Sociology in Switzerland

Lehrstuhl Prof. Dr. Geser

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Wandel der Arbeitswelt
 

 

 

Arbeitsqualifikationen im Spannungsfeld des ökonomischen, technischen und organisatorischen Wandels

Hans Geser
Zürich, Juni 1999

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Bibliographische Zitation:
Geser Hans: Arbeitsqualifikationen im Spannungsfeld des ökonomischen, technischen und organisatorischen Wandels. In: Sociology in Switzerland. Wandel der Arbeitswelt. Online Publikationen. Juni 1999.http://socio.ch/work/geser/04.htm


Inhalt:

1. Ausgangspunkte und Problemstellung

2. Zur wachsenden Unübersichtlichheit und Unvorhersehbarkeit des Qualifikationswandels der Arbeitsrollen

3. Die verminderte Determinationskraft der Technologie

4. Organisationswandel und Qualifikationswandel: Implikationen "funktionaler Flexibilisierung" für den Qualifikationsbedarf auf Mitarbeiter- und Kaderebene

Exkurs: Empirische Häufigkeit von Flexibilisierungsmassnahmen in Schweizer Unternehmen

Literatur

Anmerkungen

 


Basisinformationen über das Projekt:

Beim Forschungsprojekt "Wandel der Arbeitswelt" handelt es sich um eine prospektive Untersuchung in schweizerischen Industrie-, Gewerbe- und Dienstleistungsbetrieben, die 1997-2000 gemeinsam vom Soziologischen Institut der Universität Zürich (SUZ) und der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich (KOF) durchgeführt wurde. Sie wurde vom Schweizerischen Nationalfonds im Rahmen des Nationalen Schwerpunktprogramms "Zukunft Schweiz" finanziert.

Das Projekt hatte zum Ziel, erstmals notwendige Basisdaten über den Qualifikationsbedarf der Schweizer Wirtschaft zu beschaffen. Dabei berücksichtigt es nicht nur den quantitativen Personalbedarf, sondern erfasst auch organisatorische und technologische Veränderungen in den Betrieben, die sich auf die Anforderungen an Arbeitsqualifikationen auswirken.

In methodischer Hinsicht bildet die standardisierte Erhebung der Qualifikationsstruktur, des Qualifikationsbedarfs sowie des organisatorischen Wandels der Betriebe den Schwerpunkt der Untersuchung.
Bei der Stichprobe handelt es sich um ein Panel von rund 6'000 privaten Unternehmungen, die vom KOF jährlich in Fragebogenerhebungen mit wechselnder Thematik einbezogen werden.
 
Es besteht aus einer nach Betriebsgrössenklassen und Branchenzugehörigkeit geschichteten Stichprobe, die Betriebe aus allen wichtigen Bereichen der Industrie, des Gewerbes sowie des privaten Dienstleistungssektors mitumfasst. Nicht einbezogen sind Betriebe, die ihre Dienstleistungen im Bereich Bildung, Gesundheit oder soziale Wohlfahrt erbringen.
Die Befragung richtete sich an Inhaber von betrieblichen Führungspositionen im Personalbereich.
An der Befragung, die vom Januar bis Mai 1998 stattgefunden hat, haben insgesamt 2143 Firmen teilgenommen.
Informationen zu diesem Forschungsprojekt können unter
 
geser@soziologie.uzh.ch bezogen werden.

 

1. Ausgangspunkte und Problemstellung

Aufgrund eines Zusammentreffens zahlreicher ökonomischer, technischer und organisatorischer Entwicklungen ist die industrielle Arbeitswelt der Schweiz – wie diejenige aller anderen hochentwickelten Länder (vgl. Smith 1997) - in den letzten Jahren in einen beschleunigten Wandel getreten. Stichworte wie "Globalisierung", "Lean Production", "Business Reengineering", "CIM", "Oeko-Management" oder "Customer Focus" bezeichnen - relativ unscharf - einzelne Ursachen eines insgesamt schwer überblickbaren Transformationsvorgangs, in dessen Verlauf sich die Organisations- und Rollenstrukturen der Unternehmen (und im Gefolge auch die Qualifikationsanforderungen, die an Erwerbstätige aller Branchen und Berufsgruppen gestellt werden) in vielschichtiger Weise verändern.
Die Komplexität und Unübersichtlichkeit dieser Entwicklungen wird dadurch verstärkt, dass die Betriebe verschiedener Branchen, Grössenklassen und Regionen durchaus divergierenden Umweltbedingungen ausgesetzt sind und aufgrund des wachsenden Arsenals alternativer Technologien und Organisationsmodelle auch auf dieselben Herausforderungen unterschiedlich reagieren. (vgl. z. B. Gittleman/Horrigan/Joyce 1998). Da die Freiheitsräume zunehmen, hängt das Verhalten jeder Firma zunehmend einerseits von ihren endogenen Eigenheiten (Unternehmensphilosophie, Führungskonzepte u. a.) und andererseits von ihren kontextuellen Einbettungen (z. B. in „industrial districts") ab.1)  Dadurch sind auch der Möglichkeit, ausländische Forschungsergebnisse auf Schweizer Verhältnisse zu übertragen, enge Grenzen gesetzt - ganz abgesehen davon, dass über die klein- und mittelbetrieblichen Strukturen, die für die Schweizer Industrie typisch sind, nur relativ wenige Untersuchungen vorliegen.

Ebenso verfügt die Sozialwissenschaft über keine hinreichend bewährten theoretischen Modelle, aus denen sich die Wandlungstendenzen industrieller Qualifikationsanforderungen schlüssig herleiten liessen. Bisherige Studien über den Wandel beruflicher Qualifikationsanforderungen sind bisher sowohl im angelsächsischen wie im deutschsprachigen Raum sporadisch geblieben. Sie haben sich überdies vor allem auf den technischen Sektor (insbesondere im Fertigungsbereich) beschränkt, während Dienstleistungsberufe (mit einer gewissen Ausnahme der kaufmännischen Angestellten) praktisch ausgeklammert blieben (vgl. Huisinga 1990: 97; Smith 1997).2)  Unbefriedigend ist zudem, dass sich die wenigen guten Studien für die Praxis als wenig fruchtbar erwiesen haben, weil Implikationen für die Reform der beruflichen Aus- und Weiterbildung meist nicht berücksichtigt wurden:

"Wir sind auch der Meinung, dass es in der Bundesrepublik entgegen einer weitverbreiteten Annahme keine in die berufsbildungsbezogene Didaktik einmündbare Qualifikationsforschung gibt. Die vorhandene Forschung über die Auswirkungen von Technologie und Technikeinsatz, über den Wandel der Berufsstrukturen und beruflichen Entwicklungsperspektiven greift Fragen der Berufsbildung nur indirekt oder am Rande auf und betrachtet Qualifikation zumeist nur unter dem Gesichtspunkt des vorhandenen formalen Abschlusses." (Huisinga 1990: 97).

Die Ungewissheiten über die Entwicklung der aktuellen (und erst recht: der zukünftigen) Qualifikationsnachfrage hat vielerlei negative Auswirkungen, die - im Sinne einer Art "self-fulfilling prophecy" - auch das zukünftige Angebot an Berufsqualifikationen betreffen. So ist die Unsicherheit über die zukünftigen Bedarfslagen für viele Firmen ein Grund, die Zahl ihrer Lehrlingsstellen zu reduzieren - und für noch mehr Jugendliche ein Anlass, auf bestimmte Berufsausbildungen zu verzichten. Andererseits werden viele knappe Ressourcen auf fehlgeleitete Aus- und Weiterbildungen verschwendet, weil sich im nachhinein herausstellt, dass das Angebot auf dem Arbeitsmarkt keine Nachfrage findet. Dies wird hinreichend deutlich durch die Tatsache demonstriert, dass neuerdings (d.h. aufgrund der Volkszählung von 1990) über 50% aller Erwerbstätigen in einem anderen als dem erlernten Beruf tätig sind (Sheldon 1995). Die Tatsache, dass über 30% aller Berufswechsel bereits vor dem 25. Lebensjahr stattfinden, zeigt deutlich, dass wie sehr es an auch und gerade an kurzfristig angelegten Arbeitsmarktprognosen fehlt.
Weil die "Markttransparenz" derart weitgehend fehlt, gibt es auch wenig Anlass zu Hoffnung, Angebot und Nachfrage an Berufsqualifikationen würden sich - im Sinne der neoklassischen Theorie - auf dem Markt selbsttätig regulieren. Dies zeigt sich deutlich daran, dass die Industrie auch in Perioden ausgeprägter Arbeitslosigkeit einen Mangel an hochqualifizierten technischen Mitarbeitern beklagt, und dass der Prozentsatz "ausreichend qualifizierter" Mitarbeiter im Dienstleistungssektor von 83% im Jahre 1970 auf 71% (im Jahre 1990) sank (vgl. Sheldon 1995).

Diese Problematik fehlallozierter Ausbildungsinvestitionen wächst in dem Masse an, als zunehmend auch hoch qualifizierte Arbeitskräfte in unsicheren Anstellungsverhältnissen beschäftigt sind und unerwartete Karrierebrüche hinnehmen müssen, die den Investitionswert aufwendiger Ausbildungen reduzieren.3) So sehen sich lernwillige Arbeitslose zwar einerseits auf ein fast unübersehbar reiches Angebot von Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten verwiesen, können andererseits aber kaum abschätzen, welche Wege der Qualifizierung hinreichende Berufschancen garantieren.

Viele Unternehmen haben in der jüngsten Vergangenheit auf Fluktuationen der Ertragslage durch allzu umfassende, kurzfristig motivierte Entlassungswellen reagiert, in deren Vollzug sie unersetzliche Humankapazitäten verloren haben. In Zukunft werden sie (im Interesse längerfristiger Wachstumschancen) wohl lernen müssen, derartige Schwankungen durch sanftere innere Wandlungsstrategien abzufangen, die besser mit der langfristigen Aufrechterhaltung ihrer Personalressourcen vereinbar sind (Abbasi/Hollman 1998). Diese Stabilisierung ist insbesondere auch eine notwendige Voraussetzung dafür, dass sich die Arbeitnehmer längerfristig mit dem Betrieb identifizieren und motiviert sind, sich im Interesse ihrer Weiterbeschäftigungs- und Promotionschancen an betrieblichen Weiterbildungs- und Umschulungsmassnahmen zu beteiligen (Abbasi/Hollman 1998).

 


 2. Zur wachsenden Unübersichtlichheit und Unvorhersehbarkeit des Qualifikationswandels der Arbeitsrollen

In der traditionellen Berufswelt sind berufliche Qualifikationsanforderungen relativ gut sichtbar, weil sie Eigenschaften von Rollen sind, die infolge der hohen Stabilität der Technologie, Arbeitsorganisation, Marktumwelt und der allgemeinen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen ebenfalls eine hohe Stabilität besitzen. Diese Dauerhaftigkeit und klare Identifizierbarkeit bietet günstige Voraussetzungen, um solche Erfordernisse zum Objekt strukturierter Ausbildungsgänge zu machen, die selber wiederum - wie z.B. im Zunfthandwerk seit dem späten Mittelalter - einer hohen traditionellen Verfestigung unterliegen.

In modernen Gesellschaften führen die raschen und vielseitigen Wandlungen in allen Bereichen der Arbeitsorganisation und der betrieblichen Umwelt dazu, dass sich auch die Qualifikationsanforderungen auf unübersichtliche und unvorhersehbare Weise verändern. Dies hängt damit zusammen, dass der Qualifikationsbedarf praktisch nie selber eine Zielgrösse betrieblichen Handelns darstellt, sondern sich als eine abhängige Variable ungeplant aus einer Vielzahl anderer Massnahmen (Reorganisationen, technische Innovationen, Wandel der Produkte und Absatzmärkte) ergibt (vgl. z.B. Huisinga 1990:181). Typischerweise entstehen Veränderungen der Qualifikationsnachfrage als ungeplante und nicht vorhergesehene Nebeneffekte von Unternehmensentscheidungen: z.B. wenn beschlossen wird, den Maschinenpark zu erneuern, Teamarbeit einzuführen, in neue Produktmärkte einzudringen oder den Kundenservice zu reorganisieren.
Je rascher und komplexer diese Wandlungen, desto weniger selbstverständlich ist es, dass deren (direkte oder indirekte) Auswirkungen auf den Qualifikationsbedarf überhaupt bewusst wahrgenommen und angemessen objektiv erfasst werden - was dann aber immer noch nicht bedeutet, dass man auch auf der Ebene operativen Handelns (z.B. bei Entscheidungen über Rekrutierungen oder gar bei organisatorisch-politischen Massnahmen (z.B. bei der Reorganisation der beruflichen Ausbildung) die adäquaten Folgerungen daraus zieht.
Teilweise sind die Qualifikationsprofile auch viel zu unstabil oder zu heterogen, als dass sich längerfristigere und aufwendigere Massnahmen daran anschliessen könnten: z.B. wenn man sicher ist, dass sie sich mit der nächsten Generation der Softwarepakete oder beim nächsten Reorganisationsschritt der Firma wieder verändern werden. So gelangen Baethge und Oberbeck aufgrund ihrer sehr umfassenden Studie zum Schluss, dass über die Entwicklung der Qualifikationsanforderungen in den Büroberufen keine gesicherten Globalprognosen möglich seien (Baethge/Oberbeck 1986: 308). Im Fertigungsbereich tritt erschwerend hinzu, dass vollautomatisierte Produktionstechnologien nicht als gesamtbetriebliche Anlagen, sondern als begrenzte "Insellösungen" in die Unternehmung Einzug halten: was zur Folge hat, dass für die Mitarbeiter vielerlei residuale Tätigkeiten (z.B. Beschickung, Entstörung, Instandhaltung u. a.) übrig bleiben, die sich nicht zu einem konsistenten Rollenbild zusammenfügen und sich bei jedem neuen Innovationsschritt wieder wandeln können (vgl. z.B. Scharfenberg 1993).

Bei allem Unwissen über spezifische Qualifikationsentwicklungen und ihren summativen Wirkungen auf den Gesamtarbeitsmarkt ist wenigstens eine Hypothese relativ unbestritten: dass sich die Arbeitswelt hinsichtlich der nachgefragten Qualifikationen zunehmend heterogenisiert.

Die Ursachen dafür liegen darin, dass sowohl innerhalb des privaten und öffentlichen Sektors
a) eine wachsende Bandbreite unterschiedlichster Produkte und Dienstleistungen erzeugt werden;
b) immer vielfältigere Technologien zum Einsatz gelangen;
c) immer unterschiedlichere Organisationsformen Verwendung finden;
d) immer verschiedenartigere Absatzmärkte bearbeitet werden.

So haben die jüngsten wirtschaftlichen Entwicklungen beispielsweise dazu geführt, dass neben traditionell tayloristischen Betrieben – die nach wie vor florieren - im Zuge der "lean production" oder des "management reengineering" auch postfordistische Strukturen getreten sind (Lowe 1998; Betcherman 1996), oder dass neben den nach wie vor auf heimische Märkte ausgerichtete Firmen vermehrt Unternehmungen mit weltweitem Marktumfeld operieren.

Ebenso zeigt sich, dass mit der Expansion des tertiären Sektors eine erhöhte qualifikatorische Polarisierung des Arbeitsmarkts verbunden ist, weil einerseits zwar die anspruchsvollen Positionen im technischen und kaufmännischen Bereich, andererseits aber auch die unqualifizierten Stellen im Detailhandel und Gastgewerbe überdurchschnittlich expandieren (Lowe 1998). Zumindest in Nordamerika überwiegt die Ansicht, dass in Zukunft netto eine Dequalifizierung des Arbeitsmarkts erfolgen dürfte, weil die Expansion der unqualifizierten Dienstleistungsberufe quantitativ überwiegt. 4)

Während in den frühen 1980er Jahren noch eine fast vorbehaltlose Zustimmung zu Strategien der Flexibilisierung, Enthierarchisierung und Informalisierung vorherrschend war, hat heute die differenziertere Ansicht Platz ergriffen, dass derartige Massnahmen nur für bestimmte Branchen (bzw. Organisationen) geeignet seien. 5)

Allen Zeitdiagnosen, die grundsätzliche "Umbrüche" (z.B. von der "Industriegesellschaft" zur "Informationsgesellschaft" ) festzustellen meinen, ist die einfache empirische Regularität entgegenzuhalten: dass Altes beim Auftreten von Neuem in der Mehrzahl der Fälle nicht verschwindet, sondern - vielleicht in restriktiveren, spezialisierteren Nischen - durchaus weiterexistiert. So trifft beispielsweise keineswegs zu, dass alle Branchen in paralleler Weise heute dazu gezwungen sind, ihren Kunden anspruchsvollere und individualisiertere Produkte und Dienstleistungen anzubieten, ständig neue Produkte zu entwickeln oder in einem weltweiten Kompetitionsumfeld zu operieren. Dementsprechend müssen empirische Forschungen, die die Arbeitswelt als Ganzes abbilden möchten, einen immer grösseren Umfang annehmen, um der zunehmenden Vielfalt der Verhältnisse Rechnung zu tragen.

 


3. Die verminderte Determinationskraft der Technologie

Das industrielle Zeitalter war charakterisiert durch eine enge Verzahnung von Mensch und Technik: z.B. in dem Sinne, dass die menschliche Arbeit haargenau in die Logik eines Fliessbandsystems integriert oder der Funktionsweise einer Spezialmaschine angepasst werden musste. Demgegenüber beinhalten alle mit dem Begriff "Automation" verknüpften Entwicklungen eine wechselseitige Verselbständigung zwischen Technik und Arbeit.
So entstehen auf der einen Seite geschlossene technische Systeme, die weitgehend ohne menschliche Handlungsinterventionen funktionieren und auf der andern Seite ebenso verselbständigte Prozesse der Arbeitsplanung und -programmierung, die nun nach eigenen psycho-sozialen Prinzipien gestaltet werden können.

"Der Einsatz der Technik führt grundsätzlich zu einer grösseren Entkoppelung des Mitarbeiters von maschinellen Abläufen, so dass eine zeitliche und räumliche Trennung der konkreten Arbeitstätigkeit vom technischen Produktionsvorgang ermöglicht wird. Das Programmieren, Steuern und Kontrollieren eines Fertigungsprozesses erfolgt heute z. T. in einem örtlich entfernten Büroraum. Ausserdem eröffnen sich neue Chancen für flexible Arbeitszeitregelungen." (Bungard 1990: 203).

Zwar entsteht in den Erprobungs- und ersten Anwendungsphasen neuer Technologien oft ein Mehrbedarf nach hoch qualifizierten Fachkräften, die fähig sind, die mitgelieferten Handbücher adäquat zu verstehen, die neuen Apparaturen in den Gesamtrahmen des Betriebs zu integrieren, unerwartete Anlaufschwierigkeiten und Funktionsstörungen zu beheben, Pläne für die Instandhaltung zu erstellen, Maschinenbetreuungspersonal zu instruieren usw. Dieser Bedarf nimmt dann wieder ab, wenn die häufig auftretenden Fehler beseitigt (oder wenigstens durch Routinehandlungen rasch behebbar geworden) sind, oder wenn Software-Systeme derart benutzerfreundlich und "self-explaining" (bzw. gar "self-correcting") geworden sind, dass ihr regulärer Gebrauch keinerlei besondere Kenntnisse mehr erfordert.

"Ein Bedarf an qualifizierten Fachkräften besteht beim Auf- und Ausbau von CAD-Systemen, bei der Anpassung an spezifische betriebliche Erfordernisse und dem Erstellen von Zusatzprogrammen. Bestreitet der Betrieb die Besetzung des CAD-Bereichs mit eigenen Arbeitskräften, was die Regel ist, besteht gerade in der Anlaufphase auch für qualifizierte technische Zeichner und Facharbeiter die Möglichkeit, als "Männer der ersten Stunde" ihre Qualifikation auszubauen und sich zusätzliche EDV- und Programmierkenntnisse anzueignen. Im Übergang zur Routineanwendung zeichnet sich jedoch ein umgekehrter Trend ab: Läuft das System zufriedenstellend, dann werden qualifizierte Fachkräfte abgezogen (sie übernehmen den Anteil der tatsächlichen kreativen Konstruktionstätigkeiten), während für die CAD-Zeichnungserstellung technische Zeichner oder Techniker zuständig sind, die vorwiegend nur als Maschinenbediener fungieren." (Hügel/Schmid 1984: 134).

Im Einklang mit diesen Befunden kommt auch die IAB-Prognos-Studie zum Schluss, dass der starken Reduktion traditoneller Produktionstätigkeiten ("Gewinnen/Herstellen") langfristig kein Anstieg der Arbeitsplätze in den Bereichen Reparatur und Instandhaltung gegenübersteht, weil sich die Reparaturanfälligkeit der technischen Anlagen dank Qualitätssteigerung tendenziell verringert (Hofer et. al. 1989: 235). Viele moderne Technologien haben überdies die Eigenschaft, dass sie keine spezifische Form der Arbeitsorganisation erzwingen, sondern genau umgekehrt zusätzliche Spielräume eröffnen, die je nach den verfügbaren Ressourcen und vorherrschenden kulturell-gesellschaftlichen Rahmenbedingungen unterschiedlich genutzt werden können.

"Theoretisch ist auch vorstellbar, die Produktion langfristig mit Hilfe der neuen Technologien so flexibel zu organisieren, dass sie in grossen Bereichen der Wirtschaft mit sehr unterschiedlicher Zahl und Struktur der Arbeitskräfte kombiniert und somit dem jeweiligen Arbeitskräfteangebot angepasst werden kann. Untersuchungen belegen, dass der Qualifikationsbedarf der Betriebe gestaltbar ist und es keinen unabwendbaren Sachzwang aus Technik und daraus folgender Arbeitsorganisation gibt, sondern erhebliche Flexibilitätsspielräume bei Organisation und Besetzung der Arbeitsplätze bestehen. (Klauder 1990:113/114)

So kann man beispielsweise im technischen Bürobereich feststellen, dass aus der Einführung des CAD keine zwingenden Veränderungen des Qualifikationsbedarfs resultieren: weil es von vielerlei Faktoren der konkreten Programmgestaltung (und der darauf aufbauenden Arbeitsorganisation) abhängt, welche Tätigkeitsrollen und Fähigkeitsanforderungen sich daraus ergeben (vgl. Berger et. al. 1991: 151). Vor allem im Bereich der CNC-Technologien haben international vergleichende Untersuchungen gezeigt, dass die organisatorischen Auswirkungen stark vom Qualifikationsniveau der Arbeiterschaft beeinflusst werden. So hat sich in Deutschland, wo ein hohes Niveau der Berufsbildung besteht, eine flache Kompetenzorganisation (mit hoher Autonomie für die operativen Arbeitskräfte) ausgebildet (vgl. Sorge et. al. 1982), während in Frankreich viel bürokratischere, durch hohe vertikale Arbeitsteilung charakterisierte Strukturen ausgebildet wurden (vgl. Francis, 1986: 89ff.).

Generell schaffen neue Technologien nach diesen empirischen Befunden die Grundlage dafür, dass sich sozio-kulturell bestimmte (z.B. nationenspezifische) Determinanten der Arbeitsorganisation akzentuierter als bisher ausprägen können (vgl. Sorge et. al 1982: passim). Ebenso erhöht sich bei Anwendung fortgeschrittener Computertechnologien die Chance, dass sich Unterschiede in der Marktumwelt oder in den industriellen Sozialpartnerbeziehungen tiefgreifend auf die betriebsinterne Organisations- und Qualifikationsstruktur auswirken können. So hat sich in einer amerikanischen Studie gezeigt, dass CNC-Technologie vor allem in jenen Betrieben zu einer Höherqualifizierung der Produktionsarbeiter führt, die gewerkschaftlich gut organisiert sind und die nicht Massenprodukte, sondern differenziertere Güter mit kleineren Losgrössen produzieren (Kelley 1990). In der gleichen Studie wird auch sichtbar, dass moderne Technologien gleichermassen auch dazu beitragen, die Divergenzen zwischen Klein- und Grossbetrieben zu verschärfen. In den Kleinbetrieben findet eine ausgeprägte Höherqualifizierung statt, weil sie logischerweise dazu tendieren, aus den neuen Möglichkeiten der Rollenfusionierung Nutzen zu ziehen. Die Grossbetriebe gebrauchen dieselbe Technologie umgekehrt dazu, um ihre - bereits sehr hohe - vertikale Rollendifferenzierung noch schärfer auszuprägen. (Kelley 1990).

Auf generellster theoretischer Ebene folgt daraus, dass auch Qualifikationsanforderungen nicht mehr deterministisch von der Technologie her abgeleitet werden können. Vielmehr konstituieren sich solche Anforderungen nun aufgrund von Konzepten der "Technologiebetreuung", in die durchaus auch kulturelle Wertorientierungen einfliessen können. Waren die früheren (z. B. „handwerklichen") Fertigkeiten unmittelbar auf die Erfordernisse des aktuellen operativen Arbeitsflusses bezogen, handelt es sich hier immer mehr um "Reservequalifikationen", die nur noch in seltenen Ausnahmefällen (z.B. wenn eine komplizierte technische Anlage zusammenbricht oder ein Atomreaktor ausser Kontrolle gerät) mobilisiert werden müssen (vgl. z.B. Hirschhorn 1984: 69f.; 74ff.). Dementsprechend hängen sie z. B. davon ab, welche Störfälle für wahrscheinlich gehalten werden und welche Prozeduren für derartige ex ante konzipierte Situationen vorgesehen sind. Ebenso scheinen die Auswirkungen der Informatik auf die Rolle kaufmännischer Angestellter (z. B. Sekretärinnen) relativ schwer voraussehbar zu sein, weil sie viel stärker von organisatorischen Variablen als von der verwendeten Hard- und Software abhängig sind:

"Gesamthaft ist für die Beschäftigten auf der Stufe Sekretariat von potentiell sehr divergierenden Entwicklungen in bezug auf Qualifikationsanforderungen auszugehen - oft sogar innerhalb des gleichen Unternehmens. Dies zeigt sich auch in dem grossen Mangel an Übereinstimmung der befragten Experten bezüglich dieser Frage. In welche Richtung diese Entwicklung im Einzelfall geht, hängt entscheidend vom gewählten Organisationsmodell ab." (Katz et. al. 1987: 106).

Sind die Chefs dank der Informatik heute objektiv in der Lage, die meisten Aufgaben ohne Hilfspersonal zu erfüllen, so hängt die effektive Arbeitsteilung im Büro umso mehr davon ab, inwiefern sie subjektiv auch bereit sind, dies zu tun (Katz et. al. 1987: 147).

Schliesslich gilt in immer stärkerem Masse, dass mit dem technischen Fortschritt per se auch keine deterministischen Wirkungen auf den quantitativen Umfang der Beschäftigung verbunden sind, weil es weitgehend von organisatorischen Entscheidungen abhängt, ob beispielsweise überflüssig gewordene Mitarbeiter entlassen oder unausgelastete Stellen mit zusätzlichen Aufgaben versehen werden. So sind beispielsweise im Bürobereich bereits in den 1980er-Jahren Produktivitätssteigerungen entstanden (vgl. Katz et. al. 1987: 140), die erst in der Rezession der 90er Jahre zu einem spürbaren Beschäftigungsabbau führten

 


4. Organisationswandel und Qualifikationswandel: Implikationen „funktionaler Flexibilisierung" für den Qualifikationsbedarf auf Mitarbeiter- und Kaderebene

4.1 „Numerische" und „funktionale" Flexibilisierung

Verschiedenste Konzepte der Unternehmensreorganisation und unterschiedlichste empirische Entwicklungen auf Betriebs-, Abteilungs- und Rollenebene konvergieren im Zentralbegriff der "Flexibilisierung", der schlechthin alle Massnahmen und Vorgänge mitumfasst, womit sich moderne Organisationen vom klassischen Modell der Bürokratie (im Weberianischen und/oder Tayloristischen Sinne) distanzieren (vgl. z. B. Wood 1989; Smith 1997).

In einem ersten Schritt analytischer Differenzierung erweist es sich als fruchtbar, zwischen "numerischer" und "funktionaler" Flexibilisierung zu unterscheiden.

Bei der numerischen Flexibilität dominiert der Gesichtspunkt, dass Firmen dadurch an Anpassungsfähigkeit gewinnen, dass sie ihre vertraglichen Beziehungen zu ihren Mitgliedern lockerer, variabler und reversibler gestalten; z. B. indem je nach Auftragslage die Belegschaftsgrösse verändert wird ("atmendes Unternehmen"), indem den Schwankungen der Arbeitsauslastung durch temporäre und teilzeitliche Arbeitsrollen (contingent jobs) Rechnung getragen wird oder indem bedarfsweise mehr gelernte oder mehr ungelernte Arbeitskräfte angeheuert werden usw (Atkinson 1985;1987; OECD 1986; Graham 1995, OECD 1997: 131). Logischerweise ist dies eine Strategie, die auf alle Branchen und alle innerbetrieblichen Abteilungen Anwendung finden kann und im Vergleich zur (mehr organisationsintern, d.h. mesosoziologisch ausgerichteten) Perspektive der funktionalen Flexibilisierung (siehe unten) besser in der Lage ist makrostrukturellen Effekten (z. B. einer wachsenden strukturellen Arbeitslosigkeit) Rechnung zu tragen. Die numerische Flexibilisierung führt typischerweise zu einer Verunsicherung des Arbeitnehmers bezüglich seiner zukünftigen Anstellungs- und Aufstiegschancen, so dass seine Bereitschaft zur Höherqualifizierung sinkt (Smith 1997). Dementsprechend findet sie ihre stärkste Ausprägung in Gesellschaften mit niedrigem Ausbildungsniveau und geringem Arbeitsschutz (z. B. UK oder USA). (Smith 1997; Pal 1995; OECD 1997:150f.)

Funktionale Flexibilisierung beruht demgegenüber auf dem Bestreben, das tayloristisch—bürokratische durch flexiblere „postfordistische" Produktionssysteme zu ersetzen: mit dem Zweck, sich rascher auf Wandlungen der Märkte einzustellen und differenzierter auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Kunden zu reagieren. (vgl. Piore and Sabel 1984; Lash and Urry 1987; Katz 1985; Mathews 1992; Streeck 1987). Es überwiegt eine organisationssoziologische Perspektive und die Argumentationen sind generell sehr stark auf die Industriebranchen (und hier etwas einseitig auf die Fertigungsabteilungen) fokussiert (Brewster 1997).

Spezifisch geht es hier um folgende Elemente (vgl. z. B. OECD 1997: 130ff.):

1) Hierarchische Strukturen werden flacher, und die Verantwortlichkeit jeder Hierarchiestufe wird erhöht.

2) Die Gesamtheit aller betrieblichen Prozesse wird einem Prozess qualitativer Leistungsoptimierung ("Total Quality Management") unterzogen, der häufig in einem öffentlich beglaubigten professionellen Statusgewinn des Unternehmens (z. B. einer Zertifizierung nach ISO 9000) ihren Ausdruck findet. Von jedem Mitarbeiter wird ein aktives Problemlöseverhalten, ja sogar die Übernahme unternehmerischer Mitverantwortung gefordert, sowie die Bereitschaft, sich (z. B. durch Weiterbildung) an veränderte technisch-organisatorische Rollenanforderungen zu adaptieren.

3) Arbeitsrollen werden polyvalenter, indem sie ein grösseres Spektrum unterschiedlicher Tätigkeiten umfassen ("job enlargement"), und die Rotation der Mitarbeiter zwischen verschiedenen Rollen nimmt zu.

4) Ein immer umfangreicherer Teil der Arbeitsorganisation wird durch selbstregulierende Gruppen getragen, die kollektiv über Rollenzuteilungen und Arbeitsabläufe entscheiden und kollektiv die Verantwortung für die Leistungsergebnisse tragen ("team empowerment"). Kommunikationswege werden offener, und insbesondere wird „Aufwärtskommunikation" gefördert, indem z. B. „Qualitätszirkel" geschaffen werden, die der kontinuierlichen Verbesserung der Produktionsverfahren dienen.

5) Die Orientierung am Kunden wird zum dominierenden Strukturierungsprinzip, das traditionell-bürokratische Orientierungen (an Weisungen und Regeln) zumindest teilweise ersetzt („customer focus").

6) Im Unterschied zum Diversifizierungstrend der 70er und 80er-Jahre tendieren Firmen dazu, ihre Ressourcen und Aktivitäten auf den engen Bereich ihrer "Kernkompetenzen" zu konzentrieren, in denen ihre Konkurrenzfähigkeit ausser Frage steht; auxiliäre Funktionen werden ausgegliedert ("outsourcing"), so dass korrelativ zu ihrer eigenen Belegschaftsreduktion ("downsizing") wachsende Beschäftigungschancen in (meist kleineren) Zulieferfirmen entstehen.

Generell unterscheidet sich die funktionale von der numerischen Flexibilisierung diametral dadurch, dass von den einzelnen Mitarbeitern hohe intraorganisationelle Anpassungsleistungen gefordert werden. Sie müssen sich in Teams einfügen, sich permanent weiterbilden, ihre Interaktionen mit Mitarbeitern, Vorgesetzten und Kunden verändern, sich an neue Technologien gewöhnen usw. Dementsprechend findet sie sich eher in Gesellschaften (bzw. Unternehmungen), die sich auf relativ gut ausgebildete Belegschaften abstützen können, und in denen Erwerbstätige in langfristig-gesicherte Arbeitsvertragsverhältnisse eingebunden werden (z. B. Japan oder Deutschland) (vgl. OECD 1997: 150). Äusserst verbreitet ist allerdings eine Kombination beider Strategien in dem Sinne, dass die „funktionale Flexibilisierung" einer Kernbelegschaft von überdurchschnittlich qualifizierten und stabil an die Firma gebundenen „Stammmitarbeitern" vorbehalten bleibt, während bei den peripheren „Randbelegschaften" immer mehr eine „numerische Flexibilisierung" überhandnimmt, die in prekären temporären und teilzeitlichen Arbeitsverhältnissen und im Fehlen von Qualifizierungs- und Aufstiegschancen ihren Ausdruck findet (Pal 1995; OECD 1997: 130). Eine bemerkenswerte Gemeinsamkeit der numerischen und der funktionalen Flexibilisierungskonzepte besteht darin, dass der Weg zur Produktivitätssteigerung offensichtlich nicht vorrangig in einer weiteren Technisierung (Automatisierung oder Informatisierung) der Betriebsabläufe gesehen wird, sondern in einer besseren Ausschöpfung menschlicher Fähigkeiten und informeller Interaktionsprozesse

Alle neueren Modelle der Unternehmensreorganisation haben gemeinsam, dass sie derartige individuelle und mikrosoziale "Primärleistungen" in den Vordergrund stellen, die weder von komplexer Technologie noch von anspruchsvoller Organisation/Administration abhängig sind, sondern teilweise gerade auf der Enttechnisierung und Entbürokratisierung der Kooperationsstrukturen beruhen.

In ihrer international vergleichenden Untersuchung über den Wandel der Unternehmensformen und Beschäftigungsrollen kommt die OECD zum Schluss, dass sich Strategien der funktionalen Flexibilisierung in allen ihren Mitgliedstaaten stark ausgebreitet haben (OECD 1997: 130ff).

Gemäss einer neueren Repräsentativerhebung bei amerikanischen Unternehmungen (Gittleman et. al. 1998) haben in den USA ca. 42% aller Firmen der 90er Jahre zumindest eine Massnahme der organisatorischen Flexibilisierung (am häufigsten "Total Quality Management", Teamwork und "Job Rotation") eingeführt; bei Unternehmungen mit über 50 Mitarbeitern sind es sogar ca. 70%.

In der grossen Mehrzahl der Firmen (ca. 90%) sind aber bisher nur einzelne Massnahmen aus dem Gesamtkonzept der funktionalen Flexibilisierung realisiert, ohne dass die grundlegenden tayloristischen Strukturen dadurch eliminiert worden wären (Lowe 1998; Betcherman et. al. 1994). Eine Ausnahme bildet die Automobilindustrie, wo Formen der „lean production" teilweise eine sehr weitgehende Implementation erfahren haben (Green/Yanarella 1996; Lowe 1998).

In Europa können - ebenfalls flächendeckend - Entwicklungen hin zur Arbeitsflexibilisierung beobachtet werden (Brewster / Mayne / Tregaskis 1987): wobei aber deutliche Gefälle zwischen dem Norden und dem Süden des Kontinents aufrechterhalten bleiben und – ähnlich wie in den USA – punktuelle Einzelmassnahmen anstatt umfassende Gesamttransformationen überwiegen.6)

Generell sind funktionale Flexibilisierungsstrategien im Industriesektor stärker als im Dienstleistungssektor verbreitet (Bassi 1995; Gittleman et. al. 1998). Im Tertiärsektor finden sie sich am häufigsten bei Firmen, die Dienstleistungen für Unternehmen erbringen, während im Bereich der „Dienstleistungen für Personen" (z.B. Gastgewerbe, Detailhandel) der Reformdruck geringer scheint (OECD 1997: 130 passim). Am häufigsten sind sie bei Firmen, die aufgrund ihrer weltweiten Märkte einer besonders intensiven Konkurrenz ausgesetzt sind (Atkinson 1985; OECD 1997: 130).

„The most frequently cited reasons for reorganizing work to increase the emphasis on the quality of the firm's product and to respond to increased competition." (Bassi 1995).

Die meisten der vorliegenden empirischen Untersuchungen gelangen zum Schluss, dass die Wahrscheinlichkeit für flexibilisierende Reorganisationsmassnahmen mit zunehmender Firmengrösse steigt (Lawler/Mohrman/Ledford 1992; Gittleman et. al. 1998). Umgekehrt weisen viele Befunde darauf hin, dass die Einführung von Flexibilisierungsmassnahmen das „downsizing" begünstigt – natürlich vor allem dann, wenn eine Konzentration auf „Kernkompetenzen" (verbunden mit entsprechendem „outsourcing") damit verbunden sind. Flexibilisierende Reorganisationsschritte gehen sehr häufig Hand in Hand mit der Einführung neuer (z. B. informatischer) Technologien. Der Grund dafür liegt möglicherweise darin, dass technische Innovationsphasen per se eine „Verflüssigung" ("unfreezing") der bestehenden Organisationsstrukturen mit sich bringen, die – vor allem wenn sie auch noch mit Neurekrutierungen verbunden sind - die Einführung neuer Praktiken und Regelungen erleichtert (Pil/MacDuffie 1996; Bassi 1995).  Zweitens sind vor allem mit den Einführungsphasen neuer Technologien häufig gesteigerte Qualifikationsbedürfnisse (z. B. zum Beheben anfänglicher Fehler) verbunden. Und drittens führt technologische Rationalisierung häufig zu einem quantitativen Abbau der Arbeitskräfte: mit der Folge, dass den noch verbleibenden Arbeitnehmern variablere (und teilweise anspruchsvollere) Aufgaben aufgebürdet werden (Brewster 1997; Atkinson 1985).

In der Forschungsliteratur besteht ein hoher Konsens darüber, dass flexibilisierende Reorganisationsmassnahmen erleichtert werden, wenn sich die Firma auf gut qualifizierte Angestellte (auf Mitarbeiter- und Führungsebene) abstützen kann: weil der Wandlungsprozess selber Lern- und Umlerntätigkeiten erfordert und weil er in einem Endzustand terminiert, indem auch von den unteren Chargen dauerhaft höhere Fähigkeiten (z. B. Qualifikationen zur selbständigen Teamorganisation) gefordert werden. (vgl. z. B. Bailey 1993; Osterman 1994; Bassi 1995; Gittleman et. al. 1998). Dementsprechend ist es meist erforderlich, dass die Firmen komplementär zu ihren Reorganisationsanstrengungen auch Qualifizierungsstrategien („workplace education programs") implementieren:

„Both manufacturing and nonmanufacturing firms with education programs are significantly more likely to report that reorganization of work has resulted in increases inproductivity and improvements in worker morale, than are firms that have reorganized work without implementing a workplace education program. The probability of reporting positive effects of reorganization is larger still for firms that have education programs that involve an academic component." (Bassi 1995).

Umgekehrt zeigt sich aber auch, dass betriebseigene Weiterbildungsmassnahmen nur dann zu Produktivitätsgewinnen führen, wenn sie von Reorganisationsmassnahmen begleitet sind (Bassi 1995).

 
4.2 Konsequenzen des Hierarchieabbaus und der Delegation von Verantwortlichkeiten

Zentralisierte Steuerungskonzepte der Unternehmung wie sie noch vor wenigen Jahren unter dem Begriff des "computer integrated manufacturing" (CIM) propagiert wurden, sind heute stark in den Hintergrund getreten. Stattdessen werden fast überall dezentralisierte Strukturen angestrebt, bei denen es darum geht, eine grössere Zahl von Angestellten an der strategischen Unternehmensverantwortung mitzubeteiligen und selbst die Mitarbeiter dazu zu motivieren, ohne hierarchische Dauerüberwachung "spontan" unternehmerisch zu denken und im Interesse der Firma zu handeln.

Insbesondere werden viele mittlere Kaderpositionen, die früher rein ausführend tätig waren in die unternehmerische Mitverantwortung einbezogen:

"Die nachhaltigsten Auswirkungen hat diese Umstrukturierung allerdings beim sogenannten mittleren und unteren Management gezeigt. Hier bewirkte sie eine eigentliche Verhaltensänderung. Die Zeit des Administrators war abgelaufen, er hatte das Feld dem Unternehmer überlassen. Durch Einbezug in die Verantwortung ist die Fragestellung, beispielsweise bei Investitionen, bereits auf dieser Kaderstufe deutlich strategischer Natur. Es wird folgerichtig nicht mehr erörtert, wie viele Teile benötigt werden, um eine neue Technologie auszulasten, sondern was diese neue Technologie dem Kunden oder dem Markt bringt. Ist er bereit, dafür entsprechend zu bezahlen, sind wir in der Lage, uns mit dieser Technologie deutlich von der Konkurrenz abzuheben?" (Schwizer 1994).

Ein wesentliches Motiv dafür besteht darin, dass die obersten Führungskräfte sich von der Last alltäglicher Leitungsfunktionen freimachen wollen, weil von ihnen mehr als früher gefordert wird, sich über die - in immer rascherem Wandel begriffene - Umwelt des Unternehmens auf dem Laufenden zu halten und innovative Zukunftsperspektiven zu entwickeln (vgl. z.B. Müller/Adelt 1990: 247). Ein zweites Motiv besteht darin, die Dienstwege zu verkürzen und dadurch in der Lage zu sein, rasch und flexibel auf Wandlungen in lokalen Teilumwelten (auf unerwartete Wünsche einzelner Kunden) zu reagieren (vgl. 4.6). Schliesslich nimmt durch breite Streuung der Verantwortung die Chance zu, dass fehlerhafte Verhaltensweisen frühzeitig entdeckt und korrigiert werden, weil sich nun neben dem formal verantwortlichen Vorgesetzten auch zahlreiche niederrangigere Mitarbeiter für den optimalen Ablauf der Betriebsabläufe verantwortlich fühlen.

Mit der wachsenden Freiheit durch die Abnahme der hierarchischen Kontrolle steigen andererseits aber die Anforderungen an Selbstkontrolle und an Selbstdisziplin :Von immer mehr Mitarbeitern wird gefordert, dass sie durch hohen Arbeitseinsatz und effiziente Arbeitsweise gute Ergebnisse liefern, ohne dass ihre Anwesenheit am Arbeitsplatz oder ihr konkretes Verhalten irgendeiner Kontrolle unterliegt (vgl. z.B. Müller/Adelt 1990:241).

„The horizontal organization is intended to free employees who have long worked within the confines of functional departments and narrow job descriptions. Ideally, they will begin to take on additional responsibilities such as cross-functional training, data gathering, leadership, monitoring and self-correction. They should thrive on autonomy, develop a sense of pride, self-respect, dignity and a strong bond among themselves."(Brooks 1995).

Durch Delegation von Verantwortlichkeit entsteht eine Daueranspannung , ein Zwang, seine Aufmerksamkeit ständig in umfassender Weise auf die Arbeit auszurichten und sich ständig an der Lösung neuer Probleme mitzubeteiligen. Selbst Mitarbeiter ohne Weisungsbefugnisse werden von der Angst getrieben, bei Versagen sehr teure Fehler zu machen und diese generelle Angst zwingt sie dazu, ihre Aufmerksamkeit dauerhaft und sehr breit auf die integralen Betriebsabläufe auszurichten: Dieser Druck erhält seine Unausweichlichkeit dadurch, dass er nicht mehr primär von hierarchischen Vorgesetzten ausgeübt wird, sondern dass er vor allem auch als informeller Konformitätsdruck des Arbeitsteams jedem Einzelnen permanent entgegentritt.

So sind dehierarchisierende Betriebe selbst auf Mitarbeiterebene zunehmend auf Personen mit voll internalisierter Arbeitsethik und mit dem protestantischen Unternehmerethos angewiesen, das bis anhin höchstens bei bürgerlichen Eliten vorzufinden war.

„Another trait that is valued highly, according to the psychomanagerial literature, is a knack for "prosocial" behavior - doing more for others, which in this case, ultimately means more for the boss. Such devotion is especially welcome in these days of employee "empowerment" programs and leaderless teams; workers are expected to be the architects of their own better exploitation" (Henwood 1997).

Solch intrinsische – d.h. von Lohn und Karrierechancen unabhängige - Arbeitsmotivationen sind auch deshalb stärker gefordert, weil infolge der verflachten Hierarchie weniger Möglichkeiten für innerbetrieblichen Aufstieg zur Verfügung stehen.
 

4.3 Gesamtheitliches Qualitätsdenken und aktives Problemlöseverhalten

Eine sehr generelle Entwicklung in der Arbeitswelt besteht darin, dass von den Inhabern der meisten Berufsrollen verlangt wird, ihren Horizont zu erweitern, um nicht nur die unmittelbaren Wirkungen, sondern auch indirektere und längerfristige Folgen ihrer Tätigkeit überblicken zu können. Ein Beispiel: Maler müssen lernen, dass die von ihnen verwendeten Flüssigkeiten umweltschädlich sind und deshalb fachgerecht entsorgt werden müssen. In speziellen Kursen werden sie auf theoretischer Ebene auf diese ökologischen Zusammenhänge hingewiesen in praktischer Hinsicht befähigt, sich beim Umgang mit den Stoffen (und deren Entsorgung) umweltgerecht zu verhalten. 7)

In diesem Beispiel manifestiert sich die sehr generelle Regularität, dass berufliches Handeln sich aus verschiedenen Ursachen in einem immer dichteren und heterogeneren Geflecht von Kausalzusammenhängen vollzieht:

a) weil durch technische Fehlfunktionen immer grössere Schäden verbunden sind (z.B. wenn man einen Bulldozer fährt, ein AKW betreut oder einen Airbus fliegt);

b) weil im dichtbesiedelten urbanen Umfeld Lärm und andere Immissionen als störender empfunden werden;

c) weil stärker mit Beschwerden und Gerichtsklagen einzelner Kunden oder Kundenverbände gerechnet werden muss (die sich im Vergleich zu früher auch auf einen umfassenderen Rechtsschutz abstützen können);

d) weil die wachsende Dichte funktionaler Interdependenzen (z.B. im Falle von "just-in-time" Produktion) bewirkt, dass die in einer Firma erzeugten Mängel in zahlreichen anderen Firmen spürbar werden;

e) weil in einer zunehmend multikulturellen Gesellschaft immer mehr auf die Sensibilitäten verschiedener religiös-weltanschaulicher Gruppen Rücksicht genommen werden muss (z. B. in der Werbung);

f) weil infolge des wissenschaftlichen Fortschritts immer mehr Kausalwirkungen (z. B. über die Giftigkeit von Substanzen) bekannt sind, die zu entsprechender Sorgfalt im Produktionsprozess zwingen.

Dementsprechend erfahren Unternehmen von verschiedenster Seite heute einen verstärkten Druck, ihre Produkte und Dienstleistungen zuverlässig und mit gleichbleibend hohem Qualitätsniveau zu erbringen und beim Herstellungsprozess verschiedenste spezifische Normen zu beachten.
So wird es beispielsweise unter dem Einfluss des Produkthaftpflichtrechts und der selbstbewussten Konsumentenverbände wichtig, teure (und die Konkurrenzsituation schädigende) Schadenersatzklagen zu vermeiden; Umweltorganisationen wie Greenpeace und der WWF haben ein wachsames Auge darauf, dass umweltfreundlich produziert wird, Versuchstiere keine unnötigen Qualen erleiden und bei den Beschäftigten keine Gesundheitsschädigungen entstehen; und aufgrund von Gleichstellungsgesetzen werden Arbeitgeber zunehmend verpflichtet, gegen die Diskriminierung von Frauen, Behinderten oder Ausländern anzugehen und nicht zuzulassen, dass ein feindseliges betriebsinternes Klima gegen Minderheiten entsteht. In allen Fällen geht es keineswegs nur darum, ein von den formellen Gesetzesnormen gesetztes Leistungsminimum zu erfüllen, sondern durch darüber hinausgehende informelle Leistungen zu demonstrieren, dass man sich mit den hinter solchen Regelungen stehenden Werte und Zielsetzungen identifiziert (Müller/Adelt 1990).

Mehr als je zuvor hängt die weltweite Konkurrenzfähigkeit der Firmen von ihrer integralen "Qualitätsfähigkeit" ab, wie sie im Konzept des "total quality management" und auf institutioneller Ebene in der sogenannten ISO-Zertifizierung ihren Ausdruck findet. Es sind dies Konzepte, die vom Bereich der Industrieproduktion (insbesondere in der Metall-, Maschinen- und Elektrobranche) ihren Ausgang genommen haben, und sich heute zunehmend auch auf dem Dienstleistungsbereich (z.B. auf die Hotellerie und das Gesundheitswesen) ausbreiten (Waeber 1995). Immer mehr greift deshalb in der Unternehmung ein umfassendes Qualitätsdenken um sich, das sich nicht bloss - wie bisher - auf die Fertigungsprozesse des Produktes, sondern auf die Gesamtheit aller betrieblichen Vorgänge bezieht:

"Ein gutes Produkt zählt heute nicht mehr genug. Wichtig ist ein Qualitätsdenken im Betrieb, das auch den Service rund um das Produkt betrifft..." (Sattes 1996).

Zur Durchsetzung dieser "Qualitätskultur" ist es nötig, alle Mitarbeiter einheitlich zu sorgfältigem Arbeiten anzuhalten und sie zu befähigen, den Gesamtzusammenhang, in dem ihr spezialisiertes Rollenhandeln steht, zu überblicken. Dies hat zur Folge, dass die divergierenden Qualifikationsanforderungen verschiedener Berufsrollen durch homogene firmenbezogene Anforderungen überlagert werden, die für alle Mitarbeiter des Unternehmens (ungeachtet ihrer Funktion und hierarchischen Stellung) in ähnlicher Weise gelten.

Die vielleicht revolutionärste Eigenheit der "lean production" besteht im "kontinuierlichen Verbesserungsprozess" ("Kaizen"), durch den nun an alle Mitarbeiter die Normalerwartung gestellt wird, nicht nur eine vorgegebene Arbeitsrolle auszuführen, sondern sich während der ganzen Anstellungszeit weiterzuqualifizieren (Osterloh 1994). LP-Organisationen richten sich zum vornherein auf Produktionsprozesse ein, die permanent modifizierbar sind, so dass eine dauerhafte Disposition aufrechterhalten wird, neue technische und organisatorische Wissenselemente zu rezipieren und die innerhalb der operativen Tätigkeit erworbenen Erfahrungen nicht nur für sich selbst, sondern für den Gesamtbetrieb fruchtbar zu machen. Die Arbeiter werden zu eigentlichen Experten in der Identifizierung und Lösung von Produktionsproblemen: eine hochgradig generalisierte Qualifikation, die betriebs- und branchenübergreifende Anwendungsmöglichkeiten besitzt (Smith 1997).

Entsprechend werden auch Funktionen der Mitarbeiterschulung und Weiterbildung wieder stärker in die Betriebe integriert, während in den 80er Jahren die Tendenz vorherrschte, diese Aufgaben an unabhängige externe Institutionen auszulagern (Battaglia 1997). Das Arbeitsteam erweist sich dabei als "kostengünstige" Sozialisationsinstanz, die teurere - und überdies weniger direkt auf den Arbeitsplatz bezogene -Weiterbildungsmassnahmen ersetzt (vgl. 4.5). Als Folge solch betriebsbezogener Qualifikationen kann der Betrieb zu einer Gemeinschaft werden, in der ein starkes "Wir-Gefühl" vorherrscht, in der aber auch die Gefahr besteht, sich gegen externe Ideen abzuschirmen ("group think"). Externe Seminare und Kurse haben demgegenüber den Vorteil, den Influx neuer Ideen zu befördern.

In eine analoge Richtung wirkt auch die vielfach diskutierte Entwicklung, dass der Umgang mit komplex-risikoreichen Grosstechnologien den Bedarf nach ganzheitlichen (d. h. intellektuelle, intuitive und emotionale Komponenten gleichermassen einbegreifende) Wahrnehmungs- und Urteilsfähigkeiten erhöht (vgl. z.B. Böhle/Milkau 1989; Hirschhorn 1984 67ff, 96ff). Während in der klassischen Industriearbeit relativ gut messbare, objektive Beanspruchungsfaktoren (Körperkraft, Ertragen von Lärm, Hitze u. a.) dominierten, scheinen heute immer subjektivere und ganzheitlichere Qualifikationen in den Vordergrund zu treten, die mit begriffen wie "Gespür", "Einfühlung" , "Intuition" u.a. umschrieben werden:

"As the worker's muscle systems are demobilized, their nervous systems come into play. Deeply involved in supervising the feedback-based control systems, workers face new tensions in the counterpoint of watchfulness and boredom." (Hirschhorn 1984: 70).

Diese Verlagerung von physischer Körperarbeit auf sensorisch-evaluative Aufgaben ist dadurch bedingt, dass im Zuge des technischen Fortschritts einseitig nur die motorischen Aspekte menschlichen Handelns durch Apparate substituiert werden, während im sensorischen Bereich der Mensch umgekehrt sogar unentbehrlicher wird, weil es gilt, nun auch diese immer komplexeren technischen Apparate zuverlässig zu überwachen und auf unerwartete (und damit: technisch nur unzureichend vorprogrammierbare) Störfälle sofort situationsgerecht zu reagieren (Hirschhorn 1984: 71; Katz et. al 1987: 101).

"Displacement from direct execution does not relieve the workers: instead, they become persistently vigilant and often nervous, feeling that though they execute few tasks they have become more responsible for the entire process."(Hirschhorn 1984: 71).

Beispielsweise geht es darum, aus ungewohnten Maschinengeräuschen, Gerüchen oder ungewöhnlichen Messkonstellationen auf Fehler in der technischen Anlage zu schliessen: Beurteilungen, die stark von subjektiven Gefühlen geleitet sind, da keine objektivierten Verhaltensanleitungen zur Verfügung stehen. Je mehr die objektivierbaren Kontrollen in die Selbststeuerung der Maschinerie eingebaut werden, desto ausschliesslicher verbleiben dem Menschen die "Imponderabilien", d.h. jene subjektiveren, diffuseren Beurteilungen und Reaktonsweisen, die mit seiner - technisch nicht nachahmbaren - Fähigkeit zu intuitiv-ganzheitlichen Perzeptions- und Interpretationsprozessen zusammenhängen. Während sich die Hauptaufmerksamkeit des traditionellen Handwerkers auf die operative Tätigkeit im engeren Sinne richtet, bezieht sie sich beim Hochtechnologiearbeiter umgekehrt gerade auf den peripheren Bereich seltener, unerwarteter Randereignisse (z.B. Störungsfälle), bei dessen Eintreten kurzfristig ein Höchstmass an umfassender Qualifikation ins Spiel gebracht werden muss ("fringe awareness" im Sinne von Hirschorn 1984: 91ff.). 
Zur Qualifikation dieser neuen Hochtechnologiearbeiter gehört es beispielsweise, selber kompetent entscheiden zu können, wann ein Eingriff in technologische Abläufe erforderlich ist und wann nicht (Hirschhorn 1984: 97). Dazu ist eine nur schwer erlernbare synthetische Urteilsfähigkeit erforderlich, die neben expliziten technischen Kenntnissen auch schwer definierbare Intuitions- und Gefühlsfaktoren einbezieht (Hirschhorn 1984: 90ff). Derartige unwägbare Fähigkeiten intuitiver Fehleraufspürung können von unschätzbarer Bedeutung sein, wenn teure Maschinenanlagen stillstehen und es gilt, in möglichst kurzer Zeit die Defekte zu beheben. So führen die modernsten Technologien zu einer Höhergewichtung bestimmter Formen "praktischer Intelligenz", die niemals in arbeitsplatzfernen schulischen Lehrgängen lernbar sind, sondern höchstens (und auch dies nicht zuverlässig) im langfristigen Umgang mit spezifischen Maschinenanlagen erworben werden können.
Bei den Bürosachbearbeitern führt die Entlastung von operativen Verarbeitungsvorgängen durch die Informatik in analoger Weise dazu, dass sie sich stärker mit Beurteilungsfragen (z.B. welche Informationen relevant sind oder welcher Kategorie ein Problemfall zugeordnet werden soll) befassen können (vgl. z.B. Katz et. al. 1987: 101). Dabei sehen sie sich ebenfalls genötigt, überaus informelle mentale Syntheseleistungen zur Geltung zu bringen (vgl. z.B. Deker 1988; Huisinga 1990: 122ff).

Unbestrittenermassen führt die Informatisierung der Organisationsprozesse dazu, dass in immer kürzeren Zeiträumen immer gigantischere Mengen an Information anfallen, die einer Selektion, Sichtung und Beurteilung bedürfen und deshalb von immer mehr Erwerbstätigen eine hohe "kognitive Verarbeitungskapazität" erfordern. Während früher allein schon der (frühzeitige oder exklusive) Besitz bestimmter Informationen einen Konkurrenzvorsprung verbürgte, hat die heutige Proliferation und Ubiquität der Informationen dazu geführt, dass nur noch derjenige Vorteile erwirbt, der dieses immer reichlichere Rohmaterial unter Beizug menschlicher Intelligenz analysieren und zu zuverlässigem, kommunizierbarem Wissen verdichten kann (vgl. Bassi et al. 1998).  So hat sich in den USA der Anteil der Stellen, die höhere kognitive Qualifikationen erfordern, zwischen 1970 und 1990 um 11 Prozentpunkte erhöht (Bassi/Benson/Cheney 1996).
Vor allem Führungskräfte sehen sich genötigt, für diese Aufgaben umfangreiche Stabsstellen zu beschäftigen und auch einen beträchtlichen Teil ihrer eigenen Arbeitszeit in solche Syntheseleistungen zu investieren (vgl. Müller/Adelt 1990: 244ff.). Dringend gefordert ist ein generelles Urteilsvermögen, "relevante" und "irrevelante" Information zu unterscheiden und auf ihrer Basis sehr rasch klare Schlussfolgerungen und verbindliche Entscheidungen zu generieren. Ähnlich wie bei der "Sozialkompetenz" oder der "persönlichen Flexibilität" handelt es sich auch in diesem Fall um eine diffus-vielgestaltige Qualifikation, die schwierig operational zu definieren ist und im Rahmen formeller Ausbildungsgänge kaum zuverlässig erzeugt oder gesteigert werden kann.
Schliesslich wird das sensorische Wahrnehmungs- und Urteilsvermögen vor allem deshalb immer stärker beansprucht, weil im Zuge der Informatisierung immer mehr verschiedene Vorgehensweisen und gestalterische Alternativen verfügbar werden, aus denen eine Selektion getroffen werden muss. So ist es mittels CAD möglich geworden, durch einfachste Manipulationen zahlreiche unterschiedliche Konstruktionsvarianten zu erzeugen (und sauber darzustellen), aus denen dann die Auswahl vorgenommen werden kann. Und in der Textverarbeitung führt die Vielfalt disponibler Schrifttypen, Formate und Farbgebungen dazu, dass sich der Schwerpunkt der Arbeit von der reinen Texterstellung zur ästhetischen Dokumentsgestaltung verschiebt (vgl. Geser/Bürgisser 1998). Damit sehen sich die Arbeitnehmer zur Entwicklung geschmacklicher Bewertungskriterien aufgefordert, die sie bisher allenfalls in ihrer Rolle als Konsumenten, kaum aber innerhalb ihrer – allzu sehr im technischen und administrativen verhafteten - beruflichen Grundausbildung kennenlernen konnten.
 

4.4 Polyvalentere Arbeitsrollen („job enlargement")

Vielfältige Entwicklungen auf ökonomischer, technischer und organisatorischer Ebene haben die gemeinsame Wirkung, dass Arbeitsrollen zwar nicht anspruchsvoller sehr wohl aber vielseitiger und abwechslungsreicher werden.  Oft ist ein hoher Routinisierungsgrad jeder einzelnen Tätigkeit gerade die Voraussetzung dafür, dass sie horizontal zu heterogeneren Individualrollen zusammengefügt werden können. Dieses „job enlargement" steht in einem Konträrverhältnis zum – wahrscheinlich weniger häufigen „job enrichment", wo die Einzelaufgaben komplexer (und damit strikter einzelnen speziell ausgebildeten Rollenträgern zugewiesen) werden. Als Folge davon ergibt sich eine Tendenz zu verbreiterten Berufsfeldern wie sie auch von den Erwerbstätigen gewünscht wird, weil dadurch weitere Felder potentieller Berufstätigkeit eröffnet werden. In diesem Sinne hat z.B. in der amerikanischen Autoindustrie bereits in den frühen 90er-Jahren eine drastische Reduktion der beruflichen Klassifikationskategorien stattgefunden (vgl. Smith 1997); in der Schweizerischen Metall- und Maschinenindustrie ist vorgesehen 25 bisherige Einzelberufe zu sieben Basisberufen zu verdichten, mit denen praktisch alle Tätigkeitsbereiche der Branche abgedeckt werden. Allein der „Polymechaniker" vereinigt Aufgaben, die bisher auf neun Einzelberufe aufgeteilt waren.

Während die gesamte Arbeitsteilung in der Wirtschaft (hinsichtlich Produkte) ständig zunimmt, nimmt die Rollendifferenzierung auf der Ebene der Berufe paradoxerweise eher ab.

Zumindest die folgenden vier Ursachen dieses Phänomens sind zu unterscheiden:
 

1. Verlagerung von Massenfertigung auf kleinere Losgrössen

Da standardisierte Massenprodukte heute sehr viel billiger im Ausland produziert werden können, sehen sich einheimische Firmen immer mehr genötigt, ihre Produktion auf anspruchsvollere Kundenkreise auszurichten, die individualisiertere, auf ihre partikulären Bedürfnisse massgeschneiderte Güter präferieren. So hat sich beispielsweise in der deutschen Damenoberbekleidungsindustrie bereits in den 80er-Jahren eine Abkehr von der standardisierten Massenfertigung vollzogen, die bis anhin eine günstige Basis für hoch taylorisierte Organisationsstrukturen (mit wenig qualifizierten Fliessbandrollen) geboten hatte:

"Denn der Markt für diese Produkte ist für die bundesdeutsche Bekleidungsindustrie in den letzten Jahren zunehmend enger geworden, da Massenware im Ausland oft kostengünstiger produziert werden kann. Inländische Bekleidungsbetriebe sind daher, sofern sie nicht eine Standortverlagerung ins Ausland vornehmen, vielfach darauf verwiesen, die Segmente des Absatzmarktes zu besetzen, auf denen Qualität und modische Aktualität, Termin- und Kundentreue gefragt sind. Das allerdings stellt wiederum Anforderungen an die Flexibilität der Betriebe, die bei einer Fertigungsorganisation, deren Leitbild standardisierte Massenware ist, nur unter grössten Schwierigkeiten zu bewältigen ist - wenn überhaupt." (Fischer/Minssen 1987: 199).

Im Gefolge erwies es sich als notwendig, die starre Fliessbandproduktion durch flexiblere Fertigungsgruppen zu ersetzen und die Näherinnen durch Zuweisung unspezialisierterer Rollen in die Lage zu versetzen, die Verteilung der Arbeit den wechselnden Bedarfslagen anzupassen. Dies hatte zur Konsequenz, dass nur noch Näherinnen mit relativ hoher Fachqualifikation und Kommunikationsfähigkeit sowie mit der nötigen Entscheidungsfähigkeit eingestellt werden konnten (Fischer/Minnsen 1987: 202). Vor allem wird gefordert, dass alle Näherinnen für den gesamten Produktionsfluss aktive Mitverantwortung übernehmen, anstatt sich wie bisher eng auf eine ihnen zugewiesene Teilarbeit zu konzentrieren (Fischer/Minnsen 1987: 203). 
 

2. Reduktion der Arbeitsplätze

Wenn eine Firma im Zuge der Rationalisierung ihre Belegschaft reduziert, ist jeder der noch verbleibenden Mitarbeiter tendenziell genötigt, ein breiteres Spektrum verschiedener Aufgaben zu übernehmen - und dabei unter anderem auch für relativ anspruchsvolle Arbeiten zur Verfügung zu stehen. Beispielsweise tritt in hochautomatisierten Maschinenanlagen der sogenannte "multifunktionale Arbeiter" (bzw. "Hybridarbeiter") hervor, der neben den operativen Tätigkeiten beispielsweise auch gewisse Planungs- und Instandhaltungsaufgaben übernimmt (Bungard 1990: 206). Vor allem verschwindet der traditionelle Typus der rein ausführend-operativen Arbeitsrolle, weil alle Mitarbeiter auch indirekte Auxiliäraufgaben übernehmen müssen. Dementsprechend geht der Bedarf an Un- oder Angelernten (beispielsweise in der Automobilindustrie) massiv zurück (Bungard 1990: 206).
So mag es in einer Bankfiliale von 20 Mitarbeitern noch Verwendungszweck für zwei bis drei wenig qualifizierte Bürohilfskräfte geben, die ausschliesslich anspruchslose Arbeiten (ablegen, registrieren usw.) erledigen. Beim Abbau auf zehn (oder gar fünf) Arbeitsplätze wird man dagegen nur noch voll ausgebildete Mitarbeiter brauchen können, die im Bedarfsfall auch für anspruchsvolle Kundenberatung (oder gar für den selbständigen Abschluss von Geschäften) zur Verfügung stehen.

In diesem Sinne haben z.B. Gottschall/Mickler/Neubert in ihr Studie über "Computergestützte Verwaltung" festgestellt, dass das durch Informatisierung besonders stark betroffenen Schreib- und Registraturpersonal mit zusätzlichen, stärker fachspezifisch geprägten Aufgaben (z.B. Datenbereitstellung) betraut wird, so dass sich insgesamt eine Erhöhung der Qualifikationsanforderungen ergibt (Gottschall et. al. 1985).  Umgekehrt wird aber auch von gut ausgebildeten Kräften (Sachbearbeitern, Redakteuren und Managern) verlangt, mangels Sekretariatspersonal auch anspruchslosere Tätigkeiten (z.B. Texterstellung, Abfertigung von Korrespondenz u.a.) zu übernehmen (Katz et. al 1987: 107).
Dadurch ergibt sich, dass ein genereller Arbeitsplatzabbau mit einer überproportionalen Reduktion wenig qualifizierter Arbeiter verbunden ist. Damit erklärt sich wahrscheinlich, warum die Zahl der Lehrstellen für einfache Büroangestellte (im Gegensatz zu derjenigen für kaufmännische Angestellte) in den letzten Jahren besonders stark rückläufig war.8)  So stellen Baethge und Oberbeck bereits Ende der 70er Jahre rückläufige Einstellungszahlen bei den niedrigeren Büroberufen (Hilfskräfte, Schreibkräfte u.a.) fest (Baethge/Oberbeck 1986: 303). Während in früheren Jahrzehnten ein rasch wachsendes "Büroproletariat" entstanden war, hat sich das durchschnittliche Qualifikationsniveau der kaufmännischen Personals in den 70er Jahren erstmals wieder angehoben (Baethge/Oberbeck 1986:316;318; Huisinga 1990: 103).

Zahlreiche empirische Studien haben gezeigt, dass Betriebe, die Arbeit durch Kapital substituieren, meist eine beträchtliche Anhebung des durchschnittlichen Qualifikationsniveaus erfahren. Die Gründe dafür liegen darin, dass
a) derartige Firmen meist hoch komplexe technische Anlagen betreiben, deren Instandhaltung und Funktionssicherung durch hohe technische Kompetenz gesichert werden muss;
b) der Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten so gering wird, dass die Unternehmen leicht bereit sind, sich bei der Weiterbildung (wie auch bei der Entlöhnung) ihrer Belegschaft grosszügig zu erweisen (vgl. Fullan 1970: Blauner 1964: 124ff).

 

3. Informalisierung der Betriebsstrukturen

Generell führt der Abbau von klar formalisierten Kompetenzen und Rollenpflichten (zugunsten von variableren Formen teamartiger ad hoc-Kooperation) dazu, dass alle Rollen im Betrieb unschärfere Konturen erhalten. Dies impliziert, dass es objektiv schwieriger wird, die mit einer Rolle verknüpften Qualifikationsanforderungen klar zu benennen, geschweige denn als verbindliches Rekrutierungskriterium zu formalisieren.  Dies hat auf jeden Fall zur Folge, dass auch Löhne und Promotionschancen nicht mehr so stark wie früher an individuellen Qualifikationen (Bildungszeugnisse, vorgängige Berufserfahrungen) anknüpfen, sondern viel stärker an die aktuelle Leistung, die im Betrieb erbracht wird.
So können Vorgesetzte darunter leiden, dass sie ihre gehobene Position nicht mehr aufgrund eines ihnen definitiv zugeschriebenen Vorsprungs an Wissen, Kenntnis und Erfahrung legitimieren können (Brooks 1995). Vielmehr müssen sie die diffuse Rolle eines "Trainer" oder eines "Coach" ihrer Mitarbeiter übernehmen: ein Rollenmodell, das sich eher am Freizeitanimateur oder am "Supervisor" der Sozialarbeit als beispielsweise am traditionellen "Meister" orientiert. Ebenso verliert das Rollenmodell des "Armeeoffiziers" für privatwirtschaftliche Managerpositionen an funktionaler Bedeutung, weil militärische Führung sich viel zu sehr an einer einseitig von oben nach unten organisierten Befehlshierarchie orientiert.

Die Auflösung klarer Rollenstrukturen bedeutet für den einzelnen Mitarbeiter eine grundlegende Verunsicherung seiner betriebsinternen Rollendidentität und Statusposition mit der Folge, dass auch die den einzelnen Rollen zuzuordnenden Qualifikationsprofile undeutlicher werden und das Management den Mitarbeitern selber nicht mehr klar sagen kann, in welche Richtung sie sich weiterqualifizieren sollen (Brooks 1995). In dieser Situation wird es dann umso wichtiger, dass die Firma klar konturierte Strategien, „mission statements" und „Unternehmensphilosophien" definiert, aus denen sich derartige Qualifikationsforderungen herleiten lassen (Brooks 1995). In dem Masse, wie dies nicht (bzw. unzureichend) geschieht, wird den Mitarbeitern die Chance zugeschoben, das Qualifikationsprofil ihrer Rolle zu definieren: mit der Folge, dass sowohl idiosynkratisch-individuelle Wertorientierungen wie auch kulturelle (z. B. ethnische) Prägungen innerbetrieblich stärker zur Geltung kommen (Brooks 1995).
 

4. Stärkere Verknüpfung von wissenschaftlich-technischem und kommerziellem Wissen

Im Zuge der Defragmentierung von innerbetrieblichen Prozessen gehen nicht nur stark routinisierte Rollen im Fertigungsprozess verloren, sondern auch hoch professionelle Rollen, weil sie ebenfalls auf einer hohen Verfahrensspezialisierung beruhen. Zum Beispiel gibt es keinen Platz mehr für Ingenieure, die eng nur ihre professionell-technische Qualifikation zur Geltung bringen möchten (Pal 1995). Sie alle müssen sich in Teams integrieren, in denen von ihnen auch ganz andersartige Fähigkeiten (Übersicht, Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Bezug zur Arbeitspraxis u.a.) gefordert werden. (Hammer/Champy 1995: 93ff.).

Generell nimmt die Chance ab, sich an betriebsübergreifenden Kriterien der Fachprofessionalität zu orientieren. An deren Stelle tritt eine Identifikation mit dem partikulären Betrieb, ja noch eher: eine Identifikation mit einem partikulären Problemfall oder Prozess, der innerhalb dieses Betriebs bewältigt werden muss:

"Die Mitglieder eines Prozessteams, die gemeinsam die Verantwortung für den gesamten Prozess tragen und nicht einfach nur für einzelne Arbeitsgänge zuständig sind, haben ein völlig anderes Berufsbild. Sie teilen sich mit den anderen Teammitgliedern die Verantwortung für den gesamten Prozess und sind nicht nur mit einem kleinen Arbeitsschritt betraut. Sie müssen in ihrer täglichen Arbeit nicht nur eine breitere Palette von Fähigkeiten einsetzen, sondern auch einen weitaus besseren Gesamtüberblick besitzen. Zwar werden nicht alle Teammitglieder genau die gleichen Aufgaben übernehmen (schliesslich unterscheiden sie sich ja in ihrem Wissen und Können), doch die Grenzen zwischen ihren Zuständigkeiten verwischen sich." (Hammer/Champy 1995: 94).

Gefragt ist immer mehr ein "vernetztes Denken", das sich auf umfassende Gesamtzusammenhänge einer technischen Anlage oder eines Unternehmensprozesses - und nicht auf das Detailwissen über bestimmte Teilfragen - bezieht. Die Vermittlung solcher Fähigkeiten im Rahmen formaler beruflicher Ausbildungsprozesse erweist sich als sehr schwierig, weil beispielsweise keine modular aufgebauten Bildungsprogramme - die von der Separierbarkeit verschiedener Spezialgebiete ausgehen - angewendet werden können (vgl. Egli von Matt 1995). Evidenterweise führt diese Entwicklung überall dort zu Spannungen, wo traditionsreiche Berufe bisher eine eng auf ihrer Ausbildungskompetenz ausgerichtete Statuspolitik betrieben haben. So ist zum Beispiel die deutsche Industrie durch eine ausgeprägte professionelle Orientierung der technischen Ingenieure charakterisiert, deren Hauptanliegen darin besteht, technisch möglichst perfektionierte Lösungen zu produzieren, ohne sich um deren Umsetzung in der Fertigung oder gar um das Marketing zu kümmern. Dies erscheint heute als disfunktional, weil die Konkurrenzfähigkeit der Firmen stärker als früher von ihrer Fähigkeit abhängt, ihre Forschungs- und Entwicklungsprozesse eng mit der Fertigung und dem Marketing zu verzahnen.
Dies stellt an die Ingenieure die Anforderung, von einem professionellen technischen "l'art pour l'art" - Denken Abschied zu nehmen und stattdessen - im Sinne einer "Rekontextualisierung" ihrer Tätigkeit - in ein enges Kooperationsverhältnis mit den übrigen Unternehmensabteilungen zu treten.

"Für die Arbeit der Ingenieure ist vor allen Dingen der Trend der 'Rekontextualisierung' von Bedeutung. Ingenieurarbeit in der Massenproduktion war eine 'abgehobene', in einzelnen Organisationen bzw. Suborganisationsabteilungen sich vollziehende, häufig stark differenziert organisierte Arbeit. Wechselseitige Abschottungen, 'Mauern' zwischen den Abteilungen, bereichsspezifisch orientierte Lösungsprioritäten, defizitäre Integration der Gesamtherstellungskette ebenso wie die hoch elaborierten technischen Designstandards generierten die bekannten produktivitätshemmenden Wirkungen. Rekontextualisierung meint, dass die einzelne Ingenieurarbeit zusammengefasst wird zu Bündeln zusammengehörender Entwicklungstätigkeiten, bei denen Kommunikation und Abstimmung das Zentrum der gemeinsamen Arbeiten ist... Die Ingenieurarbeit des Konstruierens und Entwickelns wird reintegriert in einen sinnhaften Kontext der Produkt- und Prozessentwicklung." (Weber/Seltz 1994:177).

Für die Ingenieurausbildung ergibt sich daraus die Forderung der "fachfernen" Allgemeinbildung und der Vermittlung sogenannter "Schlüsselqualifikationen" (Sozialkompetenzen, dispositive Fähigkeiten, Lernfähigkeiten u.a.) mehr Raum zu geben und die angehenden technischen Experten stärker für die sozio-kulturellen Rahmenbedingungen ihrer Tätigkeit zu sensibilisieren (Weber/Seltz 1994: 182).
Auch in der Schweiz scheinen die Stärken der Unternehmensführung noch allzu einseitig auf den technischen Fachkenntnissen zu liegen (indem z.B. Ingenieure viele Leitungsfunktionen durch Ingenieure besetzen), während auf den Gebieten Marketing, Verkauf, Verwaltung und Kommunikation ein erhebliches Defizit besteht (Bobilier 1993). Als Korrektiv dazu hat sich in jüngster Zeit die Praxis verbreitet, Schweizer Jungmanager in Harvard, Stanford und an andern erstklassigen Universitäten eine Ausbildung zum MBA - (=Master of Business Administration) - absolvieren zu lassen. Dadurch wird in die Schweizer Unternehmen eine neue Management-Kultur hineingetragen, die im Vergleich zur eingelebten Schweizer Unternehmenskultur weniger technisch ausgerichtet ist, sondern auf einer engen Verzahnung technischer, betriebswirtschaftlicher, marktwirtschaftlicher und unternehmerischer Aspekte beruht. Es handelt sich also um ein Modell, das auf die stärkere Integration verschiedenster Unternehmensfunktionen ausgerichtet ist , während in der europäischen Ausbildung wirtschaftlicher Führungskräfte eine zu starke Fachspezialisierung herrscht (vgl. Beyeler 1995). Derart polyvalente, in umfassenden Zusammenhängen denkende Manager sind auch für die Gründung und den Aufbau neuer Unternehmensteile (z.B. in peripheren Ländern) sehr gut geeignet, d.h. sie bilden eine unentbehrliche Ressource für die Internationalisierung einer Unternehmung.
 

5. Adaptive Strategien der Erwerbstätigen in einer ungewissen Arbeitswelt

All diese von der Arbeitsnachfrage ausgehenden Tendenzen zur Reduktion beruflicher Segmentierungen werden angebotsseitig unterstützt durch das Streben der Erwerbstätigen, sich in einer als unberechenbar erfahrenen Arbeitswelt dennoch lebenslange Beschäftigungschancen zu sichern. War es bisher für Erwerbstätige wichtig, sich in einem spezifischen Beruf gut zu verankern, um auf seiner Basis lebenslänglich ihre materielle Existenz zu sichern, so wird von ihnen heute eine viel generellere Kapazität zur Übernahme variabler Erwerbsrollen verlangt, um sich an vielfältige unvorhersehbare Wandlungen der Arbeitsnachfrage zu adaptieren (vgl. Zijderveldt 1996). An die Stelle der Berufsqualifikation tritt deshalb die generalisierte „Arbeitsmarktfähigkeit", an den Platz spezifischer Arbeitsqualifikationen treten allgemein brauchbare „generic employability skills" (Pal 1995) oder schiere „success factors" (Brooks 1995), die logischerweise erst ex post aus dem faktischen Rollenverhalten ersichtlich werden. So gehen beispielsweise im kaufmännischen Bereich die momentanen Bemühungen der Ausbildungsreform dahin, die kaufmännisch-administrative Lehre als eine äusserst generalisierte Bürogrundausbildung beizubehalten, die sowohl für Stellen in der Privatwirtschaft wie auch in der öffentlichen Verwaltung und im Nonprofit-Sektor (z.B. bei karitativen Verbänden, Parteien, Gewerkschaften usw.) qualifiziert (vgl. Stadlin 1994).

 

4. 5 "Team empowerment"

Traditionelle tayloristische Produktionsstrukturen waren darauf angelegt, die Rollen im Betrieb in derart präziser und stabiler Weise festzulegen, dass während der Arbeitsprozesse kaum mehr interpersonelle Kommunikation und Kooperation notwendig wurde. So waren Fliessbänder Henry Fords im Detroit des Jahres 1915 dazu geeignet, um Immigranten aus verschiedensten Herkunftsländern in kurzer Zeit vollwertig in den Produktionsprozess einzubeziehen, selbst wenn sie kaum der englischen Sprache mächtig und infolge ihrer divergenten Sitten und Gebräuche nicht zur Gruppenzusammenarbeit geeignet waren (vgl. Womack 1992: 35). Aus analogen Gründen war die Schweizerische Wirtschaft der Nachkriegszeit ohne weiteres in der Lage, Gastarbeitern aus unterschiedlichsten europäischen Ländern und Sprachregionen zu integrieren, ohne von ihnen eine weitgehende Assimilation an hiesige Sprach- und Umgangsformen zu fordern.
Im Gegensatz dazu beruht zum Beispiel das Konzept der "lean production" darauf, dass die konkrete Arbeitsorganisation nicht mehr ex ante vom Management oder von der Arbeitsvorbereitungsstelle vorgegeben wird, sondern in dauernden Kommunikations- und Akkordierungsprozessen innerhalb der Arbeitsteams selbst ausgearbeitet werden muss, so dass sowohl sprachliche Inkompetenzen wie auch Unvereinbarkeiten auf der Ebene subjektiver Einstellungen und informeller Verhaltensweisen sehr viel leichter zu Störungsfaktoren werden.

"Bei klar abgegrenzten Weisungsbefugnissen, bei genau vorgegebenen Aufgabenstellungen waren Friktionen auf der Beziehungsebene zwar immer schon dysfunktional, durch die Trennung von Kopf (Führer) und Hand (Geführter) war die Zuordnung von Weisungs- und Arbeitsqualität aber noch möglich, die künftig deutlich enger werdende und qualitativ veränderte Kooperation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern untereinander macht Störungen auf der Beziehungsebene schon durch die wachsende Zahl der Kontakte immer wahrscheinlicher. Ineffiziente Konfliktbewältigungen und -verläufe können dabei kreative Lösungen durch destruktive Diskussionen hemmen, die weniger dem Problem als der Person gelten." (Müller/Adelt 1990: 241).

Dementsprechend wird mehr Wert darauf gelegt, dass die Mitarbeiter eine gemeinsame Umgangssprache beherrschen, konsensuale Formen des informellen Umgangs beachten und wenn möglich aus einem relativ homogenen sozio-kulturellen Umfeld stammen.9) Dies kann beispielsweise bewirken, dass sich Firmen in ihrer Rekrutierung stärker als früher auf relativ enge Bevölkerungssegmente mit den erforderlichen Eigenschaften (z. B. auf die autochthonen Mittelschichten) begrenzen und solch "zugeschriebenen" Sozialqualifikationen im Vergleich zu schulischen Leistungen oder Fachkenntnissen einen höheren Platz einräumen.

Insofern Teamarbeit von einer generellen Intensivierung horizontaler Interaktionsprozesse begleitet ist, hängt die Arbeitsproduktivität hängt nun stärker von den "emergenten" Eigenschaften von Gruppenkollektiven anstatt von der Summe individueller Qualifikationen ab. Mit andern Worten: ein aus hochqualifizierten Individuen zusammengesetztes Team kann durchaus schwächere Leistungen erbringen als eine Arbeitsgruppe mit Mitarbeitern, die durchschnittlich weniger befähigt sind, dafür aber harmonisch miteinander kooperieren. (Stevens /Campion 1994).

Von den Mitgliedern erfolgreicher Arbeitsteams wird eine schwer abgrenzbare Kombination von Charakter- und Sozialqualifikationen (z.B. "Hilfsbereitschaft", "Konfliktfähigkeit", "Offenheit", "Toleranz" u.a.) verlangt, die allesamt schwierig zu definieren und empirisch zu messen sind und mit deshalb oft mit wenig aussagekräftigen Pauschalbegriffen wie "Teamfähigkeit" oder "interpersonelle Kompetenz" umschrieben werden (vgl. z.B. Stevens/Campion 1994). Weil sich diese Anforderungen auch weit in Bereiche non-verbaler Sensibilität und Kommunikationsfähigkeit hinein erstrecken, (Stevens/Campion 1994), erscheint es kaum vorstellbar, dass "Teamfähigkeit" jemals im Rahmen formell geplanter Aus- und Weiterbildungsgänge zuverlässig vermittelt werden könnte. Vielmehr werden Betriebe genötigt, durch adäquate Rekrutierung jene Mitarbeiter zu seligieren, die aufgrund ihrer kulturellen Herkunft und Familiensozialisation über die erforderlichen Fähigkeiten auf dieser (wenig bewussten und beeinflussbaren) Basisebene des Individualverhaltens verfügen. Auch dies fällt aber prinzipiell nicht leicht, weil es keine zuverlässigen Instrumente zur Erfassung der angezielten Fähigkeiten gibt und noch mehr, weil es sich zumeist um Qualifikationen handelt, die je nach ihrer Ausprägung positive oder negative Implikationen haben können. So wird z.B. "Konfliktfähigkeit" gefordert - aber nicht so viel, dass sie in Streitsucht auszuarten droht; es wird "Loyalität" verlangt - aber kein Kadavergehorsam, der mit den gleichrangigen Anforderungen, innovativ und kritikbereit zu sein, in Widerspruch treten würde; oder man schätzt "Hilfsbereitschaft" - aber niemals soll sie so weit gehen, dass man seine eigenen Rollenpflichten vernachlässigt oder dass man die Selbstverantwortlichkeit seiner Kollegen nicht respektiert.

Analoge Ambivalenzen bestehen hinsichtlich der Zusammensetzung der Teams: Heterogenität ist einerseits eine Ressource, weil sie den Reichtum an Kenntnissen und Lösungsvorschlägen erhöht; andererseits aber ein Risiko, weil sie die harmonische Kooperation und konsensuale Entscheidungsfindung erschwert (Stevens/Campion 1994).

Noch schwerer fassbar sind Qualifikationsanforderungen, die von den Vorgesetzten derartiger Teams verlangt werden müssen. Evident ist, dass traditionelle Aufgaben instrumenteller Führung (Arbeitsplanung, Zuweisung von Aufgaben, Überwachung, Kontrolle u.a.) an Bedeutung verlieren, weil diese Funktionen vom Team als Ganzes übernommen werden. Andererseits wächst ihnen die neue, schwer zu definierende Aufgabe zu, als "coaches" zur Weiterqualifizierung ihrer Teammitarbeiter und zur Förderung produktiver Kooperationsprozesse beizutragen, für ein harmonisches sozio-emotionales Gruppenklima zu sorgen und im Konfliktfall als "Katalysatoren der Entscheidungsfindung" zur Verfügung zu stehen (Stevens/Campion 1994).

Gesichert scheint, dass Vorgesetzte in Arbeitsteams stärker genötigt sind, ihre Führungsleistungen transparent zu machen und ihre Entscheidungen argumentativ zu begründen, weil Teammitglieder besser als traditionelle Untergebene in der Lage sind, das Verhalten ihrer Chefs kritisch zu beurteilen und ihre Meinungsverschiedenheiten kompetent zu artikulieren (Müller/Adelt 1990: 240). Im Sinne von Bechtler (1985) kann man von einer "Entmythologisierung der Führung" sprechen, die bewirkt, dass die Anerkennung der Führungsautorität stärker von der faktischen Sachkompetenz und der persönlichen Ausstrahlung abhängig wird, weil der formale Status allein keine hinreichende Autorität mehr verleiht. Diese Wandlungen auf der Kaderebene haben zur Folge, dass von Hochschulabsolventen jeglicher Richtung immer stärker Sozialkompetenzen wie "Persönlichkeit", "Teamfähigkeit" "Weltoffenheit" usw. gefordert werden. Neuerdings gilt dies auch für technische Kader (Ingenieure), weil diese aufgrund ihrer wachsenden funktionalen Spezialisierung häufiger als früher in kooperativen Teams (anstatt alleine) arbeiten müssen (Kemp 1996:24).

Stehen beim Berufseintritt fachliche Fähigkeiten noch relativ im Vordergrund, verschiebt sich der Schwerpunkt mit zunehmendem Hierarchieniveau immer mehr auf diese diffuseren "soft skills", von denen angenommen wird, dass der Bewerber sie bereits mitbringe - oder sie sich höchstens in sehr langwierigen Umsozialisationsprozessen aneignen könne (Kemp 1996: 25).  Für den Meister im Industriebetrieb gilt in ähnlicher Weise, dass spezifische Fachqualifikationen an Bedeutung verlieren, weil hier Mitarbeiter (die in der Teamorganisation der "lean production" eine sehr dominierende Stellung erreichen), meist überlegen sind (Bungard 1990: 215). Umgekehrt erwartet man von ihm, dass er im Team als erfolgreicher Katalysator wirkt und selbst marginale Mitarbeiter erfolgreich einbezieht, dass er wirksame Kontakte mit externen Stellen aufrechterhält und die Mitarbeiter für Produktionsziele motiviert - alles Aufgaben, über deren qualifikatorische Voraussetzungen zumindest uneinheitliche Ansichten bestehen (Bungard 1990).

Generell tragen Teamstrukturen dazu bei, die Mitarbeiter stärker und irreversibler in die partikuläre Kultur und Technologie der Firmas zu sozialisieren. Dies bedeutet, dass die innerhalb der Arbeit erworbenen Qualifikationen hochgradig firmenbezogen (bzw. auf die technische Anlage bezogen) bleiben, so dass Mitarbeiter darauf angewiesen sind, in ihrem Betrieb hinreichend Anerkennung für ihre Fähigkeiten zu finden.

"Paradoxerweise erwirbt man sich durch Teamarbeit weit weniger fundiertes Spezialwissen, mit dem man die Firma wechseln oder ein eigenes Geschäft aufbauen könnte." (Womack 1992: 20).
 

4.6 Die wachsende "Extravertiertheit" und "Klientenorientierung" moderner Organisationen

Die konventionellen Formen der Industrieorganisation beruhen auf der Suprematie des Herstellers über die Kunden, die - gemäss Hammer/Champy (1995) - auf den folgenden pauschalen Auffassungen gegründet ist:

1) Kunden besitzen einen relativ anspruchslosen, standardisierten Geschmack, der durch standardisierte Massenprodukte leicht zufriedengestellt werden kann;
2) Unzufriedene Kunden sind ein geringes Risiko, weil sie atomisiert und artikulationsunfähig sind (und auch vom Recht her wenig Schutz in Anspruch nehmen können);
3) Kunden sind leicht austauschbar; um unzufriedene Kunden muss man sich nicht kümmern, weil es in einer Welt rasch wachsender Märkte immer wieder neue Konsumenten gibt.

In der heutigen Zeit sind diese drei Voraussetzungen aus vielerlei Gründen nicht mehr im selbem Masse gültig:

Kunden sind im Durchschnitt gebildeter, anspruchsvoller, und in der Wahl ihrer Produkte selektiver geworden; sie neigen stärker dazu, partikuläre Bedürfnisse zu artikulieren und über den Erwerb eines physischen Produkts hinaus qualitativ hochstehende Serviceleistungen zu erwarten (Hammer/Champy 1995:31). Sie haben viel leichter Zugang zu relevanter Information und nötigen dadurch die Firmen, stärker mit Sachinformation statt mit persuasiver Werbung zu operieren. Sie sind rascher bereit, auf dem Beschwerde- oder gar dem Gerichtsweg ihre Forderungen einzuklagen, wobei sie sich zunehmend auf gut ausgebaute kollektive Verbandsstrukturen sowie auf erweitere Schutzgesetze (z. B. das auf die Kausalhaftungspflicht der Produzenten) abstützen können. Und schliesslich gilt auch, dass Kunden in einer Zeit gesättigter Märkte und rückläufiger Bevölkerungsexpansion eher zu einem knappen Gut werden: so dass die langfristige Pflege bestehender Kundenstämme gegenüber der Werbung für Neukonsumenten und punktuellen Verkaufsaktionen in den Vordergrund tritt (Hammer/Champy 1995: 34; Pal 1995).

"Für Unternehmen hat es sich als kostengünstiger erwiesen, durch die Schaffung von höherer Kundenzufriedenheit zu einer stärkeren Kundenbindung zu gelangen, statt über Kundengewinnungsstrategien stetig neue Kunden zu akquirieren." (Bruhn 1996).

Dieser Paradigmawechsel widerspiegelt sich beispielsweise in der zunehmenden Verbreitung und Gewichtung von "Kundenzufriedenheitsbarometern", die 1989 von Schweden ihren Ausgang genommen haben (vgl. z. B. Bruhn 1996). In der Gastronomie führt dies beispielsweise dazu, dass sich immer mehr nicht nur die Bedienung, sondern auch die Küche um den Gast als Zentrum organisiert:

"In den Restaurants wird versucht, die Trennung zwischen Front und Etappe, zwischen Küche und Gast aufzuheben. Der Gast wird in das Geschehen, mindestens optisch, einbezogen; der Koch sieht, für wen er arbeitet." (Wartman 1994: 65).

Die Optimierung von Kundennähe erfordert beim Umgang mit Kunden auf bürokratische Routineverfahren zu verzichten und eine informelle Flexibilität walten zu lassen, die - z.B. beim Gast im Restaurant - ein Eingehen auf individuelle Bedürfnisse ermöglicht:

"Immer mehr wird auch auf Convenience, auf vorfabrizierte Lebensmittel, verzichtet; "nouvellle cuisine", "cuisine du marché", ... sind angesagt. Sture Programme sind ‘out’, Abwechslung, Experimentierlust sind ‘in’." (Wartmann 1994: 65).

Eine besondere Ausprägung erfährt die Hinwendung zum Kunden naheliegenderweise in der Investitionsgüterindustrie, deren Abnehmer ja meist selber Unternehmungen sind, die ihre Bedürfnisse mit hoher Professionalität und Verhandlungsmacht zur Geltung bringen. Ein Beispiel dafür bildet die von der ABB 1991 eingeführte neue Firmenphilosophie des "customer focus", in der kompromisslos versucht wird, alle Unternehmensprozesse auf die Bedürfnisse der Käufer hin zu orientieren. Während früher die Meinung vorherrschte, dass die Wettbwerbsposition am besten durch interne Massnahmen wie Rationalisierung und technische Innovation gesichert werden könne, wird nun auf diese Karte zunehmender Aussenorientierung gesetzt, um mit den Schweizer Hochlohnbetrieben auf dem hart umkämpften globalen Elektromarkt zu bestehen.

Im Gefolge dieser Neuorientierung werden erstmals auch industrielle Firmen zu eigentlichen Dienstleistungsunternehmen, weil der Markterfolg davon abhängig wird, dass ein Produkt nicht bloss verkauft, sondern von einer Vielzahl von Serviceleistungen begleitet wird:

„Much of the value is the service that is built into that something - the way it is designed and delivered, billed and bundled, explained and applied, repaired or renewed. Value is dependent on the integration and connectivity of these steps throughout the production/provision of a product/service. The interaction between businesses, their workers, and the suppliers and customers who trade with them has fundamentally changed and been brought closer together." (Pal 1995)

Das differenzierte Eingehen auf die Bedürfnisse verschiedener Kundensegmente erfordert, dass Exportfirmen in den verschiedenen Absatzländern nicht nur Verkaufsabteilungen unterhalten, sondern dass sie auch ihre Entwicklungs- und Fertigungsabteilungen in diese Länder verlagern, um bereits bei der Konzeption ihrer Produkte den partikulären Bedürfnissen und Geschmacksrichtungen des entsprechenden Landes Rechnung zu tragen.

"Märkte werden vom Kunden und nicht mehr vom Produkt her definiert. Die geographische Expansion geht weit über Exportanstrengungen hinaus zu eigenen lokalen Verkaufsfirmen und Betriebsgesellschaften und bis zu "joint ventures". Vor allem in staatlich beeinflussten Märkten werden Aufträge an lokale Fertigungen gebunden; oft machen erst eigene Betriebsstätten äussere Schutzmassnahmen durchlässig, etwa für Zulieferungen." 10)

Dadurch entsteht eine erhöhte Nachfrage nach Kenntnis der landesspezifischen Sprachen, Mentalitäten, Rechtsordnungen usw. (vgl. z.B. Müller/Adelt 1990: 243; Klauder 1990: 120; 136), und es treten Schulungsbedürfnisse in den Vordergrund, die weniger auf die Vermittlung von Sachwissen und Fachqualifikationen als auf den Erwerb von Sozialkompetenzen (z.B. Selbstsicherheit, Eigeninitiative, Freundlichkeit im Umgang u. a.) ausgerichtet sind.  Dementsprechend wächst die Gefahr, dass auch Firmen, für die das hohe schweizerische Lohnniveau durchaus tragbar ist, hochqualifizierte Arbeitsplätze ins Ausland verlagern. So hat beispielsweise die pharmazeutische Industrie begonnen, einen Teil ihrer Forschung nach Nordamerika zu verlagern und die ABB muss die nach Asien verkauften Kraftwerke zu immer grösseren Teilen am Ort selbst produzieren, weil die Abnehmerländer am Herstellungsprozess mitwirken und vom Know-how der Weltfirma profitieren wollen (Châtelain 1994).

Es wäre wahrscheinlich falsch, ausschliesslich exogene Einflüsse für diesen Trend zur Kundenorientierung verantwortlich zu machen. Vielmehr scheinen technologische Innovationsprozesse systematisch zu bewirken, dass moderne Organisationen aller Art besser als früher in der Lage sind, ihre hauptsächlichen Handlungskapazitäten auf die Umwelt (anstatt die Innenwelt ihrer eigenen Prozesse) zu fokussieren. Ein wichtiger Grund dafür liegt darin, dass rein organisationsinterne Abläufe (Buchhaltung, Lohnwesen, Personaladministration u. a.) im Vergleich zu aussengerichteten Funktionen (Verkauf, Marketing u.a.) einen routinisierteren Charakter haben und deshalb besser für die Informatisierung geeignet sind (vgl. dazu: Koch 1981; Biervert et. al. 1991: 61ff; Katz et. al 1987: 97).

Dies hat unter anderem zur Folge,

1) dass rein innenorientierte Rollen immer stärker der Dequalifizierung unterliegen und sich dadurch immer mehr von aussenorientierten Rollen unterscheiden, für die z.B. hohe Sozialkompetenzen und umfangreiche Fachkenntnisse erforderlich sind (Koch 1981: 130);
2) dass zur Erledigung dieser internen Vorgänge ein immer geringerer Teil des gesamten Personals benötigt wird, so dass immer mehr Mitarbeiter während immer grösserer Teile ihrer Arbeitszeit für externe Interaktion zur Verfügung stehen. Dies kann bedeuten, dass Organisationen generell "extravertierter" werden und von einem immer grösseren Teil ihres Personals hohe kommunikative und interaktive Kompetenzen fordern (vgl. z. B. OECD 1997: 145).

So hat sich bei einer grossen deutschen Querschnittuntersuchung herausgestellt, dass Angestellte mit vorwiegend internen Aufgaben im Gefolge der Informatisierung mehrheitlich eine Dequalifizierung (z.B. im Sinne einer objektiven Verkürzung der notwendigen Einlernzeit) wahrnehmen, während Handelsangestellte häufig sogar eine Steigerung der Qualifikationsanforderungen registrieren (Baethge/Oberbeck 1986: 366; Hofer/Weidig/Wolff 1989: 212). Analog dazu hat Deker in seiner Analyse "Die neue Arbeitswelt in einer Versicherung" festgestellt, dass Sachbearbeiter relativ mehr Zeit für Kundenkommunikation aufwenden können, seit sie dank der Informatik kaum mehr mit internen Verarbeitungsvorgängen belastet sind (Deker 1984).

Eine folgenreiche Konsequenz wachsender Kundenorientierung besteht darin, die klassische innerbetriebliche Arbeitsteilung, die sich an Berufsqualifikationen, Verfahrensweisen oder formalen 'Zuständigkeiten' orientiert, durch eine am aktuellen Problemfall orientierte Rollenverteilung zu überlagern oder zu ersetzen.  So herrscht im Paradigma des "business reengineering" die Devise, dass an der Bewältigung jedes übergreifenden Unternehmensprozesses möglichst wenige Personen beteiligt sein sollen, damit eine möglichst hohe Flexibilität (und eine rasche Reaktionsbereitschaft auf Unbekanntes) gewahrt werden kann (Hammer/Champy 1995: 185).
Um auf Wandlungen der Kundenwünsche rasch reagieren zu können, müssen die hierarchischen Dienstwege verkürzt werden, am besten dadurch, dass den an der Verkaufsfront befindlichen Mitarbeitern gleichzeitig die Kompetenz eingeräumt wird, über Produktveränderungen mitzuentscheiden. Dadurch entsteht u. a. die polyvalente Rolle des "Produktmanagers", von dem sehr vielfältige (technische und kommerzielle) Qualifikationen gefordert werden (vgl. Bleicher 1988; Müller/Adelt 1990: 238).

Vermehrt greifen Industrie- und Dienstleistungsprobleme auf das in der Sozialarbeit ausgebildete Rollenmodell des "case-workers" zurück, der für einen "Fall" (also z.B. für einen einzelnen Kunden, bzw. dessen Kaufauftrag) die volle Verantwortung in allen Einzelteilen übernimmt (Hammer/Champy 1995: 73ff)  Dieser "case-worker" ist vom Kunden her gesehen ein Ansprechpartner, der zwar primär als Repräsentant der Unternehmung fungiert, daneben aber auch "menschlich" reagiert, z.B. unbürokratisch im Notfall Hilfe bringen kann.  Bei komplexeren Aufgaben muss ein ganzes "case-team" eingesetzt werden. Auch hier sind die Rollen der Mitarbeiter äusserst breit definiert: jeder muss die Logik des gesamten Auftrags innerlich mitvollziehen und durch sein verantwortliches Handeln mittragen, substitutiv für andere Teammitglieder einspringen können usw.  Und in noch komplexeren Fällen wird eine kleine Suborganisation mit einem "case manager" erstellt, die sämtliche mit einem Fall verbundenen Probleme löst (Hammer/Champy 1995: 86).

Der Trend zu kürzeren, flexibleren Reaktionswegen kollidiert insbesondere mit der traditionellen Vertikaldifferenzierung zwischen "Werkstatt" und "Büro", weil dadurch funktional zusammengehörige Unternehmensprozesse (z.B. die Organisation der Fertigungsprozesse oder die Entwicklung neuer Produkttypen) aus Gründen, die mehr mit der Verteidigung von Statusprivilegien als mit den Sacherfordernissen der Aufgabe zu tun haben, auseinandergerissen werden. Im Zuge genereller Dezentralisierung erweist es sich deshalb als nötig, bisher dem Büro vorbehaltene Aufgaben dispositiver Art in die Produktionsabteilungen einzulagern - und damit das (quantitative und prestigemässige) Verhältnis zwischen "white collars" und "blue collars" zugunsten der letzteren zu verschieben:

"Durch die Delegation von planerischen Tätigkeiten in die Produktion wird die Trennung zwischen ‘Blue-collar-worker’ und ‘White-collar-worker’ weitgehend aufgelöst. Es wird verlangt, dass Disponenten und Planer ihre angestammten Arbeitsplätze irgendo im Bürogebäude verlassen und dort ihre Arbeit wahrnehmen, wo sie zur Wirkung kommt - nämlich in der Produktion. Dies führt oft zu nicht offen ausgesprochenen, aber umso heftiger ausgetragenen menschlichen Widerständen, weil die Gefahr eines Prestigeverlusts besteht." (Acél/Probst 1995).

In letzter Konsequenz führt das Konzept der "business reengineering" zu Unternehmungen, die sich überhaupt nicht mehr als Organisationen mit einer festgelegten Rollenstruktur verstehen, sondern als "task forces", die sich je nach Aufgabe und Umweltsituation immer wieder neu und anders strukturieren. Damit fiele dann auch die Möglichkeit weg, die Qualifikationsanforderungen verschiedener Rollen klar zu präzisieren, weil diese sich je nach der gerade gültigen Rollenverteilung ständig in unvorhersehbarer Weise verändern. Die für die Rekrutierung massgebenden Qualifikationsanforderungen würden sich dann zunehmend auf hoch generalisierte "Schlüsselqualifikationen" beschränken, dank denen die Mitarbeiter in der Lage sind, sich durch Umlernen, intensive Kommunikation und charakterliche Anpassungsfähigkeit immer wieder an neue Konstellationen zu adaptieren (vgl. z.B. Klauder 1990: 134f.).


4.7 Konzentration auf "Kernkompetenzen" und "outsourcing"

Heute haben viele Unternehmen von dem (noch in den 1980er Jahren propagierten) Ziel der "Diversifizierung" oder „Konglomerisierung" Abschied genommen und konzentrieren sich heute immer mehr auf einen engen Bereich von "Kernkompetenzen", in denen ihre Konkurrenzfähigkeit besonders unbestritten ist (vgl. z. B. Prahalad/Hamel 1990; Boxall 1996). Indem auxiliäre Funktionen ausgelagert werden, ist ein immer grösserer Prozentanteil der Gesamtbelegschaft mit diesen eigentlichen Zentraltätigkeiten beschäftigt (vgl. Krüger 1995). Dadurch wird die Belegschaft homogener: meist nicht nur hinsichtlich der Berufsqualifikationen, sondern auch hinsichtlich Bildungsniveau, Alter, Geschlecht, Nationalität und anderer Merkmale, die mit dem Berufsstatus relativ eng kovariieren. Damit wiederum wird es einfacher, den Betrieb zu führen und zu einer handlungsfähigen Aktionseinheit zu integrieren. Ebenso ist es besser möglich, die Qualifikation der Belegschaft zu optimieren, weil es einfacher ist, explizite Rekrutierungskriterien zu definieren und die Mitarbeiter nach einheitlichen Kriterien aus- und weiterzubilden. Die qualifikatorischen Anforderungen dürften insofern geringer werden, als es dank der homogeneren Aufgabenstellungen besser möglich wird, vielerlei Arbeitsgänge zu routinisieren und zu modularisieren (Osterloh 1994; Goldkamp 1994). Vor allem wird es möglich, das für Dispositions- und Managementaufgaben zuständige Personal zu reduzieren, weil viele Koordinationsprobleme wegfallen, die bei funktional sehr differenzierten Betrieben unumgänglich sind (Wittmann 1994).

So ist der äusserst verbreitete Personalabbau der grösseren Firmen ("downsizing") zumindest teilweise durch vermehrtes "outsourcing" bedingt, das vom Ziel geleitet ist, die internen Belastungen mit Managementaufgaben zu vermindern und die Kräfte auf jenen engen Sachbereich zu fokussieren, wo die Firma im Weltmassstab wirklich konkurrenzfähig ist. Immer mehr ist damit zu rechnen, dass Firmen durch Einschränkung auf derartige "core tasks" einerseits ihre Fertigungstiefe verringern und andererseits bisher endogen erzeugte Auxiliärfunktionen (Buchhaltung, Marketing, selbst Telephondienste u.a.) von aussen beschaffen.
Dadurch entstehen wieder mehr Nischen für Klein- und Mittelbetriebe, die mit der Grossfirma dann in einem relativ stabilen Vertragsverhältnis stehen (Pal 1995). Oft sind es ehemalige Mitarbeiter die derartige Satellitenfirmen gründen, um dann mit derselben Firma, in der sie als Angestellte tätig waren, als Selbständige in ein Lieferantenverhältnis zu treten. Gelegentlich stellen die Grossunternehmen selber Kredite zur Verfügung, um freigestellte Mitarbeiter zur Gründung eigener Unternehmen zu ermutigen. So hat Sulzer 1994 einen Fonds mit 10 Mio Franken geäufnet, um durch Starthilfen für Firmengründungen Arbeitsplätze zu erhalten und die Novartis scheint bereit zu sein, in noch höherem Umfang derartige Investitionshilfen zu gewähren (Diethelm 1996: 31).

Die zukünftige Nachfrage nach Arbeitsqualifikationen in der Schweiz wird sehr stark davon abhängen, welche Aufgaben die Schweizer Firmen in Zukunft noch selber erfüllen, bzw. durch "outsourcing" an ausländische Firmen auslagern werden. Da die diesbezüglichen Freiheitsgrade dank der Entwicklung der Kommunikations- und Transporttechnologien in den letzten Jahren sehr stark zugenommen haben, ist hier eine zunehmende Unberechenbarkeit entstanden, die längerfristige Prognosen über die quantitative und qualitative Nachfrage nach Arbeitskräften erheblich erschwert. Sicher gilt immer noch, dass vor allem hoch standardisierte Produktionsprozesse mühelos in eine ständige wachsende Vielzahl weniger entwickelter Länder ausgelagert werden können (Goldkamp 1994). Dementsprechend bleibt manchen Firmen nur die Option, sich in ihren schweizerischen Betriebsstätten auf die Erbringung professionellerer Leistungen (z.B. Forschung) oder auf die Fertigung anspruchsvollerer Bestandteile ("noble parts") zu beschränken - und ihre Nachfrage nach hoch qualifizierten Arbeitskräften entsprechend zu erhöhen (Kuhn 1995).

 


Exkurs: Empirische Häufigkeit von Flexibilisierungsmassnahmen in Schweizer Unternehmen

Gegen die Konzepte der organisatorischer Flexibilisierung wird häufig eingewandt, dass es sich dabei überwiegend um leerlaufende Unternehmens-Ideologien handle, die in modisch wechselnder Terminologie formuliert und an exklusiven Managementseminarien von hochbezahlten und rhetorisch brillanten Referenten propagiert würden, ohne die inneren Unternehmensstrukturen, die von viel langfristigeren und weniger intentionalen Entwicklungen geprägt seien, wesentlich zu affizieren. So sind tatsächlich umfangreiche und detaillierte Untersuchungen nötig, um nicht nur die vom Management initiierten Reorganisationsinitiativen, sondern auch deren letztendliche Wirkungen auf die Faktizität organisatorischer Strukturen und Prozesse zu erfassen.
Für die aktuelle Situation in der Schweiz können dabei die Ergebnisse einer empirischen Untersuchung aus dem Frühjahr 1998 hilfreich sein, an der 2130 Firmen des Industrie- Bau- und Dienstleistungssektors detaillierte Auskünfte über die in den Jahren 1995-97 Wandlungen ihrer Betriebsorganisation geliefert haben. Aus Tabelle 1 geht hervor, dass in allen drei Wirtschaftssektoren erstaunlich hohe Prozentanteile von Firmen verschiedene Flexibilisierungsmassnahmen implementiert haben. Im Vordergrund stehen dabei Veränderungen, die in einem „empowerment" der unteren Mitarbeiter sowie in einer generellen Flexibilisierung der Betriebsabläufe resultieren. Aehnlich häufig haben sich die Firmen gegenüber ihrer Umwelt stärker geöffnet, indem sie intensivere Interaktionsbeziehungen zu Kunden, Lieferanten oder anderen relevanten Geschäftspartnern pflegen. Demgegenüber sind Erweiterungen der Teamarbeit und der Rollenrotation (insbesondere Im Baugewerbe) erheblich weniger verbreitet; und nur eine kleine Minderheit von Firmen hat mittels „Outsourcing" die Vielfalt ihrer selbst erbrachten Funktionsleistungen reduziert.

Tabelle 1: Verbreitung verschiedener Strategien der Flexibilisierung und „lean production" bei Unternehmen der Schweizer Privatwirtschaft (1995-97) (Prozentsatz der Firmen).
 
  Industrie Baugewerbe Dienstleistungen
Flexibilisierung von Arbeitszeit und Lohn 41 31 37
Flexibilisierung der Betriebsabläufe 62 57 52
Rotation / Stellvertretung 40 20 35
Autonomie am Arbeitsplatz 58 44 52
Delegation von Verantwortung an Mitarbeiter 77 72 71
Mitsprache der Mitarbeiter 55 54 57
Teamarbeit 42 26 37
Mehr Aussenkontakte (mit Kunden, Lieferanten u.a.) 69 62 62
Outsourcing 20 05 08
Durchschnittl. Gesamtzahl von Massnahmen 4.65 3.68 4.29
 

Aufgrund der bisherigen Forschungsliteratur wäre zu erwarten, dass Flexibilisierungen vor allem in der industriellen Fertigung verbreitet sind,
a) weil sie hier (z. B. im Programm der „lean production") ihren konzeptuellen Ursprung haben
b) weil hier besonders unflexible Strukturformen zu überwinden sind, die in den bekannten Formen tayloristisch-fordistischer Massenproduktion ausgebildet worden sind.

Tatsächlich sind die Unterschiede zum Dienstleistungssektor aber relativ gering. Sehr viel grösser ist der Kontrast zum Bausektor, wo funktionale Flexibilisierungsstrategien wahrscheinlich deshalb weniger Gewicht haben, weil hier noch in hohem Masse traditionell-gewerbliche Kooperationsformen erhalten geblieben sind, in deren Rahmen z. B. Teamarbeit auch ohne explizite Reformmassnahmen vorherrschend ist. In Übereinstimmung dazu zeigt auch eine Analyse der Häufigkeitsverteilungen, dass sowohl im Industrie- wie im Dienstleistungssektor äusserst ähnliche Reorganisationsverhältnisse (mit einem quantitativen Schwerpunkt auf drei bis sechs Massnahmen) vorherrschend sind, während sich das Baugewerbe vor allem, durch einen höheren Anteil von reorganisatorisch überhaupt nicht aktiven Firmen profiliert.

Eine Aufgliederung nach Branchen führt zum Ergebnis, dass Flexibilisierungsstrategien in erstaunlicher Breite über den gesamten Bereich der Privatwirtschaft hinweg Anwendung finden, dass allerdings in moderneren, expansiven Branchen (Elektronik, Informatik, Banken und Versicherungen) erwartungsgemäss die umfangreichste Reorganisationstätigkeit besteht. (Tab. 2; Tab. 3).

Tabelle 2: Durchschnittliche Anzahl verschiedener Reorganisationsstrategien bei Unternehmen des Industriesektors (1995-97): Branche und nach Firmengrösse (Prozentsatz der Firmen)
 
  Grösse der Firma Total

 

bis 30 31-200 über 200
Nahrungsmittel 3.8 3.5 5.7 4.0
Textil 3.6 4.5 4.5 4.2
Holz 3.1 4.3 - 3.7
Papier 4.5 3.5 5.6 4.7
Graphik 5.1 4.6 6.3 4.9
Chemie 4.9 4.4 4.0 4.5
Metall 3.5 4.9 6.8 4.6
Maschinen 3.8 5.1 6.3 5.1
Elektrotechnik 4.7 4.9 6.7 5.3
Elektronik 4.6 4.9 6.1 5.1
Energie 4.2 4.5 5.3 4.7
Total 4.0 4.7 6.1 4.6
 

Tabelle 3: Durchschnittliche Anzahl verschiedener Flexibilisierungsstrategien bei Unternehmen des Dienstleistungssektors (1995-97): Branche und nach Firmengrösse (Prozentsatz der Firmen)
 
  Grösse der Firma
Total

 

bis 30 31-200 über 200
Detailhandel 3.8 4.4 5.0 4.1
Gastgewerbe 3.8 3.7 6.4 4.0
Transport / Kommunikation 3.9 4.0 5.2 4.2
Banken / Versicherungen 4.5 5.0 4.6 4.6
Informatik 4.9 5.2 4.7 5.0
Dienste für Unternehmen 3.9 4.5 4.6 4.2
Total 4.0 4.4 5.0 4.3
 

Praktisch überall nimmt die Zahl von Strategien mit der Betriebsgrösse zu. Dies ist theoretisch sehr leicht verständlich angesichts der Tatsache, dass Kleinbetriebe oft „von selbst" jene informellen und partizipativen Strukturen aufweisen, die in bürokratisierten Grossbetrieben mühsam durch explizite Reorganisationsschübe hergestellt werden müssen – oder dass sie aufgrund ihrer Informalität vielerlei Wandlungen „spontan" (d. h. auch formelle Implementation) vollziehen. Eher überraschend ist umgekehrt das relativ hohe Ausmass, in dem Klein- und Mittelbetriebe dennoch explizite Reorganisationsstrategien betreiben.

 


Literatur

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Anmerkungen:

1) Zur Bedeutung geographisch-kultureller Faktoren vgl. z. B. die komparativen Studien Ivana Paniccias über „industrial districts" in Italien (Paniccia 1998).

2) Eine der umfangreichsten und sorgfältigsten Studien ist die von der IAB und Prognos gemeinsam erarbeitete Untersuchung "Arbeitslandschaft bis 2010" (1989 die für Deutschland präzise Voraussagen darüber macht, wie sich der quantiative Bedarf verschiedener Qualifikationsstufen in den kommenden 30 Jahren verändern wird (vgl. Hofer/Weidig/Wolff 1989). Die Gültigkeit dieser Studie wird wesentlich dadurch beeinträchtigt, dass aufgrund der wirtschaftlichen, technischen und organisatorischen (aber auch weltpolitischen) Entwicklungen der frühen 90er Jahre heute ganz andere Konstellationen vorherrschen, die teilweise einen radikalen Umbau aller Prognosemodelle erzwingen. So werden beispielsweise die dramatischen Auswirkungen der Handelsglobalisierung (WTO), der "lean production" und der Informatik aus heutiger Sicht darin nicht hinreichend reflektiert. Überdies ist ihr Ertrag für die Prognose von Qualifikationsanforderungen relativ gering, weil sie sich auf Entwicklungstrends auf der Ebene von "Tätigkeitsfeldern" konzentriert (ohne deren Kausalwirkung auf die Qualifikationsnachfrage eingehend zu analysieren).

3) Zur wachsenden Destabilisierung bei den Anstellungsverhältnissen hochrangiger Arbeitnehmer, vgl. z. B. Smith 1997; Hirsch 1993; Brodsky 1994)

4) Vgl. für die USA: National Centre on Education and the Economy 1990: 3; und für Kanada: Canadian Labour Force Development Board 1994: 20-22).

5) Vgl. dazu z. B. den amerikanischen Department of Labor Fact Finding Report, 1994, 45.

6) Die empirischen Ergebnisse von Brewster‘s Untersuchungen lassen allerdings nur Schlüsse über „numerische" Flexibilisierungstendenzen zu (Brewster/Mayne/Tregaskis 1997).

7) Vgl. "Wachsende Bedeutung der Ökologie in der Berufsausbildung und -Weiterbildung" (NZZ,  24. 1. 1996)

8) In der Stadt Zürich beipielsweise hat sich diese Zahl zwischen 1992 und 95 von 250 auf 30 (!) Stellen reduziert."

9) Bezeichnenderweise hat sich das Konzept der "lean production" in Japan entwickelt, also einem Land, das über eine in linguistisch-kultureller Hinsicht ausserordentlich homogene Bevölkerung verfügt.

10) Vgl. "Zwang zum industriellen Wandel" (NZZ, 17./18. 2. 1996: 21)

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