagen (und a
fortiori: die Interpretation von Zeichnungen, Bildern,
Video-Sequenzen etc.) völlig davon ab, dass sie
"selbsterklärend" (self-explaning) sind: sei es, dass
die verwendeten Zeichen, Begriffe und Sätze im Kontext der
Meldung (bzw. des Diskussionsstrangs, dem sie angehört) selber
hinreichend definiert werden, sei es, dass sie eine bereits
vorgängig klar präzisierte, stabile und universell konsensuale
Bedeutung besitzen (Kerr/Hiltz 1982).
Dies wiederum bedeutet, dass Netzkommunikation grundsätzlich
wohl immer vorwiegend verbale Kommunikation bleiben wird, ja dass
der Trend sogar zu komplexeren Textgebilden gehen wird, die es
erlauben, den Sinn verwendeter Wörter immanent-hermeneutisch
(d.h. aus ihrer Stellung im sprachlichen Gesamtzusammenhang) zu
erschliessen.[11] Die Abhängigkeit von definitiv fixierten und konsensualen Wortbedeutungen bedeutet, dass Computer-Netzwerke kaum dazu geeignet sind, die Sinnbedeutung verwendeter Zeichen im Kommunikationsprozess selber endogen zu präzisieren oder evolutiv weiterzuentwickeln. Wenn in einem Netzdokument beispielsweise von "Freiheit" oder "Demokratie" die Rede ist, wenn an "Solidarität" appelliert oder zur "Wahrung des Rechts" aufgerufen wird, muss der Text wohl den meisten Rezipienten zwangsläufig als unverständliches Geschwätz erscheinen, weil derart vieldeutige Begriffe nur im Kontext konkreter Personen, Situationen und Intentionen eine substantiierbare Bedeutung erhalten. Deshalb dürften elektronische Kommunikationen wohl immer eher "sinnreproduzierend " als "sinnkonstituierend " bleiben und damit einen "sekundären" Status gegenüber jenen weniger technisierten "Primärkommunikationen" (insbesondere face-to-face Kontakten) behalten, in denen sich genau diese sinnerzeugenden Leistungen vollziehen. Elektronische Kommunikation entfaltet sich deshalb am besten innerhalb bereits gefestigter Gruppierungen, in denen dank dichter vorgängiger Primärinteraktion hoch spezifizierte, standardisierte Verständigungscodes entstanden sind, die es den Teilnehmern ermöglichen, sich durch sehr knapp gehaltene Meldungen erfolgssicher zu verständigen. "One of the mistakes made by many organizations in their zeal to get on the Net is to assume 'if you build it, they will come'. Instead, the most successful uses of the Internet are those where a community of interest exists before a Website is ever brought online. The Web can play its natural role as a facilitator for discussion and a vehicle for the dissemination of information" (Holdren 1995: 51). Paradoxerweise findet sich
gelingende Computer-Kommunikation
deshalb oft häufig innerhalb von lokal begrenzter, durch
vielfältige kulturelle Vorverständigungen zusammengeschweisster
Diskursgemeinschaften (z.B. innerhalb kommunaler Free-Nets) statt,
wo ihre faszinierende Kapazität zur Überbrückung beliebig
weiter geographischer Distanzen überhaupt nicht zur Geltung
gelangt. Ebenso besitzt das Internet eine immanente Affinität zu fundamentalistischen
Gruppen , weil diese ihren Konsens aus einer gemeinsamen
wörtlichen Interpretation bestimmter Texte beziehen (und deshalb
nur wenig auf zusätzliche sinnkonstituierende Aktivitäten, die
ausserhalb des Netzes stattfinden müsste) angewiesen sind. Es erscheint kaum denkbar, dass beispielsweise Popstars oder Präsidentschaftskandidaten in der Lage wären, sich innerhalb des Internets diese primäre öffentliche Reputation zu verschaffen, die zur erfolgreichen Selbstdarstellung in diesem selben Medium erforderlich ist. Denn wie sollten sie von irgend jemandem bemerkt werden, wenn ihnen jede Möglichkeit fehlt, sich ihrer Klientele unfreiwillig aufzudrängen, wie dies beispielsweise mittels aufdringlicher Strassenplakate oder TV-Spots gelingt? So mögen auch politische Parteien zukünftig das Paradox erfahren, dass sie sogar mehr Mittel als bisher in konventionelle Medienkampagnen investieren müssen, damit ihre Kandidaten jene öffentliche Sichtbarkeit und Reputation erhalten, die für eine (daran anschliessende) "Vermarktung" auf dem Internet die Voraussetzung bildet.
2.4 Institutionelle Marginalität Als Gegenstruktur zu den - immer zur Exklusion und Geheimhaltung neigenden - oligarchischen Eliten und formalen Institutionen - ist jede Form von "Öffentlichkeit" auf jene informellen gesellschaftlichen Entfaltungsräume verwiesen, die der Kontrolle politischer und wirtschaftlicher Machtzentren unzugänglich sind und sich den Prinzipien hierarchischer Bürokratisierung entziehen. Ihre besten Promotoren sind politisch randständige, andererseits aber dank ihres Bildungsniveaus gut artikulationsfähige soziale Schichten, die in der maximalen öffentlichen Verbreitung ihrer Ideen die Chance sehen, ihre institutionelle Randständigkeit zu kompensieren und/oder mit Unterstützung dieser Öffentlichkeit in die Zentren gesellschaftlicher Macht vorzudringen (Habermas 1962; 1990: passim). Natürlich ist diese Marginalität dann besonders unverzichtbar, wenn es möglich bleiben soll, die Öffentlichkeit als ein Forum schonungsloser Gesellschaftskritik funktionsfähig zu erhalten oder in ihrem Rahmen gar strukturierte Gegenpositionen zur dominierenden politisch-gesellschaftlichen Ordnung zu kultivieren. Diese Möglichkeit wird in dem Masse bedroht, als zur Konstituierung öffentlicher Kommunikation sehr aufwendige technisch-organisatorische Apparate (z.B. Fernsehanstalten, Satellitenanlagen, Farbtiefdruckmaschinen usw.) erforderlich sind, die nur bei weitgehender Aufgabe dieser institutionellen Marginalität verfügbar werden.[12] In diesen Fällen bleibt den auf Unabhängigkeit bedachten öffentlichen Kommunikatoren, nur der Weg, entweder innerhalb der Medieninstitutionen relativ wenig kontrollierte Nischen (z.B. im Rahmen einer garantierten "Redaktionsfreiheit") zu besetzen, oder aber innerhalb von ebenfalls bürokratisch konstituierten Gegenstrukturen (z.B. Gewerkschaften oder sozialistischen Parteien) zu agieren. Die neuen Computernetzwerke scheinen geeignet, zumindest einen
Teil der öffentlichen Kommunikation wieder aus solchen
grosstechnischen und gross-organisatorischen Abhängigkeiten zu
befreien. Ja mehr als das: sie scheinen sogar dazu prädestiniert,
zu einem vorrangig von marginalen Individuen und Gruppen benutzten
Kommunikationsmedium zu avancieren: etwa von denjenigen, deren
Leserbriefe bisher nicht abgedruckt wurden oder deren Papers in
wissenschaftlichen Zeitschriften keinen Eingang fanden.
So erscheint die Voraussage berechtigt, dass sich die politische Öffentlichkeit der Zukunft weniger einseitig als im Presse- und Fernsehzeitalter auf die nationale Ebene fokussieren wird, weil die Funktionsvorteile des neuen Mediums disproportional stark einerseits den transnationalen und andererseits den lokalen Kommunikationsebenen zuwachsen, die bisher beide durch hohe technisch-organisatorische Zugangsschwellen an ihrer Entfaltung gehindert worden sind.
2.5 Fragmentierung der Öffentlichkeit durch Katalyse von Heterogenität und Dissens Die grosse Wertschätzung der Aufklärung für die
Öffentlichkeit entstand aus der selbstverständlichen Annahme,
dass der allerseits zugängliche, freie egalitäre Diskurs ohne
weiteres Zutun in einer konvergenten "öffentlichen
Meinung" resultieren würde, in der sich eine der
nichtöffentlichen Kommunikation des Adels und der staatlichen
Behörden überlegene allgemeine Vernunft manifestieren würde.
Nur dieser Glaube an die selbsttätige Konvergenzwirkung
öffentlicher Kommunikation erlaubte es, die 'öffentliche Meinung' als eine (!) zentrale politische Kraft zu
hypostasieren, der sich selbst die Herrscher zu beugen hätten.
Nur auf dieser Grundlage ist die Position John Lockes
verständlich, der in der öffentlichen Meinung neben Gott und
Staat die dritte Rechtsquelle sah; oder die Position Neckers, der
die öffentliche Meinung zum obersten Kriterium des politischen
Handelns erhob.
Im Gefolge der Physiokraten waren sich die meisten grossen
Geister des 18. Jahrhunderts (Rousseau, Kant, Locke u.a.) einig in
ihrem Bestreben, der von oben aufoktroyierten Aufklärung durch
fortschrittliche absolutistische Monarchen eine von unten sich
spontan erzeugende "Selbstaufklärung der
Öffentlichkeit" gegenüberzustellen.
Ähnlich wie der Markt in der Wirtschaft ohne intentionales
Zutun der Teilnehmer eine effiziente und harmonische Tauschordnung
erzeugt, sorgt auch im öffentlichen Diskurs eine 'invisible hand'
dafür, dass aus dem Diskurs selbst wenig aufgeklärter
Einzelbürger eine sie allesamt übersteigende universelle
Vernünftigkeit emergiert, die auf das Rationalitätsniveau der
Teilnehmer wiederum positiv zurückwirken kann.
Dieser Konsensoptimismus hing evidenterweise eng damit
zusammen, dass als Teilnehmer am öffentlichen Diskurs damals nur
eine relativ homogene Schicht besitzender und gebildeter Bürger
männlichen Geschlechts in Frage kamen, die in der gemeinsamen
Frontstellung gegenüber den Reglementierungen des
absolutistischen Staates überdies sehr leicht zu konsensualen
Auffassungen gelangen konnten. In einem derart restringierten Rahmen konnte insbesondere auch
nicht erkannt werden, dass über die Grenzen zwischen
öffentlicher und privater Sphäre höchst divergierende Ansichten
bestehen[17] (Fraser
1992).
Je komplexer die Gesellschaft, desto eher kann eine einigermassen einheitliche (und damit: im politischen System relevante) öffentliche Meinung nur noch durch disziplinierte, von professionellen journalistischen Eliten gelenkte Massenmedien erzeugt und aufrechterhalten werden. So besteht die grundlegende funktionale Ambivalenz der Massenmedien darin, dass sie die Öffentlichkeit einerseits einer elitär-bürokratischen Steuerung unterwerfen, (und meisten Bürger(innen) dadurch in eine rein rezeptive Rolle drängen), andererseits aber gerade durch diese professionelle Selektivität eine politische relevante "öffentliche Meinung" erzeugen, die im Sinne der Aufklärung als politisches Führungs- und Kontrollorgan staatlichen Handelns fungiert. Höchst problematisch ist allerdings, dass es sich bei diesen professionellen Erzeugern, Lenkern und Repräsentanten der öffentlichen Meinung um selbsternannte Eliten handelt, die im Unterschied zu politischen Repräsentanten nicht wähl- und abwählbar sind und nicht im expliziten Auftrag irgendwelcher Bevölkerungsgruppen (Parteien, Verbände usw.) agieren. Trotz der restriktiven Öffentlichkeit zentralistisch
kontrollierter Massenmedien hat sich in den letzten Jahrzehnten
eine ausserordentlich "multikulturelle" Öffentlichkeit
ausgebildet, in der Feministinnen, Homosexuelle, Obdachlose,
Migrantengruppen, religiöse Fundamentalisten usw. ihre eigenen
manchmal voneinander astronomisch weit entfernten Diskurse führen
(vgl. z.B. Fraser 1992: 118ff.). Allerdings blieb dieser Differenzierungsprozess durch mannigfache
ökonomische Restriktionen relativ begrenzt, welche gerade in der
aktuellen Epoche des deregulierten privaten Fernsehens mannigfache
Minderheitsbedürfnisse im Interesse maximaler Zuschauerquoten
immer weniger Berücksichtigung finden.
Das Internet beschleunigt diese funktionale Differenzierung der
Öffentlichkeit in eine unbegrenzte Zahl teilweise äusserst
kleiner Teilöffentlichkeiten, indem jedermann in die Lage
versetzt wird, selber Themen einzubringen und in jedem
Spezialdiskurs seine eigenen Akzente zu setzen.
Die Konsenschancen sind in der neuen elektronischen
Weltöffentlichkeit schon deshalb gering, weil es sich um eine
globale Öffentlichkeit handelt, deren Exponenten nicht mehr wie
in der klassischen nationalen Öffentlichkeit in der gemeinsamen
Frontstellung gegen ein bestimmtes politisches Regime eine Basis
leicht erreichbarer Übereinstimmungen finden. Insbesondere kann auch nicht mit einem Konsens darüber gerechnet
werden, was überhaupt als "öffentlich", bzw. als
"privat" zu gelten habe: also zum Beispiel, ob auch
Gewaltanwendung in der Familie oder das Sexualleben von Politikern
dem Zugriff öffentlicher Thematisierung ausgeliefert werden
sollen (Fraser 1992).
Nach allen verfügbaren Forschungsbefunden ist
computergestützte Kommunikation überdies auch aus immanenten
technischen Gründen sehr viel besser dazu geeignet,
Heterogenität statt Homogenität zu produzieren. So ist sie äusserst hilfreich, wenn es darum geht, im Brainstorming
möglichst viele Lösungsvorschläge für ein
gegebenes Problem zu sammeln oder sich über die Vielfalt von
Denkweisen, Meinungen, Bewertungen Interessen oder Forderungen
einen Überblick zu verschaffen. Sehr viel weniger nützlich ist sie hingegen, wenn das Ziel darin
liegt, Überzeugungsarbeit zu leisten oder im Hinblick auf eine
Entscheidung Einmütigkeit zu generieren (vgl. Kerr/Hiltz 1982;
Sproull/Kiesler 1993).
Vor allem aber hat die radikale Trennung zwischen Sender und
Botschaft zur Folge, dass - insbesondere im Vergleich zu
Gruppenversammlungen - weniger konsensbildende Mechanismen wirksam
werden. Weil die Absender nicht sichtbar sind, sehen sich alle Beteiligten
sehr viel weitgehender als in allen anderen Kommunikationsmedien
genötigt, die Aufmerksamkeit ausschliesslich der objektiv
vorliegenden, von der Person des Senders völlig losgelösten
Botschaft zuzuwenden, und deren Sinn ausschliesslich aus der
immanenten Deutung des Textes (bzw. durch dessen Relationierung
mit vorangehenden Äusserungen derselben Person) zu erschliessen. Dadurch lässt sich einerseits relativ mühelos ein Grad der
Versachlichung erreichen, der beispielsweise in face-to-face
Situationen, wo Menschen mit ihrer integralen Persönlichkeit
anwesend sind und aufeinander einwirken, selbst unter Aufbietung
grösster psychischer Anstrengung kaum erreichbar ist (vgl. Hitz/Turoff
1993: 106). Andererseits aber verhindert dieses fundamentalistische Haften am
Buchstaben, dass Divergenzen zwischen verschiedenen Texten
interpretativ abgemildert oder beseitigt werden können
Beispielsweise kann ein Emittent mit seiner Botschaft nicht die
illokutionäre Nebeninformation mitliefern, er habe das Gesagte 'vielleicht' nicht ganz so wörtlich
gemeint.
Die bisherige, durch Presse und elektronische Massenmedien konstituierte Öffentlichkeit war insofern ein Mechanismus gesellschaftlicher Homogenisierung und Integration, als sie dem Zentrifugalismus der arbeitsteiligen Berufswelt und der gruppenspezifischen Subkulturen Fokalpunkte kollektiver Aufmerksamkeit und gemeinsamen Erlebens gegenübergestellt hat, die - als funktionales Äquivalent für frühere "gemeinsame Traditionen" - unserer komplexen Gesellschaft einen - wenigstens ephemeren - Aspekt "mechanischer Solidarität" verliehen haben. So ist bisher durch die konvergente Selektivität von Presseagenturen und Fernsehredaktionen sichergestellt, dass täglich nur ganz wenige Ereignisse den verbindlichen Status von "News" erhalten, die in den entsprechenden Tagesschausendungen ausführlich erwähnt werden und dadurch für Milliarden Menschen einen gemeinsamen Bestandteil ihrer Erlebniswelt und informellen Kommunikation konstituieren. Demgegenüber setzt die Benutzung des Internets sehr viel divergentere Such- und Aneignungsprozesse von Informationen in Gang, die von subjektiven Präferenzen sowie vielerlei Zufälligkeiten beeinflusst werden. Damit schafft die Internet-Nutzung selber jene Voraussetzungen dafür, dass sich die Nutzer schliesslich vielleicht nur noch innerhalb jener spezifischen virtuellen "Newsgroups" bewegen, wo sie ex ante auf gemeinsame Kenntnisse und Themeninteressen zählen können - weil es immer unwahrscheinlicher wird, dass man mit irgendwelchen anderen (z.B. physisch gerade anwesenden) Menschen gemeinsame Anknüpfungspunkte findet. So mag sich die virtuelle Öffentlichkeit autokatalytisch in eine ständig wachsende Zahl von unbedeutenden "weak publics" (im Sinne von Nancy Fraser 1992) fragmentieren, denen in ihrem begrenzten Kreise allerdings ein Beitrag zur kollektiven Meinungsbildung gelingt, ohne dass sie auch die Chance hätten, aktiv auf politische Entscheidungsprozesse einzuwirken.[19]
2.6 Strukturelle "Permeabilität" als integratives Korrektiv zur semantischen Fragmentierung Ist die neue elektronische Öffentlichkeit einerseits auf der Ebene ihrer semantischen Inhalte unübertrefflich heterogen und dissensual, so werden diese zentrifugalen Kräfte andererseits zum Teil durch umso ausgeprägtere Integrationskapazitäten auf struktureller Ebene wettgemacht, die sich aus der - technisch bedingten - Permeabilität und partiellen Interpenetration der ausdifferenzierten Teilöffentlichkeiten ergeben. Das bisherige System politischer Öffentlichkeit war aus
immanent-technischen Gründen sowohl in vertikaler wie in
horizontaler Hinsicht sehr stark fragmentiert:
2) Horizontal: Im Gegensatz dazu konstituiert sich in den Computernetzen eine Öffentlichkeit, die zwar sowohl in vertikaler wie horizontaler Hinsicht noch ungleich differenzierter sein kann, dennoch aber zumindest die potentiell eine einzige umfassende Gesamtöffentlichkeit bildet, in der alle Teilöffentlichkeiten permanent miteinander verwoben sind oder einander wenigsten partiell interpenetrieren. Sie besitzen nämlich den unschätzbaren Vorzug, dass die im informellen Raum konstituierten spontanen Äusserungen mit minimalstem Aufwand in formell- institutionelle Kommunikationen transportiert werden können, ohne dass sie in ein neues Medium transkodiert werden müssen (vgl. Geser 1996a) So ist es mit wenigen Mausclicks möglich, einen bilateral oder in einer virtuellen Diskussionsgruppe erarbeiteten Text als Petition an den Staatspräsidenten zu versenden oder als formelles Papier in die nationale Parteizentrale zu schicken. Dieselbe vertikale Durchlässigkeit macht es umgekehrt möglich, in lokale Newsgroups Dokumente und Stellungnahmen überlokaler Behörden und Organisationen hineinzutragen, um auf örtlicher Ebene beispielsweise eine Diskussion über die kommunalpolitische Programmatik nationaler Parteien anzuregen oder um die lokalen Fürsorgeprobleme im Lichte nationaler Sozialpolitik zu thematisieren. Damit fällt insbesondere die Schranke zwischen "informeller" und "formeller" Kommunikation weitgehend dahin, die für die bisherige Öffentlichkeit derart kennzeichnend war. So stellt man bei der Konsultation von Usenet-Diskussionen häufig fest, dass mitten im informellsten und subjektivsten Kommunikationsaustausch plötzlich ein komplexes formelles Dokument oder eine höchst ausgefeilte, in zahlreiche Argumentationspunkte gegliederte Stellungnahme eingeschoben wird, um die sich dann - manchmal - ein durchaus differenzierter Informations- und Meinungsaustausch kristallisiert. Demgegenüber ist es in face-to-face Gruppen kaum möglich, die Teilnehmer zur Kenntnisnahme komplexer schriftlicher Dokumente zu veranlassen - und noch viel weniger, sie ad hoc zur Ausformulierung ähnlich komplexer Stellungnahmen zu motivieren. Vielmehr bleibt der Kommunikationsprozess hier auf einen niedrigen Komplexitätsniveau haften, weil sich die Aufmerksamkeit der Anwesenden immer auf die gerade vorhin gehörten mündlichen Äusserungen konzentriert. Neben dieser vertikalen Permeabilität gibt es auch eine
horizontale Durchlässigkeit in dem Sinne, dass die im
Rahmen eines bestimmten Kreises erfolgten Kommunikationen und
Publikationen sehr leicht in grössere Gruppen eingespiesen oder
anderen, ebenso isolierten Diskussionszirkeln zugänglich gemacht
werden können. In hohem Masse vollziehen sich derartige Koppelungen über die
sog. "Links", die als Elemente sozialer Strukturbildung
im Cyberspace fungieren. Derartige
"Verweisungs-zusammenhänge" bilden Pfade, denen entlang
Nutzer nach eigenem Wunsch zu weiteren Informationen vordringen
können: d.h. ihre Funktion besteht darin, bestimmte Strategien
individueller Informationsaneignung vorzuschlagen und nahezulegen,
ohne sie allerdings im mindesten zu determinieren.[21]
Weil die Nutzer um diese Permeabilität wissen, sind viele
Netzkommunikationen durch eine Ambiguität gekennzeichnet, die in
Mehrdeutigkeiten ihrer Adressierung ihre Ursache hat. So sind die meisten Websites im Internet dadurch charakterisiert,
dass sie zwar primär im Blick auf eine äusserst beschränkte
(z.B. lokale) Empfängerschaft formuliert werden, gleichzeitig
aber auch mit einem Seitenblick auf die viel weitere
Weltöffentlichkeit, die grundsätzlich auch denselben
ungehinderten Zugang zu diesen selben Kommunikationen
besitzt.
So mögen sich die Computernetze relativ "risikolos"
in beliebigem Ausmass in kleinste und äusserst selbstbezogene
"Diskursinseln" fragmentieren: weil ungeachtet des
Grades an Differenziertheit immer die Potentialität erhalten
bleibt, alles in ihm Gespeicherte anderen Adressatengruppen oder
Kommunikationsebenen zugänglich zu machen.
2.7 Eine Öffentlichkeit mit Gedächtnis Die bisherigen Kommunikationsmedien haben der Öffentlichkeit
den Charakter eines äusserst gegenwartsbezogenen und
gedächtnislosen Sozialsystems verliehen. Dies gilt in extremster Weise für das Fernsehen, wo z.B.
politische Nachrichten von den Rezipienten bereits nach Minuten
nur noch höchst lückenhaft erinnert werden. Kaum weniger trifft
es aber auch für die Zeitungen zu, die trotz jahrzehntelanger
physischer Haltbarkeit meist bereits beim Erscheinen der jeweils
nächsten Ausgabe jedes Interesse verlieren. Durch diesen - durchaus technisch bedingten - Gegenwartsbezug
setzt sich die konventionelle Öffentlichkeit in ein extremes
Kontrastverhältnis
Gegenüber beiden Welten profiliert sie sich einerseits durch
einzigartige Fähigkeiten zum Themenwechsel und zur dynamischen
Innovativität, andererseits aber durch ihre Unfähigkeit, über
die Zeit hinweg konsistent zu sein und durch selektive Aneignung
von vergangenen Ereignissen und Erfahrungen irgendeine Evolution
zu "reiferen" Stadien (bzw. differenzierten
Systemzuständen) zu vollziehen. Eine auf Computerkommunikation gestützte Öffentlichkeit wird
wohl ebenfalls Merkmale höchster Dynamik und Innovativität
aufweisen, sie aber zusätzlich mit der Fähigkeit ausstatten,
sich ihrer eigenen Vergangenheit zu erinnern und die akkumulierten
Informationsbestände für die Erzeugung von zeitlicher Konsistenz
und die Inganghaltung einer eigenen Systemevolution zu
nutzen. Dies deshalb, weil alle in Diskursen erfolgten Äusserungen im
Prinzip ungeachtet ihres Zeitpunktes auf derselben medialen
Ebene präzis und ohne besonderen Aufwand beliebig lange
zugänglich bleiben: so dass Altes von Neuem bloss überlagert
wird, ohne von ihm in den Hintergrund gedrängt oder gar
endgültig eliminiert zu werden. Genau dies führt allerdings dazu, dass sich das System uferlos
immer weiter ausdifferenziert, weil Neues immer bloss zum Alten
hinzugefügt wird und mit ihm dauerhaft koexistiert. Als Folge davon ist es schwierig, sich eine zu höheren Niveaus
der kommunikativen Rationalität führende
"Makroevolution" des Gesamtsystems vorzustellen. Vielmehr dominieren mannigfaltige "Mikroevolutionen",
wie sie beispielsweise in den immer zahlreicheren "Newsgroups"
vollzogen werden. Immerhin wird in derartigen Gruppen ein über
Wochen, ja oft Monate andauernder Diskurs über ein präzis
definiertes Einzelthema (Bosnien-Krieg, Menschenrechte in China,
Wandel in Kuba u.a.) geführt, der sich zumindest teilweise
endogen (d.h. unabhängig vom schwankenden Tagesaktualitätsgrad
in den konventionellen Massenmedien) stabilisiert.[22]
Einige Konsequenzen und Folgeprobleme für den Prozess politischer Demokratie 3.1 Erleichterte Möglichkeiten kollektiver Mobilisierung und extensiver Handlungskoordinationen Bisherige politische Kampagnen waren relativ stark an die
Mitwirkung eines umfangreichen Hilfspersonals gebunden.
Beispielsweise war es erforderlich, zu Fuss Flugblätter
auszutragen, umständliche Adresslisten nachzuführen oder auf
manuelle Weise Briefumschläge zu beschriften, abzufüllen und
zuzukleben. In den bekannten Termini von Jürgen Habermas liesse sich behaupten, dass die Trennlinien zwischen informeller "Lebenswelt" und formellem "System" durch Computerkommunikation durchlässiger und manipulierbarer gestaltet werden, indem zumindest die auf kognitiven Defizienzen beruhenden Aspekte von Herrschaft und Entfremdung abgemildert werden. Umso dringender stellt sich die Frage nach jenen Machtverhältnissen, die ungeachtet dieser informationellen Komponenten weiterbestehen. Konkreter gesprochen: habe ich überhaupt eine Chance, dass meine frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde auch gebührende Beachtung oder der an die richtige Stelle adressierte Antrag eine zügige Behandlung findet? Mit wachsender Verbreitung formaler Handlungskompetenzen könnte die Flut politisch-administrativer Bürgeraktivitäten leicht einen Umfang erreichen, der von den zuständigen Verwaltungsstellen und Gerichten nicht mehr bewältigt werden kann: mit der Folge, dass diese zu deren Erledigung routinisiertere Verfahrensweisen verwenden oder sich durch Abbau formeller Rechtsmittel und Rekursmöglichkeiten vor Überlastung schützen.
3.2 Erweiterte Möglichkeiten plebiszitärer Demokratie Idealiter fordert das Konzept direkter Demokratie, alle
Mitglieder eines organisierten Gemeinwesens gleichberechtigt an
allen Aspekten kollektiver Entscheidungsfindung teilnehmen zu
lassen. Die Realisierbarkeit dieser Forderung blieb bisher aus
technisch-organisatorischen Gründen in vierfacher Hinsicht
beschränkt. Die Computernetze tragen in sich die Potentialität, all diese
Schranken zumindest partiell zu überwinden. So wird der Vorgang des Abstimmens zu einer höchst
unaufwendigen Aktivität, die von den Teilnehmern ohne Formalität
im Wohnzimmer oder am Arbeitsplatz vollzogen werden kann und keine
mit Auszählen und Weitermelden beschäftigten Abstimmungsbüros
nötig macht. Ebenso unaufwendig ist es umgekehrt für die Behörden, den
Bürger kurzfristig vielerlei Fragen vorzulegen und ihnen das
erforderliche Informationsmaterial zuzustellen. Des weiteren ist es nun auch ohne weiteres möglich, den
Abstimmenden viel weitergehende Artikulationsmöglichkeiten als
schiere Ja-Nein-Alternativen an die Hand zu geben: z.B. von ihnen
die Rangierung mehrerer Optionen zu verlangen oder gar die
Selektion einer bestimmten Quantität (z.B. um wie viel Prozent
soll der Steuerfuss steigen? Wie viel Prozent Ausländer sollen in
der Schweiz höchstens leben?). Auch wäre die Einführung gewichteter Stimmabgaben denkbar, mit
denen die Bürger ihre Intensität, mit der sie eine Vorlage
unterstützen oder verwerfen, zum Ausdruck bringen können.[24]
Schliesslich ist zu beachten, dass es im Unterschied zu
bisherigen, auf konventionelleren Technologien basierenden
Konzepten der "Teledemokratie"[25]
jetzt möglich wird, auch die der Entscheidung vorangehenden
Diskussionen und Beratungen im selben Medium wie die
Entscheidungsakte selber stattfinden zu lassen: in einem Medium,
das allseitige und egalitäre Chancen sowohl vertikaler wie
horizontaler Kommunikation offen hält, wie sie selbst an
öffentlichen Versammlungen niemals derart weitgehend realisierbar
sind. Selbst wenn an einem "virtual town hall meeting"
nicht mehr Teilnehmer als an einer lokalen Dorfversammlung
partizipieren, ist es zumindest in der Hinsicht demokratischer,
als keiner, der sich meldet, die anderen dadurch an ihrer
Meinungskundgabe hindert.
"Decision-maker/Teledemocracy" uses a general trusted third party model, in which citizens can choose any organization they like to hand over their vote to. In this respect, the model broadens the concept of representative democracy - without throwing away though the benefits of parliamentary democracy" (Bullinga 1996).
3.3 Engere vertikale Verknüpfung zwischen Regierenden und Regierten In politischen Systemen ohne direkte Volksmitsprache bemisst
sich der Grad an politischer Demokratie vor allem daran, wie viele
Bürger wie weitgehend in der Lage sind, die
Entscheidungstätigkeit der regierenden Instanzen wahrzunehmen und
zu beurteilen und auf sie zumindest informell Einfluss zu
nehmen. Aus zahlreichen historischen Illustrationsfällen wird
deutlich, dass politische Autoritätsstrukturen in kritischer
Weise von einer Begrenzung ihrer öffentlichen Sichtbarkeit
abhängig sind. Beispielsweise hat das Britische Parlament bis
tief ins 18. Jahrhundert eisern auf der absoluten Geheimhaltung
seiner Verhandlungen insistiert, um seine Autonome gegenüber
unkontrollierbarer plebiszitärer Kritik und Einflussnahme zu
bewahren (Habermas 1990: 126); und der Entschluss Neckers, die
Bilanz des Staatshaushalts zum erstenmal öffentlich bekannt zu
machen, wurde allgemein als ein dramatischer Bruch mit
konstitutiven Prinzipien absolutistischer Herrschaft empfunden (Habermas
1990: 136).[26]
Das Internet bietet nun erstmals die Möglichkeit, Gesetzesvorlagen, Beratungsprozesse und individuelle Verhaltensweisen der Legislatoren in vollem Umfang allen Interessierten ohne Aufwand zugänglich zu machen und dadurch die kognitiven Voraussetzungen herzustellen, die für eine rationale Ausübung der politischen Rechte (z.B. für Wahlentscheidungen oder die Teilnahme an Petitionen und Protestbewegungen) unerlässlich sind. Ein erster Durchbruch in dieser Richtung wurde im Staat Kalifornien vollzogen, der vom Gesetz her seit 1993 verpflichtet ist, alle legislativen Vorlagen im Internet zu diffundieren[27]. Auf Anregung des Kongresssprechers Newt Gingrich wurde 1995 auf nationaler Ebene eine analoge Diensteinrichtung ("Thomas") initiiert: "Any individuals can now reach the Library of Congress's Thomas program on the Internet and download the legislative language of any bill before Congress within seconds of its being filed. New Speaker Newt Gingrich believes Thomas will weaken Washington lobbyists and make it tougher to pass bills that benefit narrow interests. 'There is no longer an advantage to being an insider, he said, because everyone's an insider who's willing to get the data. Before Thomas was up and running, unless you could walk over to Capitol Hill (or pay someone to do it), it would take days to go the text of bills pending in Congress by mail. Unless you had solid contacts on Capitol Hill, forget about quickly obtaining copies of committee reports..." (Henderson 1995). Daneben haben sich vielfältige privat initiierte
Dienstleistungen (z.B. "vote-smart")
ausgebildet, die den Zweck haben, die Bürger über die
persönlichen Merkmale, Aktivitäten und politischen
Entscheidungstätigkeiten der Parlamentarier zu informieren. Als eine der umfangreichsten privaten Bürgerinitiativen
verfolgt "vote-smart" das Ziel, das Verhalten der
Parlamentsabgeordneten einer verstärkten Kontrolle durch die
Bevölkerung zu unterziehen. Angezielt wird der "gläserne Abgeordnete", über dessen
politischen Werdegang man ebenso lückenlos Auskunft weiss wie
über seine Verbindungen zur Wirtschaft und zu Verbänden, seine
Unterstützungsquellen im Wahlkampf sowie sein faktisches
Abstimmungsverhalten im Parlament. Im Vordergrund steht dabei insbesondere das Kriterium, in welchem
Masse das faktische politische Verhalten eines Abgeordneten mit
seinen im Wahlkampf geäusserten Absichtserklärungen
koinzidiert. Dies kann vor allem bedeuten, dass einmal gewählte
Parlamentarier zunehmend um ihre Wiederwahl fürchten müssen,
weil sie nun andauernd im Rampenlicht stehen und bei ihrer
Wiederkandidatur unweigerlich eine lückenlose Durchleuchtung
ihrer bisherigen "performance" erfahren.
Wahlversprechungen jeder Art gewinnen zusätzliche
Verbindlichkeit, weil sie im Netz andauernd zugreifbar bleiben und
die Grundlage für Beurteilungen der "Konsistenz" und
"Selbsttreue" bilden.
Schliesslich fällt auf, dass politische Amtsinhaber und
aspirierende Kandidaten das Internet in rasch zunehmendem Masse
als Medium für ihre Selbstdarstellung benutzen. Seitdem sich
Edward Kennedy (erfolgreich) und der New Yorker Bürgermeister
Mario Cuomo (weniger erfolgreich) 1992 als Internet-Pioniere
profiliert und mit ihren vorbildlichen Selbstpräsentationen
Massstäbe gesetzt haben, scheint die persönliche Webpage für
die meisten amerikanischen Politiker bereits im 1996er-Wahlkampf zum
unerlässlichen Standard zu werden (Carl 1995).[28]
Der unbestreitbare Vorteil liegt darin, dass zum bescheidenen
Preis von ca. 30'000 Dollars (etwa der Summe eines
30-Sekunden-Commercials im regionalen Fernsehen) beliebig viel
Information und Propaganda emittiert werden kann und es
gleichzeitig möglich ist, einen Kanal für Rückmeldungen und
eine Arena für offene Bürger-Diskussion zu eröffnen (Holdren
1995: 50f.).[29]
Nur über Computernetze sind also auch finanziell wenig
bemittelte Kandidaten in der Lage, sich in beliebiger
Ausführlichkeit ihren Wählern landesweit darzustellen. Dadurch
erhöht sich die Chance, dass auch Angehörige niedriger sozialer
Schichten wieder vermehrt zu Kandidaturen auf staatlicher und
nationaler Ebene Zugang gewinnen, ohne sich von zahlungskräftigen
Sponsoren abhängig zu machen (Holdren 1995).
Ebenso verringert sich ihre Abhängigkeit von materiellen
Ressourcen und organisatorischen Unterstützungsleistungen der
Partei; sie werden in die Lage versetzt, sich primär als
Einzelpersonen darzustellen und dadurch eine parteiunabhängige
Popularitätsbasis zu gewinnen.[30]
Im Vergleich zur rein presse- und fernsehzentrierten Wahlpropaganda der Vergangenheit werden die Chancen öffentlicher Einflussnahme auf eine schwer voraussehbare Weise neu verteilt: weil jene Kandidaten besonders prämiert werden, die im Umgang mit ihrer Wählerschaft viel Kreativität und Lernfähigkeit entwickeln und zumindest den Anschein erwecken, "persönlich" und "verständnisvoll" auf jede zugesandte E-mail zu reagieren.
3.4 Erosion intermediärer Kommunikationsinstanzen Zu den unbestreitbaren Vorzügen aller konventionellen
Massenmedien (Presse, Radio und Fernsehen) gehört es, dass die
Inhaber formeller Spitzenpositionen (in Regierung, Parteien,
Militär, Kirche u.a.) mit ihrer Hilfe in der Lage sind, ihre
Botschaften unvermittelt jedem Mitglied an der Basis zur Kenntnis
zu bringen. Die neuen Computernetzwerke scheinen nun geeignet, auch diese
zweite Funktion intermediärer Eliten als Agenten der
Aufwärtskommunikation wirksam zu untergraben, weil allen Nutzern
die Möglichkeit offen steht, sich entweder als Einzelne oder als
Teilnehmer an ad-hoc konstituierten "virtual pressure groups"
gegenüber dem Zentrum zu artikulieren. Generell wird durch Zuschaltung einer Netzöffentlichkeit die technische Ausgangsbasis für eine überaus unnormierte (und entsprechend unberechenbare) "Zentrum-Peripherie-Interaktion" geschaffen, die im Sinne Max Webers als "cäsaristisch" bezeichnet werden mag (vgl. Weber 1972: 554; 853ff.). Autoritäre Führer könnten das Internet leicht als Medium entdecken, das ihnen ermöglicht, sich ohne Umwege über Parlamente und andere repräsentative Körperschaften eine unmittelbare Plebiszitärlegitimation zu verschaffen. Und da eine derartige "elektronische Öffentlichkeit" aus oben (vgl. 2.5) genannten Gründen immer eine sehr grosse Vielfalt widersprechender Meinungen und Forderungen (d.h. einen "Hobbesianischen" Charakter) aufweisen wird, kann ein solcher Führer leicht darauf verweisen, dass es nur dank hoher Zentralisation der Entscheidungsmacht möglich sei, überhaupt verbindliche Entscheidungen zu fällen und den inneren Zusammenhalt der Gesellschaft (bzw. der Partei oder irgendeines anderen Verbandes) zu bewahren. Dem steht allerdings entgegen, dass elektronische Diskussionsgruppen in der Regel von einer relativ geringen Zahl selbsternannter "Netzaktivisten" dominiert werden, die keine Repräsentativität für die Gesamtbevölkerung in Anspruch nehmen können. Höchstens für Kandidaten in kleineren Gemeinden kann eine solche "net community" quantitativ ausreichen, um ihm die zur Wahl erforderliche Zahl Stimmen zu sichern. In grösseren Gemeinwesen umfasst sie einen derart geringen Prozentanteil der Wählerschaft, dass es für den Kandidaten kaum rational erscheint, bisher für flächendeckende Werbefeldzüge eingesetzte Ressourcen auf eine "Netzkampagne" umzudirigieren. Je mehr sich Politiker mit derartigen "net communities" umgeben, desto stärker dürften sie sich wahrscheinlich in ihrem Denken und Handeln einseitig auf jene Segmente der Bevölkerung ausrichten, die an derartigen Netzen besonders intensiv partizipieren. Unter den gegebenen Nutzungsverhältnissen würde dies bedeuten, dass vorwiegend jüngere (weisse) Männer mit höherem Bildungsniveau sich auf diesem neuen Wege mehr Gehör und politischen Einfluss verschaffen könnten. Dieser neue Effekt der Machtoligarchisierung könnte sich innerhalb der nächsten Jahrzehnte in dem Masse verstärken, als Angehörige jene jüngeren Alterskohorten in höchste politische Führungsämter nachrücken, die es seit ihrer Studienzeit gewohnt sind, einen grossen Teil ihrer Kommunikation in Computernetzen zu vollziehen.
3.5 Die neue Rolle der Massenmedien Die Erfahrung lehrt, dass ältere Kommunikationsmedien beim
Auftreten neuer keineswegs verschwinden, sondern allenfalls in
eine spezialisiertere Nische abgedrängt werden, oft aber auch
einen erneuten Aufschwung erhalten, indem sie mit den neuen Medien
in ein symbiotisches Komplementärverhältnis treten.
So hat die Schrift nicht unbedingt zur Reduktion des
mündlichen Austausches geführt, weil viele subtile
Kommunikationen nicht für schriftliche Explikation geeignet sind,
und weil die Texte selber vielfältigen Anlass zu Gesprächen
bieten. Auch scheint das Telephon kaum persönliche Begegnungen zu
vermindern, da es vielfach ja gerade als Instrument benutzt wird,
um solche Verabredungen zu treffen. Und das Fernsehen hat nicht
den Untergang der Presse bewirkt sondern einerseits die Vorteile
physischer Zeitungsblätter sichtbar gemacht, die man mit sich
tragen zur selbstgewählten Zeit nach Belieben durchstöbern und
unbeschränkt lange aufbewahren kann und andererseits gar zur
Genese neuer erfolgreicher Druckerzeugnisse (z.B.
Programmzeitschriften) beigetragen.
Ein weiteres Komplementärverhältnis zwischen konventionellen
und neuen Medien zeichnet sich bereits heute darin ab, dass
Zeitungen und Zeitschriften ebenso wie Radio- und Fernsehanstalten
Online-Plattformen eröffnen, um aus den zusätzlichen
Verbreitungschancen und insbesondere aus den interaktiven
Möglichkeiten der Computernetze für sich selbst Nutzen zu
ziehen.
Seit jeher verfügen Presse, Radio und Fernsehen nur über eine
sehr geringe autonome Lernfähigkeit, weil nicht vorgesehen ist,
dass die Rezipienten Rückmeldungen erstatten, die den
Medienmacher Orientierung für die Verbesserung ihrer Produkte
vermitteln könnten. Im reinen Marktmodell wird eine hohe Verkaufszahl (bzw.
Einschaltquote) vielmehr als ein hinreichendes Indiz dafür
gehalten, dass das Produkt den Bedürfnissen der Rezipienten
optimal entspricht. Ist die Rezeption umgekehrt gering, sind die
Medienmacher ratlos, weil Nichtkonsumenten kaum jemals Gründe
für ihr Abstinenzverhalten nennen (vgl. Schudson 1992:
153). Als Folge davon sind die konventionellen Massenmedien in ihrer
Adaptionsfähigkeit an wechselnde Umwelten sowie in ihrer
historischen Evolutionsfähigkeit sehr stark behindert. Dies zeigt
sich insbesondere darin, dass nach dem simplen "trial and
error"- Prinzip immer wieder neue Zeitungen, Zeitschriften
Fernsehprogramme u.a. initiiert werden, die erst ex post (und
erklecklichen Kapitalverlusten) "merken", dass sie
keinerlei Überlebenschancen besitzen.
Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Die weltweiten Computernetze bilden zweifellos eine
infrastrukturelle Grundlage, um dem hoch institutionalisierten und
sich weltweit zentralisierenden System konventioneller
Massenmedien ein informelleres und dezentralisierteres Korrektiv
entgegenzusetzen.
Vieles spricht dennoch dafür, dass mit der Ausbreitung der
Computernetze in den nächsten Jahren ein frischer freiheitlicher
Wind zu blasen beginnt, der all jenen Elitenkreisen und
Berufsgruppen unbehaglich sein mag, die ihre Einflussposition den
konventionellen Radialmedien verdanken. Sehr viel mehr Bürger und Bürgerinnen als bisher werden an der
Erhaltung einer möglichst weitgehenden Freiheit der
Meinungsäusserung ein aktives Interesse nehmen, weil sie selber
substantiell davon Gebrauch machen: sehr viel stärker als heute,
wo sie allenfalls hin und wieder einen kurzen Leserbrief
abgedruckt kriegen - und auch da noch von der Gnade irgendeines
Chefredakteurs oder Zeitungsinhabers abhängig sind. Andererseits wird es aber auch unerlässlich, die vielfältigen
Folgeprobleme einer derart "entfesselten
Öffentlichkeit" zu bedenken und im Blick auf andere
geschätzte Rechtsgüter die grundsätzlichen Grenzen der Presse-
und Meinungsfreiheit zu erkennen. Wenn Medienmogule wie Berlusconi, Murdoch oder Kirch heute für die "Deregulierung" der Mediengesetze kämpfen, so tun sie das wohl mit der Zuversicht, dass ein paar "global players" diese neuen Freiheiten unter sich aufteilen könnten. Genau diese Perspektive wird durch die neuen Computernetze in höchstem Masse in Frage gestellt, weil es Tausenden, ja Millionen einzelner Individuen die Möglichkeit an die Hand gibt, praktisch ohne eigene Infrastruktur als Emittenten multimedialer Publikationserzeugnisse tätig zu werden. Wenn diese Einsicht um sich greift, wird sich der liberale Impetus dieser Grossunternehmer wahrscheinlich spürbar abkühlen oder sogar dem umgekehrten Streben Platz machen, sich in Allianz mit dem Staat gegen diese unkontrollierte Medienproliferation zu schützen. Und: wenn die Internet-Nutzer heute mit grosser Mehrheit gegen staatliche Kontrollen mobil machen, tun sie dies möglicherweise auch unter der stillschweigenden Voraussetzung, dass es sich bei den meisten Nutzern heute um relativ kleine und homogene Schichten (insbesondere hoch gebildete jüngere Männer weisser Hautfarbe) handelt, die sich gut auf eine konsensuale "Netiquette" einigen können und sich in ihrem kommunikativen Verhalten selber überwiegend tolerant verhalten. Auch hier dürften in Zukunft eher gemässigtere und ambivalentere Einstellungen um sich greifen - z.B. wenn diese Freiheiten immer mehr von radikalen Sekten oder extremistischen politischen Ideologen missbraucht werden, die auf der Datenautobahn keine derartigen "Verkehrsregeln" respektieren. Dank der Computernetze wird man in den nächsten Jahren und Jahrzehnten erfahren, inwiefern auch eine wahrhaft offene, allen Interessenten zugängliche Öffentlichkeit mit der Stabilität von Gesellschaft und Politik vereinbar ist, oder ob eine derart deregulierte, ja anarchische Kommunikationssphäre sich durch unlösbare innere Konflikte vielleicht selber zerstört. "Visionaires and crackpots, maniacs and saints, monks and libertines, capitalists and communists and participatory democrats cannot build their visions and set alluring examples without crossing each other's paths. Precisely because of its pluralism, and its lack of a guiding centre, a tongue-wagging and shine-waving, full democratic civil society could never reach a condition of homeostasis. It would be dogged permanently by poor co-ordination, disagreement, niggardliness and open conflict among its constituents." (Keane, 1991: 148). So scheint sich die kompromisslose Befürwortung
frei-unzensurierter Netzkommunikation selbst in den
angelsächsischen Ländern auf relativ libertäre Flügel
innerhalb des politisch-ideologischen Spektrums zu beschränken:
auf jene - vor allem in den freiheitlichen Jugendbewegungen der
amerikanischen Westküste verankerte -
"Jefferson-Fraktion", die weder bei evangelikalen
Christen noch bei den Hütern eines "politisch
korrekten" Journalismus ungeteilten Anklang findet.
Bereits heute zeichnet sich ab, dass das neue Medium im
angelsächsischen Raum - auch, ja gerade in politischer Hinsicht -
seine grössten Entfaltungschancen findet - grösser als
beispielsweise in Frankreich, wo der allgemeinen Öffentlichkeit
(im Verhältnis zum zentralistisch gelenkten
politisch-administrativen Apparat und zur informellen
Elitenkommunikation) von jeher ein geringerer Stellenwert
zugestanden wird [34]. In noch viel weitergehendem Masse dürfte das Internet in der
übrigen Welt mehrheitlich als ein besonders subversives,
"zersetzendes" Exportprodukt westlicher Zivilisation
gewertet werden, weil es wie kein anderes dazu beiträgt, bisher
unbefragte Konsensgrundlagen zu unterminieren.
Bonchek, Mark S (1995): Grassroots in Cyberspace: Using Computer Networks to facilitate Political Participation. (Working Paper 95-2.2: Presented at the 53rd Annual Meeting of the Midwest Political Science Association in Chicago, on April 6) (http://www.uni-koeln.de/themen/Internet/cmc/text/bonch95a.htm). Bullinga, Marcel (1996): "Decision-Maker/Teledemocracy", Dutch model for teledemocracy via internet. (summary). (http://www.xs4all.nl/~roesderz/english/teledemo/index.html ). Carl, Jeremy (1995): Vote for me. Internet World August, S. 56-57. Dimitrijevic, Vojin (1989): Human Rights, Interdependence and International Norm-Setting.In: Rosenau, James N. / Tromp, Hylke: Interdependence and Conflict in World Politics, Avebury, Aldershot, S. 115-127. Eckert, Roland / Vogelsang, Waldemar / Wetzstein, Thomas A. / Winter,Rainer (1991): Auf digitalen Pfaden. (Westdeutscher Verlag, Opladen ). Fraser, Nancy (1992): Rethinking the Public Sphere: A Contribution to the Critique of Actually Existing Democracy. (In: Calhoun, Craig (ed.): Habermas and the Public Sphere. MIT Press, Cambridge Mass, S. 109-142). "Free Burma Coalition" (http://www.freeburmacoalition.org/ ). Geser, Hans (1996): Das Internet - ein Medium "herrschaftsfreier" politischer Kommunikation? In: Imhof, Kurt / Schulz, Paul (Hrsg.): Politisches Raisonnement in der Informationsgesellschaft. Seismo Verlag, Zürich. Geser, Hans (1996): Computer-induced changes in intellectual an scientific work. (Online-Publikation: http://www.uzh.ch/~geserweb/cowo/ftext.html). Habermas, Jürgen: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Suhrkamp, Frankfurt 1990, Neuauflage. Henderson, Rick (1995): Cyberdemocracy. Grassroots politics in the computer age.Reason Magazine, April.. (http://reason.com/9504/ricktext.apr.shtml). Herszenhorn, David M. (1995): Students Turn to Internet for Nationwide Protest Planning. New York Times, March 29, page A20.. Hiltz, Starr Roxanne / Turoff, Murray (1993): The Network Nation: Human Communication via Computer. MIT Press Cambridge Mass, (revised edition.. Hiltz, Starr Roxanne (1984): Online Communities. Ablex Publishing Corporation, Norwood, New Jersey. Hirschmann, Albert O. (1974): Abwanderung und Widerspruch. Tübingen: Mohr. Holdren, Julie (1995): Cyber Soapbox. Internet World August, S. 50/51. Imhof, Kurt (1996): Eine Symbiose: Soziale Bewegungen und Medien. In: Imhof, Kurt / Schulz, Paul (Hrsg.): Politisches Raisonnement in der Informationsgesellschaft. Seismo Verlag, Zürich. Keane, John (1991): The Media and Democracy. Polity Press, Cambridge UK . Kerr, Elaine B. / Hiltz, Starr Roxanne (1982): Computer-mediated Communication Systems: Status and Evaluation. (Academic Press, New York/London). Kiesler, Sara / Siegel, Jane / McGuire, Timothy (1988): Social Psychological Aspects of Computer-mediated Communication. (In: Greif, Irene (ed.): Computer-Supported Cooperative Work: A Book of Readings. Morgan Kaufman Publishers Inc, San Matei Cal., S. 657-682). Lee, Eric (1995): Workers Unite (Internet World August, S. 64-67). Li, Tiger 1990: Computer-mediated Communications and the Chinese Studies in the U.S. The Information society 7, S. 125-137. McCarthy, John / Zald, Mayer N. (1977): Resource Mobilization and Social Movements: A Partial Theory. American Journal of Sociology 82, S. 1'212-1'241. McCarthy, John D . / Zald, Mayer N. (1987): The Trend of Social Movements in America: Professionalization and Resource Mobilization In: Zald, Mayer N. / McCarthy, John D. (eds.): Social Movements in an Organizational Society, Transaction Books, New Brunswick, S. 337-391. Negroponte, Nicholas (1995): Total Digital. C. Bertelsmann Verlag München. Noack, David R. (1995): Local Level Internet World, August, S. 40. Olson, M. J. (1985): Die Logik des kollektiven Handelns. 2. (durchgesehene) Auflage, Tübingen: Mohr . Olson, Mancur: The Logic of Colective Action. In: derselbe: Public Goods and the Theory of Groups. 2nd edition. Cambridge MA: Harvard University Press. Pitkow, James E. / Recker, Mimi (1994): Results from the First World Wide Web unser Survey. Advance proceedings of the First International World-Wide Web Conference. Geneva, May, S. 25-27. Plasser, Fritz (1985): Elektronische Politik und politische Technostruktur reifer Industriegesellschaften. In: Plasser, Fritz et. al. (Hrsg.): Demokratierituale. Zur politischen Kultur der Informationsgesellschaft. Böhlau, Wien u.a., S. 9-32. Quarterman, John S. (1993): The Global Matrix of Minds. In: Harasim, Linda (ed.): Global Networks, Computers and International Communication. MIT Press, Cambridge Mass, S. 35-56. Rushkoff, Douglas: Instant Democracy. (http://www.users.interport.net/~rushkoff/index9.html ). Schneider, Keith (1995): Hate Groups Use Tools of the Electronic Trade. The New York Times, March 13, page A12. Schudson, Michael (1992): Was There Ever a Public Sphere? In: Calhoun, Craig (ed.): Habermas and the Public Sphere. MIT Press, Cambridge Mass, S.143-163. Sowa, Tom (1995a): Lethal Weapon. The Internet emerged as a political force in the defeat of House. Speaker Foley. Internet World, August, S. 54-55. Sowa, Tom (1995): The Matrix of Hatred. (Internet World, August, S. 62). Sproull, Lee / Kiesler, Sara (1988): Reducing Social Context Cues: Electronic Mail in Organizational Communication. In: Greif, Irene (ed.) Computer-Supported Cooperative Work: A Book of Readings. Morgan Kaufman Publishers Inc, San Matei Cal., S. 683-712. Sproull, Lee / Kiesler, Sara (1993):Computers, Networks and Work. In: Harasim Linda M. (ed.): Global Networks. Computers and International Communication. MIT Press, Cambridge Mass, S. 105-119. Turkle, Sherry (1995): Life on the Screen. Simon & Schuster New York. Weber, Max 1972: Wirtschaft und Gesellschaft. Mohr Tübingen, 5. Auflage. Ytterstad, Pal / Akelsen, Sigmud / Svendsen, Gunnvald (1996): Teledemocracy: using information technology to enhance political work . (http://www.misq.org/discovery/articles96/article1/) Zenko, Adam Scott (1996): USA Today: Internet Links Campuses in 90's-style Protest, College Cry: Free Burma In: BurmaNet News May 1, posted to the newsgroup "soc.culture.burma " am 4. Mai 1996. Zgodzinski, David (1995): Patroit Games Internet World, August, S.58-60.
Fussnoten
| ||||||||||
Last update:
01. Feb 15
Contact:
Prof.
Hans Geser
Soziologisches Institut
der Universität Zürich
hg@socio.ch