![]() |
|
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Humankapital im Trend Ergebnisse aus dem Projekt "Wandel der Arbeitswelt" Es zeigt sich, dass der Personalbedarf an breit und gut qualifizierten Arbeitskräften zukünftig steigen wird. Die entsprechend qualifizierten Arbeitskräfte werden über den Arbeitsmarkt rekrutiert. Das für die Unternehmen zukünftig wichtig werdende Wissen soll jedoch mit verstärkter Weiterbildung erzielt werden. Betriebliche Weiterbildungsmassnahmen zur Humankapitalsteigerung werden bislang nur beschränkt ausgeschöpft. Nachhaltigkeit von Qualifizierungsmassnahmen und Kostenoptimierung von Fluktuationsprozessen bieten Potentiale für zukünftige Humankapitalsteigerung.
1.2 Wichtiges Wissen für die Zukunft 1.3 Steigerung des Humankapitals
Dieses Kapitel informiert Sie über den zukünftigen quantitativen Personalbedarf in den einzelnen Wirtschaftssektoren, den qualitativen Personalbedarf nach Ausbildungsniveau, den Qualifikationsprofilen der Unternehmen sowie über die getätigten Weiterbildungsmassnahmen zur Humankapitalsteigerung in den Unternehmen und zeigt verbleibende Potentiale auf.
Für die kommenden Jahre zeigt sich eine deutliche Trendwende in Bezug auf den Personalbedarf. Während 1995 bis 1997 der quantitative Personalbedarf rückläufig war, steigt der Bedarf für die Jahre 1998-2000 an. Insgesamt 82% der Betriebe nennen einen gleichbleibenden oder steigenden Personalbedarf. Die zukünftige Personalentwicklung steht in einem stark signifikanten Zusammenhang mit der Umsatzentwicklung. Für die Betriebe aller Wirtschaftssektoren gilt, je stärker der Umsatz von 1995-1997 gesunken ist, desto niedriger fällt der Personalbedarf aus, oder: je positiver die Umsatzentwicklung der letzten 3 Jahre desto stärker steigt der kommende Personalbedarf. Am stärksten steigt der Personalbedarf im Industriesektor an, im Dienstleistungssektor fällt er verhaltener aber dennoch optimistisch aus. Einzig im Bau setzt sich der rückläufige Trend noch fort.
Von der positiven Entwicklung sind insbesondere Personen mit einer Berufslehre oder einer höheren Ausbildung (z.B. Technikum, HVW, Fachhochschule) betroffen. In 35,9% der Betriebe steigt der Bedarf an Personal mit einer höheren Fachausbildung und in 39,6% derjenige an Leuten mit einer absolvierten Berufslehre. Der Bedarf an Akademiker/-innen bleibt in 78,1% der Betriebe vorwiegend konstant bis leicht ansteigend. Auch die Lehrlingsausbildung bleibt in 76,5% der Betriebe konstant und sinkt kaum noch. Schwierig wird es für an- und ungelernte Arbeitskräfte, 36,5% der Wirtschaftsunternehmen rechnen hier noch mit weiterem Personalabbau. Abbildung: 1.2: Qualitativer Personalbedarf 1998-2000, Anzahl Nennungen in Prozenten
Es findet eine Aufstockung an gelehrten Berufsleuten oder Personal mit höherer Fachausbildung statt, während an- und ungelernte Arbeitskräfte abgebaut werden. Gesamthaft können wir von einem Personalaustausch ausgehen, da netto das Arbeitsvolumen ansteigt. Wirtschaftspolitisch bedeutet dies, dass weniger das quantitative Arbeitsplatzangebot zu Arbeitsmarktungleichgewichten führt, sondern das qualitative Mismatching" von Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage. Die Schweizer Betriebe professionalisieren und verlangen vermehrt nach gut- und hochqualifizierten Arbeitskräften. Welches Wissen brauchen die Unternehmen, um auch in Zukunft erfolgreich zu sein? Zur Beantwortung der Frage, über welches Wissen eine zukunftsfähige Unternehmung verfügen sollte, konnten die befragten Manager aus 9 Wissensgebieten die drei wichtigsten auswählen. Die untenstehende Abbildung 1.3 illustriert welche Wissensgebiete für die zukünftige Entwicklung der Unternehmen als entscheidend eingestuft werden und wie der Qualifizierungsbedarf gedeckt werden soll: mittels Weiterbildung, Beizug externer Fachkräften oder durch Neueinstellungen. Abb. 1.3: Zukünftig wichtiges Wissen für Unternehmen Das 'gewerblich-technische Wissen' wird mit Abstand als das zukünftig wichtigste Wissen eingestuft. Dies erstaunt kaum, da in der Schweiz die Berufslehre einen äusserst hohen Stellenwert aufweist. Das gewerblich-technische Wissen scheint sozusagen die Kernkompetenz des Standortes Schweiz zu sein. Dies gilt insbesondere für den Bau, die Metallbearbeitung und den Maschinenbau. An zweiter Stelle folgt 'Informationstechnologie/ Datenverarbeitung/ Programmierung'. Die fortschreitende Technologisierung der Arbeitswelt und das herannahende Jahrtausendproblem mögen Gründe für diese Positionierung sein. Generell müssen wir davon ausgehen, dass EDV-Anwendungskenntnisse in Zukunft zu den Grundqualifikationen analog zu Schreiben, Rechnen und Lesen eines jeden Arbeitnehmenden zählen sollten. Anteilsmässig ragt der Bedarf in den Branchen Dienstleistungen für Unternehmen, Grosshandel und Maschinenbau hervor. Auf Position Drei folgt 'Verkaufstraining und Vertrieb'. Dies mag ein Indikator für Absatzproblematiken und wachsende Konkurrenz sein. Nicht allein die Qualität und der Preis eines Produktes sind entscheidend, sondern die Vermarktung der Ware wird zu einem wichtigen Wettbewerbskriterium. Mit Abstand den grössten Wissensbedarf in diesem Bereich weisen der Detail- und Grosshandel auf. 'Persönlichkeitsförderung und Arbeitsmethodik' haben mit dem vierten Platz eine ungewöhnlich hohe Position auf der Rangskala erlangt. In diesem Bereich ist es besonders schwierig trendige Lippenbekenntnisse von einem tatsächlichen Bedarf zu unterscheiden. Von der Qualifikationsforschung im Unternehmensbereich aus gesehen, verändern sich jedoch Tätigkeitsbereiche dermassen gravierend, dass nichtfachliche Qualifikationen unabdingbar sind, um der aktuellen Dynamik an den Arbeitsplätzen gerecht zu werden. Bedeutsam ist, dass nichtfachliche Qualifikationen die fachlichen Anforderungen nicht ersetzen, sondern in Ergänzung zu einer soliden fachlichen Ausbildung zum Tragen kommen. Hier ragt der Grosshandel hervor, gefolgt von Maschinenbau und Gastgewerbe. 'Marketing und Marktanalyse' stehen auf dem Rang 5. Sie habe ihre grösstes Gewicht im Gross- und Detailhandel. Auf Rang 6 folgt relativ spät 'Management- und Führungstraining'. Besteht tatsächlich kein Bedarf mehr an diesem Wissensgebiet? Der Detail- und Grosshandel sowie der Maschinenbau halten es für künftig bedeutendes Wissen. 'Teamarbeit und Gesprächsführung' werden im Grosshandel, im Gastgewerbe und im Maschinenbau am bedeutendsten eingestuft. Gesamthaft rangiert es auf Platz 7. 'Qualitätsschulung und ISO-Zertifizierung' zählen erstaunlicherweise kaum mehr zu zukünftig bedeutendem Wissen. Am wichtigsten sind sie im Grosshandel, der Metallbearbeitung und im Maschinenbau. Am wenigsten Punkte erhält kaufmännisches 'Wissen/Recht/Verwaltung' und gelangt somit auf die unterste Rangskala. Umso interessanter ist es, dass hier ein enormer Bedarf im Bausektor und bei den Banken und Versicherungen besteht.
Haben wir die erstrebten unternehmerischen Qualifikationsprofile einmal ermittelt, stellt sich die Frage, wie der Qualifikationsbedarf in der Praxis gedeckt wird. Bevor wir im nächsten Kapitel die aktuell praktizierten Qualifizierungsmassnahmen diskutieren, betrachten wir zunächst wie in das zukünftige Wissen erworben werden soll: mittels Neueinstellungen, Beizug von Fachkräften oder mittels Weiterbildung der bestehenden Belegschaft? Gemäss Einschätzung der befragten Geschäftsleiter/-innen und Personalverantwortlichen sollte zukünftig Weiterbildung die am häufigsten praktizierte Qualifizierungsvariante darstellen. Weiterbildung überwiegt deutlich im Vergleich mit Neueinstellungen und dem Beizug von externen Fachkräften. Der Beizug externer Fachkräfte wird am stärksten im Wissensbereich Informationstechnologie/ Datenverarbeitung und im Bereich Qualitätsschulung/ ISO-Zertifizierung vorgenommen. Bei gewerblich-technischem Wissen wird betriebliche Qualifizierung überraschend oft mittels Neueinstellungen erreicht. Inwiefern innerbetriebliche Weiterbildung heute schon als strategisches Potential genutzt wird, um die benötigten Qualifikationen im Betrieb sicherzustellen, wird Gegenstand der folgenden Ausführungen sein. 1.3 Steigerung des Humankapitals Das betriebliche Humankapital soll zwei Funktionen erfüllen: erstens dient es dazu, bestehende Produktionsprozesse aufrechtzuerhalten, zweitens muss es das Know-how erbringen, um Innovationen an Produkten und Produktionsprozessen vornehmen zu können. In beiden Fällen steigt der Personalbedarf an hoch- und breitqualifizierten Arbeitskräften. Das fachliche Know-how allein reicht jedoch nicht aus. Die ständigen organisatorischen Restrukturierungsmassnahmen und die Technologisierung der Arbeitsabläufe führen dazu, dass nichtfachliche Kompetenzen wie Umgang mit Unsicherheiten, Flexibilität, Einsatzbereitschaft, Selbständigkeit und Sozialkompetenzen das notwendige Qualifikationsspektrum ergänzen. Darüber hinaus sind Arbeitnehmende wie auch die Betriebe als Ganzes gefordert, Produktinnovationen zu tätigen sowie neue, ungewohnte Arbeitsprozesse zu wagen. Oftmals werden in den Betrieben Fähigkeiten verlangt, ohne dass sie geschult oder gar honoriert würden. Diese Fähigkeiten gelten dann bislang als statuserhaltend. Der Erwerb zusätzlicher Kompetenzen in Kursen (z.B. EDV, Gesprächstraining) garantiert lediglich die Bewahrung des Status Quo in punkto Anstellung und beruflicher Position. Weiterbildung, die zu einer Statusmobilität führen soll, muss sich durch entsprechend anerkannte Zertifikate auszeichnen. Die Gefahr bei Weiterbildungskursen ist, dass sie nur kurzfristige Problemlinderung versprechen können, aber weder für den einzelnen Teilnehmenden noch für den Betrieb zu einem grossen Verbesserungs- oder Innovationsschub führen. Betriebliche Weiterbildung müsste zu einem Gesamtkonzept der Humankapitalsteigerung ausgebaut werden. Humankapitalsteigerung greift erst dann nachhaltig, wenn sie in der strategischen Planung integriert ist. Das Ziel besteht darin, die Firma zu befähigen, Innovationen zu tätigen. Nur so kann sie ihrer Zeit voraus sein und Trends setzen.
Private und staatliche Schulen, Universitäten, formalisierte betriebsinterne oder -externe Weiterbildung bieten institutionalisierte Möglichkeiten an, die zur Qualifizierung von Arbeitnehmenden beitragen. Ihnen gegenüber steht das Lernen am Arbeitsplatz, welches weder explizite Lerninhalte vermittelt, noch das erlangte Know-how zertifiziert. Der Unterschied zwischen institutionalisierten und informellen Qualifizierungsmassnahmen hat eine entscheide Auswirkung auf den Eintauschwert des erlangten Know-hows auf dem Arbeitsmarkt im Form von Jobangebot, Beförderung und Lohnanstieg.
Übergreifend sind die Weiterbildungsaktivitäten bei 41.9% der Betriebe gestiegen, haben bei 54% stagniert und sind nur bei 4.1% gesunken. Überraschend hoch fällt die finanzielle Beteiligung der Betriebe an den Weiterbildungsaktivitäten ihrer Mitarbeitenden aus: 85% aller Firmen finanzieren mindestens die Hälfte der Schulungskosten, gar ein Drittel übernehmen sämtliche Kosten. Im Schnitt liegt die Kostenbeteiligung der Betriebe bei 72%.
Die Häufigkeit von interner Weiterbildung oder dem Lernen am Arbeitsplatz hängt nicht mit der Branchenzugehörigkeit zusammen. Es zeigt sich jedoch, dass der Zusammenhang zwischen externer Weiterbildung und Branche statistisch signifikant ist. Extrem weiterbildungsscheu sind die Branchen Nahrungsmittel, Bekleidung, Holz, Papier, Kunststoff, Nichtmetallische, Metallbearbeitung, Gastgewerbe, Transport und Telekommunikation. Unerwartet viel externe Weiterbildung betreibt der Bau, der Grosshandel, Banken und Versicherungen, Informatik/Forschung & Entwicklung sowie Dienstleistungen für Unternehmen.
Training on the job - häufigste, aber auch effektivste Lösung? Am häufigsten qualifizieren die Unternehmen ihr Personal mittels Unterweisung durch Vorgesetzte und Kolleg/innen (90.8%) und durch selbständiges Lernen am Arbeitsplatz (85.9%). Ueber Kosten und Effizienz dieser Trainingsvariante mangelt es an Studien. Vordergründig macht praktiziertes Lernen am Arbeitsplatz" den Anschein am kostengünstigsten zu sein. Darüber hinaus müsste man untersuchen, wie sich das training on the job" auf die Ausübung der Tagesroutinen auswirkt. Wir müssen annehmen, dass die Doppelbelastung zwischen Tagesgeschäft und Lernen zu Überstunden und zu Fehlern führt. Beobachtet wurde dies schon bei der Einführung neuer EDV-Systeme. Ausserdem schlagen sich derartige Qualifizierungsmassnahmen für die Arbeitnehmenden kaum in einem Lohnanstieg oder einer Beförderung nieder. Allenfalls reicht das Erlernte aus, um den bisherigen Arbeitsplatz zu bewahren. In den Unternehmen der Schweizer Industrie, Banken, Handel und Versicherung ist der Personalbedarf gestiegen und wird vorraussichtlich weiter steigen. Insbesondere besteht ein Bedarf an solide ausgebildeten Arbeitskräften, die sich über eine Berufslehre oder eine höhere fachliche Zusatzausbildung ausweisen können. Zusätzlich verlangen die Betriebe nach nichtfachlichen Kompetenzen wie Flexibilität, Teamfähigkeit und Selbstverantwortung. Dies sind nicht nur gängige Modebegriffe: die Arbeitsorganisation und Tätigkeitsfelder wurden in den letzten Jahren dermassen restrukturiert und geöffnet, dass die Anforderungen direkt im Arbeitsalltag spürbar werden. Nicht immer werden nichtfachliche Kompetenzen honoriert, indem sich etwa die Berufschancen erhöhen oder der Lohn steigt. Die Erfüllung steigender Leistungsanforderungen hat für Arbeitnehmende vor allem eine statuserhaltende oder jobbewahrende Funktion. Die Betriebe lösen ihren Bedarf an mehr und anderen Qualifikationen auf zwei Wegen ein: erstens indem sie die bestehende Belegschaft weiterbilden, und zweitens über Personalaustausch, indem sie das ungenügend qualifizierte Personal mit besser qualifiziertem auswechseln. Obwohl die Weiterbildungsaktivitäten der Betriebe in den letzten zwei Jahren generell gestiegen sind, werden neue Arbeitskräfte dennoch häufig auf dem Arbeitsmarkt rekrutiert. Damit verschiebt sich die Qualifizierungsaufgabe auf die Arbeitnehmenden. Für das zukünftig wichtig werdende Wissen wollen die Unternehmen vermehrt auf Weiterbildung als Qualifizierungsmassnahme zurückgreifen. Die Unternehmensstrategien dieses Jahrzehnts waren geprägt durch die Rezession, zunehmende Konkurrenz und sich verschiebender Märkte. Fehlende Nachhaltigkeit personalpolitischer Strategien und mangelnde Zukunftsorientierung machen sich im reduzierten Innovationspotential bemerkbar und verlangen nach zukunftsweisenden Strategien. Mit der konjunkturellen Erholung können sich die Betriebe erlauben, ihren Fokus wieder nach innen zu lenken und eine notwendige Humankapitalsteigerung vorzunehmen. Eine nachhaltige Humankapitalsteigerung lässt sich nicht allein über Personalaustausch oder partielle Weiterbildung einzelner Arbeitskräfte erzielen, sondern bedarf der Integration in die strategische Planung. |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
|