Soziologisches Institut der Universität Zürich
Sociology in Switzerland
Lehrstuhl Prof. Dr. Geser
Politik und Parteien im Wandel (Homepage)

Politik und Parteien im Wandel

Ergebnisse einer Längsschnittsstudie bei 2'500 lokalen Parteisektionen (1989 - 2003)

Online Publikationen



Die finanziellen Mittel der Lokalparteien

 

Roland Schaller

Oktober 2003

  


Die gerne vorgebrachte Behauptung, dass die bürgerlichen Parteien sich hauptsächlich durch Spenden aus der Wirtschaft finanzieren würden, trifft zumindest auf kommunaler Ebene nicht zu. Falsch ist aber auch, dass das Geld der Linken hauptsächlich in aufgeblähte Parteiapparate fliessen würde. Wahr ist hingegen, dass einzig die Linken ihre verfügbaren Geldmittel in den letzten 13 Jahren steigern konnten. Und dies obwohl ausnahmslos alle Parteien ihre Mitgliederbeiträge in diesem Zeitraum real um mehr als 10 Prozent erhöht haben. Der Zuwachs an finanziellen Mitteln führt allerdings nicht zu einer monetären Vormachtstellung der Linken, sondern eher zu einer Nivellierung, haben sich doch damit die Budgets der Lokalsektionen heute angeglichen. 


Inhaltverzeichnis

  1. Einleitung: Zankapfel «Staatliche Parteienfinanzierung»

  2.  Eigenfinanzierung oder Fremdfinanzierung – Die Einnahmen der Lokalparteien
    2.1 Die Bedeutung der verschiedenen Einnahmequellen 
    2.2 Mitgliederbeiträge als Einnahmequelle
    2.3 Mandatssteuern als Einnahmequelle

  3.  Je linker desto teurer – Die Mitgliederbeiträge

  4.  Mehr Geld trotz Mitgliederschwund? - Die Budgets der Lokalparteien
    4.1 Die aktuellen Budgets
    4.2 Veränderungen der Budgets
    4.3 Ursachen für die Veränderungen der Wahlbudgets der vier Bundesratsparteien

  5.  Kostenfaktor Wahlkampf – Die Ausgaben der Lokalparteien
    5.1 Die Bedeutung der verschiedenen Ausgabenposten
    5.2 Wahlkämpfe als wichtigster Ausgabenposte


1. Einleitung: Zankapfel «Staatliche Parteienfinanzierung»

Eines ist sicher: Eine ausgebaute und ausreichende staatliche Parteienfinanzierung wird es in der Schweiz noch auf lange Jahre hinaus nicht geben, weder auf nationaler noch auf kantonaler oder kommunaler Ebene. Als aktuelles und anschauliches Beispiel sei hier kurz auf die Debatte um eine staatliche Unterstützung der Parteien in der Stadt Bern hingewiesen.

Unter dem harmlosen Titel «Totalrevision des Reglements über die politischen Rechte» kam am 9. Februar 2003 eine Vorlage zur Abstimmung, welche den Stadtberner Parteien eine moderate Unterstützung gewährt hatte. Die im Stadtrat (Parlament der Stadt Bern) vertretenen Parteien sollten jährlich einen Beitrag aus der Stadtkasse erhalten, nämlich 5 Rappen pro Wählerstimme. Das hätte die Stadt insgesamt 135'000 Franken gekostet und die Kassen der einzelnen Parteien mit jährlichen Beitrag in vier- bis fünfstelliger Frankenhöhe klingeln lassen. Im Gegenzug hätten die Parteien mehr Transparenz in ihre Finanzen bringen müssen. Im Klartext: sie hätten die Herkunft ihrer Spendengelder offen legen müssen. Die Vorlage ging mit 53 Prozent Neinstimmen relativ knapp bachab.

Der Abstimmung ging eine Debatte voraus, in welcher sich Gegner und Befürworter die Argumente und Vorurteile rund um die Finanzierung von Parteien in beinahe idealtypischer Weise gegenseitig in die Schuhe schoben. Klassisch waren schon die beiden Lager: auf der Seite der Befürworter standen die linken und grünen Parteien sowie die Gewerkschaften, auf der Seite der Gegner die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände. Hier eine Auswahl der gängigsten Argumente:

Soweit der kurze Ausflug in die aktuellste Debatte um eine staatliche Parteienfinanzierung – die letzte diesbezügliche Auseinandersetzung dürfte es kaum gewesen sein. Der Berner Parteienstreit um das Geld hat Fragen aufgeworfen, die sich weitgehend auch die Literatur in Bezug auf die Finanzierung von (Lokal-)Parteien stellt:

 

Methodische Bemerkung: Empirisch stützt sich der Text auf die Auswertung von zwei praktisch identischen Untersuchungen (vom Herbst 1989 und Herbst 2002) am Soziologischen Institut der Universität Zürich, in welchen die Lokalparteipräsidentinnen und Lokalparteipräsidenten aller Ortsparteien (ca. 5000) zur Situation in ihren Organisationen befragt wurden. Bei beiden Surveys wurden jeweils rund 2600 Fragebogen ausgefüllt zurückgesandt. Knapp 1000 Lokalsektionen von nationalen Parteien haben an beiden Untersuchungen teilgenommen. Aussagen über den Wandel stützen sich hauptsächlich auf dieses Panel.

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2.  Eigenfinanzierung oder Fremdfinanzierung – Die Einnahmen der Lokalparteien

Die Unterstellung ist alt, wird aber auch heute noch, wie wir in der Einleitung gesehen haben, immer wieder vorgebracht: Linke Parteien würden sich viel stärker durch Mitgliederbeiträge finanzieren, rechte Parteien demgegenüber stützten sich auf Spenden von aussen, gemeint sind damit Spenden von Firmen und Unternehmen. In diesem Kapitel soll zuerst die Bedeutung der verschiedenen Einnahmequellen für alle Lokalparteien sowie deren Veränderung in den letzten 13 Jahre besprochen werden. Separat wird danach auf die drei wichtigsten Einnahmequellen eingegangen, nämlich die Mitgliederbeiträge, die Mandatssteuern und die Spenden. Zum Schluss soll auf die im Titel aufgeworfene Frage nach dem Eigenfinanzierungs- respektive Fremdfinanzierungsgrad der Lokalparteien beantwortet werden.

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2.1 Die Bedeutung der verschiedenen Einnahmequellen 

Aus welchen Einnahmequellen finanzieren sich die Lokalparteien hauptsächlich? Abbildung 2.1 zeigt, über alle Lokalparteien gesehen, die wichtigsten Einnahmequellen für das Jahr 2002. Insgesamt haben 2385 Ortsparteien diese Fragen beantwortet. Es handelt sich dabei um prozentuale Anteile an einem nicht näher spezifizierten Normalbudget. Es blieb somit dem Ermessen der Lokalparteipräsidentinnen und Lokalparteipräsidenten überlassen, wie sie die Unterschiede zwischen Wahljahren und Nichtwahljahren ausgleichen. Deshalb soll hier nicht näher auf eine im Prinzip mögliche Umrechnung in konkrete Frankenbeiträge eingegangen werden.

Abbildung 2.1: Die wichtigsten Einnahmequellen der Lokalparteien im Jahr 2002 (Prozentualer Anteil am Gesamtbudget)

   

Abbildung 2.1 zeigt, dass die Mitgliederbeiträge für die Lokalparteien die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle darstellen. Die Unterscheidung zwischen obligatorischen und freiwilligen Mitgliederbeiträgen hat hauptsächlich mit der Frage zu tun, ob die Lokalparteien überhaupt die klar definierten Grenzen der Mitgliedschaft kennen oder ob sie das eher diffuse Konzept der Anhängerschaft gewählt haben. Natürlich können auch beide Beitragsquellen nebeneinander existieren, wenn eine Lokalpartei sich neben einem klar definierten Mitgliederbeitrag zusätzlich auf gelegentliche Spenden von Mitgliedern verlässt. Die Kategorie Spenden meint demgegenüber gelegentliche Zuwendungen von aussen, seien das Geschäfte, Firmen oder andere Nicht-Mitglieder.

Zusammengezählt finanzieren sich die Lokalparteien also zu beinahe 70 Prozent aus Mitgliederbeiträgen. Demgegenüber sind alle anderen Einnahmequellen von untergeordneter Bedeutung. Immerhin beinahe 10 Prozent tragen die Abgaben von Mandatsträgern zum Gesamt des Budgets bei. Spenden, Einnahmen aus Veranstaltungen und Zuschüsse der Gemeinde sind demgegenüber in der Regel ohne grosse Bedeutung.

Die Wichtigkeit von obligatorischen Mitgliederbeiträgen ist in mittelgrossen Gemeinden zwischen 2000 und 10'000 Einwohnern am höchsten. In kleineren Gemeinden zählen die Lokalparteien demgegenüber eher auf freiwilligen Mitgliederbeiträge, da es hier weniger formalistisch zu und her geht. In Gemeinden mit über 10'000 Einwohnern geht die Bedeutung von Mitgliederbeiträgen insgesamt etwas zurück, bleibt aber als Einnahmequelle mit einem Anteil von 59 Prozent am Gesamtbudget immer noch hoch. Lokalparteien in Städten mit über 10'000 Einwohnern finanzieren sich stärker durch Spenden, beträgt der Anteil hier doch immerhin 12 Prozent. Noch wichtiger als Einnahmequelle ist für Lokalparteien in Städten aber die Kategorie «Abgaben von Mandatsträgern». Trägt dieser Posten in kleinen Gemeinden nur gerade 5 Prozent zum Gesamtbudget bei, so steigt er in Städten auf beinahe 20 Prozent. Das hat natürlich damit zu tun, dass Mandatsträger in kleinen Gemeinden für ihre Tätigkeit kaum mehr als ein karges Sitzungsgeld erhalten. In Städten dürfte diesbezüglich doch viel mehr zu holen sein.

Gerade umgekehrt verhält es sich beim Posten «Einnahmen aus Veranstaltungen». Während bei Lokalparteien aus ganz kleinen Gemeinden mit weniger als 500 Einwohnern immerhin 10 Prozent ihres Budgets aus Veranstaltungen stammt, verliert dieser Posten in grossen Gemeinden seine Bedeutung praktisch ganz. In kleinen Gemeinden ist übrigens nicht die SVP die «Bratwurst-Partei» par Excellenze, sondern die SP. Mit einem Budgetanteil von über 13 Prozent erwirtschaften vor allem die Genossinnen und Genossen in kleinen Gemeinden das Geld im ursprünglichen Sinn des Wortes.

Teilweise beträchtliche Unterschiede in der Bedeutung der einzelnen Einnahmequellen lassen sich zwischen den drei Landesteilen feststellen. Mit insgesamt 72 Prozent am wichtigsten sind die Mitgliederbeiträge in der Deutschschweiz. In der Romandie nimmt deren Bedeutung schon etwas ab (64%) und in der italienischen Schweiz tragen die Mitgliederbeiträge noch weiniger zum Gesamtbudget bei (59%), wobei hier die Lokalparteien vor allem auf freiwillige Mitgliederbeiträge zählen. In der Romandie steuern demgegenüber die Mandatsträger mit ihren Abgaben mit einem Anteil von 18 Prozent überdurchschnittlich stark zum Gesamtbudget bei. In der italienischen Schweiz stammen immerhin 16 Prozent der Einnahmen aus Beiträgen von der Gemeinde.

Wie schon erwähnt, handelt es sich bei den hier präsentierten Anteilen um relative Zahlen und nicht um absolute Frankenbeträge. Schon 1989 sahen die Antworten aller Ortsparteien, die damals mitgemacht haben (N=2485), zumindest auf dieser relativen Ebene ziemlich gleich aus. Seit 1989 nahm der Anteil der obligatorischen Mitgliederbeiträge am Gesamtbudget zwar leicht zu (+3.2%), der Anteil der freiwilligen Mitgliederbeiträge nahm dafür ab (-5.1%). Insgesamt blieb also die Wichtigkeit der Mitgliederbeiträge als Einnahmequelle der Lokalparteien mit einem leichten Minus von 1.9 Prozent praktisch stabil.

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2.2 Mitgliederbeiträge als Einnahmequelle

Im vorigen Abschnitt haben wir gesehen, dass die obligatorischen und freiwilligen Mitgliederbeiträge mit Abstand die wichtigste Einnahmequelle der Lokalparteien darstellen. Hier soll nun dieser Posten etwas genauer aufgeschlüsselt werden. Im Vordergrund stehen die Verhältnisse bei den einzelnen Parteien sowie die Frage, was sich in den letzten 13 Jahren geändert hat. Abbildung 2.2 zeigt die Wichtigkeit der obligatorischen und freiwilligen Mitgliederbeiträge für die Budgets der Lokalsektionen der einzelnen Parteien. Die Abkürzung WV steht für Wählervereinigungen. Damit sind die nur in einer einzelnen Gemeinde vorkommenden und nicht überlokal eingebundenen politischen Gruppierungen gemeint, die an unserer Befragung teilgenommen haben.

Abbildung 2.2: Obligatorische und freiwillige Mitgliederbeiträge im Jahr 2002 (Prozentualer Anteil am Gesamtbudget)

 

 

Abbildung 2.2 zeigt doch erhebliche Unterschiede in der Bedeutung der obligatorischen und freiwilligen Mitgliederbeiträge für die Einnahmen der einzelnen Parteien. Die Lokalsektionen der beiden bürgerlichen Partein FDP (77.5%) und SVP (77.0%) finanzieren ihr Budget am stärksten durch Mitgliederbeiträge. Etwas weniger Bedeutung hat diese Ressource für die zwei anderen Bundesratsparteien, die SP (67.7%) und die CVP (64.3%). Bei den kleinen Parteien und bei den unabhängigen Wahlvereinigungen sieht die Situation ähnlich aus. Die Wählervereine finanzieren ihr Normalbudget zu 70 Prozent aus obligatorischen und freiwilligen Mitgliederbeiträgen, die EVP zu 69.1 Prozent und die Liberalen zu 61.3 Prozent. Einzig bei den Grünen tragen die Zuwendungen der Mitglieder weniger als die Hälfte (44.7%) zum Normalbudget bei.

Betrachtet man diejenigen Lokalsektionen, die an beiden Untersuchungen teilgenommen und diese Fragen beantwortet haben (N=992), so zeigen sich in den letzten 13 Jahren nur kleine Verschiebungen. Immerhin hat die Bedeutung der Mitgliederbeiträge insgesamt über alle im Panel vertretenen Sektionen gesehen um 1.7 Prozent abgenommen. Leicht weniger zum Gesamt der Einnahmen steuern sie bei der CVP (-3.5%), der FDP (-2.5%) und der LPS (-2.1%) bei. Bedeutender geworden sind sie demgegenüber im Budget der EVP (+6.2%).

Für diejenigen Ortsparteien, die erst nach 1990 entstanden sind (N=436), ist die Bedeutung der Mitgliederbeiträge mit 65 Prozent übrigens leicht tiefer als für Ortsparteien, die vor 1990 entstanden sind (70%). Sie gleichen diese Lücke hauptsächlich durch Spenden und Beiträge der Gemeinde aus.

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2.3 Mandatssteuern als Einnahmequelle

Neben der überragenden Bedeutung der Mitgliederbeiträge für die Finanzierung der Lokalparteien leisten auch die Mandatssteuern mit einem Anteil von insgesamt gesehen 9.5 Prozent einen nicht unwesentlichen Beitrag zum ihrem Normalbudget. Abbildung 2.3 zeigt den Posten «Abgaben von Mandatsträgern» für das Jahr 2002 nach Parteien aufgeschlüsselt.

Abbildung 2.3: Abgaben von Mandatsträgern im Jahr 2002 (Prozentualer Anteil am Gesamtbudget)

   

In Abbildung 2.3 zeigen sich wie schon vorhin deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Parteien. Sicher wenig überraschend scheint die Tatsache, dass die Lokalsektionen der beiden linken Parteien GPS und SP ihre Mandatsträger überdurchschnittlich stark zur Kasse bitten. Überraschender scheint schon, dass unter den Bundesratsparteien auch die CVP sowie bei den kleineren Parteien die LPS und die EVP bei ihren kommunalen Exponenten kräftig zulangen. Ziemlich ungeschoren kommen demgegenüber die Mandatsträger von SVP und FDP davon.

Die Belastung der Mandatsträger ist bei allen Ortsparteien stark abhängig von der Gemeindegrösse. Finanzieren Mandatsträger von SP-Sektionen in kleinen Gemeinden bis 2000 Einwohner mit ihren Abgaben «nur» 8.5 Prozent der jeweiligen Budgets, so tun dies SP-Mandatsträger in grossen Gemeinden mit mehr als 10'000 Einwohnern zu 30.5 Prozent. Die CVP-Sektionen in kleinen Gemeinden bis 2000 Einwohnern finanzieren sich immerhin zu 7.9 Prozent durch Mandatssteuern, in Städten beträgt der Anteil dieses Postens am Budget 20.2 Prozent.

Auch die tiefen Mandatssteuern der FDP- und SVP-Sektionen variieren nach Gemeindegrösse von einem Budgetanteil von gut 2 Prozent bis zu einem Anteil von gut 7 Prozent. Sie sind damit überall deutlich tiefer als bei den anderen Parteien. Sogar bei den Wählervereinigungen tragen die Exponenten mehr zum Budget bei. Für einmal darf hier ein Tipp gegeben werden: Gerade für budgetschwache Sektionen der FDP und der SVP liegt hier ein sowohl einträgliches wie auch erträgliches Finanzierungspotential brach.

Dabei hat die Bedeutung der Mandatssteuern bei denjenigen Lokalsektionen, die an beiden Untersuchungen teilgenommen haben, seit 1989 von 10 af 9.3 Prozent sogar noch leicht abgenommen. Anteilsmässig am Budget verloren hat der Posten «Abgaben von Mandatsträgern» bei den Lokalsektionen von FDP, CVP, SVP und EVP; gestiegen ist der Anteil bei der LPS und der GPS; unverändert blieb er bei der SP. Die Verschiebungen bewegen sich allerdings im Bereich von einem bis höchstens zwei Prozentpunkten. Auch hier herrscht also eine erstaunliche Stabilität.

Vergleich man Abbildung 2.3 mit Abbildung 2.2, so fällt auf dass sich auf der Ebene der Parteien die Mandatssteuern spiegelbildlich zu den Mitgliederbeiträgen verhalten. Vor dem Hintergrund der in der Einleitung erwähnten Thesen sollen die beiden folgenden Kategorien gegenüber gestellt werden:

  1. Mitgliederbeiträge: obligatorische und freiwillige Mitgliederbeiträge

  2. Staatsbeiträge: Abgaben von Mandatsträgern und Beiträge der Gemeinde

Je tiefer der Anteil der Mitgliederbeiträge am Budget, umso wichtiger wird der Anteil der Staatsbeiträge. Damit würden sich die Lokalparteien hin zum Modell der «Cartel-parties» bewegen. Das Ausmass der Finanzierung durch Mitgliederbeiträge könnte man als Eigenfinanzierung bezeichnen, alle anderen Einnahmequellen zusammen als Fremdfinanzierung. Beim Posten «Abgaben von Mandatsträgern» könnte man mit gutem Recht behaupten, dass es sich dabei auch um Eigenfinanzierung handelt, sind doch die Mandatsträger in der Regel auch Parteimitglieder. Gleichzeitig richten sich die Abgaben aber auch nach dem Kriterium Entschädigung vom Staat, so dass man von einer indirekten Unterstützung der Partei durch den Staat sprechen könnte. Ähnlich argumentiert Brändle (2002), der bei den Mandatssteuern von einer indirekten Staatsfinanzierung spricht. Zudem interessiert im Folgenden ja die Frage, wie stark die Lokalparteien in ihrer Finanzierung von den Mitgliedern abhängen oder anders ausgedrückt, inwieweit sie sich von den Mitgliedern unabhängig machen konnten.

Sinkt der Grad der Mitgliederfinanzierung, so steigt tatsächlich der Anteil der Staatsfinanzierung. Zwischen diesen beiden Posten besteht ein recht starker negativer Zusammenhang (Pearsons Correlation: -.65). Sinkt die Bedeutung der Mitgliederfinanzierung, steigt damit allerdings nicht primär die direkte Unterstützung durch die Gemeinde (Pearsons Correlation: -.385), sondern stärker die indirekte Unterstützung in Form vom Mandatssteuern (Pearsons Correlation: -.498). Dieser Zusammenhang ist bei den linken Parteien stärker ausgeprägt ist als bei den Bürgerlichen. Ob dieser Zusammenhang in den letzten 13 Jahren noch zugenommen hat, kann hier nur annäherungsweise beantwortet werden, da in der Befragung von 1989 der Posten «Unterstützung durch die Gemeinde» noch nicht separat ausgewiesen wurde. Der negative Zusammenhang zwischen der Bedeutung der Mitgliederfinanzierung und der Bedeutung der Mandatssteuern war aber schon damals recht hoch (Pearsons Correlation: -.511).

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2.4 Spenden als Einnahmequelle

Kommen wir noch zur letzten hier separat besprochenen Einnahmequelle, den Spenden von Nicht-Mitgliedern. Abbildung 2.4 zeigt den Posten «Spenden» für das Jahr 2002 nach Parteien aufgeschlüsselt.

Abbildung 2.4: Spenden im Jahr 2002 (Prozentualer Anteil am Gesamtbudget)

   

Wie schon eingangs vermutet, zeigt Abbildung 2.4, dass sich die Lokalparteien nur zu einem kleinen Teil durch Spenden von Nichtmitgliedern finanzieren. Einzig bei der EVP und den Grünen tragen die Spenden überdurchschnittlich stark zum Budget bei. Insbesondere die Lokalsektionen der drei bürgerlichen Bundesratsparteien FDP, SVP und CVP weisen keinen überdurchschnittlich hohen Anteil von Spenden in ihren Budgets aus.

Allerdings zeigt sich bei den beiden bürgerlichen Bundesratsparteien FDP und SVP ein klarer Zusammenhang zwischen der Gemeindegrösse und der Bedeutung der Spenden fürs Budget. Bei FDP-Sektionen in Gemeinden mit über 10'000 Einwohnern stammen 14.6 Prozent der Einnahmen aus Spenden, bei SVP-Sektionen in Städten immerhin noch 12.7 Prozent. Bei den Sektionen von CVP und SP demgegenüber bleibt der Spendenanteil unabhängig von der Gemeindegrösse praktisch stabil.

Kaum Unterschiede lassen sich in Bezug auf die Sprachregionen feststellen. Der Spendenanteil schwankt zwischen 7.7 Prozent in der Deutschschweiz über 5.8 Prozent in der italienischen Schweiz zu 4.2 Prozent in der Romandie.

Bei denjenigen Lokalsektionen, die an beiden Umfragen teilgenommen haben (N=992), vergrösserte sich der Anteil der Spenden nur unwesentlich, nämlich von 6.2 auf 7.1 Prozent. Zugenommen hat er insbesondere bei den Sektionen der FDP (+2.5%) und der CVP (+2.1%); abgenommen hat er bei den Sektionen der EVP (-3.9%); bei allen anderen Parteien blieb er in etwa konstant.

Man darf also sicher sagen, dass das Vorurteil, bürgerliche Parteien würden sich hauptsächlich durch Spenden finanzieren, zumindest auf lokaler Ebene keineswegs zutrifft. Auch in grossen Gemeinden mit über 10'000 Einwohnern bleiben die Mitgliederbeiträge die wichtigste Einnahmequelle der Ortsparteien. Dennoch zeigen sich in Städten zwischen den vier Bundesratsparteien zwei unterschiedliche Muster. Während die Lokalsektionen von FDP und SVP die sinkende Bedeutung der Mitgliederbeiträge durch Spenden ausgleichen, so geschieht das bei den Lokalsektionen der CVP und der SP durch Mandatssteuern. So nähern sich zumindest in den Städten die FDP und die SVP dem Modell der «Catch-all Party» an, die CVP und die SP demgegenüber dem Modell der «Cartel-Party».

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3. Je linker desto teurer – Die Mitgliederbeiträge

Von rein praktischem Interesse vor allem für die Lokalparteipräsidentinnen und Lokalparteipräsidenten dürfte dieser Abschnitt über die jeweilige Höhe und die Erhöhung der Mitgliederbeiträge sein. Ein Ergebnis darf hier schon vorweggenommen werden: Billiger geworden ist die Mitgliedschaft in keiner Partei. Im Folgenden werden nur diejenigen Lokalsektionen berücksichtigt, die tatsächlich eine Unterscheidung zwischen Mitgliedern und Anhängern machen (N=1612). Dabei ist der Formalisierungsgrad in den letzten 13 Jahren praktisch stabil geblieben. Schon in der Umfrage von 1989 machten 1606 Lokalparteien einen klaren Unterschied zwischen Mitgliedern und Anhängern. Tabelle 3.1 zeigt die durchschnittliche Höhe der Mitgliederbeiträge im Jahr 2002, nach Parteien und Gemeindegrösse aufgeschlüsselt.

 

Tabelle 3.1: Mitgliederbeiträge 2002 nach Parteien und Gemeindegrösse (in Franken)

Partei 

bis 1999 Einwohner

2000-9999 Einwohner 

über 10'000 Einwohner 

Total 

N= 

FDP 

56

78

108

76

269

CVP 

35

38

66

42 

153

SVP 

43

61

85 

56 

243 

SP 

109

134

155 

130

375

EVP 

90

70 

100 

83

65

LPS 

(43)

89 

91 

82

23

GPS 

(100)

103 

136 

122 

46

WV 

28

45

71 

46 

63

* Die in Klammern gesetzten Werte basieren auf weniger als 5 Fällen 

Tabelle 3.1 zeigt zuerst, dass in allen Parteien wie auch bei den unabhängigen Wählervereinigungen (WV) die Mitgliederbeiträge mit der Grösse der Gemeinde zunehmen, wenn auch unterschiedlich stark. Insgesamt gesehen am teuersten ist die Mitgliedschaft bei einer Lokalsektion der SP oder der GPS. Erst mit grossem Abstand folgen die EVP, die Liberalen und die FDP. Besonders günstig ist die Mitgliedschaft bei der CVP und bei den Wählervereinigungen. 

Im Quartett der vier Bundesratsparteien bildet die SP ein Sonderfall, ist sie doch die einzige Partei, in der eine Mehrheit der Lokalsektion ihre Beiträge progressiv am Einkommen der Mitglieder orientiert. Es scheint allerdings, dass dieser progressive Beitrag im Vergleich zum gleichen Beitrag für alle eher etwas aus der Mode gekommen ist. Erhoben in der Umfrage von 1989 noch beinahe doppelt so viele Sektionen der SP ihre Beitrage nach Stufen (131 zu 259 Sektionen), so hat sich dieses Verhältnis in der aktuellen Befragung beinahe angeglichen (161 zu 193 Sektionen). [1]

Diejenigen SP-Sektionen mit gleichen Beiträgen für alle verlangen im Schnitt einen Mitgliederbeitrag von 88 Franken. SP-Sektionen mit progressiv berechneten Beiträgen verlangen demgegenüber im Schnitt einen Mitgliederbeitrag von 165 Franken. Dieser Betrag gilt für ein steuerbares Jahreseinkommen von 50'000 Franken – ein Jahreseinkommen mithin, welches gerade die neuen Mittelschichten um einiges übertreffen dürften. Natürlich finden sich SP-Sektionen mit gleichen Beiträgen tendenziell eher in kleinen Gemeinden, während SP-Sektionen in grossen Gemeinden eher progressiv abgestufte Beiträge verlangen. So bezahlen SP-Mitglieder in Gemeinden mit mehr als 10'000 Einwohnern in Sektionen mit progressivem Prinzip im Schnitt 175 Franken, was im Vergleich zu den bürgerlichen Parteien doch eine stattliche Summe ist.

Wie haben sich die Mitgliederbeiträge in den letzten 13 Jahren entwickelt? Tabelle 3.2 zeigt die Veränderung der Mitgliederbeiträge nach Parteien aufgeschlüsselt. Die Beträge von 1989 wurden anhand des Konsumentenpreisindexes inflationsbereinigt [2] . Als Datengrundlage dienen diejenigen Lokalparteien, die überhaupt eine Unterscheidung zwischen Mitgliedern und Anhängern machen und die an beiden Untersuchungen teilgenommen haben (N=566).

 

Tabelle 3.2:  Veränderung der Mitgliederbeiträge nach Parteien (in Franken)

Partei

1989

Inflations
bereinigt

2002

Zunahme in Prozent

N=

FDP

49

64

81

26%

130

CVP

28

37

44

18%

77

SVP

44

57

62

9%

80

SP

102

133

138

4%

217

EVP

60

78

87

12%

31

LPS

41

53

69

31%

7

GPS

61

80

123

54%

10

Tabelle 3.2 zeigt wie eingangs erwähnt, dass der Mitgliederbeitrag in den letzten 13 Jahren bei allen Parteien gestiegen ist. Unter den vier Bundesratsparteien am stärksten aufgeschlagen haben die Lokalsektionen der FDP. Dort stieg der Mitgliederbeitrag um 26 Prozent. Übertroffen wird diese Zunahme von zwei der kleineren Parteien, den Liberalen und der GPS. Die zehn GP-Sektionen, die an beiden Umfragen teilgenommen haben, erhöhten ihren Mitgliederbeitrag im Schnitt um satte 54 Prozent. 

Mit durchschnittlich 4 Prozent den geringsten Aufschlag verzeichnen die Lokalsektionen der SP. Interessant sind auch hier die Unterschiede zwischen denjenigen Sektionen, die den gleichen Beitrag für alle einfordern, und denjenigen Sektionen, die ihre Beiträge progressiv abstufen. Bei SP-Sektionen mit gleichen Beiträgen stieg der Mitgliederbeitrag im Schnitt von nominal 83 auf 97 Franken. Das bedeutet inflationsbereinigt sogar ein Minus von 9 Prozent. SP-Sektionen mit progressiven Beiträgen erhöhten ihren Mitgliederbeitrag im Schnitt von nominal 117 Franken auf 172 Franken, was inflationsbereinigt einer Zunahme von 14 Prozent entspricht. 

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4. Mehr Geld trotz Mitgliederschwund? - Die Budgets der Lokalparteien

In diesem Abschnitt gehen wir der Frage nach, ob die Lokalparteien heute weniger Geld zur Verfügung haben als noch vor 13 Jahren – wie dies in unserem einleitenden Beispiel über die Berner Parteienfinanzierungsvorlage alle Parteienvertreter unisono behauptet haben. Und, falls dem nicht so ist, wollen wir klären, welche Parteien mehr Geld zur Verfügung haben und allenfalls weshalb. Eine Vermutung lautete ja, dass vor allem die Parteien der politischen Mitte an Attraktivität eingebüsst haben, was sich eigentlich auch an den verfügbaren monetären Mitteln zeigen müsste.

Die Parteipräsidentinnen und Parteipräsidenten mussten sowohl 1989 als auch 2002 Auskunft über ihr Budget in einem Nicht-Wahljahr und in einem Gemeindeexekutiv-Wahljahr geben. In die nachfolgende Analyse wurden nur diejenigen Lokalparteien aufgenommen, die effektiv über ein Budget verfügen. Natürlich könnte man annehmen, dass lokale Gruppierungen in kleinen Gemeinden auch ohne Geld existieren können. Alle anfallenden Arbeiten werden ehrenamtlich erledigt, Flugblätter für die Wahlen von den Anhängern abends in die Briefkästen verteilt, der Versand bezahlt die Firma des Parteipräsidenten (oder er wird neuerdings über Email erledigt) und das Inserat in der lokalen Zeitung wird mit einer Topfkollekte finanziert. Die einzige Ressource von Belang wäre in diesem Fall die Zeit. Aus neuen Untersuchungen zum Thema «Freiwilligenarbeit» weiss man allerdings, dass gerade die Bereitschaft zu traditioneller Freiwilligenarbeit in Vereinen und Parteien in den letzten Jahren stark gelitten hat.

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4.1 Die aktuellen Budgets

Zuerst sollen die Ergebnisse aus der aktuellen Umfrage aus dem Jahr 2002 präsentiert werden. In welchem Jahr ein Gemeindeexekutiv-Wahljahr anstand respektive aus welchem Jahr das Normalbudget stammt, kann nicht gesagt werden. Es sollte sich aber um die letzten aktuell verfügbaren Daten handeln. Tabelle 4.1 zeigt die durchschnittlichen Budgets in einem Wahljahr und in einem Nicht-Wahljahr nach 9 verschiedenen Gemeindegrössen aufgeschlüsselt. Ausserdem wird das Verhältnis der beiden Budgets zueinander ausgewiesen. Je höher dieser Koeffizient, desto grösser ist das Wahlbudget im Vergleich zum Normalbudget – man könnte auch sagen: desto teurer sind Wahlen im Vergleich zum normalen politischen Tagesgeschäft.

Tabelle 4.1: Budgets in einem Wahljahr und in einem Nicht-Wahljahr nach Gemeindegrösse (in Franken)

Gemeindegrösse
(Einwohner)

Budget in einem Wahljahr

Budget in einem Nicht-Wahljahr 

Wahljahr / Nicht-Wahljahr

N=

bis 499

1322

711

2.3

105

500-999

1725

925

2.8

191

1000-1999

3351

1514

2.9

457

2000-4999

5389

2667

2.8

701

5000-9999

9377

3930

4.4

376

10’000-19’999

17’903

7331

4.0

242

20’000-49’999

33’970

12’544

4.6

75

50’000-99’999

74’400

26’600

3.1

10

über 100’000

149’200

75’500

2.4

25

 

Tabelle 4.1 zeigt die durchschnittlichen Budgets nach Gemeindegrösse aufgeschlüsselt. Sowohl die Budgets in einem Wahljahr als auch diejenigen in einem Nicht-Wahljahr steigen parallel mit der Grösse der Gemeinden kontinuierlich an – das ist keine grosse Überraschung. Das Verhältnis zwischen den beiden Budgets entwickelt sich allerdings diskontinuierlich. In kleineren Gemeinden ist das Wahlbudget gut doppelt so hoch wie das Normalbudget. [3] Einen Sprung nach oben machen die Wahlbudgets in Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern, sind sie doch im Schnitt gut vier mal so gross wie die Normalbudgets. Die Kosten der Wahlkämpfe beginnen hier also stark zu steigen. In Gemeinden mit mehr als 50'000 Einwohnern sinken die Wahlbudgets gegenüber den Normalbudgets erstaunlicherweise wieder. Es ist zu vermuten, dass in ganz grossen Gemeinden die Kosten für Wahlkämpfe nicht mehr ausschliesslich aus den Parteikassen bezahlt werden. An ihre Stelle dürften vermehrt Wahlkomitees treten, welche den Wahlkampf einzelner Kandidaten direkt unterstützen.

Im Vergleich mit 1989 ist die Beziehung zwischen dem Wahlbudget und dem Normalbudget in fast allen Gemeindegrösse-Kategorien praktisch gleich geblieben. Einzig in Grosstädten mit über 100'000 Einwohnern war das Wahlbudget im Vergleich zum Normalbudget viel höher. Damals machten allerdings nur 9 Sektionen dieser Grösse mit. So gesehen sind die Wahlkämpfe in den letzten 13 Jahren zumindest auf kommunaler Ebene nicht teurer geworden.  

Tabelle 4.2: Budgets in einem Wahljahr und in einem Nicht-Wahljahr nach Parteien (in Franken)

Parteien

Budget in einem Wahljahr

Budget in einem Nicht-Wahljahr

Wahljahr / Nicht-Wahljahr

N=

FDP

11’451

5070

2.8

499

CVP

7756

3171

3.3

406

SVP

7367

3248

3.4

344

SP

12’063

5741

3.1

467

EVP

9839

2906

3.9

71

LPS

8416

2873

4.1

50

GPS

15’261

7054

3.8

62

WV

4117

1888

3.9

184

Tabelle 4.2 zeigt die durchschnittlichen Budgets nach Parteien differenziert. Dabei ergeben sich zwischen den einzelnen Parteien doch erhebliche Unterschiede. Unter den vier Bundesratsparteien sind sowohl die Wahlbudgets als auch Normalbudgets der SP und der FPD deutlich höher als die Budgets von SVP und CVP. Bei den kleineren Parteien haben vor allem die Grünen klar mehr Geld zur Verfügung als die anderen. Über die geringsten finanziellen Mittel verfügen die nur lokal organisierten Wählervereinigungen. Da alle anderen Lokalsektionen, wie wir weiter unten sehen werden, zum Teil aber beträchtliche Anteile ihrer Budgets an die höheren Parteiebenen abgeben müssen, relativieren sich die tiefen Budgets der Wählervereinigungen deutlich. 

Betrachtet man die Wahlbudgets der vier Bundesratsparteien in verschieden grossen Gemeinden, so zeigt sich kein einheitliches Bild. Die jeweiligen Lokalsektionen von SP und FDP verfügen nicht durchwegs mehr Geld als die entsprechenden Lokalsektionen von CVP und SVP. In Gemeinden bis 500 Einwohner weist die SVP im Schnitt das höchste Wahlbudget auf. In Gemeinden zwischen 500 und 2000 Einwohnern hat die SP deutlich mehr Geld zur Disposition. In Gemeinden zwischen 2000 und 10'000 Einwohnern verfügt die FDP über die meisten finanziellen Ressourcen und in Städten geht die Führung wieder an die SP. Dennoch: Mit einigen Ausnahmen haben die Lokalsektionen von SP und FDP mehr Geld zur Verfügung als diejenigen von SVP und CVP. Das gilt sowohl für die Budgets in einem Wahljahr als auch für die Budgets in einem Nicht-Wahljahr. 

Im Verhältnis von Wahlbudget zu Normalbudget zeigt sich vor allem eine Differenz zwischen den vier Bundesratsparteien auf der einen Seite und den kleineren Parteien auf der anderen Seite. Die kleineren Parteien verbrauchen durchs Band mehr Geld für Wahlen im Vergleich zu normalen Jahren. Diese Unterschiede haben allerdings vor allem mit der spärlichen Präsenz der kleineren Parteien in kleinen Gemeinden zu tun. In grösseren Gemeinden gleichen sich die Verhältniszahlen aller Parteien nämlich an.

Im Vergleich zu 1989 haben sich die Ausmasse des Verhältnisses «Budget Wahljahr» zu «Budget Nicht-Wahljahr» kaum verändert. Nur die SVP weist heute eine etwas höhere Verhältniszahl aus. In den letzten 13 Jahren hat also einzig die SVP ihre Wahlbudgets auf Kosten der Normalbudgets hochgefahren. Die Veränderungen sind allerdings nicht spektakulär, weshalb auch bezüglich der Parteien gesagt werden kann: Zumindest auf kommunaler Ebene sind die Wahlkämpfe in den letzten 13 Jahren nicht wesentlich teurer geworden. 

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4.2 Veränderungen der Budgets

Hier ist nun der Ort, um den von allen Lokalparteien lautstark beklagten, kontinuierlichen Verlust von finanziellen Mitteln einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Um die in Franken angegebenen Beträge von 1989 und 2002 miteinander zu vergleichen, wurden die Zahlen von 1989 inflationsbereinigt. [4] Tabelle 4.3 zeigt zuerst die Veränderungen der Budgets der verschiedenen Parteien in einem Nicht-Wahljahr. In die Analyse wurden nur diejenigen Lokalsektionen einbezogen, die sowohl 1989 als auch 2002 geantwortet haben. [5]

Tabelle 4.3: Veränderung der Budgets in einem Nicht-Wahljahr (in Franken)

Partei 

1989

Inflations-
bereinigt 

2002 

Veränderung in Prozent

N= 

FDP

3580

4647

4295

-8%

236

CVP 

2913

3781

3414

-10%

210

SVP 

3380

4387

4134

-6%

115

SP 

3307

4293

5180

+21%

250

EVP

1452

1884

2876

+53%

31

LPS 

8276

10’743

3384

-69%

19

GP 

1556

2020

4093

+103%

15

Tabelle 4.3 zeigt, dass sich die durchschnittlichen Normalbudgets der Lokalsektionen der einzelnen Parteien in den letzten 13 Jahren recht unterschiedlich entwickelt haben. Unter den vier Bundesratsparteien zählt nur die SP zu den Gewinnerinnen. Ihre Lokalsektionen konnten das Budget im Schnitt um 21 Prozent steigern. Verloren haben demgegenüber die Lokalsektionen von CVP, FDP und SVP. Bei den kleineren Parteien zeigen sich noch akzentuiertere Veränderungen. So konnten die Lokalsektionen der Grünen ihr Normalbudget im Schnitt glattweg verdoppeln. Immerhin noch um die Hälfte gestiegen sind die Budgets der EVP; diejenigen der Liberalen brachen demgegenüber geradezu dramatisch ein.

Die prozentualen Veränderungen sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich die Normalbudgets in absoluten Frankenbeträgen gemessen angeglichen haben – vor allem bei den kleineren Parteien. Bei den vier Bundesratsparteien verkehrte sich die Reihenfolge der «Wohlhabenden»: Hatten 1989 die Lokalsektionen der FDP im Schnitt am meisten Geld zur Verfügung, so sind das nun die Lokalsektionen der SP. Auch gegenüber den kleineren Parteien führt die SP heute die Liste der «Wohlhabenden» an, gefolgt von der FDP und der SVP. Und trotz der markanten Steigerung gehören die Lokalsektionen der EVP immer noch zu den «Habenichtsen». Die Lokalsektionen der Grünen demgegenüber konnten in den letzten 13 Jahren zum Club der «Wohlhabenden» aufschlissen. 

Tabelle 4.4: Veränderung der Budgets in einem Wahljahr (in Franken)

Partei 

1989

Inflations
bereinigt

2002

Veränderung in Prozent 

N=

FDP

7502

9738

9650

-1%

240

CVP

7264

9430

8754

-7%

217

SVP

7170

9307

9191

-1%

119

SP 

6530

8476

10’607

+26%

260

EVP 

4591

5959

10’156

+70%

36

LPS

17’405

22’593

9506

-58%

18

GP

3854

5003

9600

+92%

12

 

Eine ganz ähnliche Entwicklung zeigt Tabelle 4.4, die sich den Veränderungen der durchschnittlichen Wahlbudgets der einzelnen Parteien widmet. Unter den vier Bundesratsparteien hat einzig die SP zugelegt. Die Lokalsektionen der FDP und der SVP konnten ihre Wahlbudgets im Schnitt halten, am meisten verloren hat auch hier die CVP. Bei den kleineren Parteien legten die Grünen und die EVP massiv zu, die Lokalsektionen der LPS brachen auch bei den Wahlbudgets deutlich ein. 

In absoluten Frankenbeträgen haben sich auch die Wahlbudgets der einzelnen Parteien angeglichen, und zwar noch stärker als die Normalbudgets. Hatten 1989 unter den vier Bundesratsparteien die Lokalsektionen der FDP im Schnitt am meisten Geld für die Wahlen zur Verfügung, so können heute vor allem die Lokalsektionen der SP «klotzen», und das auch im Vergleich zu den kleineren Parteien. Erstaunlich ist beim absoluten Vergleich der Wahlbudgets, dass an zweiter Stelle die Lokalsektionen der EVP folgen. Im Schnitt am wenigsten Geld für Wahlkämpfe zur Verfügung haben heute die Lokalsektionen der CVP. Die Unterschiede sind jedoch deutlich kleiner als noch vor 13 Jahren. 

Natürlich können die Budgets der kleineren Parteien nicht direkt mit denjenigen der vier Bundesratsparteien verglichen werden, da die kleineren Parteien vor allem in grösseren Gemeinden aktiv sind. Für eine nach Gemeindegrösse detaillierte Analyse sind die Fallzahlen der kleineren Parteien, die an beiden Umfragen teilgenommen haben, allerdings zu gering. Deshalb konzentrieren wir uns im folgenden auf die Veränderungen der Wahlbudgets der vier Bundesratsparteien. Und hier gilt es vor allem eine Entwicklung zu klären: Weshalb konnte gerade die SP im Vergleich zu den anderen drei Bundesratsparteien auf kommunaler Ebene derart deutlich zulegen?

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4.3 Ursachen für die Veränderungen der Wahlbudgets der vier Bundesratsparteien

Weshalb konnte gerade die SP im Vergleich zu den anderen drei Bundesratsparteien bei den Wahlbudgets (und natürlich auch bei den Normalbudgets) auf kommunaler Ebene derart deutlich zulegen? Um diese Frage zu klären, sollen hier nochmals einige weiter oben referierte Befunde rekapituliert werden [6]:

Die Veränderungen der Mitglieder- und Anhängerzahlen können hier nicht ausführlich besprochen werden, das wird an anderer Stelle geschehen. Deshalb soll in diesem Zusammenhang nur ein geraffter Überblick über die in der Regel doch recht dramatischen Verluste gegeben werden: 

Damit scheinen zumindest die Verluste respektive die Stagnation der durchschnittlichen Wahlbudgets der Lokalsektionen der drei bürgerlichen Bundesrastparteien erklärbar. Sowohl die SVP als auch die FDP konnten den Schwund an Mitgliedern mit einer Erhöhung der Mitgliederbeiträge budgetmässig in etwa ausgleichen. Da sie mehrheitlich eine Unterscheidung zwischen Mitgliedern und Anhängern machen, hat der Rückgang der Anhängerzahlen für sie keine grosse Bedeutung. Bei der CVP demgegenüber schlug der Verlust an Mitgliedern und an Anhängern stark auf das Budget durch, da sie erstens nur sehr tiefe Mitgliederbeiträge verlangen und die (ebenfalls schwindende) Anhängerschaft für sie eine doch bedeutendere Rolle spielt. 

Völlig entgegengesetzt verläuft der Trend allerdings bei den Lokalsektionen der SP. Obwohl auch die SP-Sektionen in den letzten 13 Jahren sowohl Mitglieder als auch Anhänger verloren haben, konnten sie ihre Wahlbudgets auf kommunaler Ebene ausweiten. Am ehesten lässt sich diese (paradoxe) Tatsache wohl mit einer Umschichtung der SP-Mitgliedschaft erklären. Wenn die Lokalsektionen der SP schon nicht mehr Mitglieder ausweisen, so können sie heute, so lautet die These, im Verhältnis zumindest auf mehr zahlungskräftige Mitglieder zählen. Und während bei den anderen Parteien eine finanzkräftige Mitgliedschaft sich höchstens bei den Spenden auswirkt, da sie den gleichen Mitgliederbeitrag für alle erheben, so schlägt dies bei der SP dank eines progressiv am Einkommen ausgerichteten Beitrages direkt auf das verfügbare Budget durch. Anhand einiger überblicksmässiger Befunde zur den Veränderungen bei den aktiven Parteimitgliedern, die in den letzten 13 Jahren stattgefunden haben, soll die These untermauert werden: [7] 

Es scheint tatsächlich so, als ob der Zuzug der gutverdienenden neuen Mittelschichten den Lokalsektionen der SP zumindest finanziell zum Wohle gereichen. 

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5. Kostenfaktor Wahlkampf – Die Ausgaben de Lokalparteien 

In diesem Abschnitt soll zum Schluss noch der Frage nachgegangen werden, wofür denn die Ortsparteien ihr Geld hauptsächlich ausgeben. Für Wahlkämpfe – dieses Resultat sei hier schon vorweggenommen. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die wachsende interparteiliche Kompetitivität sich bis auf die lokale Ebene ausgewirkt hat, ob also auch für die Lokalparteien die Wahlkampfkosten in den letzten 13 Jahren gestiegen sind. Belege dafür, dass dem nicht unbedingt so ist, wurden schon im vorigen Abschnitt erörtert. So hat sich das Verhältnis zwischen den Budgets in einem Wahljahr und in einem Normaljahr in den letzten 13 Jahren kaum verändert. Die Budgets in einem Wahljahr sind also im Vergleich zu denjenigen in einem normalen Jahr nicht gestiegen. Anhand der prozentualen Anteile von Wahlkampfausgaben am Gesamtbudget soll die These hier nochmals geprüft werden.

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5.1 Die Bedeutung der verschiedenen Ausgabenposten

     Die Lokalparteipräsidentinnen und Lokalparteipräsidenten mussten sowohl 1989 als auch 2002 ihre Ausgaben in einer einfachen vorgegebenen Liste eintragen. Bei den Zahlen handelt es sich um die prozentualen Anteile an einem nicht näher spezifizierten Gesamtbudget. In den aktuellen Umfrage haben 2207 Ortsparteien diese Liste ausgefüllt. Abbildung 5.1 zeigt die Bedeutung der einzelnen Ausgabenposten über alle Parteien gesehen.

Abbildung 5.1: Die wichtigsten Ausgabenposten der Lokalparteien im Jahr 2002 (Prozentualer Anteil am Gesamtbudget)

   

Abbildung 5.1 zeigt die prozentualen Anteile der wichtigsten Ausgabenposten am Gesamtbudget der Lokalparteien für das Jahr 2002. Beinahe die Hälfte des zur Verfügung stehenden Geldes fliesst in kommunale Wahlkämpfe. Im Vergleich dazu sind die Ausgaben für Abstimmungen minimal. Durchschnittlich ein Viertel des Budgets müssen die Lokalsektionen an die höheren Parteiebenen abliefern. Mit knapp 10 Prozent der Aufwendungen sind die Kosten für die Administration relativ gering. Als bedenklich tief müssen die Ausgaben für die Werbung von Neumitgliedern angesehen werden. Obwohl sämtliche Parteien in den letzten 13 Jahren teilweise massiv Mitglieder verloren haben, scheint das Bewusstsein für vermehrte Anstrengungen in diesem Bereich kaum vorhanden.

Der Vergleich mit allen Ortsparteien, die 1989 geantwortet haben (N=2229), zeigt, dass die prozentualen Anteile der verschiedenen Ausgabenposten praktisch stabil geblieben sind. Schon vor 13 Jahren gaben die Lokalparteien insgesamt 47.1 Prozent ihres Budgets für Wahlen aus. Auch bei den anderen Aufwendungen liegen die Abweichungen im Bereich von weniger als einem Prozent – was als erstaunliche Konstanz gewertet werden muss.

Zwischen den einzelnen Parteien gibt es allerdings beträchtliche Unterschiede, was die Höhe der jeweiligen Ausgabenposten anbelangt. [8] Im Schnitt am meisten nach oben abliefern müssen die Lokalsektionen der SVP. [9] 40 Prozent ihrer Budgets gehen an die höheren Parteiebenen. Das ist sogar mehr Geld als ihnen für die lokalen Wahlkämpfe zur Verfügung steht. Die Lokalsektionen der SP reichen im Schnitt immerhin 32,9 Prozent ihrer Einnahmen nach oben weiter. Bei der FDP sind dies 24,3 Prozent und bei der CVP 21,4 Prozent. Von den kleineren Parteien müssen die Lokalsektionen der EVP am meisten abgeben. Sie überweisen im Schnitt 27.8 Prozent an ihre höheren Parteiebenen, gefolgt von der LPS mit 20,5 Prozent und den Grünen, die vergleichsweise wenig, nämlich nur 12,9 Prozent ihrer Einnahmen weiterreichen. Gar nichts abgeben müssen logischerweise die Wählervereinigungen, da sie überlokal nicht eingebunden sind.

Die durchschnittlichen Anteile der Budgets, die an die höheren Parteiebenen abgeliefert werden müssen, haben sich in den letzten 13 Jahren nur mässig verändert. Am stärksten gestiegen sind sie bei der CVP. Diejenigen Lokalsektionen der CVP, die an beiden Umfragen teilgenommen haben, müssen heute 4.7 Prozent mehr nach oben abliefern als noch 1989. Die entsprechenden Lokalsektionen der SVP müssen immerhin 3.9 Prozent mehr abgeben, bei der FDP ist der Anteil um 1.2 Prozent gestiegen. Unter den vier Bundesratsparteien als einzige weniger abgeben müssen die SP-Sektionen, nämlich 1.4 Prozent. Bei den kleineren Parteien stieg die Abgabenlast bei der EVP (+6.3%), fiel bei der LPS (-9%) und blieb praktisch gleich bei den Grünen (+0.4%).

Eher geringe Unterschiede zwischen den Parteien zeigen sich bei den Aufwendungen für die Administration. Unter den Lokalsektionen der vier Bundesratsparteien kostet sie bei der CVP und der FDP im Schnitt am meisten. Ihre Lokalsektionen geben jeweils 10.9 Prozent des Budgets für ihre Administration aus. Bei der SVP sind es 8.1 Prozent und bei der SP 7.9 Prozent. Sogar noch günstiger sind diesbezüglich die kleineren Parteien. Die Liberalen verbrauchen im Schnitt 8.3 Prozent ihres Budgets für die Administration, die EVP 8 Prozent und die Grünen 6.6 Prozent. Diese Zahlen haben sich in den letzten 13 Jahren nur wenig verändert. Bei allen Lokalsektionen, die an beiden Umfragen teilgenommen haben, gingen die Administrationskosten um 0.9 Prozent zurück. Auf alle Fälle zeigen diese Werte, dass die Ortsparteien ihr Geld zumindest nicht für ihre eigenen aufgeblähten Parteiapparate verwenden, wie wir dies in der Einleitung als Vorwurf vor allem gegenüber der Linken oft gehört haben.

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5.2 Wahlkämpfe als wichtigster Ausgabenposten

Mit einem durchschnittlichen Anteil von 47.9 Prozent bilden die Ausgaben für Wahlkämpfe den mit Abstand wichtigsten Aufwandsposten in den Budgets der Ortsparteien. Abbildung 5.2 zeigt diesen Hauptposten für das Jahr 2002 nach verschiedenen Parteien aufgegliedert. Insgesamt haben 2207 Ortsparteien diese Frage beantwortet.

Abbildung 5.2: Ausgabenposten Wahlkämpfe im Jahr 2002 (Prozentualer Anteil am Gesamtbudget)

   

Abbildung 5.2 zeigt doch erhebliche Unterschiede in der Gewichtung der Wahlkampfkosten zwischen den einzelnen Parteien. Unter den vier Bundesratsparteien prozentual am meisten geben die Lokalsektionen der CVP für Wahlen aus. Im Schnitt über die Hälfte des vorhandenen Geldes fliesst bei ihnen in die kommunalen Wahlkämpfe. Die Sektionen der FDP und der SP liegen mit ihren Ausgaben für Wahlkämpfe im Mittelfeld. Mit «nur» 36.7 Prozent des Gesamtbudgets erstaunlich wenig wenden die Lokalsektionen der SVP für Wahlen auf. Wie schon erwähnt bilden einzig für die SVP-Sektionen nicht die Wahlen, sondern die Parteiabgaben den gewichtigsten Aufwandfaktor.

Die Wahlaufwendungen der vier Bundesratsparteien liegen insgesamt tiefer als diejenigen der kleineren Parteien. Anteilsmässig am meisten geben die Wählervereinigungen für Wahlen aus. Das erstaunt wenig, besteht doch die Berechtigung ihres Daseins gerade in diesem Vorgang. Aber auch die Lokalsektionen der anderen drei kleinen Parteien GPS, LPS und EVP geben im Schnitt mehr als die Hälfte ihres Budgets für Wahlkämpfe aus. Das mag daran liegen, dass diese Parteien vielfach gegen ein schon etabliertes Machtkartell bestehend aus den Sektionen der Bundesratsparteien antreten müssen.

Was die Aufwendungen für Wahlkämpfe der Parteien in verschieden grossen Gemeinden anbelangt, ergibt sich kein einheitliches Bild. Eines ist klar: Je grösser die Gemeinde, umso höher ist auch der Anteil des Budgets, der für Wahlkämpfe ausgegeben werden muss. Diese Regel gilt für alle Parteien. Uneinheitlich ist jedoch die Rangierung der Ausgabenintensität der Parteien in verschieden grossen Gemeinden. In ganz kleinen Kommunen bis 500 Einwohnern geben die Lokalsektionen der SP mit einem durchschnittlichen Anteil von 35 Prozent am meisten für Wahlen aus. In Gemeinden ab 500 Einwohnern sind es die CVP-Sektionen. In Städten mit mehr als 10'000 Einwohnern verwenden sie 63.5 Prozent ihres Budgets für Wahlen.

Im Schnitt am wenigsten für Wahlen geben die SVP-Sektionen aus, in ganz kleinen Gemeinden bis 500 Einwohner beispielsweise nur 14.8 Prozent ihres verfügbaren Geldes. SVP-Sektionen gehören allerdings nur in Gemeinden bis 5000 Einwohnern zu den sparsamsten, wenn es um Wahlen geht. In Gemeinden ab 5000 Einwohnern wechselt diese Auszeichnung zu den Lokalsektionen der SP.

Die kleineren Parteien lassen sich nicht in jeder Gemeindegrössenkategorie vergleichen, da die Zahl der Antworten in kleinen Gemeinden zu gering ist. In grösseren Gemeinden liegen ihre anteilsmässigen Ausgaben für Wahlen aber durchaus im Rahmen der Aufwendungen der vier Bundesratsparteien, wenn auch jeweils an deren oberem Limit. Die durchschnittlich höheren Ausgaben für Wahlen der kleineren Parteien haben also auch damit zu tun, dass sie in kleinen Gemeinden nur spärlich vertreten sind.

Bezüglich der Sprachregionen lässt sich feststellen, dass Wahlkämpfe in der Romandie am teuersten und in der Deutschschweiz am billigsten sind. Welsche Lokalparteien wenden im Schnitt 55.7 Prozent ihres Budgets für Wahlen auf, ihre Deutschschweizer Pendants nur 46.1 Prozent. In der italienischen Schweiz liegen die Aufwendungen der Ortsparteien mit durchschnittlich 49.6 Prozent in der Mitte.

Kommen wir zum Schluss dieses Abschnittes nochmals auf die Frage zurück, ob die Kosten für Wahlkämpfe in den letzten 13 Jahren zugenommen haben. Vergleicht man die Zahlen bei denjenigen Lokalparteien, die an beiden Umfragen teilgenommen haben (N=915), so muss man diese Entwicklung eher verneinen. Über alle Ortsparteien gesehen haben sich die Kosten für Wählkämpfe nur minimal erhöht. Gaben sie 1989 im Schnitt 45.3 Prozent ihres Budgets für Wahlen aus, so sind das im Jahr 2002 46.5 Prozent. Wenn man bedenkt, dass die Wahlbudgets bei den meisten Parteien in absoluten Zahlen eher gesunken sind, so kann man wohl von einem Patt ausgehen.

Auch auf der Ebene der einzelnen Parteien zeigen sich nur leichte Verschiebungen. Budgetmässig leicht zugelegt haben die Wahlaufwendungen bei den Lokalsektionen der SP (+1.9%) und der FDP (+1.8%), geschrumpft sind sie bei der SVP (-2.2%) und bei der CVP (-1.9%). Ihre Wahlanstrengungen kräftig ausgedehnt haben allerdings die Liberalen und die Grünen. Bei den Lokalsektionen der Liberalen stiegen die budgetierten Aufwendungen um 21 Prozent, bei den Grünen immerhin um 12 Prozent. Dieser Exploit dürfte unterschiedliche Gründe haben. Während die Liberalen, was wohl noch an anderer Stelle zu zeigen sein wird, mit dem Rücken zur Wand stehen, da beispielsweise ihre Budgets, wie wir oben gesehen haben, massiv eingebrochen sind, können die Grünen heute aus dem Vollen schöpfen, haben sich ihre Budgets in absoluten Zahlen doch stark vergrössert.

Dennoch: Abschliessend darf man wohl sagen, dass die Intensivierung der Wahlkämpfe durch die Massenmedien und die vermehrten PR-Aktivitäten die Gemeinden noch nicht erreicht hat. Bedauern wird dies wohl kaum jemand.

 Inhalt


Literatur

Brändle, Michael. 2002. Strategien der Förderung politischer Parteien. Eine vergleichende Untersuchung der Parteienförderung  in der Schweiz, Grossbritannien und den Niederlanden. Bern: Haupt.

Katz, Richard S., Peter Mair. 1994. How Parties Organize: Change and Adaption in Party Organizations in Western Democracies. London: Sage.

Kirchheimer, Otto. 1966. The Transformation of West European Party Systems. In: LaPalombara, Joseph and Myron Weiner (Hg.). Political Parties and Political Development. Princeton: Princeton University Press.

Ladner, Andreas, Michael Brändle. 1999. Fact-Sheets zum Wandel der Schweizer Parteien. Bern: Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern.

Ladner, Andreas, Michael Brändle. 2001. Die Schweizer Parteien im Wandel. Von Mitgliederparteien zu professionalisierten Wählerparteien? Zürich: Seismo.

Schaller, Roland. 1994. Die Kommunalparteien und das Geld. In: Geser, Hans et al. Die Schweizer Lokalparteien. Zürich: Seismo. S. 225-245.

            Inhalt


 [1] Neben Mitgliederbeiträgen zahlen SP-Mitglieder zusätzlich sogenannte Solidaritätsbeiträge. Diese Solidaritätsbeiträge werden immer nach einem progressiven Prinzip erhoben. Es könnte sein, dass einige Lokalparteipräsidenten der SP diese Solidaritätsbeiträge in die von ihnen in unserer Untersuchung genannte Zahl miteinberechnet haben, während andere die Solidaritätsbeiträge wegliessen. Deshalb sollten die Zahlen über die Höhe der Mitgliederbeiträge bei der SP mit einer gewissen Vorsicht genossen werden. Um einen Eindruck von der erheblichen Varianz zwischen den einzelnen Parteien zu erhalten, taugen sie dennoch.

 [2] Um die in Franken angegebenen Beträge von 1989 und 2002 miteinander zu vergleichen, wurden die Zahlen von 1989 inflationsbereinigt. Als Basis diente der Landesindex der Konsumentenpreise. Er betrug 1989 115,4 und 2002 149,8. Damit hat sich im von uns untersuchten Zeitraum eine Teuerung von etwa 30 Prozent aufgelaufen. 

 [3] Bei der in den Tabellen 4.1 und 4.2 aufgeführten Verhältniszahl wurde zuerst in jeder einzelnen Ortspartei das Verhältnis zwischen Wahljahr und Nicht-Wahljahr berechnet und erst nachher ein Durchschnitts wert aus den einzelnen Verhältniszahlen gebildet. Damit akzentuieren sich die Differenzen zwischen den beiden Budgets stärker als beim Vergleich der Budget-Durchschnittszahlen in den Tabellen.

 [4] Vergleiche Fussnote 2 weiter oben.

 [5] Deshalb variieren die Durchschnittswerte von 2002 auch leicht gegenüber denjenigen aus Tabelle 4.2, in welcher die Zahlen aller Ortsparteien ausgewertet wurden, die an der aktuellen Untersuchung teilgenommen haben.

 [6] Die folgenden Zahlen beziehen sich nur auf diejenigen Lokalsektionen, die an beiden Befragungen teilgenommen haben. Deshalb ergeben sich zum Teil leichte Unterschiede gegenüber den oben referierten Werten, die sich auf alle Ortssektionen beziehen, die an der aktuellen Untersuchung teilgenommen haben.

 [7] Leider verfügen wir über keine Angaben zur Zusammensetzung der Mitgliedschaft. Dafür haben wir detaillierte Zahlen zur Struktur der aktiven Parteigänger. Im Verhältnis dürften diese Angaben wohl auch für die Mitglieder ihre Gültigkeit haben. Eine ausführliche Beschreibung der diesbezüglichen Veränderungen soll an anderer Stelle gegeben werden.

 [8] Auf den Hauptposten Wahlkampf wird gleich nachher separat eingegangen.

 [9] Bei allen in diesem Abschnitt präsentierten Zahlen handelt es sich um relative Beträge, das heisst um prozentuale Anteile am Gesamtbudget. Da sich die Budgets der Ortsparteien, wie wir weiter oben sahen, in den letzten 13 Jahren angeglichen haben, kann man wohl davon ausgehen, dass die Lokalsektionen der SVP auch absolut am meisten Geld nach oben weiterreichen.