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Towards Cybersociety and "Vireal" Social Relations


 

Computerinduzierter Wandel in der Tätigkeit von Wissenschaftlern und Intellektuellen

Eine empirische Studie über den PC-Einsatz im Bereich der Textproduktion

(gekürzte Fassung)

lic. phil. Margret Bürgisser

Zürich, Dezember 1995

 

Inhalt

1. Zielsetzung

2. Methodisches Vorgehen

3. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

a) Typen von PC-Nutzer/innen
b) Schreibtypen
c) Komplementarität
d) Effizienz und Qualität
e) Autonomie
f) Abhängigkeiten und Risiken
g) Subjektive Befindlichkeit
h) Kommunikation und Interaktion

i) Fazit

 

1. Zielsetzung

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine Explorativstudie über die Funktion des Personal-Computers bei der Generierung, Redaktion und Verbreitung von Texten im Arbeitsbereich von Intellektuellen. Ziel der Arbeit war es, die faktische Funktionalität des Personalcomputers bei der Arbeit zu ermitteln und die Determinanten bzw. Wirkungen des PC-Einsatzes auf der intrapersonalen, interpersonalen und institutionellen Ebene zu bestimmenIm weiteren ging es darum, den durch den Informatik-Einsatz induzierten Wandel zu erfassen, d.h. Veränderungen in Organisation, Kommunikation, Ablauf und Ergebnis des Schreibprozesses etc. In diesem Kontext interessierte auch die Frage, in welchem Verhältnis (komplementär, substitutiv etc.) alte und neue "Medien" bzw. Arbeitstechniken zueinander stehen. Wie Geser (1996) erwähnt, ist die PC-Nutzung von verschiedensten "mediating factors" abhängig. Es war deshalb von Interesse, diese Faktoren und ihr Einfluss auf den Gebrauch des PCs im Umgang mit Texten sowie allfällige Wechselwirkungen zu ermitteln.

Inhalt


2. Methodisches Vorgehen

Im Zentrum der Arbeit stehen 20 Intensiv-Interviews mit verschiedenen Gruppen von Textautor/innen, die bei ihrer Arbeit (mit zwei Ausnahmen) den PC einsetzen, nämlich mit Geistes- und Sozialwissenschaftlern, Schriftstellern, Journalisten und Redaktoren. Diese PC-Nutzer/innen wurden gebeten, die Details ihrer aktuellen Arbeit und den Stellenwert von Computerprogrammen bei dieser Tätigkeit zu beschreiben. Zudem sollten sie die Arbeit mit dem Computer mit der Schreibweise vergleichen, die sie anwendeten, bevor sie Zugang zu einem PC hatten. Es handelt sich um einen akteurspezifischen praxisorientierten Ansatz, ausgehend von der faktischen Funktionalität des Personalcomputers im Schreibprozess. Von Interesse waren auch alle Mischformen von klassischer und PC-unterstützter Schreibarbeit, Begründungen, welche für solche speziellen Varianten den Arbeitsorganisation angeführt werden sowie Veränderungen im kommunikativen Bereich.

Folgende Tätigkeitsbereiche erwiesen sich in den Vorarbeiten als von besonderem Interesse:
a) Textgenerierung (allgemein)
b) Textverarbeitung : Verfassen von Forschungsberichten, Publikationen, Literaturarbeiten, Bibliographien etc.
c) Layout- und Publikationstätigkeit (inkl. Lektoratsarbeit)
d) Datenbankrecherchen

Bei der Auswahl der Interviewpartner/innen wurde darauf geachtet, Leute zu wählen, die auf eine jahrelange Erfahrung im Bereich der Textgenerierung zurückblicken können, und bei deren Arbeit das Verfassen von Texten einen zentralen Stellenwert einnimmt. In etlichen Fällen arbeitet die betreffende Person multifunktional: Ein Professor für Literatur ist gleichzeitig auch Schriftsteller, ein Schriftsteller publiziert auch als Journalist, ein EDV-Berater ist gleichzeitig in einem wissenschaftlichen Verlag tätig, ein Sachbuchautor arbeitet auch journalistisch und als Romanschriftsteller. Durch die Wahl solcher Persönlichkeiten wurde versucht, die Aussagen über veränderte Abläufe im Arbeitsprozess zu multiplizieren oder zumindest zu erweitern.

In der Regel fanden die Gespräche am Arbeitsort des/der Befragten statt, in drei Ausnahmefällen im Büro der Interviewerin. Die Gespräche orientierten sich an einem Gesprächsleitfaden, doch liess die Gesprächsführung auch Raum für zusätzliche Informationen, die den unterschiedlichen Arbeitssituationen der Interviewpartner/innen Rechnung trugen.

Inhalt


3. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

Inwiefern hat sich die Arbeit von Textautor/innen (Wissenschafler/innen, Schriftsteller/innen Jorunalistinnen etc.) durch den Einsatz des Computers verändert und wie bewerten sie diese Veränderungen? Das war die zentrale Frage dieser Forschungsarbeit. Ausgangsbasis war die Hypothese, dass die Nutzung der EDV-Technologie vom technischen Angebot und den Besonderheiten des Arbeitskontextes abhängig ist, insbesondere aber auch von den individuellen Wahrnehmungs- Deutungs- und Handlungsmustern und den Zielsetzungen der Anwender/innen. Es interessierte mich zu erfahren, wie sich der Einsatz der neuen Technologie in der Praxis gestaltet und welche Veränderungen durch ihren Einbezug hinsichtlich Arbeitsstil,- inhalt und - ergebnis initiiert werden. Die wichtigsten Ergebnisse werden hier zusammenfassend dargestellt. Neben Hinweisen auf die Besonderheiten des Schreibprozesses (Schreibtypen und -stile) wird die EDV-Nutzung mit Bezug auf die Stichworte Medienkomplementarität, Qualität und Effizienz, Arbeitsautonomie, Abhängigkeiten und Risiken, subjektive Befindlichkeit sowie Kommunikation und Interaktion reflektiert.

a) Typen von PC-Nutzer/innen
In einem ersten Teil unserer Arbeit habe ich versucht, die Wahrnehmung des PCs durch die Anwender/innen und die im Schreibprozess beobachtbaren Arbeitsstile zu ermitteln.

Wie vermutet, bestehen in bezug auf den Zugang und das Verhältnis zum Computer grosse individuelle Unterschiede. Im Rahmen dieser Befragung liessen sich vier Typen von Anwender/innen identifizieren. Es sind dies die PC- Pioniere , welche schon früh mit dem PC in Berührung kamen, die Spontan-Begeisterungsfähigen , die den PC schnell und dauerhaft adoptiert haben, die Flexibel-Anpassungswilligen , welche sich nach anfänglichen Vorbehalten mit dem PC angefreundet haben sowie die Skeptisch-Defensiven , welche dem Computer grundsätzlich kritisch gegenüberstehen.
Die EDV-Pioniere haben sich schon mit Computern befasst, als das in ihrer Branche noch sehr ungewöhnlich war und sie unter Kollegen quasi als "Exoten" in Erscheinung traten. Sie finden sich sowohl unter Wissenschaftlern, Schriftstellern und Journalisten als auch im Verlagsbereich. In etlichen Fällen haben sie sich zuerst völlig mit dem neuen Medium identifiziert, bis sie nach der anfänglichen Euphorie zu einem selektiveren Gebrauch übergegangen sind. Heute verwenden sie den PC nur noch für Aufgaben, für deren Einsatz er unbestritten das geeignetste Medium ist.

Die Spontan-Begeisterungsfähigen haben sich erst vor kürzerer Zeit mit der EDV-Technologie befasst, diese aber aufgrund erster Erfahrungen mit Ueberzeugung akzeptiert. Die durch den PC ermöglichte Arbeitserleichterung wird als so grundlegend erfahren, dass der Verzicht auf die neuerworbenen Vorteile für diese Leute unvorstellbar wäre.

Die Flexibel-Anpassungswilligen wurden meist unter dem Druck beruflicher Veränderungen mit dem Computer konfrontiert und haben sich anfänglich eher unfreiwillig mit ihm befasst. Im praktischen Gebrauch haben sie allerdings Stärken und Grenzen des PCs kennen- und schätzengelernt, sodass auch sie ihn heute nicht mehr missen möchten.

Die Skeptisch-Defensiven haben sich gar noch nicht konkret mit den Potentialitäten des Computers auseinandergesetzt haben und äussern sich vorwiegend kritisch über die Computertechnologie. Dies geschieht zum Teil unter Bezugnahme auf ideologische (philosophische, ethische etc.) Argumente. Dabei zeigt sich die Schwierigkeit, technologische Möglichkeiten einzuschätzen, deren Leistungspotential mangels praktischer Erfahrungen nur lückenhaft beurteilt werden.

Welches ist das Bild, das die PC-Nutzer/innen von ihrem "Gegenüber" haben, mit dem sie ihren Arbeitsalltag oft stundenlang teilen? Ist er- wie in gewissen Publikationen postuliert wird - ein "Interaktionspartner" oder eher ein praktisches Hilfsmittel? Die grosse Mehrheit der Befragten - seien es Journalist/innen, Wissenschaftler/innen, Schriftsteller/innen oder Verleger/innen- betonen in ihrer Wahrnehmung des Computers vor allem seinen Zweckcharakter. Mit vielen anschaulichen Beschreibungen charakterisieren sie den Stellenwert des neuen Mediums: Der PC ist für sie "ein Gebrauchsgegenstand", "ein völlig praktisches Werkzeug", "ein normales Arbeitsgerät", "ein technisches Instrument", "ein mechanischer Ablauf", "ein ganz normales Hilfsmittel", ein Handwerkszeug", "ein Ordnungssystem", "eine Erweiterung zu bisherigen Medien" etc. Diese Voten belegen, in welch hohem Masse der PC in die heutige Arbeitswelt integriert ist, und wie vergleichsweise emotionslos seine Präsenz im heutigen Alltag bewertet wird. Die Anwender beurteilen die Einsatzmöglichkeiten fast auschliesslich aus der Optik bisheriger Zielsetzungen, denen das neue Medium zu dienen hat. Was in einigen Fällen anfänglich ein Objekt grosser Fasziantion war, ist im Laufe der Zeit zu einem schlichten Arbeitsinstrument geworden, dem nur noch in Ausnahmefällen die Aura des Aussergewöhnlichen, Numinosen anhaftet.

Inhalt

b) Schreibtypen
Unsere Studie zeigt im weiteren, dass zwischen den Arbeitsweisen der befragten Personen erhebliche individuelle Unterschiede bestehen. Die Beschreibungen über die Möglichkeiten des PC-Einsatzes und die dadurch ausgelösten Veränderungen stützen sich in den meisten Fällen auf einen breiten Erfahrungsfundus ab. Das Mass an Veränderungen, das dem PC zugeschrieben wird, variiert von Person zu Person erheblich. Während die einen angeben, immer noch nach derselben Arbeitsweise vorzugehen, haben andere den PC als einschneidende Zäsur erlebt, welche nicht nur das "Umsteigen" auf ein anderes Arbeitsinstrument sondern auch eine Umgestaltung des Arbeitsprozesses bedeutete.
Im einführenden Kapitel habe ich in Anlehnung an Bridwell-Bowles et.al. (1987) unterschiedliche Schreibtypen charakterisiert, welche bei der Erarbeitung ihrer Texte spezifische Strategien pflegen. Den grössten Nutzen scheinen jene Personen aus dem PC-Gebrauch zu ziehen, welche eine eher sprunghaft-intuitive Denk- und Arbeitsweise haben("Beethoven-Typ"), sodass das Produkt ihrer Arbeit eigentlich erst im Lauf des Schreibens sichtbar wird und nach und nach seine end gültige Form annimmt. Diesem Schreibtyp kommt der Computer sehr entgegen, was von etlichen Personen in der Anfangsphase als Aha-Effekt und eigentliche Befreiung erlebt wurde.

Gewisse Gesprächsteilnehmern betonten, der Computer habe ihre Schreibblockaden gelöst und ihre "Angst vor dem weissen Blatt" beseitigt. Die Möglichkeit, an einer beliebigen Stelle in den Text einzusteigen und ihn in der Folge zu überarbeiten, umzustellen und zu korrigieren, wird als grosse Erleichterung, als Gewinn an kreativem Freiraum und an Flexibilität empfunden.

Während früher die Mehrheit der Befragten umfangreiche oder kürzere (hand)schriftliche Entwürfe und/oder Konzepte anfertigten, bevor sie sich an die Schreibmaschine setzten, fallen solche Vorarbeiten heute meist weg, weil es der Computer ermöglicht, spontan formulierte Textentwürfe beliebig oft zu überarbeiten und zu verbessern. Die Angst davor, einen längeren Text wegen Schreibfehlern oder spät erkannten Aendeungen nochmals abschreiben zu müssen, entfällt. Es ist heute möglich, einen Text am PC in kleinen Einheiten zu bearbeiten und auf verschiedene Arbeitsphasen zu verteilen, was den Arbeitsdruck spürbar reduziert.

Offensichtlich verursacht die vom PC offerierte grosse Freiheit und Beweglichkeit zumindest am Rande aber auch Unbehagen. Personen, die zu dem oben erwähnten chaotisch-unstrukturierten Schreibstil neigen und in dieser Vorgehensweise vom Computer auf ideale Weise unterstützt werden, stellen sich zun Teil die kritische Frage, ob damit nicht ihre "Denkfaulheit" gefördert werde. Dieser Vorbehalt wird z.T. auch von jenen Personen angeführt, welche nach wie vor auf den PC verzichten oder ihn erst nach reiflichem Ueberlegen und Zögern angeschafft haben. "Schreiben findet im Kopf statt", formulierte eine Gesprächspartnerin und betonte damit, dass einen auch der leistungsfähigste Computer nicht von der Aufgabe entlastet, klare Gedanken zu formulieren und in konsistenter Form präsentieren.

Autor/innen, die eher nach dem Muster des "Mozart-Typs" vorgehen, befleissigen sich, eine klare Struktur zu erarbeiten, bevor sie mit dem Schreiben beginnen. Erst wenn der Text in der Vorstellung oder in einem Vorentwurf eine überzeugende Form angenommen hat, setzen sie sich an den Computer und beginnen sie mit der eigentlichen Schreibarbeit. Diese folgt dann dem zu erst entworfenen "roten Faden" und erfährt keine grundlegenden Umorientierungen mehr.

Generell scheint eine Verlagerung des Zeitaufwandes von den Vorarbeiten (Entwürfe, Konzepte) zu den eigentlichen Textarbeiten stattgefunden zu haben, wobei der Gesamtaufwand jedoch kaum wesentlich variiert, was auch mit gestiegenen formalen Ansprüchen zusammenhängt.

Inhalt

c) Komplementarität
Es ist unverkennbar, dass das elektronische Zeitalter Bewegung in das Spektrum der Lese- und Schreibverfahren gebracht hat. In einigen Fällen hat der Computer frühere Schreibtechnologien wie Schreibmaschine und Handschrift abrupt und radikal abgelöst. Das ist vor allem bei jenen Personen der Fall, welche sich früher schwer damit taten, Texte zu generieren und fehlerfrei zu schreiben, sei es, dass sie an Schreibblockaden litten, oder weil ihr Arbeitsstil es ihnen verunmöglichte, eine Argumentationskette linear darzulegen. In der Regel lautet der Entscheid aber nicht: Entweder - oder, sondern sowohl als auch. Viele Gesprächspartner benutzen neue und traditionelle Medien in einem komplementären Verhältnis, wobei sie die optimale Kombination entsprechend ihren Bedürfnissen und Gewohnheiten auswählen. Dabei fallen nicht nur technische, arbeitsökonomische, körperliche und psychologische Faktoren sondern auch der Arbeitskontext als Ganzes ins Gewicht. Die Frage lautet im Einzelfall: Wann, wo, auf welche Weise und im Hinblick auf welche Ziele und Adressaten werden verfügbare Medien ausgewählt und miteinander kombiniert? Welche Rolle spielen dabei die Schreibtechnologien, welche die Lesetechnologien, und welche Beziehung besteht zwischen den beiden Bereichen?

Die Schreibmaschine hat für die Merhzahl der befragten Personen nur noch Nostalgiecharakter. Viele sind froh, der "letzten drohenden Falle" vor dem Abschluss einer Arbeit nicht mehr ausgeliefert zu sein. Auch die Handschrift hat in vielen Fällen von ihrem Stellenwert verloren, obwohl sie früher ein unersetzliches Medium in der Phase von Textentwurf und -überarbeitung war. Einige Personen verzichten fast gänzlich auf handschriftliche Entwürfe. In anderen Fällen behält die Handschrift in bestimmten Arbeitsphasen oder für bestimmte Produkte (Notizen, persönliche Briefe etc.) nach wie vor ihren Stellenwert.

Erstaunlicherweise erweist sich das Papier jedoch als absolut unersetzlich. Einige Autor/innen schwören auf das Papier als Speichermedium, andere ziehen es seiner sinnlichen Qualität wegen dem Bildschirm vor, wieder andere betonen, wieviel leserfreundlicher ein gedruckter Text sei im Gegensatz zum Bildschirm, der ihre Augen übermässig ermüde.

Wie unsere Studie zeigt, werden neue technologische Möglichkeiten also von den Anwendern nicht kritiklos "adoptiert", selbst wenn sie traditionelle Medien im Arbeitsprozess weitgehend ersetzen. Wenn in einer anfänglich euphorischen Phase die Vorzüge eines neuen Mediums überschätzt und die Nachteile ignoriert werden, so gleicht sich diese Wahrnehmung im Laufe der Zeit zugunsten einer objektiveren Sicht wieder aus. Nutzen und Grenzen einer Technologie werden dann mit eigenen Bedürfnissen und Zielen verglichen und aufgrund dieser Bilanz eine Wahl getroffen. Der Medieneinsatz ist kein ausschliesslicher, sondern ein komplementärer: Alte und neue Medien werden entsprechend den persönlichen Präferenzen kombiniert, wobei dieser Medienmix sehr unterschiedliche Ausprägungen annehmen kann.

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d) Effizienz und Qualität
Die Frage nach den durch den Computereinsatz erreichten Qualitäts- und Effizienzsteigerungen zeigt, dass die grosse Mehrheit der Befragten den Nutzen des PCs bei der Textgenerierung und -produktion sehr hoch einschätzt. Der PC erweist sich insgesamt gesehen als Instrument einer effizienteren Zielerreichung, wobei Veränderungen vor allem im Bereich der inhaltlichen und formalen Textqualität, aber auch hinsichtlich des Zeitbudgets und der Finanzen festzustellen sind. Das Urteil über diese Veränderungen fällt allerdings nicht einheitlich aus. Gewisse Autor/innen vertreten die Meinung, dank dem EDV-Einsatz sei ihre Arbeit schneller, einfacher und finanziell attraktiver geworden, und ihre Texte hätten zudem - vor allem in formaler Hinsicht - gewonnen. Andere Autor/innen konstatieren in den Texten hingegen mangelnde Konsistenz und Tendenzen einer sprachlichen Vernachlässigung wie beispielsweise vermehrte Schreib- und Druckfehler.

Durch Rationalisierung im Verlagsbereich werden anscheinend gewisse Aufgaben (z.B. das Lektorieren wissenschaftlicher Publikationen) nicht mehr so sorgfältig wahrgenommen wie früher, was sich negativ auf die Qualität des Endproduktes auswirkt. Unsere Analyse macht deutlich, dass die Informationstechnik im Bereich der Zeitungs- und Buchverlage einiges in Bewegung gebracht hat. Gewisse traditionelle Standards - wie ein sorgfältiges Korrektorat und Lektorat- fallen u. U. den Sparübungen zum Opfer, zu dem sich die Verlage in Anbetracht des harten Konkurrenzkampfes gezwungen sehen. Die Autor/innen sind darüber keineswegs glücklich, weil ihnen zum Teil mehr Arbeit aufgebürdet wird, oder weil sie die Sicherheit, ein einwandfreies Produkt zu erhalten, im Zuge der erwähnten Entwicklung gefährdet sehen.

Die Nennung dieser Mängel kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bilanz der durch den Computer bewirkten Erleichterungen und Verbesserungen insgesamt eine positive ist. Generell scheint die Ansicht zu überwiegen, der PC-Einsatz sei effizient und rentabel. Besonders deutlich zeigt sich das am Beispiel von gewissen Journalisten und Wissenschaftlern, die mit Textbausteinen arbeiten und diese - in immer anderen Kombinationen - in unterschiedliche Texten integrieren. Andere Autoren verweigern sich diesem Prinzip der Mehrfachverwertung mit Bezug auf die Originalität ihrer Texte. Sie wollen keine "Serienschreiber" sein.

Interesanterweise haben ehemalige EDV-Pioniere im Laufe der Jahre ihr Verhältnis zum PC versachlicht. Sie haben sich zu moderaten PC-Anwendern mit einem ausgeprägten Sinn für Möglichkeiten und Grenzen der neuen Technologien entwickelt und beschränken sich in den meisten Fällen auf die Arbeit mit elementaren standardisierten Programmen (Textverarbeitung, Kalkulation, Datenbanken, Grafik etc.). Auch diese Selbstbeschränkung ist Teil eines ausge prägten Kosten-Nutzen-Kalküls und spiegelt die Besinnung auf das Wesentliche der wissenschaftlichen, journalistischen und schriftstellerischen Arbeit. So wird die Möglichkeit der Ausgestaltung von Texten per PC bis zur druckreifen Vorlage zwar erwogen, insbesondere von Wissenschaftlern aber mit der Begründung verworfen, dass durch diese grafische Perfektionierung Energien gebunden würden, welche man besser für die Autorentätigkeit im eigentlichen Sinn verwende.

Mit der Verbreitung von Text- und Grafikprogrammen sind die Standards an einen publikationswürdigen Text sukzessive "hinaufgeschraubt" worden. Zum Teil werden die Autoren mit den Ansprüchen von Verlegern konfrontiert, welche druckfertig formatierte Textdateien erwarten und somit immer mehr Arbeiten ins Arbeitsgebiet des Autors "vorverlagern". Zum anderen scheinen Professoren, Experten, Gutachter im Wissenschaftsbetrieb immer korrekturfreudiger zu werden, sodass sich der Aufwand der Autoren für Redaktion und Layout einer Publikation erhöht. Etliche Interviewpartner stossen sich an diesem aestehtischen Perfektionismus und weisen darauf hin, dass sich die Wissenschaftler/innen vermehrt wieder auf ihre eigentliche Autorenarbeit zurückbesinnen sollten.

Die Grenzen des Computereinsatzes werden oft durch den vertretbaren Aufwand an Zeit und Geld gesetzt. Vor allem Personen, die im Status des "Free-Lancers" in Forschung, Beratung und Journalismus arbeiten, sind immer wieder gezwungen, abzuwägen, ob sich Anschaffung und Einsatz von Hard- und Software in ihrem Aufgabenbereich wirklich lohnen. Zum einen fällt es nicht leicht, festzustellen, ob sich die entsprechenden Anschaffungen wirklich amortisieren werden. Zum anderen klagen etliche Personen über den erheblichen Zeitaufwand, den es braucht, um sich mit neuen Programmen vertraut zu machen und einen sicheren Umgang in de ren Anwendung zu gewinnen.

Die EDV-Technologie erweist sich vor allem im Druck- und Verlagswesen als "Freisetzungstechnologie", welche die Tätigkeitsprofile verändert und dazu beiträgt, Arbeitskräfte einzusparen. Besonders eklatant erweist sich die "Verschlankung" des Produktionsprozesses im journalistischen Bereich, wo sich die Produktionszeiten enorm verkürzt haben und ganze Arbeitsgänge weggefallen sind. Der technische Ablauf hat sich vereinfacht, gewisse Berufsbilder haben einen grundlegenden Wandel durchgemacht. Für Journalisten im Aktualitätenbereich haben sich durch die technologischen Neuerungen Erleichterungen ergeben, andererseits ist der Arbeitsdruck infolge der verkürzten Produktionszeiten gestiegen. Der technologische Umbruch hat den Mitarbeiter/innen enorme Anpassungleistungen abverlangt, wobei dieser Prozess noch keineswegs abgeschlossen ist

Inhalt

e) Autonomie
Die Mehrzahl der befragten Personen bestätigt, durch den PC-Einsatz einen Zuwachs an Autonomie in ihrer Autorentätigkeit erreicht zu haben. Der PC macht es möglich, Arbeiten, die bisher an andere Personen delegiert wurden, in den Bereich der eigenen Gestaltbarkeit überzuführen und dadurch eine erhöhte Kontrolle über das Produkt auszuüben. Doch das Prinzip des "Alles-selber-machens" stösst an Grenzen, wenn der Aufwand für die Beherrschung der verwendeten Programme zuviel an Zeit und Energie absorbiert, sodass die eigentliche Autorentätigkeit, das Verfassen von Texten, in den Hintergrund gedrängt wird.

Die Tatsache, dass die Anwendung neuer Programme erlernt sein will, schafft auch neue Abhängigkeiten. Wer zuwenig Lust oder Talent zum Selbststudium hat, ist bei anspruchsvolleren Aufgaben auf EDV-Kurse oder auf die (in der Regel kostspielige) Unterstützung von EDV-Beratern angewiesen. Als Kehrseite dieser Tatsache ist zu erwähnen, dass zahlreiche Interviewpartner sich wohltuend von der Unterstützung eines Sekretariates entlastet fühlen. Auch jene, die sich in früheren Zeiten die Mühe nahmen, Texte auf der Schreibmaschine selber zu verfassen, mussten oft in der Schlussphase einer Publikation auf die Unterstützung einer professionellen Schreibkraft zurückgreifen, was nicht immer eine überzeugende Lösung war. Zum einen kamen selbst dann gewisse Texte fehlerhaft zurück und mussten nochmals überarbeitet werden, zum anderen verspürten einige Personen ethische Skrupel, wenn es darum ging, eine andere Person für solche Hilfsarbeiten einzusetzen.

Die Mehrheit der Befragten beurteilt es positiv, von dieser Abhängigkeit entbunden zu sein, weil damit auch der Grad an Einflussnahme auf Inhalt und Form des eigenen Produktes gestie gen ist.

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f) Abhängigkeiten und Risiken
Neben effizienzsteigernden Erleichterungen erzeugt der PC-Einsatz auch neue Risiken und Abhängigkeiten. Zahlreiche Anwender/innen haben in bezug auf die Datensicherheit aus schmerzlichen Erfahrungen gelernt und sich ein ausgeklügeltes Sicherungssystem aus unterschiedlichen Spreichermedien zurechtgelegt, um Datenverluste zu vermeiden. Dabei zeigt sich, dass sich das Papier als Speichermedium nach wie vor grosser Beliebtheit erfreut.

Wie man sich unschwer vorstellen kann, ist die Sicherheit im Umgang mit EDV abhängig vom Know-How und der Praxiserfahrung im Umgang mit der entsprechenden Hard- und Software. Wo es an dieser Routine fehlt, ergeben sich für Leute, die in einem anforderungsreichen Tätigkeitsgebiet arbeiten, immer wieder Aergernisse. Weniger versierte EDV-Anwender/innen sind oft auf Rat oder Hilfe von Spezialisten angewiesen, was als unvermeidliche aber gelegentlich lästige Abhängigkeit empfunden wird. Unsere Gespräche haben zudem gezeigt, dass Leute, die selber als EDV-Berater tätig sind, zum Teil mit unrealistischen Erwartungen konfrontiert werden, weil die Prestigefunktion der Informatik von den Auftraggebern überbetont und ihre Wirkungsmöglichkeit überschätzt wird. Dem durch den Computer bewirkten Gewinn an Arbeitsautonomie stehen somit neue Abhängigkeiten gegenüber, die mit der Komplexität der neuen Technologie und der daraus resultierenden Ueberforderung der Anwender/innen zu tun haben. Es ist anzunehmen, dass diese Nachteile im selben Masse abgebaut werden, als anwenderfreundlichere Programme entwickelt werden. Doch viele PC-Nutzer/innen betrachten diese Perspektive als ferne "Zukunftsmusik".

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g) Subjektive Befindlichkeit
Die Textproduktion und -gestaltung auf dem PC zieht jedoch nicht nur Produktivitäts- und Qualitätssteigerungen nach sich, sondern auch einen Verlust an taktiler Erfahrung im Arbeitsprozess. Die Arbeit mit dem PC reduziert das körperliche Engagement auf die ritualisierte Bedienung der Schreibtastatur. Prozesse, die in früheren Zeiten einen beträchtlichen zeitlichen und räumlichen Aufwand beanspruchten, sind heute mit wenigen Handgriffen problemlos zu bewerkstelligen.

Der Anwender/innen sind dadurch in ihrem körperlichen Befinden anders gefordert als früher. Während sie früher bei Textproduktion und -verarbeitung eine Vielzahl von Utensilien in den Arbeitsprozess einbezogen (Stifte, Notizblock, Papier, Schere, Leim etc.), können sie heute ihre Aufgabe theoretisch mit PC, Drucker und Papier vollumfänglich erledigen. Diese Veränderung des Arbeitsprozesses wird - trotz aller damit verbundenen Vorteile - von etlichen Autor/innen als Verlust an Sinnlichkeit erlebt. Sie betonen das Bedürfnis, beim Schreiben auch körperlich involviert zu sein und sich am Arbeitsplatz "ausbreiten" zu können.

An erster Stelle unter den positiven Konsequenzen der Computerarbeit ist wie bereits erwähnt das Wegfallen von Schreibblockaden zu vermerken, was den Einstieg in die Textarbeit im Vergleich zu früher enorm erleichtert. Die Arbeitsweise hat sich in der Mehrheit der Fälle dank dem PC entspannt: Die Arbeitsweise der Autor/innen ist heute provisorischer, jederzeit revidierbar und dadurch unbelasteter. Textliche Aenderungen sind jederzeit möglich, ohne dass der Text - wie in früheren Zeiten - deswegen neu geschrieben werden müsste.

Auch in Bezug auf und das persönliche Wohlbefinden und den Schreibkomfort - die "Ergonomie" - hat der Computer Veränderungen ausgelöst. Körperliche Anstrengung und Konzentration werden reduziert, sodass Verspannungen in vielen Fällen abgebaut werden. Vom "Arbeitstiererlebnis" zum lustvoll-spielerischen Arbeiten, könnte man den Unterschied zwischen Schreibmaschine und Computer benennen.

Nicht an allen Arbeitsplätzen wird jedoch den mit der PC-Arbeit zusammenhängenden ergonomischen Besonderheiten genügend Gewicht beigemessen. Einzelne Anwender/innen klagen über körperliche Beschwerden, z.B. mit Rücken oder Augen. "Die Augen sind die Verlierer", formulierte es ein Interviewpartner. Viele der Befragten klagen über Ermüdung der Augen und eine verschlechterte Sehkraft, weshalb sie die Arbeit am Bildschirm auf das absolut notwendige Minimum beschränken. So ist neben hoher Akzeptanz der Computertechnologie auch Kritik wegen negativer Begleiterscheinungen festzustellen. Die Anwender/innen setzen ihre Hoffnung in künftige Entwicklungen, welche ergonomisch bessere Lösungen bringen werden.

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h) Kommunikation und Interaktion
Welcher Art sind die Auswirkungen des Computereinsatzes auf die Zusammenarbeit der Autor/innen mit anderen Personen und Institutionen? Stellvertretend für den ganzen Arbeitsbereich haben wir diese Frage am Beispiel der Zusammenarbeit mit Sekretärinnen, Verleger/innen und Lektor/innen unter die Lupe genommen. Unsere Analyse zeigt, dass in allen drei Bereichen Auswirkungen des EDV-Einsatzes festzustellen sind. Der Computer ermöglicht den Autor/innen eine autonomere Arbeitsweise, was zur Folge hat, dass viele auf die Unterstützung einer Sekretärin verzichten können. Selbst da, wo diese nicht überflüssig geworden ist, hat sich ihr Stellenwert und damit ihr Tätigkeitsprofil durch den technologischen Wandel verändert. Gesamthaft gesehen ist eine Entflechtung der traditionell hohen Interdependenz in der Zusammenarbeit von Textautor/in und Sekretärin festzutstellen. Zumindest aus Autorensicht wird dieser Prozess grundsätzlich positiv bewertet.

In der Zusammenarbeit mit Verleger/innen zeichnen sich insbesondere im wissenschaftlichen und jornalistischen Bereich Veränderungen ab. Wissenschaftliche Buchverlage haben die Tendenz, von ihren Autor/innen für ihre Publikationen zunehmend druckfertige gestaltete Manuskripte zu verlangen. Die Ansprüche der Verleger/innen hinsichtlich Formatierung, Layout etc. konfrontieren die Buchautor/innen mit neuen Aufgaben, die mit ihrer eigentlichen wissenschaftlichen Autorentätigkeit wenig zu tun haben und darum eine echte Belastung darstellen können. Auch Zeitungsproduzenten erwarten von ihren Mitarbeitern zunehmend Texte, die auf Mass geschrieben, bereits korrigiert und druckfertig formatiert sind. Die Arbeitsverantwortung wird dadurch - im Vergleich zu früher - von den Fachkräften im Druck- und Satzbereich auf die Ebene der Textautor/innen zurückverlagert.

Im wissenschaftlichen Bereich besteht ferner auch die Tendenz, aus Kostengründen an der Lektoratsarbeit zu sparen. Anders präsentiert sich die Situation im Belletristikbereich, wo sich das Lektorat behauptet und wo dank EDV (z.B. im Bereich von Textverwaltung und - analyse) sogar neue Wirkungsmöglichkeiten erschlossen werden können.

Die Hinweise in Bezug auf Veränderungen in der zwischenmenschlichen Kommunikation fallen widersprüchlich aus. Zum einen wurden durch den Personalcomputer offensichtlich persönliche Berührungsflächen abgebaut; der PC als "stand-alone-Gerät" hat dazu geführt, dass "die Blickrichtung einsamer geworden ist". Zum anderen scheint sich die Kommunikationsfreudigkeit der Mitarbeiter andere Entfaltungsmöglichkeiten und Medien zu suchen, welche ihren Bedürfnissen entgegenkommen. Kaum ein/e Gesprächspartner/in mochte die als Schreckgespenst des Computerzeitalters beschworene Kommunikationsarmut aufgrund eigener Erfahrungen bestätigen.

Neue sich abzeichnende kommunikative Trends (E-Mail, computerbased cooperative work etc.) haben unter den befragten Personen eine durchschnittlich geringe Akzeptanz, was zum Teil auch ein Generationeneffekt sein dürfte (rund die Hälfte der befragten Personen sind älter als 50). Zudem pflegen viele Personen eine ausgesprochen individualistische Arbeitsweise, sodass die Bedürfnissse nach elektronischer Vernetzung per se nicht sehr ausgeprägt sind.

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i) Fazit
Abschliessend ist festzuhalten, dass der Computer von den befragten Personen mehrheitlich als unentbehrliches Instrument im Bereich der Textproduktion betrachtet wird. Durch den Einsatz des PC haben sich verschiedene Verlagerungen in Struktur und Ablauf des Schreibprozesses ergeben, welche von den Leuten positiv gewichtet werden. Auch wenn Zeitaufwand und Papierverbrauch kaum geringer geworden sind, halten die Befragten die Arbeit mit Hilfe des Computer für effizienter und angenehmer. Arbeitsziele und -inhalte scheinen durch den PC-Einsatz jedoch kaum tangiert.

Offensichtlich ist der PC vor allem für jene Autoren und Autorinnen eine Hilfe, welche eine eher intuitive und unstrukturierte Vorgehensweise pflegen. Der PV ermöglicht ihnen ein organisches Erarbeiten und Ueberarbeiten von Texten und Publikationen und trägt dazu bei, Schreibblockaden abzubauen. Auch kritische Vorbehalte sind im Rahmen der Befragung jedoch nicht ausgeblieben: Die Denkarbeit komme zu kurz, wurde kritisiert, es werde formaler Perfektionismus betrieben, der über inhaltliche Mängel hinwegtäusche, die Arbeit am PC missachte körperlich-physiologische Bedürfnisse und Empfindlichkeiten. Einzelne Autor/innen sind deshalb latent oder ausgeprägt "PC-resistent" und verteidigen ihre altvertrauten Arbeitsmechanismen oder -techniken gegenüber dem neuen Medium. Diese Tatsache kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Mehrheit der Befragten den Computers in ihren Alltag integriert haben und versuchen, seine Vorzüge auf selektive Weise optimal zu nutzen.

Die Untersuchungsergebnisse bestätigen unsere Annahme, dass bei der Computernutzung sowohl persönlichkeitsspezifischen Variablen als auch strukturelle Rahmenbedingungen einen Einfluss ausüben. Der Einsatz des PCs ist insbesondere abhängig von der Persönlichkeitsstruktur (Arbeitsstil etc.), den persönlichen Präferenzen (Arbeitsziele etc.), dem Informationsstand (technisches Know-How, Einschätzung der Potentialitäten etc.) und den materiellen Möglichkeiten der Anwender/innen. Diese individuellen Einflüsse sind umso bedeutsamer, je geringer die Einbindung des Individuums in eine übergeordnete Struktur ist. Der Einsatz von EDV wird aber auch gesteuert von den bewussten und unbewussten Auswahlmechanismen der Anwender/innen. Angebotsinduzierte Einflüsse sind nur insofern von Relevanz, als es der neuen Technologie gelingt, die Akzeptanz der Nutzer/innen zu gewinnen. Dies ist umso eher der Fall, als der Computereinsatz der individuellen Zielerreichung nützlich scheint.

Wesen und Stellenwert des Computers werden von den Anwender/innen unterschiedlich und zum Teil widersprüchlich eingeschätzt. Es dominiert die Betonung des instrumentellen Charakters (der PC als Werkzeug, Instrument, Hilfsmittel etc.), welche von der aktuellen Nutzung ausgeht und den PC als Mittel zur Erreichung vogegebener Ziele betrachtet. Je geringer die Einbindung der Anwender/innen in übergeordnete institutionelle Bezüge, desto autonomer sind sie im Gebrauch der EDV-Technologie und desto unkomplizierter können sie den EDV-Einsatz mit ihren Zielen in Einklang bringen. Individuelle Nutzer/innen ohne institutionelle Einbindung (Schriftsteller, freie Journalisten, unabhängige Forscher) stossen jedoch dann an Grenzen, wenn die Investitionen für Hardware, Software und den Erwerb von Know-How ihre finanziellen und zeitlichen Ressourcen überstrapazieren. Personen mit Verantwortung in institutionellen Bezügen (Datenbanken, Verlagen, Agenturen etc.) scheinen andererseits eher befähigt, künftige Veränderungen und Entwicklungen zu antizipieren als intellektuelle "Einzelkämpfer". Die durch den EDV-Einsatz induzierten Lernprozesse finden nicht immer auf der Basis von Freiwilligkeit statt. Der zwischen den Betrieben stattfindende Konkurrenzkampf zwingt jedoch deren Mitarbeiter, sich dem neuesten technologischen Stand laufend anzupassen.

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Das Zitieren und Weiterverbreiten von Textausschnitten aus dieser Studie ist nur mit ausdrücklicher Nennung der Quelle (Autorin, Institut, Ort, Jahr) erlaubt, entsprechend den in der Scientific Community in der schriftlichen Kommunikation bzw.beim Publizieren üblichen Standards.

Copyright © 1995 Margret Bürgisser

Last update: 01. Feb 15


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  Prof. Hans Geser
Soziologisches Institut

der Universität Zürich

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