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Führungskräfte: Steigende Anforderungen Ergebnisse November 1998 Die Arbeitssituation der Führungskräfte in der Schweizer Wirtschaft ist schwieriger geworden. Die Aufgaben des Kaderpersonals haben enorm zugenommen und gleichzeitig sind auch die Anforderungen an das Qualifikationsprofil gestiegen. Führungskräfte müssen also nicht nur mehr arbeiten, sondern sollten auch über bessere Kompetenzen und höhere Qualifikationen als noch vor einigen Jahren verfügen. Der Personalbedarf wird in den nächsten zwei Jahren im unteren Kader in den Klein und Mittelbetrieben eher zunehmen, in den Grossunternehmen wird sich dagegen der Trend zum Abbau des Kaderbestandes fortsetzen.
In diesem Kapitel wird der Wandel der Qualifikationsanforderungen an Schweizer Führungskräfte untersucht. Dabei interessieren zwei Aspekte: Wie hat sich der Umfang der Aufgaben verändert und welches sind die Auswirkungen auf die Qualifikationsanforderungen. Die Rahmenbedingungen, mit denen Schweizer Führungskräfte bei ihrer Arbeit konfrontiert sind, haben sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Durch die Liberalisierung der Wirtschaft und die Öffnung der Märkte steht das Kader (nicht nur die unmittelbare Unternehmensleitung) vor grossen Heraufsforderungen. Die überwiegende Mehrzahl der Unternehmen steht unter enormem Rationalisierungs- und Konkurrenzdruck und ist zusätzlich von der starken Dynamik des technologischen Wandels betroffen. Auch die zunehmende Verflechtung mit dem Ausland bekommt eine Mehrheit der Schweizer Betriebe zu spüren. Diese Verschärfung der Situation zeigt Auswirkungen auf der Personalseite, weil das Qualifikationsniveau des verfügbaren Personals nicht mit dieser Veränderungsdynamik Schritt hält: Die Schweizer Wirtschaft kämpft mit dem Problem, dass auf dem Schweizer Arbeitsmarkt ein klarer Mangel an genügend oder passend qualifizierten Arbeitskräften besteht. Die Führungskräfte stehen damit vor einem Dilemma: Einerseits müssen sie mit häufig mangelhaft qualifiziertem Personal Produktivitäts- oder Umsatzgewinne erarbeiten, andererseits sind sie oft genug selbst unter Leistungsdruck und stossen an ihre Leistungsgrenzen. Die Auswirkungen dieses schwierigen Umfeldes auf die Arbeitssituation der Führungskräfte sind nicht zu übersehen. Die Aufgabenbelastung für das Kaderpersonal ist in den letzten zwei Jahren enorm gestiegen. In fast allen Aufgabenbereichen haben mehr als die Hälfte der Betriebe eine Belastungszunahme registriert (s. Abb. 3.1). Die Zunahme-Werte der einzelnen Aufgaben liegen dabei mit 56 bis 66 Prozent sehr nahe beieinander. An Bedeutung eingebüsst haben mit 'Kontrolle' und 'Erteilen von Weisungen' einzig die klassischen Aufgaben der Mitarbeiterführung. Abbildung 3.1: Prozentanteil der Betriebe, bei denen folgende Aufgaben der Führungskräfte zugenommen haben Es ist also kein Trend in eine bestimmte Richtung feststellbar, sondern die Aufgabenzunahme ist umfassend. Für den Vorgesetzten bedeutet diese Entwicklung, dass er sich sich als Allrounder profilieren muss. Alles hat an Stellenwert gewonnen: Der Umgang mit Kunden und Geschäftspartnern, Informations- und Öffentlichkeitsarbeit, Sitzungen (mehr Teamarbeit im Management), Lösen von komplexen Sachproblemen, Koordinationsaufgaben und Aufgaben der Mitarbeiterführung (Motivation, Schulung, Betreuung). Wer sich demnach als Führungskraft durchsetzen resp. behaupten will, darf sich nicht mit partiellem Wissen oder Können begnügen, sondern muss auf verschiedenen, teils sehr unterschiedlichen Gebieten Kompetenzen aufweisen. Die Mitarbeiterführung ist der Aufgabenbereich, der am meisten an Bedeutung gewonnen hat. Schauen wir uns in Abbildung 3.1 nur die Aufgaben an, die sich mit der Mitarbeiterführung befassen, können wir zusätzlich eine auffallende Verschiebung der Prioritäten feststellen. Die Aufgabenbereiche 'Weisungen erteilen' und 'Mitarbeiterkontrolle' weisen wie erwähnt mit 45 resp. 40 Prozent deutlich niedrigere Werte auf. Die autoritäre Mitarbeiterführung mit der '3-K-Regel' (Kommandieren, Kontrollieren, Korrigieren), die sich stark an hierarchische Befehlsstrukturen anlehnt, wird häufig nicht mehr als zeitgemäss empfunden. Der Bedeutungsschwund dieses Führungsstils wird auch dadurch belegt, dass eine militärische Karriere nicht mehr als geeignete Ausbildung zur Erlangung von Führungsqualifikationen betrachtet wird. In der Mitarbeiterführung sind heute andere Methoden gefragt. Wirtschaftliche Überlegungen aber auch der Wandel von gesellschaftlichen Werten erfordern neue Führungsgrundsätze. Werte, die hierarchische Strukturen schützen, wie Autorität, Disziplin, Gehorsam, haben an Bedeutung eingebüsst. An ihre Stelle sind mit Individualität und Autonomie des einzelnen neue Werte getreten. Eine gute Chefin, ein guter Chef kann heute nicht mehr als lebende Kommandozentrale funktionieren, sondern sollte seine Funktion mehr im Coaching seines Teams sehen. Seine Aufgabe besteht primär darin, die ihm unterstellte Belegschaft darin zu unterstützen, ihr Potential auszuschöpfen, um optimale Leistungen erbringen zu können. In den Mittelpunkt sind deshalb Motivations- und Schulungsaufgaben gerückt. Ziel ist die Optimierung des Leistungspotentials der Belegschaft. An die Stelle von Kontrolle und Unterweisung treten vermehrt Anreize zu selbständigem Denken und Arbeiten. Entspricht allerdings das Qualifikationsniveau der Angestellten nicht den Erwartungen der Unternehmen, was, wie oben erwähnt, häufig der Fall ist, dürfte das Motto eher Minimierung der Leistungs- und Qualifikationsdefizite der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter heissen.
Die angesprochenen Trends - starke Zunahme der Aufgaben der Führungskräfte und Wandel des Führungsstils weg von autoritären Prinzipien zu kooperativen Formen - hängen mit der Betriebsgrösse und dem Umsatzwachstum zusammen. Das heisst, je grösser ein Betrieb und je positiver sein Umsatzwachstum, desto eher sind diese Trends zu beobachten. Ebenso sind sie in Betrieben des Industriesektors eher anzutreffen als im Dienstleistungs- oder Bausektor. In letzterem haben umgekehrt Kontroll- und Weisungsaufgaben vergleichsweise überdurchschnittlich häufig zugenommen. Zwischen grossen Firmen und erfolgreichen Firmen (Zunahme des Umsatzes) bestehen Differenzen in der Prioritätensetzung: Während bei ersteren Aufgaben der Mitarbeiterführung in Zentrum stehen (Motivation und Schulung), wird das Kader in prosperierenden Unternehmen häufiger mit Aufgaben im Sach- und Organisationsbereich (Sitzungen, Lösen von Sachproblemen, Koordinations- und Entscheidungsaufgaben) konfrontiert. Bei einem Branchenvergleich innerhalb der zwei Aufgaben mit der höchsten (Motivation und Schulung) und den zwei Aufgaben mit der tiefsten Zunahme (Kontrolle und Weisungen) zeigen sich sehr unterschiedliche Ántwortmuster (s. Abb. 3.2). Es soll an dieser Stelle nicht ins Detail gegangen werden, aber auf den ersten Blick setzen Papier- und Metallindustrie, Elektrotechnik und Elektronik eher auf kooperative Führungsstile, Holz- und Bauindustrie und das Gastgewerbe forcieren eher autoritäre Führungsmethoden. Einige Branchen verzeichnen einen generell überdurchschnittlichen Anstieg der Aufgaben wie z.B. der Nahrungsmittelbereich, in anderen Branchen kann umgekehrt eine Abnahme der Aufgaben beobachtet werden, auffallend hier der Bereich der Persönlichen Dienstleistungen.
Das Qualifikationsprofil, dem die Führungskräfte genügen sollten, ist ein getreues Spiegelbild der Veränderungen im Aufgabenbereich. Die enorme Zunahme der Aufgaben- und damit auch der Arbeitsbelastung erfordern vom Kader die Bereitschaft, sich (noch) stärker für die Firma und ihre Interessen einzusetzen, vor allem in Form von höheren Arbeitszeiten. Nicht zufällig haben deshalb im Qualifikationsprofil Leistungsbereitschaft und Belastbarkeit am deutlichsten an Stellenwert gewonnen (siehe Abb. 3.3). In mehr als 70 Prozent der Betriebe haben hier die Anforderungen zugenommen. Abbildung 3.3: Prozentanteil der Betriebe, bei denen folgende Qualifikationsanforderungen an die Führungskräfte zugenommen haben. Aber auch die Anforderungen an das Fachwissen, die Sozialkompetenz und die Organisationsfähigkeit sind klar gestiegen. Dieses hohe Qualifikationsprofil hängt stark mit dem erhöhten Leistungsdruck, der durch die hohe Aufgabenbelastung bedingt ist, zusammen. Die starke Zunahme an Schulungsaufgaben erfordert eine Verbesserung des Fachwissens der Vorgesetzten, der Anstieg von Motivations- und Betreuungsaufgaben aber auch vermehrte Aussenkontakte zu Kunden und Geschäftspartnern verlangen eine verbesserte Sozialkompetenz. Schliesslich führen die vielen Koordinations- und Entscheidungsaufgaben, hervorgerufen durch eine Vielzahl an Restrukturierungsmassnahmen sowohl in der Firmen- als auch in der Arbeitsorganisation, zu stark erhöhten Anforderungen an die Organisationsfähigkeiten der Führungskräfte. Klare "Verliererin" der Entwicklung der letzten Jahre ist die Persönlichkeit, die persönliche Ausstrahlung oder das Charisma der Führungskraft. Sie hat im Vergleich zu den anderen Merkmalen eindeutig an Stellenwert eingebüsst. Gefragt ist heute weniger der souveräne Kapitän, der seine Mannschaft sicher und mit väterlicher Autorität durch Stürme und Untiefen führt, sondern der kompetente Macher, die kompetente Macherin, die in Zusammenarbeit mit dem Personal Leistungsfähigkeit und Produktivität erhöht. Während Sektorzugehörigkeit der Betriebe und der Wandel ihres Umsatzes nur wenig Auswirkungen auf Qualifikationsprofile haben, unterscheiden sich die Anforderungen an Führungskräfte in Grossunternehmen mit mehr als 500 Beschäftigen in einigen Punkten von denjenigen in Kleinbetrieben (siehe Abb. 3.4). In Grossunternehmen hat die Sozialkompetenz mit Abstand am deutlichsten an Bedeutung gewonnen. Umgekehrt ist es in bezug auf das Fachwissen, das vor allem in Klein- und Mittelbetrieben wichtiger geworden ist. Am unterschiedlichsten jedoch wird die Persönlichkeit eines Chefs oder einer Chefin beurteilt: In Grossfirmen wird sie als sehr wichtig eingestuft, in den Kleinunternehmen hat sie dagegen sichtbar an Bedeutung verloren. Abbildung 3.4: Wandel der Qualifikationsanforderungen nach Betriebsgrösse
Die Umstrukturierungen in und Fusionen von Grossunternehmen sind auch in der Schweiz nicht spurlos an den Führungskräften vorbeigegangen. Ihre Zahl ist in den letzten zwei Jahren insgesamt gesunken. Der Anteil des Kaders beträgt in den von uns untersuchten Betrieben heute mit 19.2 Prozent ein Fünftel der gesamten Belegschaft. Aufgeteilt ist es in 7.8 Prozent oberes und mittleres Kader und 11.2 Prozent unteres Kader. Gemäss Auskunft der Personalverantwortlichen kündet sich aber eine leichte Trendwende an, zumindest wenn man den Personalverantwortlichen Glauben schenken will. Während das Personal im oberen und mittleren Kaderbereich stabil bleiben wird, steigt die Nachfrage beim unteren Kader leicht an. Dies gilt allerdings nur für Klein- und Mittelunternehmen, nicht aber für grosse Firmen. Bei ihnen wird sich der begonnene Personalabbau im Kaderbereich noch fortsetzen. Die Arbeitssituation des Kaderpersonals in den Schweizer Betrieben ist schwieriger geworden. Die Liberalisierung des Marktes, steigender Konkurrenz- und Rationalisierungsdruck sowie schneller technologischer Wandel, verbunden mit einem Mangel an qualifiziertem Personal auf dem Arbeitsmarkt, haben zu einer Erhöhung der Aufgabenbelastung und der Anforderungen an die Führungskräfte geführt. Die Aufgabenbelastung ist auf breiter Basis gestiegen. Kontroll- und Weisungsaufgaben haben jedoch eindeutig an Stellenwert eingebüsst. Gefragt ist heute weniger Vorgesetzte mit autoritärem Führungsstil als Führungskräfte, die kooperative Führungsmethoden beherrschen und über Coachingqualitäten verfügen. Das Anforderungsprofil an Führungskräfte unterscheidet sich in Grossunternehmen stark von demjenigen in Klein- und Mittelbetrieben. Während bei letzteren neben der Leistungsbereitschaft vor allem das Fachwissen von grosser und die Persönlichkeit des Vorgesetzten von untergeordneter Bedeutung ist, nimmt bei den Grossfirmen die Sozialkompetenz eine überragende Stellung ein und umgekehrt spielt hier das Fachwissen nur eine marginale Rolle. Es ist jedoch zu bezweifeln, ob die Realität auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt mit den Ansprüchen der Betriebe Schritt hält. Denn auch das Qualifikationsniveau des Kaders hinkt den Anforderungen hintennach. Strategien zur Behebung dieser Defizite können unterschiedlich ausfallen. So sind bei der Hälfte der Betriebe die Weiterbildungsaktivitäten gestiegen. Ausserdem kann, um Arbeitsüberlastungen zu bekämpfen, die Zahl des Kaderpersonals erhöht werden, was sich vor allem Klein- und Mittelbetriebe vorgenommen haben. |
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