Soziologisches Institut der Universität Zürich

Lehrstuhl Prof. Dr. Geser

Home: Projekt "Wandel der Arbeitswelt"

Wandel der Arbeitswelt
Ergebnisse eines neuen schweizerischen Forschungsprojekts

Tatort Sekretariat –
 
viel alter Wein in neuen Schläuchen...?

Eine Studie zum Wandel der Aufgaben
und Qualifikationsanforderungen im Sekretariat

© Margret Bürgisser,

Dezember 1999

Anmerkung:

Dieser Text stellt eine Kurzversion des von mir verfassten rund 130-seitigen Schlussberichtes an den Schweizerischen Nationalfonds (SPP Zukunft Schweiz) dar. Der integrale Text kann über das Institutssekretariat (Tel. 07 / 634 21) bezogen oder in der Bibliothek (Tel. 01 /634 21 55) eingesehen werden.


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Projektanlage und Durchführung

3. Expert(inn)enbefragung

3.1. Einleitung
3.2.Allgemeine Wahrnehmung des wirtschaftlichen Wandels
3.3.Zusammenfassung

4. Fallstudie Medienkonzern

4.1. Einleitung
4.2. Projektanlage und Durchführung

4.3.Vergleich der in der Feldstudie gewonnenen Erkenntnisse mit den vorgängig gemachten Expert(inn)enaussagen
4.4. Zusammenfassung

5. Zusammenfassung der Ergebnisse

 


1. Einleitung

Die Schweizer Wirtschaft ist im Umbruch. Globalisierung, Restrukturierung, Lean Management, Verflachung der Hierarchien: so und anders lauten die Schlagworte, die die Richtung der wirtschaftlichen Wandels anzeigen. Was aber bedeutet das für den einzelnen Arbeitsplatz, die einzelne Arbeitskraft? Inwiefern zeitigen unternehmerische Strategien Auswirkungen auf die konkrete Arbeitsgestaltung? Inwiefern wandeln sich durch ein geändertes Umfeld die Arbeitsanforderungen an die Mitarbeitenden im Unternehmen? Steigen sie? Werden sie komplexer und vielfältiger? Bestehen Bildungsdefizite, und mit welchen Massnahmen werden sie abgebaut? Steigt die Bedeutung von Aus- und Weiterbildungsmassnahmen? Finden auch Prozesse der Dequalifizierung statt, so dass vorhandene Qualifikationen brachliegen? Was sind die Konsequenzen für die betroffenen Angestellten? Solche und ähnliche Fragen liegen dem vorliegenden Projekt zugrunde.

Im Rahmen des Nationalen Schwerpunktprogrammes "Zukunft Schweiz" wurde am Sozio­logischen Institut der Universität Zürich, in Zusammenarbeit  mit der Kon­junkturforschungsstelle der ETH, von 1997 bis 1999 die Panel-Studie "Struktur und Entwicklung der Nachfrage nach Arbeitsqualifikationen" durchgeführt. In ei­ner breit angelegten Erhebung wurden rund 7000 Schweizer Unternehmen in den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung über betriebliche und personelle Entwicklungen sowie über die Nachfrage nach Arbeitsqualifikationen be­fragt. Ergänzend zu dieser quantitativen Erhebung wurde eine qualitative Fall­studie durchgeführt, welche die Frage der veränderten Anforderungen bei Ar­beitskräften eines spezifischen Segmentes untersuchte (sog. „Fallstudie“). Im Brennpunkt der hier präsentierten Studie steht der Bürobereich, der aktuell einem tiefgreifenden Wandel unterworfen ist. Noch konkreter richtete sich das Interesse auf die Frage, inwiefern sich das Berufsbild der Sekretärin verändert (hat), welche Anforderungen heute an eine Sekretärin gestellt werden, und wie sich die Sekretariatsangestellten für ihre Aufgabe qualifizieren. Damit verbunden war auch die Frage, welche beruflichen Optionen und Weiterentwicklungsmöglichkeiten einer Sekretärin (künftig) offenstehen, und ob die klassiche Definition der Sekretariatsarbeit als typische „Frauenarbeit“ noch immer Gültigkeit hat. Weiter interessierte die Frage, inwiefern die neuen Technologien zu veränderten Arbeitsabläufen und Aufgabenprofilen im Sekretariat beitragen, und ob herkömmliche Definitionen wie „Sekretärin“ und “Sekretariat“ als Unterscheidungen überhaupt noch tauglich sind. Schliesslich zirkulieren in der Berufsbildungsforschung Hypothesen, welche eine wachsende Bedeutung von Schlüsselqualifikationen postulieren. Deshalb ging es auch darum, welchen Stellenwert unterschiedliche Qualifikationen im Anforderungsprofil von Sekretariatsangestellten einnehmen. Last but not least wollte diese Studie aber auch einer zahlenmässig bedeutenden, jedoch wenig beachteten Berufsgruppe Aufmerksamkeit verschaffen und untersuchen, welche Auswirkungen der betriebliche Wandel auf ihre Tätigkeitsinhalte und Entwicklungschancen hat.

Für Unterstützung bei der Durchführung dieser Arbeit danke ich dem Projektleiter Prof. Hans Geser und den an verschiedenen Projekten mitarbeitenden Kolleg(inn)en Silvia Bendel, Hanja Hansen, Jürg Meierhans, Urs Meuli und Alex Salvisberg. Sie haben das Entstehen dieser Studie durch die Zuverfügungstellung von Daten und durch persönliche Anregungen bereichert. Auch Frau Ursula Waibel, die mich bei Transkriptions- und Gestaltungsaufgaben unterstützt hat, sei herzlich gedankt. Ein weiteres Dankeschön geht an die Expert(inn)en und Angestellten, welche sich für Befragungen im Rahmen dieser Studie zur Verfügung gestellt haben. Den Mitarbeitenden des Medienunternehmens wurde Anonymität zugesichert, weshalb sie hier nicht namentlich erwähnt werden können.

Zürich im Dezember 1999                                                                Margret Bürgisser

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2. Projektanlage und Durchführung

Wesentliche Impulse zur Durchführung dieser Studie vermittelten die Publikationen von Baethge/Oberbeck (1986) über neue Technologien und berufliche Perspektiven in Büro und Verwaltung, von Goetze (1983) und Katz et. al. (1987) über den Wandel des Bürobereichs, von Mertens (1974) und Gonon (1996) über die Bedeutung der (Schlüssel) Qualifikationen und von Mussmann (1992), Mussman/Steffen (1994) und dem Schweizerischen Kaufmännischen Verband über Berufsbild und Tätigkeit der Sekretärin. Auch die Arbeiten von Klein (1996) und Handschuh-Heiss (1996) sowie ein Bericht der Eidg. Kommission für Frauenfragen über Auswirkungen neuer Techniken auf Frauenarbeitsplätze (1988) trugen zur Erhellung der Thematik bei. Als Arbeitsgrundlage fruchtbar waren ferner die Grundlagenpapiere zum Projekt „Nachfrage nach Arbeitsqualifikationen“ von Geser et. al. 1997 sowie von anderen Projektpartnern aus dem SPP-Verbundprojekt. Einige der erwähnten Publikationen sind in den 70er und 80er Jahren entstanden und haben die durch die aktuelle Rezession und den wirtschaftlichen Strukturwandel ausgelösten Veränderungen nicht voll antizipiert. Sie eigneten sich deshalb nur bedingt als Grundlage für die geplante Feldstudie. Um bestehende Informationsdefizite auszugleichen, wurde diese Studie in zwei Teilen konzipiert und der eigentlichen Befragung von Sekretariatsangestellten noch eine ExptertInennbefragung vorgelagert. Zwölf Fachkräfte aus den Bereichen Berufsbildungsforschung, Qualifikationsforschung, Betriebswirtschaftsforschung, Personalwesen, Unternehmensberatung sowie Arbeitsnehmerorganisationen stellten sich zur Verfügung, um aus Ihrer Sicht Beobachtungen und Hypothesen zum Wandel im Bürobereich und speziell im Sekretariat weiterzugeben. Die durch diese Interviews gewonnenen Erkenntnisse bildeten die Grundlage, um die "nachgeschaltete" Feldstudie zu konzipieren und die Gespräche mit den Sekretariatsangestellten vorzubereiten.

Der zweite Projektteil wurde im Winter 1998/1999 in Angriff genommen. Nachdem Verhandlungen mit einem grossen Detailhandelsunternehmen erfolglos blieben, konnte ein Schweizer Medienkonzern für eine Zusammenarbeit gewonnen werden. Durch die Vermittlung einer Bereichspersonalleiterin erklärten sich 17 im Sekretariat tätige Mitarbeitende bereit, in persönlichen Interviews über ihre Arbeitssituation Auskunft zu geben. Die Gespräche wurde im ersten Vierteljahr 1999 durchgeführt. Sie orientierten sich an einem grob strukturierenden Gesprächsleitfaden mit den Schwerpunkten Arbeitsinhalte, Arbeitsabläufe, Verhältnis zum Chef bzw. zu den Mitarbeitenden, berufliche Ausbildung, vorhandene und erforderte Qualifikationen, Weiterbildungsmotivation und -möglichkeiten, perzipierter betrieblicher Wandel, Veränderung der Berufsrolle und des Arbeitsbereiches, Stellenwert technologischer Neuerungen, geschlechtsspzifische Besonderheiten (detaillierter Gesprächsleitfaden siehe Anhang). Die Interviews wurden transikribiert und einer Inhaltsanalyse unterzogen. Zu diesem Zweck wurden vier Protokolle einer detaillierten Analyse unterzogen und die relevanten Antwortdimensionen identifiziert. Diese wurden zur Grundlage eines Kategorien-Rasters. Alle Interviews wurden in der Folge mit Hilfe dieses Instrumentariums im Detail analysiert. Der hier vorliegende Bericht präsentiert die Ergebnisse der Expert(inn)enbefragung und der Befragung von Sekretariatsangestellten und kontrastiert diese miteinander. Bereits an dieser Stelle sei vorweggenommen, dass die Ergebnisse in erstaunlich vielen Punkten kongruent sind und manche in anderen Schweizer Befragungen gewonnenen Befunde bestätigen (vgl. dazu Kapitel 16 und Zusammenfassung S. 91 f.).

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3. Expert(inn)enbefragung

3.1.   Einleitung

Wie im einleitenden Kapitel bereits beschrieben, wurde als erster Teil dieser Studie eine explorative Expert(inn)enbefragung durchgeführt. In relativ offenen Fragen wurden ausgewählte Fachleute über ihre Einschätzung des wirtschaftlichen Wandels befragt. Das Interesse zielte vor allem darauf, welche Qualifikationen sie im kaufmännischenBereich als zentral erachten und in welche Richtung sich diese in den Bereichen Sekretariat und Sachbearbeitung verändern. Die Antworten streuen, je nach Branche oder Institution, der die Befragten angehören, sehr stark. Die detaillierten Protokolle und Ergebnisse sind im Zwischenbericht von Juli 1998 dokumentiert.[1] Die Ergebnisse werden auch hier wiedergegeben.

3.2 Allgemeine Wahrnehmung des wirtschaftlichen Wandels

Die befragten Expert(inn)en situieren den wirtschaftlichen Wandel auf der interorganisationell-gesamtwirtschaftlichen Ebene, auf der intraorganisationell-betriebswirtschaftlichen Ebene sowie auf der Ebene der Arbeitsteams und der einzelnen Individuen. Die interorganisationelle Ebene sehen sie gekennzeichnet durch umwälzende Umstrukturierungs- und Deregulierungsprozesse, durch folgenreiche Betriebsfusionen sowie durch die zunehmende Technologisierung und das damit verbundene Rationalisierungspotential. Als zentral wird die generelle Beschleunigung des wirtschaftlichen Wandels beschrieben.

Die intraorganisationelle Ebene wird nach Ansicht der Expert(inn)en beherrscht von Phänomenen der Redimensionierung, Divisionalisierung und Dezentralisierung der Unternehmungen. Der Trend geht hin zur Verflachung der Hierarchien, zu mehr Teamarbeit und zur Flexibilisierung der Arbeitszeit. Als wohl einschneidenste Neuerung auf der betrieblichen Ebene wird der Einsatz neuer Technologien betrachtet. Es ist im Urteil der Befragten unbestritten, dass die neuen Technologien eine enorme Umwälzung und Veränderung im Bürobereich bewirken. Die Zusammenarbeit der Mitarbeiter(inn)en und die Verknüpfung der Tätigkeiten wird durch den EDV-Einsatz verstärkt.

Entsprechend dem generell bescheunigten wirtschaftlichen Wandel werden auch auf der betrieblichen Ebene die Arbeitsabläufe kürzer und schneller. Der beschriebene Wandel betrifft nicht alle Arbeitsbereiche gleichermassen. Gewisse Aufgabenbereiche (z.B. Text- und Datenverarbeitung) wandeln sich als Folge dieser Neuerungen stark, andere Bereiche – z.B.  Beraten und Verkaufen sowie andere personenbezogene Tätigkeiten – bleiben relativ stabil.

Mehrheitlich vertreten die Befragten die Ansicht, die Anforderungen an die Arbeitnehmer seien insgesamt gestiegen. Als Folge von Rationalisierungsmassnahmen wurden und werden Stellen abgebaut. Gleichzeitig wird von den verbleibenden Mitarbeiter aber auch mehr Leistung erwartet. Dies erzeugt  einen  Umorientierungs- und Weiterbildungsbedarf und löst gleichzeitig Verunsicherung aus. Im Wandel der Arbeitskultur manifestieren sich grundlegende Konflikte zwischen alten und neuen Werten.

Interessanterweise scheint auch der Tätigkeitsbereich des befragten Interviewpartners (bzw. der -partnerin) die Wahrnehmung des wirtschaftlichen Wandels und der Arbeitsanforderungen zu prägen. Personen aus der Berufsbildungsforschung sehen die Entwicklung kritisch, hinterfragen "trendige" Fragestellungen und bringen auch die Wahrnehmung und das Interesse der Arbeitnehmenden ins Spiel. Ihre Analyse bezieht sich auf längerfristige Prozesse, wobei sie versuchen, echte, möglicherweise irreversible Veränderungen zu unterscheiden von Wandlungserscheinungen, die vor allem auf der ideellen Ebene stattfinden und schwer nachzuweisen sind. Insbesondere die Annahme der grundlegend veränderten Anforderungen wird von diesen Personen hinterfragt. Es gibt ihres Erachtens ungeachtet des unübersehbaren wirtschaftlichen Wandels auch Konstanten in der Arbeitswelt.

Personen, die in der wirtschaftlichen Praxis arbeiten, in der Personalverwaltung oder -vermittlung, haben einen andern Fokus. Sie verfolgen in der täglichen Arbeit – und das über Jahre hinweg – wie sich das Tätigkeitsgebiet der Angestellten verändert, wie sich durch Technologisierung, Um- und Restrukturierung auch die Anforderungen wandeln, und wie sich diese Veränderungen auf die "Arbeitstauglichkeit" der Mitarbeitenden auswirken. Ihre Aussagen bestätigen im wesentlichen die Annahme der gestiegenen Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt.

Die Verbandsvertreter schliesslich verweisen auf die Folgewirkungen  im Berufsbildungsbereich. Der wirtschaftliche Wandel und der dadurch veränderte Qualifikationsbedarf erzeugen einen Druck zur Anpassung der Aus- und Weiterbildung im kaufmännischen Bereich bzw. in verwandten und weiterführenden Fachausbildungen. Auch der Bildungsbereich kann sich dem Sog der Veränderungen nicht entziehen und reagiert, wenn auch mit Verzögerung, auf veränderte wirtschaftliche Anforderungen.

Die nachstehenden Aussagen stellen – obwohl allgemein gehalten – oft nur die Meinung einzelner Expert(inn)en dar. Auf die Verwendung des Konjunktivs habe ich im Interesse der sprachlichen Verständlichkeit weitgehend verzichtet, dies auch dann, wenn es sich bei den Aussagen eher um Hypothesen als um erhärtete Tatsachen handelt.

 

3.3 Zusammenfassung

Die Ergebnisse der Expert(inn)eninterviews zum Wandel der Qualifikationsnachfrage im Bürobereich und zum veränderten Berufsbild der Sekretärin lassen sich in den folgenden 20 Schlussfolgerungen zusammenfassen:

  • Der Dienstleistungsbereich ist einem markanten Wandel unterworfen, der sich in den Bürotätigkeiten besonders ausgeprägt manifestiert.

  • Die neuen Technologien haben einen wesentlichen Anteil an dem in jüngster Zeit stattgefundenen wirtschaftlichen Wandel. Expert(inn)en erachten es jedoch als ungewiss, ob und in welchem Masse sie ursächlich dafür verantwortlich sind. Manche Beobachter beurteilen die neuen Technologien als eigentlichen Motor des wirtschaftlichen Wandels.

  • Die neuen Technologien bilden die Grundlage für wirksame Rationalisierungsmassnahmen und darauf abgestimmte personelle Restrukturierungen.

  • Der Beruf der Sekretärin zeigt traditionellerweise die Struktur eines typischen "Frauenberufs", der gekennzeichnet ist durch die hierarchische Unterstellung unter einen (zumeist männlichen) Vorgesetzten.

  • Die berufliche Entwicklung der "klassischen" Sekretärin – insbesondere der Chefsekretärin – steht und fällt somit mit derjenigen ihres (ihrer) Vorgesetzten. Eine eigenständige berufliche Laufbahn ist in diesem "Tandem"-Modell nicht vorgesehen, folgerichtig meist auch keine nennenswerte Laufbahnförderung.

  • Der wirtschaftliche Wandel macht auch vor dem Sekretariat nicht Halt. Die neuen Technologien beinhalten ein grosses Rationalisierungspotential, als dessen Folge einfache Bürotätigkeiten maschinell erledigt werden können.

  • Die Wegrationalisierung einfacher Büroaufgaben ermöglicht die Freisetzung unqualifizierter Mitarbeiter.

  • Die traditionelle Aufgabenzuteilung im Büro wird durch den Einsatz neuer Technologien aufgeweicht. Viele traditionell der Sekretärin zugeordnete Aufgaben werden heute direkt von Vorgesetzten oder Kolleg(inn)en (insbesondere Sachbearbeiter(inn)en) wahrgenommen. Die betrifft vor allem Aufgaben im Bereich der Textverarbeitung.

  • Die durch den EDV-Einsatz ermöglichten Erleichterungen führen in der Regel zu keiner Arbeitsentlastung. Zum einen steigen nämlich die Anforderungen an die Arbeitsausführung (Perfektion der Präsentation, des Layouts etc.), zuum andern  wird vom (verbliebenden) Personal die Übernahme zusätzlicher Aufgaben erwartet.

  • Die früher praktizierte klare Aufgabenzuordnung zu den Bereichen Sekretariat und Sachbearbeitung wird "durchlöchert". Die Aufgabenzuordnung geschieht vermehrt flexibel entsprechend den innerbetrieblichen Zielsetzungen und individuellen Präferenzen. Die Grenzen zwischen Sekretariat und Sachbearbeitung verwischen sich.

  • Die Rolle der klassischen Sekretärin ist "in Auflösung begriffen". Möglichkeiten zur Konsolidierung und Weiterentwicklung ihrer Position eröffnen  in Richtung "Direktions-Assistentin","Business- oder Management-Assistenz" oder durch eine Aufgabenerweiterung im Sinne des "Office Managements".

  • Als Alternative zur traditionellen Sekretariatsarbeit und als Möglichkeit einer beruflichen Weiterentwicklung bietet sich der Wechsel in eine Sachbearbeitungsaufgabe an. Dabei besteht allerdings die Gefahr, dass die Ex-Sekretär(inn)en wohl anspruchs- und verantwortungsvollere Arbeiten übernehmen können, jedoch nicht zwingend einen entsprechenden Status zugesprochen bekommen.

  • Von einer Sekretariatsmitarbeiterin wird in Zukunft vermehrt unternehmerisches und vernetzendes Denken, Teamarbeit und Freude am Umgang mit Technologien erwartet. Auch eine grundlegende Lernbereitschaft wird künftig unabdingbar sein.

  • Insgesamt ist der Wandel im Bürobereich durch eine Tendenz zur Höherqualifizierung gekennzeichnet. Die Angestellten in Sekretariat und Sachbearbeitung müssen durchschnittlich mehr können und mehr leisten.

  • In Zukunft werden neben soliden Fachkenntnissen und der Fähigkeit zum Umgang mit neuen Technologien vor allem Sprachkenntnisse, Team- und Lernfähigkeit sowie ausgepägte Selbstkompetenzen über den beruflichen Erfolg im Bürobereich entscheiden.

  • Der Rollenwandel der Sekretärin spiegelt den im Privatbereich beobachtbaren Wandel von einem traditionellen zu einem eher partnerschaftlichen Rollenverständnis in den Geschlechterbeziehungen.

  • Es zeichnen sich andererseits Tendenzen ab, dass sich durch die neuen Technologien in spezifischen Arbeitsbereichen wieder das traditionelle dualistische Geschlechterverständnis etabliert wird. Gewisse neue hochgradig technisierte Aufgabengebiete (Informatik, Multimedia etc.) werden vorrangig von Männern besetzt, während Frauen erneut eher zudienende komplementäre Tätigkeiten übernehmen.

  • Die Fähigkeit zum kompetenten Umgang mit neuen Technologien scheint alters- und geschlechtsabhängig. Frauen bekunden durchschnittlich mehr Mühe, sich mit neuen Technologien zurechtzufinden. Jüngere Menschen adoptieren neue Technologien durchschnittlich leichter als ältere.

  • Ob Mitarbeiter den Einbezug neuer Technologien erfolgreich bewältigen, hängt in hohem Masse auch von innerbetrieblichen organisatorischen Unterstützungs- und Bildungsmassnahmen ab. Die alters- und geschlechtsspezifischen Hindernisse können dadurch im Idealfall neutralisiert werden.

  • Die Altersvariable wird heute häufig als Kriterium zur Legitimierung von personellen Restrukturierungen herangezogen. Ob das – wie oft behauptet – der betrieblichen Effizienz wirklich in jedem Fall dient, wird aus Expert(inn)ensicht bezugnehmend auf ausländische Erfahrungen bezweifelt.

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4. Fallstudie Medienkonzern

4.1 Einleitung

Aufgaben- und Anforderungsprofile von Sekretariatsangestellten stehen im Zentrum dieses zweiten Projektteils. Es wurden 17 Interviews in einem grossen Deutschschweizer Medienunternehmen durchgeführt. Dabei fiel die Wahl auf eine Firma, die einerseits über eine jahrzehntealte Firmenkultur und ein etabliertes Produkt verfügt, andererseits aber voll dem Sog der globalisierten Kommunikationsbranche und der neuen Technologien ausgesetzt ist. Es war zu erwarten, dass Konstanz und Wandel in diesem Unternehmen in einem interessanten Wechselspiel stehen, was auch auf hierarchisch tieferen Ebenen erkennbar sein würde. Inbesondere war auch von Interesse, welche Tätigkeiten im Zuge der Technologisierung substituiert werden, wie sich die Mitarbeitenden die für die Arbeit nötigen Qualifikationen erwerben, und und ob sich Angestellte durch die veränderten Bedingungen neue Karrierwege erschliessen können.

 

4.2  Projektanlage und Durchführung

Im Zentrum des Projektes "Wandel der Arbeitsqualifikationen" bzw. der vorliegenden mikrosoziologischen Fallstudie steht die Frage, inwiefern sich  – bedingt durch den Strukturwandel in Unternehmungen – die Arbeitsbedingungen, Arbeitsinhalte und Arbeitanforderungen der Mitarbeitenden verändert haben.

In der vorliegenden Studie wurden Sekretariatsmitarbeiter(inn)en befragt. Die nachstehende Analyse spiegelt somit primär deren Wahrnehmung und Erfahrungsspektrum. Es geht um ihre Sicht davon, was an ihrem Arbeitsplatz von ihnen erwartet wird. Dies bezieht sich zum einen auf die für die Tätigkeit konkret erforderlichen Qualifikationen, zum anderen aber auch auf Fähigkeiten, welche die Arbeitssituation an sich vorausetzt. Es ist also durchaus möglich, dass die Vorgesetzten eine abweichende Beschreibung dieses Sachverhaltes geben würden (zumal nicht alle Mitarbeitenden im Detail darüber informiert sind, was die Vorgesetzten von ihnen konkret erwarten). Zur Ergänzung der Dateninterpretation wurden punktuell auch Informationen aus betrieblichen Dokumenten (Firmenstatistik, Geschäftsbericht etc.) beigezogen. Im Herbst 1998 wurden die theoretischen Grundlagen für die Fallstudie „Sekretariat Medienunternehmen“ erarbeitet, wobei auch eine Gruppe von Studierenden ins Projekt einstieg, die in der Folge parallele Befragungen in einer Grossbank, einer Versicherung und einem Telekommunikationsunternehmen durchführten. Aufbauend auf Erkenntnissen der neueren Forschungsliteratur und der vorgängig durchgeführten Expert(inn)enbefragung wurde ein Befragungsinstrument erarbeitet, das sich für halbstrukturierte Gespräche eignete (vgl. Anhang 2). Es legte die thematischen Schwerpunkte der Befragung fest, liess aber auch genügend Raum für persönlich gefärbte Aussagen und Interpretationen. Nach einem „Testlauf“ konnte die eigentliche Befragung in Angriff genommen werden. Ursprünglich war geplant, 4 Gruppen von Sekretär(inn)en zu befragen: Wiedereinsteiger(inn)en, Erfahrene, Ambitionierte/Weiterbildungswillige und Neulinge. Die verantwortliche Personalsachverständige konnte dem Wunsch nach einer entsprechenden Selektion aus Zeitgründen leider nicht voll entsprechen. Sie vermittelte jedoch Angehörige verschiedener Altersgruppen, so dass das Spektrum der Befragten doch recht unterschiedliche Typen umfasst. Neben sechzehn im Sekretariat tätigen Frauen konnte auch ein junger Sekretär befragt werden. Es ist unwahrscheinlich, dass die Auswahl der Befragten für die Gesamtheit der im Arbeitenden repräsentativ ist. Die befragten Personen verteilen sich jedoch auf ganz unterschiedliche Tätigkeitsbereiche und Hierarchiestufen. Deshalb kann angenommen werden, dass sie die Vielfalt der Arbeitssituationen und Aufgabenprofile im untersuchten Unternehmen recht gut abbilden.

Die Interviews wurden im Winter 1999 durchgeführt und dauerten durchschnittlich 50-75 Min. Sie wurden auf Tonband aufgezeichnet und anschliessend transkribiert, d.h. zu Gesprächsprotokollen verarbeitet. Diese Aufzeichnungen wurden einer detaillierten Inhaltsanalyse unterzogen, die sich im wesentlichen an den thematischen Schwerpunkten des Gesprächsleitfadens orientierte. Derselbe Leitfaden diente in der Folge auch dazu, die Struktur des vorliegenden Berichtes zu erarbeiten.

In einer nächsten Arbeitsphase wurden die Ergebnisse dieser Interviews mit den vorgängig gemachten Aussagen der Expert(inn)en verglichen. Hier as Resultat.

 

4.3 Vergleich der in der Fallstudie gewonnenen Erkenntnisse mit den vorgängig gemachten Expert(inn)enaussagen

Im ersten Teil dieser Studie wurden die in einer Expertenbefragung gewonnenen Grundannahmen über den Wandel der Qualifikationsnachfrage im Bürobereich zusammenfassend dargestellt (vgl. S. 27). Nachdem die Ergebnisse der Fallstudie nach Schwerpunkten geordnet präsentiert worden sind, folgt ein Vergleich dieser Analyse mit den Expertenaussagen. Es lässt sich so erkennen, in welchen Punkten sich die Expertenmeinungen mit den Aussagen der Sekretariatsangestellten decken und in welchen Punkten Divergenzen bestehen.

Expert(inn)en wie Mitarbeitende bestätigen übereinstimmend den grossen Wandel im Dienstleistungsbereich, der die Ausübung der Bürotätigkeiten verändert hat. Die neuen Technologien bilden ein zentrales Element dieses Umbruchs. Die Hinweise sind zahlreich, dass der technologische Fortschritt als Ausgangspunkt für folgenreiche Restrukturierungsmassnahmen zu betrachten ist. Die neuen Technologien ermöglichen es, die Arbeit im Sekretariat rationeller, einfacher und attraktiver zu gestalten, was von den Mitarbeitenden als Fortschritt und Erleichterung gewertet wird. Obwohl eine Tendenz zur Höherqualifizierung festzustellen ist, scheint die von den Expert(inn)en prognostizierte Freisetzung unqualifizierter Mitarbeitender nicht von zentraler Bedeutung.

Übereinstimmung besteht jedoch in Bezug auf die Aussage, die traditionelle Aufgabenzuteilung im Büro werde unter dem Einfluss der neuen Technologien aufgeweicht. Es stimmt, dass viele traditionell den Sekretär(inn)en zugeordnete Aufgaben, vor allem im Bereich der Textverarbeitung, heute direkt von Vorgesetzten und Sachbearbeiter(inn)en ausgeführt werden. Expert(inn)en wie Mitarbeitende sind sich auch darüber einig, dass die durch den EDV-Einsatz ermöglichten Erleichterungen zu keiner Entlastung in der Arbeitsausübung führen. Die Ansprüche an die Gestaltung und Verwaltung der Dokumente sind in den letzten Jahren dank den technischen Möglichkeiten gestiegen. Bedingt durch die Straffung des Personalbestands wird von den Mitarbeitenden eine höhere Leistungsbereitschaft erwartet.

Sehr treffsicher erweist sich rückblickend die Aussage der Expert(inn)en, die früher praktizierte Aufgabenzuordnung zu den Bereichen „Sekretariat“ vs. „Sachbearbeitung“ werde zunehmend aufgeweicht. Eine der zentralen Einsichten der vorliegenden Feldstudie besteht darin, dass sich diese Grenzen effektiv verwischen. Die Aufgabenzuordnung im Sekretariat geschieht flexibel entsprechend den inhaltlichen Zielsetzungen und den individuellen Präferenzen, wobei die direkten Vorgesetzten die entscheidende Richtgrösse sind. Diese Tatsache ist dafür (mit)verantwortlich, dass viele der befragten Sekretariatsangestellten über keinen verbindlichen Stellenbeschrieb bzw. kein konkretes Pflichtenheft verfügen.

Dass die Rolle der Sekretärin hinfällig werde, mögen nicht alle Personen bestätigen. Wohl gaben viele zu Papier, die Ansprüche an die Arbeitausübung seien gestiegen und es werde im Sekretariat viel mehr Selbständigkeit erwartet. Daraus aber abzuleiten, dass für neue Aufgaben im Betrieb auch auf neue Berufsbilder und Anforderungsprofile rekurriert würde (Business-Assistenz, Office Management etc.), erscheint spekulativ. Neue Stellenprofile und der Anspruch auf entsprechende Aus- und Weiterbildungen dürften sich betriebsintern nur dann durchsetzen, wenn sie im Rahmen von innerbetrieblichen Reorganisationsprojekten implementiert werden. In der Realität scheint jedoch eine schleichende Umdefinition von bestehenden Stellen in Gange. Ob die statt „Sekretärin“ neu „Assistentin“ genannte Person wirklich andere Arbeit macht oder einfach ein wohlklingendes neues Etikett verpasst bekommen hat, ist in manchen Fällen schwer zu entscheiden. Gemäss Aussagen der Befragten sind die entsprechenden Unterscheidungen in der Regel nicht lohnwirksam. Die Expert(inn)en scheinen Recht zu haben mit Ihrer Vermutung, Sekretär(inn)en hätten Entwicklungschancen in Richtung Sachbearbeitung, ohne ihren Status entscheidend verbessern zu können. Tatsächlich kombinieren viele Mitarbeitende einen Anteil Sekretariatsarbeit mit einem Anteil Sachbearbeitung, wobei die Berufsbezeichnung „Sekretärin“ jedoch in der Regel beibehalten wird.

Wie von den Expert(inn)en postuliert, müssen die Angestellten im Sekretariat heute durchschnittlich mehr könnnen und leisten als vor einigen Jahren. Gewisse Qualifikationen werden vermehrt nachgefragt: Unternehmerisches selbständiges Denken, Teamarbeit, Technologieakzeptanz sowie eine ausgeprägte Lernfähigkeit werden als unerlässlich betrachtet. Interessanterweise trifft für das untersuchte Unternehmen die Prognose, Sprachkenntnisse seien vermehrt gefordert, nur bedingt zu. Eine beträchtliche Zahl der Befragten gab zu Protokoll, ihre Fremdsprachenkenntnisse nur ungenügend einsetzen zu können. Deutschkenntnisse sind in dem Konzern, der deutschsprachige Medien produziert, zwar wichtig. Alle anderen Sprachen scheinen in der täglichen Arbeit der Sekretariatsangestellten jedoch von untergeordneter Bedeutung.

Nach Expert(inn)enmeinung macht das Rollenverständnis der im Büro Arbeitenden aktuell einen Wandel durch, der jenem im Privatbereich vergleichbar ist: Das traditionelle Verständnis der Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern wird zunehmend durch ein partnerschaftliches Verständnis abgelöst. Es scheint, dass Männer wie Frauen einen höheren Grad an Eigenständigkeit in der Arbeitsausübung erleben als früher, und dass Vorgesetzte und Sekretariatsangestellte tendenziell einen kollegialeren und partnerschaftlicheren Umgangsstil pflegen. Nach wie vor gilt aber, dass die Person des(der) Vorgesetzten stark über die Art der Beziehung und der Arbeitsausübung bestimmt. Das Spektrum an unterschiedlichen Organisations- und Beziehungsmustern ist in der Praxis recht breit. Neben partnerschaftlichen kooperativen Arrangements kommen auch traditionelle Muster vor. Entscheidend für die Qualität der Zusammenarbeit scheint die Akzeptanz der praktizierten Regelung durch Vorgesetzte und Mitarbeitende. Insgesamt scheint der Anteil der „dienenden“ Aufgaben (Kaffee kochen und servieren, Einkäufe besorgen, putzen, private Dienstleistungen etc.) an Bedeutung verloren zu haben. Manche Chefs erwarten keine solchen Extras mehr. Gewisse Sekretär(inn)en betonen aber, solche Aufgaben als zum Job gehörig zu akzeptieren.

Die von den Expert(inn)en formulierte Hypothese, die traditionelle Arbeitsteilung bleibe im Bereich der neuen Technologien unangetastet, konnte nicht eingehend überprüft werden. Im untersuchten Unternehmen erhalten grundsätzlich auch junge Frauen Arbeits- und Entwicklungschancen im Bereich der neuen Medien. Sie werden in diesen innovativen Nischen leistungsmässig stark gefordert und müssen viel Eigenständigkeit beweisen. Ob diese Frauen ihren Platz werden behaupten können, wenn der Arbeitskräftemangel einmal gedeckt ist und sie mit männlichen Mitarbeitern konkurrieren müssen, ist ungewiss. Auch die Frage, ob Frauen in diesen Bereichen gleichermassen gefördert werden wie Männer, wäre eine Prüfung wert.

Nur bedingt zutreffend scheint die Aussage, Akzeptanz und Kompetenz im Umgang mit neuen Medien seien altersabhängig. Ausnahmslos alle der befragten Sekretariatsangestellten betonen die Bedeutung und die Vorzüge der EDV-Technologie. Niemand zweifelt daran, dass eine grundlegende Technikkompetenz für die Arbeit im Sekretariat heute unerlässlich ist. Ältere Damen berichten zwar über Skepsis oder Berührungsängste bei ihren ersten Erfahrungen mit der EDV-Technologie. Die Überzeugung, dass dieses Know-How für die Arbeitsausübung zwingend ist, hat jedoch die nötige Lernbereitschaft mobilisiert, um sich entsprechendes Wissen anzueignen.

Einige Expert(inn)en postulierten einen hohen Einfluss der innerbetrieblichen Aus- und Weiterbildungsmassnahmen für die Akzeptanz der EDV-Technologie. Im Zuge der neueren Sparmassnahmen scheinen im untersuchten Unternehmen diese Angebote abgebaut zu werden. Manche Angestellte im Sekretariat sind deshalb heute gefordert, sich die nötigen Kennntisse im Selbststudium oder ausserhalb des Unternehmens anzueignen, was sie auch tun.

Schliesslich steht die Frage zur Diskussion, ob der Faktor Alter bei Restrukturierungsmassnahmen ein entscheidender Selektionsfaktor sei. Dies scheint im erwähnten Unternehmen der Fall. In den neunziger Jahren wurden im erwähnten Unternehmen bei internen Reorganisationen zahlreiche Stellen von älteren Mitarbeitenden abgebaut, wobei zur Milderung von menschlichen Härten allerdings Sozialpläne (vorzeitige Pensionierung etc.) ausgearbeitet wurden. Einzelne Befragte äussern Zweifel am Sinn bzw. der „Sozialverträglichkeit“ dieser Massnahmen und erkennen darin eine Gefährdung des Arbeitsklimas. Sie sind der Überzeugung, der Erfolg des Unternehmens sei massgeblich durch ältere Mitarbeitende erwirtschaftet worden, obgleich aktuell vor allem jüngere Arbeitskräfte rekrutiert würden.

 

4.4  Zusammenfassung

Die Übereinstimmung der von den Expert(inn)en postulierten Arbeitsbedingungen im Sekretariat mit den von den Befragten gemachten Aussagen kann als hoch beurteilt werden. Was von den Expert(inn)en allerdings nicht thematisiert oder nicht im vollen Umfang erkannt wurde, ist die grosse Breite der unterschiedlichen Qualifikationen, welche von den Angestellten in Sekretariat und Sachbearbeitung heute gefordert werden. Die klassischen Arbeitstugenden sind nach wie vor in hohem Masse gefragt. Zusätzlich werden aber die Qualifikationen des modernen „Dienstleisters“ (Eigenständigkeit, Lernfreudigkeit, Teamfähigkeit, Technikakzeptanz etc.) erwartet. Das Anforderungsprofil der im Sekretariat tätigen Personen ist insgesamt breiter und vielfältiger als erwartet. Es kann zudem von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz erheblich variieren.

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5. Zusamenfassung der Ergebnisse

„Hier muss man sehr schnell laufen, um am selben Ort zu bleiben“ (Zitat aus ‚Alice im Wunderland‘)

Die Befragung von 17 Mitarbeitenden eines grossen Medienunternehmens (sechzehn Frauen und ein Mann) vermittelte Einblick in Struktur und Wandel der Aufgaben und Qualifikationsanforderungen im Sekretariat. Es handelt sich um eine Charakerisierung der Arbeitssituation aus Sicht der Mitarbeitenden. Hier die wichtigsten Ergebnisse in Kürze:

Struktureller Wandel in Unternehmen und Sekretariat

Das Medienunternehmen, in dem die Befragung von Sekretariatsangestellten stattgefunden hat, hat sich von einem wirtschaftlichen Einbruch in der Rezession erholt. Die neuen Technologien haben massgeblichen Anteil daran, dass sich die Firma innert zehn Jahren in einem hart umkämpften Markt von einem klassischen Druckunternehmen zu einem international tätigen Multimedia-Konzern entwickeln konnte. Eine in den neunziger Jahren durchgeführte umfassende Restrukturierung zeitigt positive Ergebnisse. Die Bilanzen stimmen, und manche Mitarbeiter(inn)en identifizieren sich gerne mit ihrer Firma und deren Zielen. Sie anerkennen die Bemühungen zur Verbesserung der Kommunikation und der Führungsinstrumente, weisen aber auch auf den Preis der erzielten Effizienzsteigerungen hin. Die Sparmassnahmen haben zu Entlassungen von Personal, zum Abbau gewisser Vergünstigungen und zu einem Anstieg der Leistungsanforderungen geführt. Die Mehrheit der Befragten sagt aus, der Druck auf die Mitarbeitenden sei gestiegen. Chefs wie Angestellte übernehmen laufend neue Aufgaben, wodurch Eigenständigkeit und persönliche Initiative verstärkt gefordert sind. Es liegt an der einzelnen Person, diesen Handlungsspielraum eigenverantwortlich zu gestalten.

Zentrale Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Sekretariat

Die konkreten Aufgaben und Verantwortlichkeiten der befragten Sekretariatsangestellten variieren je nach Tätigkeitsbereich. Es lassen sich zwar gemeinsame Arbeitselemente identifizieren. Post, Korrespondenz, Ablage, Telefonbedienung und Betreuung der Vorgesetzten gehören zum "Standardpaket" der im Sekretariatsbereich anfallenden Aufgaben. Andererseits gibt es auch Unterschiede in den Anforderungsprofilen: Die Sekretärin in der Chefredaktion eines Printprodukts hat ein anderes Aufgabenbündel als eine im Inseratewesen, diejenige in der Druckerei ein anderes als jene im Personalbereich. Direktionsassistent(inn)en und Sekretär(inn)en mit nur einem(r) Vorgesetzten leisten in der Regel neben sachorientierter Aufgabenerfüllung auch viel Beziehungsarbeit. Es sind diese Unterschiede, die der jeweiligen Tätigkeit ein individuelles Profil geben und die Identifikation der Sekretärin/Assistentin mit der betreffenden Aufgabe beeinflussen. Insgesamt ist die Palette der im Sekretariat anfallenden Aufgaben recht breit.

Struktur der beobachtbaren Rollenprofile

Das Besondere an den untersuchten Rollenprofilen ist, dass sie sich kaum als solche bezeichnen lassen. Sekretariatsangestellte haben keine klar definierte berufliche Identität. Wohl wissen sie über Ihren Aufgabenbereich und die dafür benötigten Anforderungen Bescheid. Aber die betrieblichen und persönlichen Voraussetzungen fehlen meistens, um klare Berufsrollen erkennen zu können. Vieles deutet darauf hin, dass der Typus der klassischen Sekretärin, die dem Chef zudient und nach seinen Anweisungen arbeitet, an Bedeutung verloren hat. Die Sekretärin wird ersetzt durch die Assistentin, welche ebenfalls einer Führungskraft zugeordnet ist, jedoch eine wesentlich eigenständigere Arbeitsweise an den Tag legt. Sie denkt mit und denkt voraus und nimmt über den engeren Arbeitsbereich hinaus auch die übergeordnete unternehmensspezifische Perspektive wahr. Die Abgrenzung von Sekretariats- und Sachbearbeitungsaufgaben bereitet erhebliche Schwierigkeiten. Sinnvoller wäre die Unterscheidung von ausführender und selbständiger Aufgabenerfüllung. Die Kombinationsmöglichkeiten von solchen Tätigkeitsanteilen sind in der Praxis sehr vielfältig.

Manche der Sekretariatsangestellten verfügen weder über einen ausformulierten Stellenbeschrieb noch über ein verbindliches Pflichtenheft. Dies wird jedoch nur von wenigen vermisst oder beanstandet. Viele Mitarbeitende legen mehr Wert auf befriedigende Arbeitsinhalte als auf reglementarische Rahmenbedingungen.

Typen von Angestellten im Sekretariat

Der Versuch, ausgehend vom erhobenen Datenmaterial Typen von Angestellten im Sekretariat zu identifizieren, führte zur Bildung von zwei Typologien[2]. Die eine unterscheidet nach Altersgruppen:

Die über 43-jährigen Mitarbeitenden weisen viel Berufserfahrung auf und haben den betrieblichen Wandel aus unmittelbarer Erfahrung miterlebt und nachvollzogen. Die Herausforderung besteht für sie in der Anpassung an neue Gegebenheiten und ständigem Dazu- und Umlernen. Umstrukturierungen und Redimensionierungen bedeuten für diese Altergruppe in Anbetracht der hohen Cheforientierung ein berufliches Risiko.

Die 30-43 Jährigen befinden sich in einer Phase der Konsolidierung und/oder Umorientierung. Manche Frauen fühlen sich herausgefordert, neue berufliche Ziele zu definieren oder die Frage der Familiengründung zu klären. Dies scheint Energien zu binden und die Weiterentwicklung zu blockieren.

Die 19-29-Jährigen befinden sich in einer intensiven Berufseinmündungs- und Aufbauphase. Sie zeichnen sich mehrheitlich durch Einsatzfreude und Innovationsbereitschaft aus, zum Teil auch durch das deklarierte Bedürfnis, beruflich weiterzukommen.

Die Typologie nach Chef- bzw. Weiterbildungsorientierung identifiziert einerseits (Chef)Sekretär(inn)en mit ausgeprägter Assistenzfunktion, welche einem(r) Vorgesetzten als organisatorische, fachliche und emotional verlässliche Stütze zur Seite stehen und ihm eine unerlässliche Hife sind. Daneben kommen Sekretariatsangestellte mit ausgepägten Sachbearbeitungsanteilen sowie solche mit teamorientierten Dienstleistungsfunktionen vor. Im jüngeren Segment ist wie erwähnt eine Anzahl weiterbildungsorientierter Nachwuchskräfte vertreten, deren erklärtes Ziel es ist, sich in eine Sachbearbeitungs- und/oder Vorgesetztenfunktion hinein zu entwickeln.

Qualifikationsanforderungen im Sekretariat

Die Tätigkeit im Sekretariat stellt einen Balanceakt zwischen Sach- und Personenorientierung dar. Auf der Sachebene sind Sekretariatsangestellte durch sich ständig wandelnde technische Anforderungen und die Übernahme neuer Aufgaben gefordert. Die beruflichen Grundqualifikationen (kaufmännische Grundausbildung, Sprachen etc.) wurden in den Interviews oft kaum erwähnt, weil die Befragten sie als eine für die Berufsausübung unentbehrliche jedoch nicht ausreichende Grundlage betrachten. Der Bereich der Technikkompetenz hingegen erfuhr bei zahlreichen Befragten eine besondere Würdigung. Durch alle Altersgruppen hindurch wurden die Vorteile den neuen Technologien erwähnt.

Von grosser Bedeutung sind die Schlüsselqualifikationen. Soweit Sekretariatsarbeit immer noch im „Zudienen“ für einen Vorgesetzten besteht, erfordert sie die Bereitschaft und Fähigkeit, dessen Wünsche zu antizipieren und umzusetzen. Auf der zwischenmenschlichen Ebene fordert die Kooperation mit dem Chef oder anderen Mitarbeitenden vielfältige persönliche und soziale Qualifikationen. Kooperations- und Teamfähigkeit haben einen hohen Stellenwert. Sowohl auf der sachlichen wie auf der personenbezogenen Ebene sind hochgradige Flexibilität, Offenheit für Neues sowie Lern- und Entwicklungsbereitschaft gefragt. Weitere Fähigkeiten, die dazu beitragen, den steigenden Anforderungen gerecht zu werden, sind selbständiges Denken, Entscheiden und Handeln. Auch klassische Arbeitstugenden wie Gründlichkeit, Pünktlichkeit, Genauigkeit und Zuverlässigkeit sind unvermindert gefragt. Unerlässlich ist zunehmend psychische Belastbarkeit. Der Wandel des Unternehmens und die dadurch gestiegenen Leistungsanforderungen belasten und verunsichern. Loyalität und Identifikationen mit dem Unternehmen sind zwar nach wie vor gefragt, aber nicht mehr so selbstverständlich wie früher. Die Angestellte stehen vor der Aufgabe, im Umgang mit der betrieblichen Dynamik einen eigenen Modus vivendi zu finden.

Akzeptanz der neuen Technologien

Die Bilanz in Bezug auf die Bedeutung der EDV-Technologie im Sekretariat ist klar: Der Computer ist für die Arbeit im Sekretariat ein unentbehrliches "Tool", das die vielen redaktionellen und administrativen Aufgaben erleichtert und die Gestaltungsmöglichkeiten potenziert. Zwar haben sich nicht alle MitarbeiterInen auf Anhieb mit dem neuen Medium angefreundet. Die Notwendigkeit, mit der Entwicklung der neuen Technologien Schritt zu halten und fachlich "up to date" zu sein, ist jedoch unbestritten. Auch ältere Sekretariatsangestellte haben anfängliche Widerstände überwunden und sich das EDV-spezfische Know-How angeeignet, das sie für ihre Arbeit brauchen. Die Mitarbeitenden im Sekretariat qualifizieren sich vor allem im Selbststudium oder mit internen und externen Kursen. Einige nutzen den EDV-Bereich auch als Chance, um sich in Form von Sachbearbeitungs- oder Projektaufgaben beruflich zu profilieren.

Das Verhältnis von Vorgesetzten und Mitarbeitenden

Das klassische „Tandem“ Chef-Sekretärin existiert nach wie vor. Zuverlässige Chefsekretär(inn)en, die selbständig arbeiten und sich deshalb vermehrt „Assistent(inn)en“ nennen, scheinen unentbehrlich. Ein Grossteil der Vorgesetzten, vor allem im oberen Kader, legt Wert darauf, eine „rechte Hand“ zu haben, die neben fachlichen Fähigkeiten hohe Eigen- und Sozialkompetenzen mitbringt. Die Chefsekretärin als verlässliche flexible und belastbare organisatorische Drehscheibe schafft ihrem (zumeist männlichen) Vorgesetzten den Freiraum, den er braucht, um sich voll auf seine Geschäfte konzentrieren zu können. Im Idealfall vermittelt diese Zusammenarbeit hohe Befriedigung und, solange der Chef seinen Posten behält, eine sichere Anstellung. Das Erbringen von fakultativen Dienstleistungen zugunsten des Chefs (Kaffee kochen, Einkäufe besorgen etc.) hat an Bedeutung verloren. Es zeichnet sich zudem ein Paradigmenwechsel ab in dem Sinne, dass das Geschlecht als Selektionskriterium für Sekretariatstätigkeiten an Bedeutung verliert. Mitarbeitende wie Vorgesetzten achten primär auf die menschlichen und fachlichen Qualifikationen und weniger auf die Geschlechtszugehörigkeit.

Stellenwert der internen und externen Weiterbildung

Die kaufmännische Grundausbildung wird als unentbehrliche Voraussetzung der Berufsausübung gesehen. Weiterbildung ist jedoch ein Muss, darin sind sich die Befragten einig. Betreffend Angebot und Nutzung der Weiterbildung sind gewisse Besonderheiten zu vermerken. Es wird vom Unternehmen vorausgesetzt, dass sich die Mitarbeitenden selber für ihre Weiterbildung veantwortlich fühlen. Die direkten Vorgesetzten zeigen sich gegenüber Weiterbildungswünschen zwar offen, übernehmen jedoch selten eine steuernde Rolle im Sinne einer aktiven Förderung. In der Regel müssen die Mitarbeitenen selber erkennen, was sie brauchen und dies ihren Vorgesetzten mitteilen. In jüngerer Zeit scheinen Weiterbildung und Support in den Sog der jüngeren Sparmassnahmen geraten zu sein. Insbesondere im EDV-Bereich dominiert in hohem Masse das Prinzip "Learning by doing". Einige der Befragten absolvieren zudem berufsbegleitend weiterführende Kurse mit Diplomabschluss oder ziehen eine Weiterbildung ernsthaft in Betracht. Interessanterweise versprechen sich manche Frauen von diesen Weiterbildungen bloss eine Wahrung des Status quo und keinen beruflichen Aufstieg.

Retrospektive Beurteilung der Berufswahl

Manche der befragten Sekretariatsangestellten würden ihre Laufbahn heute anders planen und anpacken als früher. Einige würden eher einen sozialen oder künstlerischen Beruf wählen, falls sie sich nochmals entscheiden müssten. Viele haben das KV nicht aus Berufung sondern eher als Verlegenheitslösung gewählt. Der Medienbereich bietet ihnen die Möglichkeit, ihre kaufmännischen Grundkenntnisse in einem kreativen Umfeld anzuwenden. Das scheint für viele Angestellte ein befriedigender oder zumindest akzeptabler Kompromiss.

Überlegungen zur Situation der jungen KV-Angestellten

Die Befragten sehen die Situation der jungen KV-Angestellten im Sekretariat positiv, sofern diese nicht die Absicht haben, auf Jahre hinaus an derselben Stelle zu verbleiben. Nach Ansicht der Interviewpartner(inn)en entwertet sich das im KV erworbene Wissen schnell. Die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt steigt, die neuen Technologien sind eine sich ständig wandelnde Herausforderung. Die kaufmännische Grundausbildung kann deshalb nur noch als Startbasis für kontinuierliche Weiterentwicklungen gelten.

Sekretariatsarbeit als „Frauenarbeit“

Insgesamt erweist sich das Tätigkeitsfeld Sekretariat im untersuchten Medienunternehmen als ausgesprochen geschlechtsspezifisch geprägte Domaine. Sekretariatsarbeit ist primär Frauenarbeit, daran haben auch gewisse "Verschiebungen" der Tätigkeitsprofile in Richtung Assistenz und Sachbearbeitung wenig geändert. Die Unterordnung von Frauen unter ihre männlichen Vorgesetzten ist nach wie vor ausgeprägt.

Das untersuchte Sample zeigt zudem eine auffallende Dominanz der Vollzeitstellen. Die Arbeitskonditionen müssen deshalb als ungünstig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf beurteilt werden. Dies ist umso bedauerlicher, als Sekretaratsarbeit in der Regel ja keinen beruflichen Aufstieg impliziert. Sie würde sich grundsätzlich gut mit Familienpflichten vereinbaren lassen, vorausgesetzt, die Unternehmen würden Stellenteilungen und Teilzeitpensen explizit fördern.

Sekretariatsarbeit als „Sackgasse“ und „Karrierekiller“

Die in dem Medienunternehmen befragten Frauen zeigen mehrheitlich bescheidene Karriereambitionen[3]. Nur wenige zumeist junge Angestellte aspirieren auf eine aus dem Sekretariat hinausführende Weiterbildung und entsprechende Aufstiegschancen. Die meisten beschränken sich auf anwendungsorientierte Weiterbildungen, die ihnen helfen sollen, die täglichen Aufgaben zu bewältigen und den Status Quo zu wahren. Die Damen im Sekretariat leben eher mit einem kurz- bis mittelfristigen Zeithorizont, wie das für weibliche Biographien typisch ist. Konturen einer eigentlichen Laufbahnplanung sind selten zu erkennen.

Es gibt auch kaum institutionalisierte Strategien, welche den Frauen ein Laufbahn-Szenario anbieten. Zwar ist die Unterstützungsbereitschaft der Vorgesetzten gegenüber Weiterbildungsplänen gross. Die Sekretär(inn)en müssen sich in der Regel aber selber um diese Angebote bemühen. Beispiele einer offenen Ungleichbehandlung von Frauen im Vergleich zu Männern wurden zwar nicht genannt, verdeckte Bevorzugungen von männlichen Kollegen – insbesondere bezüglich Karriereförderung – wurden jedoch wahrgenommen.

Prognosen zur Zukunft des Sekretariats

Die Frage nach der Zukunft des Sekretariats löste Ratlosigkeit aus. Die Befragten nehmen an, dass sich die Tätigkeit im Sekretariat unter dem Einfluss der neuen Technologien weiter verändern werde. Sie gehen aber davon aus, dass diese Aufgaben nicht vollständig eliminiert werden können. Inbesondere die Unterstützungsfunktion gegenüber Vorgesetzten werde auch in Zukunft wichtig sein oder sogar aufgewertet werden. Es werde an diesen Stellen mehr Selbständigkeit gefordert. Im übrigen würden viele Sekretär(inn)en zunehmend in die Sachbearbeitung wechseln und dadurch neue Entwicklungschancen bekommen. Gewisse Stellen würden infolge von Umstrukturierungs- und Sparmassnahmen ganz verschwinden, so dass das Sekretariat insgesamt an Bedeutung verlieren werde.

Fazit

Die für dieses Projekt relevanten Themenschwerpunkte sind betriebsspezifischer, arbeitplatzspezifischer und berufsrollenspezifischer Natur. Auf betriebsspezifischer Ebene interessierte vor allem der stattfindende strukturelle Wandel. Als besonders einflussreich erwiesen sich in diesem Bereich Restrukturierungsprozesse, der Personalabbau, die Globalisierung und der Einfluss der neuen Technologien. Auf arbeitsplatzspezifischer Ebene zeigen sich neue Konturen der Arbeitsgestaltung und -teilung, wobei die Beschleunigung der Arbeitsabläufe, die Verdichtung der Arbeitsinhalte und eine neue Definition der Arbeitsbeziehungen besonders wirksam sind. Bezüglich der Berufsrollen zeigt sich, dass das Berufsbild "Sekretärin" an Profil verliert. Zwar behauptet sich der Typus der auf einen Chef ausgerichteten Allein- oder Chefsekretärin nach wie vor. Ihr Hauptbefähigung liegt im Bereich der Beziehungs- und Unterstützungarbeit im Sinne einer qualifizierten Assistenz. Diese Aufgabe setzt zunehmend auch Kenntnisse des Unternehmens und ein selbständiges (voraus)Denken voraus. Daneben sind Sekretär(inn)en zu identifizieren, die eher teamorientiert arbeiten, für mehrere Chefs oder für Mitarbeitende in der Sachbearbeitung. Wie aufgrund der Vorstudie erwartet werden konnte, verwischen sich die Grenzen zwischen Sekretariats- und Sachbearbeitungsaufgaben immer mehr, so dass eine auffallende Heterogenität an Anforderungs- und Rollenprofilen zu identifizieren ist. Die Arbeit der  Sekretär(inn)en, soweit sie nicht mit eigenständigen Sachbearbeitungsaufgaben gekoppelt wird, ist nach wie vor stark vom "Dasein für andere" geprägt und damit ein Spiegel der geschlechtsspezifischen familiären Rollenteilung. Typisch für diese Konstellation ist die im Sekretariat geforderte hochgradige Flexibilität. Die Entwicklungsmöglichkeiten im Sekretariat sind zudem stark von indivdidueller Initiative bzw. förderlichen Einflüssen im Mikrobereich abhängig. Als Chance erweisen sich technikbetonte Aufgaben, in denen die Nachfrage nach Arbeitskräften zur Zeit gross ist. Hier finden v.a. junge Sekretär(inn)en Lern- und Profilierungsmöglichkeiten.

Zusammenfassend lässt sich das Sekretariat als Spannungsfeld von gegensätzlichen Entwicklungslinien charakterisieren. Die aktuelle Entwicklung oszilliert zwischen Flexibilität und Konstanz, Personenorientierung und Sachorientierung, Kollegialität und Individualität, dienendem Ausführen und eigenständigem Arbeiten, routinemässigem Aufgabenvollzug und reflexiver Arbeitsorganisation, Verharren in vage strukturierten Sekretariatsaufgaben und Auf- bzw. Umsteigen in attraktivere Sachbearbeitungsaufgaben. Grundsätzlich gilt, dass das Sekretariat kein klares Profil aufweist, sondern sich den Zielen und Bedürfnissen anderer Stellen und Personen unterordnet. Genau wie der Mond seine Erscheinung nur dem Lichte der Sonne verdankt, erhält das Sekretariat seine Bestimmung einzig durch die Vorgaben der Vorgesetzten und des Unternehmens.

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Adresse der Autorin:
Dr. Margret Bürgisser
Sozialforschung, Analyse, Beratung
Zugerstrasse 14
5620 Bremgarten
E-Mail: mb.isab@bluewin.ch



[1]  vgl. Bürgisser Margret: Büro im Wandel. Eine Studie über veränderte Anforderungen in Sekretariat und Sachbearbeitung. Soziologisches Institut der Universität Zürich. Expert(inn)en-Befragung Juli 1998.

[2] Es ist müssig, darauf hinzuweisen, dass ausser bei den ganz jungen Angestellten kaum Männer im Sekretariat arbeiten. Das Sekretariat ist nach wie vor eine klassische Frauendomäne. Daran wird sich vermutlich auch in Zukunft nichts ändern. Viel eher, als dass die Männer im Sekretariat Einzug halten werden, ist anzunehmen, dass tüchtige Frauen in vom Sekretariat in die Sachbearbeitung abwandern und dort vorhandene Aufstiegschancen wahrnehmen werden.

[3] Es wäre lohnenswert, der Frage nachzugehen, ob sich die Einstellung der Männer in dieser Frage grundsätzlich unterscheidet.

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