Webbasierte Deliberation? 

Potenziale und Grenzen des Web bei der Konstituierung einer deliberativen Öffentlichkeit

Markus Kratochwill 

Zürich, Mai 2009

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Bibliographische Zitation:

Kratochwill, Markus: Webbasierte Deliberation? Potenziale und Grenzen des Web bei der Konstituierung einer deliberativen Öffentlichkeit. In: Sociology in Switzerland: Toward Cybersociety and „Vireal Social Relations. Zürich 2009. http://socio.ch/demo/t_mkratochwill.pdf


 Inhaltsverzeichnis 

1. Einleitung

2. Unterschiedliche Konzepte der Demokratie

3. Das deliberative Demokratiemodell

3.1 Konsens- und Gemeinwohlorientierung
3.2 Gleichheit und Inklusivität
3.3 Rationalität und Transparenz

4. Kritische Würdigung einer webbasierten Deliberation

4.1 Das Informationspotenzial
4.2 Das Agenda-Setting-Potenzial
4.3 Das Deliberationspotenzial

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis  


1. Einleitung 

Spätestens seit der rasanten Verbreitung des Internets durch das World Wide Web im Jahre 1993 wird die Frage nach dem demokratischen Potenzial neuer Informations- und Kommunikationstechnologien in Wissenschaft, Politik und medialer Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Die Auseinandersetzung um die demokratisierende Rolle des Internets im Hinblick auf den öffentlichen Diskurs und die politische Partizipation fand ihren Anfang im angelsächsischen Raum, wo zu Beginn optimistische und zuweilen euphorische Szenarien dominierten (Seifert 2006: 48). Das Internet als dezentrales Interaktionsmittel multipliziere die Möglichkeiten hinsichtlich der individuellen Informationsbeschaffung sowie der politischen Partizipation, biete neue mobilisierende Gelegenheiten auf organisatorischer Ebene und führe letztendlich zu einer Ausdifferenzierung der Öffentlichkeit auf der Makro Ebene, wo aktuelle Themen- und Problemlagen in einer herrschaftsfreien Sphäre diskutiert werden könnten (Mosca 2007: 1). Zudem vereinfache die Revolution im Informations- und Kommunikationstechnologiesektor und die damit einhergehende Senkung der Transaktionskosten den effizienten (auch interkontinentalen) Austausch von Information und (Experten)Wissen sowie die breite strategische Koordinierung von (transnationalen) sozialen Protestgruppierungen. Insbesondere begünstige das Web kleine, ressourcenschwache und wenig institutionalisierte Akteure, die ihre Anliegen mit geringem Aufwand einem grossen Publikum präsentieren und damit schnell und kostengünstig auf politische Prozesse einwirken können (Rucht 2005: 1, Seifert 2006: 50f.).

Im Gegensatz zu dieser euphorischen Sichtweise verweisen skeptische Stimmen auf eine ganze Reihe von Gründen, welche die potenziellen Dysfunktionalitäten des Web in den Vordergrund stellen. Dieter Rucht (2005: 10) bspw. verneint eine generell mobilisierende Wirkung des Internets mit der Bemerkung, dass sich im Internet lediglich jene politisch engagieren würden, welche dies bereits in der Vergangenheit ohne Web getan hätten. Andere unterstreichen die potenziell segmentierende Wirkung des Internets, seine Anonymität und die staatlichen Anstrengungen nach Überwachung sämtlicher Datenströme im Web (Donges 1999: 258ff.). Im Hinblick auf die Debatte um den Einfluss des Internets auf den öffentlichen Diskurs und die politische Partizipation steht der optimistischen also mittlerweile eine skeptische Perspektive gegenüber, welche in der virtuellen Öffentlichkeit primär eine Reproduktion bestehender Machtstrukturen erkennt.

Mit der anschwellenden Bedeutung des Web in allen nur denkbaren Lebensbereichen ist zugleich der Anspruch entstanden, Möglichkeiten und Grenzen neuer Informations- und Kommunikationstechnologien im Hinblick auf die Gestaltung einer deliberativen Öffentlichkeit genauer auszuloten und gegebenenfalls Massnahmen zu treffen, um ein allfälliges Demokratiepotenzial weiter zu forcieren. Im Folgenden sollen nun die Potenziale und Grenzen einer webbasierten Demokratie anhand von normativen Anforderungen an die politische Öffentlichkeit und den öffentlichen Diskurs diskutiert werden. Als Ausgangslage dienen damit folgende Fragestellungen:

  • Welches sind die zentralen normativen Charaktermerkmale des deliberativen Demokratiemodells?

  • Wo liegen die Potenziale und Grenzen des Web bei der Konstituierung einer deliberativen Öffentlichkeit?

Im weiteren Verlauf der Arbeit wird zunächst der Begriff der Demokratie näher umschrieben sowie kurz auf die verschiedenen empirischen und normativen Demokratiemodelle eingegangen. Mit Rückgriff auf das Konzept der deliberativen Demokratietheorie wird in einer zweiten Phase zu eruieren versucht, welchen demokratischen Kriterien der politische Prozess, genauer der öffentliche Diskurs, im Spezifischen genügen muss. Diese Kriterien werden anhand des primär normativ orientierten deliberativen Demokratiemodells ausgearbeitet. Die vorliegende Arbeit richtet den Fokus somit auf die throughput-orientierte Dimension der Demokratietheorie, während der primär von Scharpf (1970 und 1999) propagierte Dualismus von Input- und Output-orientierter Demokratie nur am Rande berücksichtigt wird. Im Anschluss an die Spezifizierung des deliberativen Demokratiemodells werden die Möglichkeiten und Grenzen des Web bei der Bildung einer deliberativen Öffentlichkeit auch mit Rückgriff auf bereits durchgeführte empirische Studien zum Thema kritisch diskutiert. Gegen Ende erfolgt schliesslich eine zusammenfassende Beurteilung des Web im Hinblick auf sein deliberatives Demokratiepotenzial.

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2. Unterschiedliche Konzepte der Demokratie

Es gibt nicht nur eine Demokratie, sondern viele verschiedene Ausprägungen der Demokratie. Analog dazu gibt es nicht nur eine Demokratietheorie, sondern viele verschiedene Demokratietheorien (vgl. Held 1987). Die sogenannten realistischen oder empirischen Demokratietheorien rücken die nüchterne Beschreibung und Erklärung von empirischen Fakten ins Zentrum und bemühen sich um die Aufdeckung von Kausalzusammenhängen. Bei der empirischen Demokratietheorie steht zudem der einzelne Bürger hinsichtlich der Bewertung von Herrschaftssystemen im Vordergrund: Staatliche Strukturen und Prozesse sowie ihre Ergebnisse (politische Entscheide, Massnahmen, Regeln etc.) gelten dann als legitim, wenn sie vom einzelnen Bürger bzw. von der Bevölkerung als solche wahrgenommen werden. Hiervon sind die normativen Demokratietheorien zu unterscheiden, deren Anliegen die Begründung und Auslotung von Soll-Zuständen ist. Sie versuchen mittels normativer Kriterien zu eruieren, was nach Massgabe bestimmter (exogener und endogener) Werte und Normen als wünschenswert angesehen wird. Allen Demokratietheorien ist der Anspruch gemein, die Ausübung von Herrschaftsgewalt als Ausdruck kollektiver Selbstbestimmung zu beschreiben, zu erklären (empirisch) oder zu legitimieren (normativ).

Der Begriff “Demokratie“ ist ein dem Griechischen entstammender Fachausdruck des politischen und wissenschaftlichen Sprachgebrauchs. Er setzt sich zusammen aus dem “demos“ – dem griechischen Wort für Volk, Volksmasse oder Vollbürgerschaft – und “kratein“, was soviel bedeutet wie “herrschen“ oder “Macht ausüben“. Insoweit kann man Demokratie knapp und bündig als mittel- oder unmittelbare Herrschaft oder Machtausübung des Demos, Volksherrschaft oder Herrschaft der Vielen definieren (Schmidt 1995: 11). Normative Demokratietheorien postulieren, dass das Volk letztlich alleinberechtigter Ursprung der Staatsgewalt ist. Innehabung und Ausübung der Staatsgewalt müssen – zumindest in nennenswertem Umfang und für massgebende Herrschaftsfunktionen – konkret vom Volk hergeleitet und ihm gegenüber verantwortlich sein. Das ist die Grundvoraussetzung demokratischer Verfassung und Verfassungswirklichkeit (Böckenförde 1987: 894). Schmidt ergänzt die oben genannte Minimaldefinition von Demokratie und klassifiziert jenes Entscheidungssystem als demokratisch, bei welchem “ein Typus legaler Herrschaft im Sinne von Webers Typen legitimer Herrschaft zugrunde gelegt [wird], der in institutioneller Hinsicht durch allgemeines, freies, gleiches Wahlrecht, Parteienwettbewerb, authentische Informations-, Meinungs-, Oppositions- und Koalitionsfreiheit für alle Staatsbürger, gesicherte Chancen regelmässiger Wahl und Abwahl der Herrschenden durch die Stimmberechtigten und die Einbettung in die Strukturen des Verfassungsstaates charakterisiert ist“ (Schmidt 1995: 17).

Als Ausgangslage für die demokratietheoretische Bewertung von politisch gesetzten Entscheiden dient gemeinhin die bekannte aber simple Gettysburg-Formel der Demokratie, die 1863 vom US-amerikanischen Präsidenten Lincoln entwickelt wurde. Demnach ist Demokratie “government of the people, by the people and for the people”. Demokratie ist folglich eine Regierungsform, die aus dem Volk hervorgeht und durch das Volk und in seinem Interesse ausgeübt wird. Regierungen und deren verbindliche Entscheide gelten als legitim, wenn sich die von den kollektiven Regelungs- und Entscheidungssystemen Betroffenen mit den genannten Strukturen identifizieren können (government of the people). Die Bezeichnung “by the people“ verweist auf die Partizipation der Bürger und die Antizipation und Implementation von generali-sierbaren Interessen und entspricht damit der sogenannten Input-Legitimität politischer Systeme (Scharpf 1999: 7-10). Im Gegensatz dazu bezieht sich der Begriff “for the people“ auf die Output-Legitimität und stellt die sachliche Qualität der Politik sowie die Effektivität der Orientierung am Gemeinwohl in den Vordergrund (Scharpf 1999: 10-13). Ein adäquates Konzept für die demokratietheoretische Bewertung politischer Entscheide sollte überdies die funktionale und institutionelle Differenzierung zwischen Regierenden (Repräsentanten) und Regierten (Bürger) berücksichtigen. Demokratie bezieht sich demzufolge auf die Qualität der Interaktion dieser Akteursgruppen und charakterisiert sich durch Strukturen und Prozesse, in welchen kollektiv verbindliche Entscheide und Regelungen durch verantwortungsbewusste Repräsentanten im Interesse der Bürger zu Stande kommen. Somit erfordert die demokratische Legitimität von politischen Strukturen, Entscheidungsprozessen oder spezieller Politinhalte eine zirkuläre Beziehung zwischen Regierenden und Regierten, wobei gewisse Standards hinsichtlich dieser Prozedur eingehalten werden müssen. Folglich muss der demokratische Willensbildungs- und Entscheidungsprozess bestimmte (normative) Standards erfüllen, damit von einem demokratischen Prozess gesprochen werden kann (Throughput-Legitimität, Zürn 1998: 240f.).  

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3. Das deliberative Demokratiemodell 

Seit einigen Jahren wird das klassisch-dualistische Demokratieverständnis von Input- und Output-orientierter Legitimation durch Deliberationstheoretiker wie Jürgen Habermas oder James Bohman ergänzt, welche prozedurale Qualitätskriterien hinsichtlich des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses betonen. Dabei kann der Entscheidungsprozess nicht auf eine blosse, auf dem Mehrheitsprinzip beruhende Entscheidungsregel reduziert werden. Vielmehr zeigt die moderne Demokratietheorie, dass “dieser Prozess sich selbst reproduzieren und die Bedingungen seiner eigenen Existenz schaffen muss“ (Zürn 1998: 240). Generell fungiert der Prozess der Willensbildung und Entscheidungsfindung im deliberativen Demokratiemodell als Dreh- und Angelpunkt, wobei Habermas’ Diskursprinzip (1992) insofern eine zentrale Stellung zukommt, als dass es rationale Debatten und schliesslich vernünftige Entscheidungen garantieren soll. Hierbei kommt den Regeln einer gemeinsam befolgten Kommunikationspraxis eine entscheidende Rolle zu, da die normativen Diskurskriterien erheblichen Einfluss auf die Qualität der zustande kommenden öffentlichen Meinung und der politischen Entscheide haben:

“Die deliberative Politik gewinnt ihre legitimierende Kraft aus der diskursiven Struktur einer Meinungs- und Willensbildung, die ihre sozialintegrative Funktion nur dank der Erwartungen einer vernünftigen Qualität ihrer Ergebnisse erfüllen kann. Deshalb bildet das diskursive Niveau der öffentlichen Debatte die wichtigste Variable“ (Habermas 1992: 369).

Im Folgenden soll deshalb im Detail geklärt werden, welchen normativen Kriterien dieser (politische) Willensbildungs- und Entscheidungsprozess genügen sollte.

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3.1 Konsens- und Gemeinwohlorientierung 

Demokratische Prozesse setzen voraus, dass die am Entscheidungsprozess beteiligten Akteure insofern eine kollektive Identität aufweisen, als sie neben der Durchsetzung ihrer eigenen Interessen auch an der Förderung des Gemeinwohls interessiert sind (Zürn 1998: 238). Eine so verstandene kollektive Identität muss selbstverständlich nicht ethnisch oder national definiert sein. Die Mitglieder eines Demos müssen sich vielmehr als autonome und gleichberechtigte Personen gegenseitig anerkennen und eine gemeinsame Orientierung aufweisen (Zürn 1998: 238). Eine solche Ge-meinsinn- oder Identitätskomponente ergibt sich erst dann, wenn politische wie gesellschaftliche Akteure in Entscheidungsarenen dazu tendieren, “ihre Positionen einander wechselseitig anzupassen und Kompromisse zu schliessen, wenn nicht sogar in Lernprozessen ihre Interessen neu zu definieren und so einen Konsens zu erreichen“ (Papadopoulos 2004: 216). Zwar sind Meinungs- und Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen. Tendenziell besitzen Interaktionen in deliberativen Diskursen jedoch kooperativen Charakter, denn nur die Existenz von gemeinsamen Interessen ermöglicht in nicht-hierarchischen, sprich horizontalen Entscheidungsstrukturen ohne zentrale Zwangsgewalt die Formulierung und Implementation kollektiver Entscheide. Die Gemeinsinnorientierung samt der gegenseitigen Anerkennung schafft damit die Voraussetzung für die Entfaltung der deliberativen Komponente der Demokratie (Papadopoulos 2004: 216f.).

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3.2 Gleichheit und Inklusivität 

Gemäss der Diskurstheorie (Habermas 1999) kommt es primär auf die Kommunikationsbedingungen und Verfahren an, die der institutionalisierten Meinungs- und Wil-lensbildung ihre legitimierende Kraft verleihen. Dabei haben konsensorientierte, deliberative Diskurse Vorrang vor dem Mehrheitsprinzip als Entscheidungsregel, wobei die freie und gleiche Beteiligung aller zugleich Voraussetzung und Ergebnis einer deliberativen Entscheidungsfindung ist. Das erfordert jedoch die Bereitschaft aller Beteiligten, sich bei der Aushandlung von Kompromissen primär am Allgemeinwohl zu orientieren und nicht individuellen Partikularinteressen zu verfallen. Vielmehr bedarf es deliberativer Prozesse, bei denen alle Beteiligten “der strukturellen Nötigung ausgesetzt sind, für ihre Belange öffentliche Rechtfertigungsgründe zu formulieren“ (Gerstenberg 1997: 18).

Gleichheit in diskursiven Interaktionen beinhaltet die Forderung nach Reziprozität. Insofern erfordert die Debatte im Sinne der deliberativen Demokratietheorie nicht nur die Möglichkeit eines jeden Individuums, am Diskurs passiv teilzunehmen, sondern auch aktiv am Gespräch teilzuhaben sowie seine Ansichten und Anliegen in den Diskurs mit einzubringen. Hierbei ist die einfache Gleichheit im Sinne einer Gleichverteilung von Redezeit typischerweise nur in relativ kleinen Gruppen möglich. Obgleich die freie und gleichberechtigte Inklusion aller Betroffenen [1] gemäss dem deliberativen Modell als zentrales Kriterium der Fairness gilt, so ist sie in modernen (Gross)Demokratien nirgendwo anzutreffen. Welz (2002: 4) betont in diesem Zusammenhang, dass die Beschränkung von Gleichheit und Reziprozität in öffentlichen Debatten zu den “invarianten Grundmerkmalen moderner Gesellschaften“ gehöre, sei doch der Anteil der aktiven Sprecherrolle zwangsläufig klein relativ zur Grösse des Publikums.  

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3.3 Rationalität und Transparenz 

Im demokratischen Prozess darf nicht nur verhandelt (bargaining), es muss auch vom Standpunkt der Unparteilichkeit aus argumentiert (arguing) werden, was die Be-reitschaft einschliesst, den eigenen Standpunkt und die eigenen Interessen im Zuge der Deliberation zur Disposition zu stellen (Zürn 1998: 240f.). Lernprozesse, das Prinzip der Konsenssuche und Rationalität gelten damit als zentrale Merkmale deliberativer Demokratiemodelle. Politische Forderungen der einen Seite bedürfen der argumentativen Begründung, wobei die Gegenseite wiederum sachbezogen und argumentativ kontern soll (Benz 1998: 205). Dabei gelten beispielsweise die blosse Verweigerung von Informationen oder die Drohung mit dem Abbruch der Diskussion als illegitime Machtdemonstrationen in deliberativen Diskursen:

“Voraussetzung effektiver Kooperation ist daher immer ein Mindestmass an Orientierung an gemeinsamen Zielen. Erfolgreiche Verhandlungen verlaufen deshalb immer als Mischungen aus “bargaining“, d.h. strategischem Einsatz von Drohungen und Taktiken mit dem Ziel eines möglichst hohen Gewinns (positionsorientiertes Verhandeln), und “arguing“, d.h. dem Austausch allgemein akzeptierbarer Argumente (verständigungsorientiertes Verhandeln)“ (Benz 1998: 205).

Zentrale Voraussetzung für die demokratische Beteiligung und die allgemeine Akzeptanz von primär diskursiv gefällten Entscheiden ist dabei eine transparente Informationspolitik.

Michael Zürn (1998) als Vertreter eines deliberativen Demokratiemodells propagiert Deliberation als zentrales Mittel schlechthin, um die demokratische Legitimität insbesondere in transnationalen Regierungs- und Regulierungsstrukturen zu garantieren und zu erhöhen. Deliberative Prozesse charakterisieren sich dabei primär als eine Art der nicht-hierarchischen und gemeinwohlorientierten Konsenssuche, wobei die argumentative Überzeugungskraft - der “zwanglose Zwang des besseren Arguments“ (Habermas 1999) - hinsichtlich der Entscheidungsfindung Vorrang geniesst vor strategischem Machtgebrauch. Grundüberlegung ist dabei die Vorstellung, dass ein argumentativ und rational geführter Diskurs in der Bevölkerung besser nachvollziehbar ist und mehr Überzeugungskraft besitzt als einseitig mit Machtmitteln durchgesetzte Entscheide:

“Once actors reach a reasoned consensus, this could greatly enhance the legitimacy of the rule thus ensuring a high degree of voluntary compliance (...) when an actor believes a rule is legitimate, compliance in no longer motivated by the simple fear of retribution, or by a calculation of self-interest, but instead by an internal sense of moral obligation (…) Such an internal sense of moral obligation follows the logic of appropriateness behind a given norm” (Risse 2006: 193).

In diesem Sinne argumentieren Vertreter eines deliberativen Demokratiemodells, dass ein argumentativer Diskurs nicht nur die mangelnde Input-Legitimität, sprich das Partizipationsdefizit in modernen Gesellschaften, angeht, sondern auch die gesellschaftliche Bereitschaft zu regelkonformem Verhalten erhöht (Papadopoulos 2004: 215ff.). Damit leistet das deliberative Demokratiemodell einen entscheidenden Beitrag zur Verringerung des Demokratiedefizits insbesondere auf supranationaler Ebene, indem durch die Forcierung einer deliberativen, fairen und transparenten Vorgehensweise sowohl Input- als auch Output-Legitimität politischer Systeme gestärkt werden.

Institutionell betrachtet geht es nebst diesen normativen Postulaten zudem um die Bereitstellung von sogenannten “Zonen der Deliberation“, sprich Räumen, die öffentliche deliberative Prozesse überhaupt erst ermöglichen und fördern (vgl. Zürn 1998: 240f.). Auf lokaler und nationaler Ebene geschieht dies unter anderem durch öffentliche Diskussionszirkel, Informationsveranstaltungen, Tageszeitungen oder im Fernsehen. Zwar weisen einige Diskussionsrunden bereits transnationalen Charakter auf. Etliche bleiben jedoch Experten vorenthalten und integrieren die Öffentlichkeit, wenn überhaupt, nur als passive “Konsumenten“. Vielfach fehlen öffentliche Diskurse im breiten gesellschaftlichen Rahmen, wo sich sowohl Regierungsvertreter, (Wirt-schafts)Lobbyisten als auch Zivilbürger einen argumentativen Schlagabtausch liefern. Kommt hinzu, dass deliberative Diskurse nach wie vor primär national organisiert bleiben [2] und folglich der Standpunkt der Unparteilichkeit durch das nationale Gemeinwohl definiert bleibt, anstatt das Spektrum der Interessen grenzüberschreitend breit zu halten und partikuläre Einseitigkeit zu vermeiden (Zürn 1998: 241).

In diesem Kontext kommt nun den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien eine entscheidende Rolle zu, ist doch kein anderes Medium wie das Internet aufgrund seiner globalen Reichweite, seiner offenen und interaktiven Struktur in der Lage, die von Zürn geforderten “Zonen der Deliberation“ (Zürn 1998: 240f.) zumindest virtuell zur Verfügung zu stellen.

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4. Kritische Würdigung einer webbasierten Deliberation 

Die prinzipiellen Vorzüge des Internets – Offenheit, Aktualität, globale Reichweite, interaktive und dezentrale Grundstruktur, geringe Zugangskosten, Informationspluralismus – scheinen auf den ersten Blick die Etablierung einer deliberativen Öffentlichkeit zu begünstigen. Mittels verschiedenster Diente wie E-Mail, Weblogs, (moderierte wie unmoderierte) Diskussionsforen und sozialen Netzwerken wird sowohl der effiziente Informationsaustausch wie auch die Reziprozität und Diskursivität in webbasierten Interaktionen zumindest technisch gewährleistet (vgl. Bieber 2006: 60ff.). Die traditionelle Dichotomie von Sender und Empfänger kann aufgebrochen werden, womit prinzipiell jeder kostengünstig seine Interessen und Anliegen einem breiteren Publikum zugänglich machen kann. Nebst der bisher vorherrschenden one-to-one- (Telefon, Funk, direktes Gespräch) und one-to-many-Kommunikation im Rahmen der klassischen Massenmedien (TV, Rundfunk, Printmedien) ermöglicht das Web nun auch diverse Varianten der many-to-one- sowie many-to-many-Kommunikation (Welz 2002: 5).

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4.1 Das Informationspotenzial 

In modernen Demokratien gilt der freie Zugang zu Information nicht nur als Teil des universalen Menschenrechts auf freie Meinungsäusserung (Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, Art. 19). Vielmehr ist der ungehinderte und kostengünstige Zugang zu relevanter Information eine Grundvoraussetzung für die individuelle Meinungsbildung sowie die Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen und somit ein Wesensmerkmal funktionierender Demokratie (Hoecker 2002: 37). Während die Aufgabe der Informations- und Wissensvermittlung über Jahrzehnte primär Aufgabe schulischer und massenmedialer Institutionen war (und zu einem guten Teil immer noch ist), so hat das Internet seit den 1990er Jahren sowohl die Zugangsbarrieren zu Wissen weiter gesenkt und parallel dazu die Informationsvielfalt und deren Aktualität drastisch erhöht. Kommt hinzu, dass das Web aufgrund seiner zahlreichen Verweise (Hyperlinks) und vernetzten Grundstruktur dem Nutzer weitaus mehr Freiheiten in der Wissensaneignung lässt als klassische Schrift-, Ton- und Videodokumente. Überdies bietet das Internet mit seiner kommunikationstechnischen Infrastruktur nie zuvor gekannte Möglichkeiten, schnell, günstig und mit geringem Aufwand an aktuelle Informationen aus nahezu allen Teilen der Welt zu gelangen. Zu guter letzt kann auch die massenhafte Verbreitung von “user generated content“ im Rahmen von Weblogs, Micro-Blogging Diensten wie Twitter oder der Online-Enzyklopädie Wikipedia als Demokratisierung des Wissensmanagement gewertet werden, wenngleich sich in diesem Zusammenhang sofort die Frage nach der Verlässlichkeit und Relevanz von Webinhalten stellt (vgl. Schmidt 2006: 37ff.). Im Vergleich zur herkömmlichen akademischen und massenmedialen Informations- und Wissensproduktion durchlaufen insbesondere die nutzerbasierten Webinhalte keine journalistische oder wissenschaftliche Qualitätskontrolle. Insofern stellen sowohl die Quantität wie auch die Qualität von Online-Angeboten besondere Anforderungen an die Kompetenzen der Anwender (Hoecker 2002: 39). Da potenziell jeder zum Informationsanbieter werden kann und von dieser Möglichkeit auch vielfältig Gebrauch gemacht wird, steigt der Umfang des Angebots im Netz explosionsartig. Den Nutzern stellt sich damit die Aufgabe, die Relevanz und Zuverlässigkeit der aus dem “digitalen Heuhaufen“ (Hoecker 2002: 39) gewonnen Information abzuschätzen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf die Quelle als auch auf die Aussagekraft der Inhalte, über die sich der Nutzer eigenständig ein Urteil bilden muss. Medienkompetenz und Informationsmanagement stellen in der viel proklamierten Wissensgesellschaft somit unabdingbare Nutzungsvoraussetzungen dar, die vielerorts noch ungenügend ausgeprägt sein dürften. Insofern konstituieren die oben dargelegten Kompetenzen für Menschen mit einer unterdurchschnittlichen formalen Bildung zweifellos eine Zugangsbarriere, welche jedoch im Zuge einer frühzeitigen technologischen Sozialisierung nachfolgender Generationen abgebaut werden dürfte.

Nichtsdestotrotz stellt sich die viel grundsätzlichere Frage nach dem politischen Interesse und der deliberativen Partizipationsbereitschaft vieler Bürger. Da das Internet im Sinne einer vielfältigen Unterhaltungsmaschinerie gerade auch die intensive Verfolgung apolitischer Interessen erlaubt, ist sogar mit einer zunehmenden Kluft zwischen einer (relativ kleinen) Gruppe politisch Interessierter und der grossen Mehrheit politisch nur mässig Interessierter zu rechnen: Während in der ersten Gruppe der durchschnittliche Kenntnisstand steigen dürfte, wird er in der zweiten Gruppe fallen. Doch damit nicht genug. Lorenzo Mosca (2007: 2) vermerkt, dass die digitale Spaltung (engl.: digital divide) nicht nur zwischen Gruppierungen mit unterschiedlichem Grad an politischem Interesse zunehmen dürfte. Vielmehr verschärfen sich die digitale und damit auch die politische Kluft sowohl zwischen verschiedenen geographischen Regionen (nicht nur zwischen reichen und armen (territorialen) Makro-Regionen, sondern auch zwischen Nationen mit unterschiedlichem Wohlstandsniveau innerhalb der gleichen Makro-Region) als auch zwischen verschiedenen sozialen Klassen/Schichten innerhalb eines (National)Staates, wobei nach Stand der aktuellen Forschung die individuelle Ressourcenausstattung (Beruf, Einkommensniveau, Bildungsstand) als Prädiktorvariablen in Bezug auf den Grad an politischem Interesse und damit auch der individuellen Partizipationsbereitschaft gelten (Mosca 2007: 2). Hoecker konstatiert in diesem Kontext: “Die reale Gefahr einer Wissenskluft zwischen Gut- und Schlechtinformierten zeichnet sich (…) ab und wird möglicherweise zum zentralen Cleavage, zur ’sozialen Klassenspaltung’ des 21. Jahrhunderts“ (Hoecker 2002: 39).

Obgleich heute ausser Zweifel steht, dass der relative Anteil an politisch aktiven Bürgern stets gering war und seit den 1970er Jahren in fast allen westlichen Demokratien weiter gesunken ist, weist Leggewie zu Recht darauf hin, dass die Anzahl der Bürger, die sich in den politischen Prozess einbringt, wohl auch in einer elektronischen Demokratie begrenzt sein dürfte, was aber in pluralistischen, nach Parteiinteressen organisierten Demokratien weder neu noch illegitim sei (Leggewie 2000: 161). Grundsätzlich bleibt wohl die nüchterne und simple Feststellung, dass webbasierte Informationsdienste politisches Interesse und Partizipation zwar begünstigen können, den Willen dazu bei den Bürgern aber nur bedingt erzeugen. Die in der Vergangenheit zuweilen geäusserte Vermutung, die blosse Existenz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien würde sich in einer grundlegenden Veränderungen im Partizipationsverhalten der Bürger niederschlagen, hat sich als technikdeterministischer Fehlschluss erwiesen. Dabei ist aus der empirischen Partizipationsforschung schon seit längerem bekannt, dass politische Aktivitäten “nicht selbstinduziert im gesellschaftlich-politisch luftleeren Raum stattfinden“ (Kaase 1992: 158), sondern diversen Einflussfaktoren unterliegen. So spielen nebst der individuellen Ressourcenausstattung auch die subjektive Einstellung aus dem Bereich der politischen Kultur sowie situative und motivische Faktoren eine wichtige Rolle (vgl. Verba 1972).

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4.2 Das Agenda-Setting-Potenzial 

Die Einwände gegen das Potenzial eines virtuellen Agenda-Settings entsprechen in Teilen der generellen Problematik einer webbasierten Öffentlichkeit, wie sie bereits oben dargelegt wurden. Es mag zwar sein, dass jeder Bürger mittels neuer Informations- und Kommunikationstechnologien eine Website betreiben und damit bei der Generierung einer (kritischen) Gegenöffentlichkeit teilhaben kann, in der sich bisher unterrepräsentierte Interessen artikulieren lassen. Nur muss sie auch jemand wahrnehmen. Die Integration des einfachen Bürgers in Prozesse der Produktion, Distribution und Organisation von Webinhalten (“user-generated content“) stellt zwar einen zentralen Moment in Zeiten einer neuen Generation von Mediennutzung dar. Allerdings bleibt auch zu bedenken, dass eine webbasierte Öffentlichkeit nur in unmittelbarer Abhängigkeit der jeweiligen Nutzer entsteht (Zimmermann 2006: 30). Herkömmliche massenmediale Öffentlichkeit, wie sie bspw. durch Printmedien erzeugt wird, existiert hingegen unabhängig davon, ob einzelne Nutzer die Zeitung lesen oder nicht. Ann Zimmermann bemerkt in diesem Zusammenhang:

“Öffentlichkeit durch Suchmaschinen generiert sich (…) erst durch das Interesse des Nutzers. Der Nutzer muss mehr über ein Thema erfahren wollen, damit er dazu online nach Informationen sucht. Stattdessen bieten Zeitungen dem Leser Informationen zu verschiedenen Themen an (…) Damit ist herkömmliche mediale Öffentlichkeit in der Lage, neue Themen in den politischen Diskurs einzufügen. Online-Öffentlichkeit jedoch kann eine solche so genannte Agenda-Setting-Funktion nicht aus sich heraus leisten, sondern kann nur Informationen zu einem Thema oder Themenaspekt bieten, der dem Nutzer bereits bekannt ist“ (Zimmermann 2006: 30).

Obgleich Zimmermanns Aussage in Grunde zuzustimmen ist, so bedarf sie doch einer Ergänzung. Die unüberblickbare Informationsvielfalt im Web mag zwar die Sichtbarkeit bestimmter zivilgesellschaftlicher Anliegen unterminieren. Allerdings unterscheidet sich das Internet hierbei allenfalls in der Dimension, nicht aber in der Kategorie von Massenmedien. So bleibt bspw. ein Artikel in einem kleinen Lokalblatt für die massenmediale Öffentlichkeit ebenso verborgen wie eine Website, die niemand beachtet – es sei denn, ein weit rezipiertes Massenmedium (sei es nun Rundfunk, TV, Print- oder Onlinemedium) nimmt sich des Themas an und erzeugt somit die notwendige Öffentlichkeit. Letztlich hängt die Konstituierung einer Themenöffentlichkeit immer von der Anzahl jener ab, welche einem Thema Beachtung schenken, un-abhängig davon, ob die Informationsaneignung online oder offline geschieht. Den Einschätzungen von Donges (1999: 103), wonach das Internet in der Problemartikulation nur eine untergeordnete Rolle spielen könne, ist also nur unter der zusätzlichen Annahme zuzustimmen, dass den traditionellen Massenmedien seitens der Bürger mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht wird als Webinhalten. [3] Neuere Studien verweisen in diesem Zusammenhang jedoch auf ein komplexes, bidirektionales Wechselverhältnis von klassischen Massenmedien und politischen Blogs. Kevin Wallsten (2007: 567ff.) bspw. stellt aufgrund einer quantitativen Inhaltsanalyse der medialen und online basierten Berichterstattung im Rahmen des amerikanischen Präsidentschaftswahlkampfs aus dem Jahre 2004 fest:

“On the vast majority of issues there was a complex, bidirectional relationship between media coverage and blog discussion rather than a unidirectional media or blog agenda-setting effect (…) the relationship between mainstream media and political blogs is a high-speed, two-way street rather than a slow moving, one-way road leading from media coverage to blogs discus-sion or vice versa” (Wallsten 2007: 567).

Insofern lenken Massenmedien die Aufmerksamkeit auf bestimmte Themen, welche in den Weblogs aufgegriffen und in Teilöffentlichkeiten diskutiert werden. In einzelnen Fällen können Weblogs wiederum Themen setzen, die sich aufgrund der netz-werkartigen Struktur der Blogosphäre quasi epidemisch verbreiten und über aufmerksamkeitsstarke A-List-Blogs den Weg in die klassischen Medien finden. Jan Schmidt (2006: 41) verweist in diesem Kontext auf die Fokussierungsleistung von Weblogs, weil sie aufgrund ihrer häufigen Aktualisierung und reziproken Verlinkunkung eine hohe Relevanz für die Algorithmen der Suchmaschinen besitzen. Überdies existieren mittlerweile Suchmaschinen, die sich auf Weblogs spezialisiert haben. Zu guter letzt ist auch festzuhalten, dass in den vergangenen Jahren die ersten und oftmals authentischsten Berichte über Naturkatastrophen, Terroranschläge und andere politische Grossereignisse von Weblogs oder Micro-Blogging Diensten wie Twitter stammten, wobei politische Aktivisten oder direkt Betroffene ihre Beobachtungen und Analysen zeitnah, weltweit und unverzüglich über das Internet verbreiteten. [4]

Während die hier genannten Beispiele für den täglichen Politprozess eher von untergeordneter Rolle sind, so dürfte in Zukunft – spätestens mit der Einführung einer digitalen Signatur – einem anderen Dienst eine zentralere Rolle zukommen, nämlich der Online-Petition. So verzeichnet bspw. das amerikanischen Portal für elektronische Petitionen [5] bereits über 78 Millionen Signaturen mit Bezug zu mehren Tausenden Bittschriften. Auch das deutsche Pendant wird in den letzten Jahren vermehrt genutzt, gilt doch seit dem 1. September 2005 ein “elektronischer Ersatz der Unterschrift“, sofern “der Urheber und dessen Postanschrift ersichtlich sind und das im Internet für elektronische Petitionen zur Verfügung gestellte Formular verwendet wird“ (Grundsätze des Petitionsausschusses über die Behandlung von Bitten und Beschwerden, Abs. 4). [6] Online-Petitionen bieten zukünftig ein beachtliches Potenzial in Hinblick auf das virtuelle Agenda-Setting, wenngleich für einen spürbaren Einfluss von Weblogs oder Online-Petitionen auf die öffentliche Agenda bisher nach wie vor die Massenmedien entscheidend sind. Die Generierung von Handlungsdruck für das politische System scheint – zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt – ohne die klassischen Medien kaum möglich. 

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4.3 Das Deliberationspotenzial 

Mehr Möglichkeiten als beim Agenda-Setting verspricht das Internet wohl beim nächsten Schritt im politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess: dem deliberative Diskurs, sprich der offenen, gleichberechtigten und abwägenden politischen Debatte. Aufgrund seiner Informationsfülle und Interaktivität bietet das Internet nicht nur die Gelegenheit, sich über aktuelle Problemlagen umfassend, schnell und kostengünstig zu informieren. Vielmehr dient das Internet auch als Diskussionsplattform und bietet als quasi herrschaftsfreier Raum die Möglichkeit, sich ungezwungen über aktuelle Themen auszutauschen (vgl. Salter 2003: 117ff.). Indem sich politisch aktive Bürger mit ihren Anliegen direkt an die Repräsentativorgane moderner Demokratien wenden und in Internetforen offen, transparent und für jeden nachvollziehbar über politische Themen debattieren, könnte der politische Prozess aufgrund des dis-kursiven Charakters virtueller Deliberation ganz generell an Legitimität gewinnen. Das auf Jürgen Habermas zurückgehende Modell einer deliberativen Demokratie, resümiert Hoecker (2002: 40), scheint damit zum Greifen nah.

Überprüft man diese teils euphorischen Erwartungen an der Realität, dann finden sich dafür allerdings kaum empirische Belege. Einerseits könnte man zwar erwarten, dass aufgrund schriftlich geführter Onlinediskussionen Zeit zur (Selbst)Reflexion besteht. Allerdings führt ein kurzer Blick in diverse Politikforen schnell zu einer skeptischeren Einschätzung. Ähnlich wie in der realen Welt gehören auch in webbasierten Diskussionen persönliche Angriffe, polemische Bemerkungen und teils aggressive Umgangsformen zur Tagesordnung. Dies hat mittlerweile dazu geführt, dass etliche vormals offene und unmoderierte Diskussionsplattformen Zugangsbeschränkungen erlassen und Administratoren eingesetzt haben, die zumindest ein gewisses Diskussionsniveau zu garantieren versuchen (Hoecker 2002: 40f.). Mit der Rationalität und Sachlichkeit in virtuellen Diskursen ist es also ähnlich weit her wie mit gewissen Diskussionsarenen im Fernsehen oder der (realen) Öffentlichkeit. Die Anonymität erscheint somit auch im Internet als zweischneidiges Schwert.

Einerseits scheint die Anonymität im Netz die Diskursbereitschaft von eher schüchternen und gehemmten Personen zu begünstigen, insbesondere wenn es um Stimmen geht, welche herrschende Interpretationsmuster in Frage stellen oder in autoritären Staaten mit politischen Repressionsmassnahmen zu rechnen haben (Salter 2003: 137). Zudem mindert die Anonymität des Web zumindest die Relevanz diskursiver Machtmittel wie Status- und Prestigemerkmale oder rhetorische Fähigkeiten. Insofern könnte man meinen, dass die Unsichtbarkeit des Sprechers Persönlichkeitsmerkmale, die in der face-to-face Kommunikation gelegentlich zu Vorurteilen und Machtasymmetrien führen, irrelevant macht [7] und somit die argumentative Überzeugung, der “zwanglose Zwang des besseren Arguments“, in virtuellen Diskursen überwiegt. Andererseits – und das ist die Kehrseite der Medaille – schwindet mit der Anonymität auch eine fundamentale Voraussetzung zwischenmenschlicher Kommunikation: die Verantwortlichkeit. Sie ist nach Meinung von Lee Salter (2003: 137f.) einer der wichtigsten und gleichzeitig am meisten unterschätzten Aspekte in Habermas’ Diskursethik. Sofern also Verantwortungslosigkeit mit der netztypischen Anonymität einhergeht, schwindet damit eine Grundbedingung kommunikativen Han-delns: Polemischen Äusserungen und persönlichen Angriffen wird Tür und Tor geöffnet. Bereits Hubertus Buchstein (1996: 601) hat Mitte der 1990er Jahre darauf hingewiesen, dass die netztypische Anonymität als “Schutzschild für verbale Grausamkeiten“ fungiere und im Netz nicht selten ein Wettstreit stattfinde, in dem der “haar-sträubendste, provokanteste und verrückteste Standpunkt“ gewinne. Allerdings ist auch darauf hinzuweisen, dass das komplexe Verhältnis von Anonymität und Verantwortung zu einem guten Teil davon abhängt, in welcher politischen Kultur eine Debatte stattfindet. Während in autoritär strukturierten Gesellschaften die Anonymität des Web als Schutz vor staatlichen Repressalien fungiert, erweist sich ihre Schutzfunktion in liberalen Gesellschaften als obsolet und verleitet mitunter zu unbedachtem und destruktivem Handeln (vgl. Salter 2003: 135ff.).

Ein weiterer Aspekt, der gern gegen das Internet im Generellen und virtuelle Diskurse im Speziellen vorgebracht wird, ist die Gefahr einer Segmentierung der Öffentlichkeit in verschiedene Teilöffentlichkeiten, die untereinander nicht mehr kommunikationsfähig sind. Gemäss Welz (2002: 10) entstehen Teilöffentlichkeiten, “wenn sich in bestimmten Bereichen ausschliesslich Mitglieder einer bestimmten Gruppe aufhalten und in einem nur ihnen verständlichen Code kommunizieren.“ Sofern Mitglieder sich nur noch in Teilöffentlichkeiten bewegen und dabei kaum mehr Kontakt zu anderen Bereichen pflegen, bestehe die Gefahr, dass die diversen Partikularöffentlichkeiten untereinander kaum noch kommunikationsfähig seien:

“Je mehr aber das, was ein Sprecher mit seiner Äusserung meint, von einem implizit bleibenden Hintergrundwissen abhängig gemacht wird, umso weiter kann sich die kontextspezifische Bedeutung der Äusserung von der wörtlichen Bedeutung des Gesagten unterscheiden“ (Habermas 1982: 443, zit. Welz 2002: 10).

Der Begriff der Teilöffentlichkeit kann dabei sowohl auf eine allfällige geographische oder geschlechtliche wie auch auf eine soziale oder kulturelle Separierung hindeuten. Allerdings ist die Bildung von Partikularöffentlichkeiten kein neues und insbesondere kein virtuelles Phänomen. So haben sich mit der Diversifizierung des (medialen) Informations- und Unterhaltungsangebots in den letzten Jahrzehnten fortlaufend Teilöffentlichkeiten entwickelt, ohne dass dadurch Debatten von (mehr oder minder) allgemeinem Interesse verstummt wären. Hierbei stellt sich auch die Frage, was denn unter Teilöffentlichkeit genau zu verstehen sei und ob sie zu einem gewissen Grad nicht bereits immer schon existierten. [8]

Kurzum: Die mediale Vielfalt an Informations- und Unterhaltungsnageboten mag das Publikum in immer kleinere Zielgruppen segmentieren. Den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien aber zu unterstellen, sie würden das Fundament unserer Gesellschaft, unsere gemeinsam geteilten Werte und Normen, untergraben und damit ihren Teil zur heutigen (individuellen wie gesellschaftlichen) Orientierungslosigkeit beitragen, wie bspw. Uwe Hasebrink (1998: 359f.) oder Stefan Marschall (1999: 114) das tun, erscheint ein wenig weit hergeholt. Vielmehr dürfte die weltweite Migration und die scheinbar grenzenlose Mobilität das Ihre hierzu beitragen. Über-dies ist nicht das Internet primäre Ursache für die Entstehung von Partikularöffentlichkeiten, sondern die unterschiedlichen Präferenzen der Bürger, wenngleich im Sinne des Sozialkonstruktivismus zumindest postuliert werden darf, dass auch das jeweils vorhandene Medienangebot die individuellen Präferenzstrukturen zu einem gewissen Grad mit zu prägen vermag. Zu guter letzt ist darauf hinzuweisen, dass das Internet aufgrund seiner Reichweite auch zur Entstehung neuer Öffentlichkeiten auf supranationaler Ebene beiträgt und damit einen neuen weltumspannenden Öffentlichkeitsraum konstituiert, deren Mitglieder sich mehr über die Identifizierung mit universellen Werten denn durch die Vertretung nationalstaatlicher Partikularinteressen definieren.

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5. Fazit 

Während in den Anfangsjahren der Debatte um das demokratisierende Potenzial des Internets optimistische Szenarien vorherrschten, so hat sich mittlerweile Ernüchterung eingestellt. An die Stelle der zuweilen euphorischen Begeisterung ist eine differenzierte Sichtweise getreten, welche sowohl auf die Möglichkeiten wie auch auf die Grenzen einer virtuell konstituierten Öffentlichkeit verweist. Insofern lässt sich der Diskurs um eine virtuelle Demokratie auch als dialektischer Dreischritt deuten: Anfänglichen euphorischen Erwartungen hinsichtlich einer virtuellen Ermächtigung der Zivilgesellschaft (These) wurden Bedenken gegenübergestellt, wonach im Web primär bestehende Machtstrukturen reproduziert oder gar verschärft würden. Im Sinne einer Synthese beider (Extrem)Positionen scheinen in der heutigen Debatte jene Stimmen in der Mehrheit zu sein, welche sowohl Möglichkeiten als auch Risiken hinsichtlich einer virtuell konstituierten deliberativen Demokratie gegeneinander abwägen.

Einerseits bildet das Internet aufgrund seiner offenen und kommunikativen Grundstruktur erhebliche Potenziale was die alternative Informationsaneignung und den herrschaftsfreien Diskurs angeht. Gleichzeitig resultieren aus den unbestrittenen Vorzügen des Internets auch gewisse Risiken. Nebst der Herausforderung für jeden Bürger, Relevanz und Verlässlichkeit von webbasiertem Informationsmaterial zu eruieren, stellt sich in virtuellen Diskursen auch die Problematik der Anonymität. Sie dient im Web wie auch im realen Leben oftmals als Schutzschild für unüberlegtes und destruktives Handeln. Insofern können sich die viel propagierten Vorteile des Internet schnell in ihr Gegenteil verkehren. Das Internet als im Vergleich zum direkten Gespräch unpersönlicher Kommunikationskanal bietet auf den ersten Blick zwar die Möglichkeit, bestehende Ungleichgewichte zu nivellieren und Habermas’ These von der Autorität des besseren Arguments zu stützen. Überprüft man die theoretischen Erwartungen jedoch an der empirischen Realität, so lassen sich für diese These schwerlich Belege finden. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass Habermas’ mit seiner Diskursethik beträchtliche Forderungen an die Öffentlichkeit stellt. Seine normativen Postulate sind denn wohl auch primär als Richtungsweiser und zu erstrebende Idealzustände zu interpretieren, die bisher sowohl im realen wie auch virtuellen Diskurs selten ihre Entsprechung finden.

Die in der Vergangenheit zuweilen geäusserte Vermutung, die blosse Existenz neuer Informations- und Kommunikationstechnologien würde sich in einer grundlegenden Veränderungen im Partizipationsverhalten der Bürger niederschlagen, hat sich als technikdeterministischer Fehlschluss erwiesen. Potenziale aktivieren sich nicht von alleine. Wie sämtliche beabsichtigte Handlungen erfordern sie die individuelle Bereitschaft zur Tat. Welche Möglichkeiten das Internet zukünftig auch bieten mag: Ihre Verwirklichung hängt nebst der weiteren technologischen Entwicklung primär vom individuellen und kollektiven Willen ab, allfällige Potenziale auch aktiv in die Realität umzusetzen.

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6. Literaturverzeichnis  

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Fussnoten

[1] Der Begriff der Inklusivität beschränkt sich hierbei nicht nur auf die von deliberativen Entscheidungen Betroffenen, sondern auch auf die Themenwahl. So soll die Relevanz von zu behandelnden Themen und Beiträgen durch die Diskursteilnehmer selbst bestimmt werden dürfen (vgl. Welz 2002: 4).

[2] Wohl nicht zuletzt aufgrund von sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten.

[3] Mit Webinhalten sind hier v.a. nutzergenerierte Inhalte in Form von Blogs und “alternativen Medien“ gemeint, nicht jedoch die Onlineableger klassischer Massenmedien wie bspw. CNN oder Spiegel Online.

[4] Oft genannte Beispiele in diesem Zusammenhang sind u.a. Berichte von Bloggern während der Bombardierung Bagdads im Irak-Krieg 2003, die Tsunami-Katastrophe in Südostasien im Jahre 2004 oder auch die jüngsten Terrorattacken in Mumbai Ende November 2008 sowie die Notwasserung einer US Airways Maschine im Hudson River bei New York (Januar 2009). Berichte über die Anschläge in Mumbai wie auch über die Notlandung im Hudson River wurden zuerst mittels Twitter verbreitet (vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Twitter [24.02.2009]).

[5] http://www.petitiononline.com [24.02.2009].

[6] Vgl. https://epetitionen.bundestag.de und http://www.bundestag.de/ausschuesse/a02/grundsaetze/verfahrensgrundsaetze.html [24.02.2009].

[7] Ich denke hier bspw. an die Klassen-/Schichtzugehörigkeit, das Einkommen, das äussere Auftreten (Statur, Kleidung, Gestik, Mimik etc.), Ethnizität, Nationalität, Religiösität, oder die verbale Sprachfertigkeit.

[8] Man denke hier etwa an altersbedingte “Teilöffentlichkeiten“ (Kinder, Erwerbstätige, Rentner etc.) oder an die parallele, geographisch fast vollständig separierte Entwicklung ganzer Völker während Tausender von Jahren. Im Gegensatz dazu scheinen sich heutzutage gerade aufgrund weltumspannender Informations- und Kommunikationsmittel auch grenzüberschreitende wenn nicht gar kontinent-übergreifende Teilöffentlichkeiten im Rahmen bspw. von (neuen) sozialen Bewegungen (Friedensbewegung, Umweltbewegung, Menschenrechtsbewegung etc.) herauszubilden.

Last update: 03 Feb 15

 

Contact:

 

Prof. Hans Geser
Soziologisches Institut
der Universität Zürich
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