Universität Zürich Soziologisches Institut der Universität Zürich Prof. Dr. Hans Geser

 
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Georg Simmel: Die beiden Formen des Individualismus

ex: Das freie Wort. Frankfurter Halbmonatszeitschrift für Fortschritt auf allen Gebieten des geistigen Lebens. 1. Jg. (Nr.13 vom 5.10.1901). S. 397-403 (Frankfurt a.M.)

Das Ideal der Freiheit und Gleichheit, von dem die französische Revolution entflammt war, ist nicht eigentlich durch die Tatsachen widerlegt, denn gerade ihnen brauchte es sich als Ideal nicht zu beugen, sondern durch die tiefere Einsicht in seinen inneren Widerspruch.

Freiheit bedeutet doch, dass die individuelle Persönlichkeit ihre Eigenschaften ungehemmt entwickeln, ihre Kräfte vollkommen bewähren könne.

In dem Maße, in dem dies gelingt, müssen die Unterschiede der Naturen sich schärfer herausarbeiten.

Die Freiheit mag die klassenmäßigen Ungleichheiten beseitigen, die uns von außen kommen und nichts weniger als der Ausdruck unserer wirklichen und persönlichen Ungleichheiten sind.

Indem diese aber vermöge der individuellen Freiheit sich restlos entfalten, werden sie unvermeidlich zu einem Ausdruck in den Beziehungen der Menschen untereinander drängen und so auch eine äußere Ungleichheit als die Folge der Freiheit ergeben, eine Ungleichheit, die, obgleich oder weil sie eine gerechtere ist, nicht kleiner als die historisch gegebene sein dürfte.

Es war vielleicht ein Instinkt für diesen Sachverhalt, der der Freiheit und Gleichheit als dritte Forderung die Brüderlichkeit hinzufügen ließ.

Denn nur durch ausdrücklichen Altruismus, durch sittlichen Verzicht auf das Geltendmachen natürlicher Vorzüge wäre die Gleichheit wieder herzustellen, nachdem die Freiheit sie aufgehoben hat.

So tief wurzelnde und weitgreifende Ideen zu kritisieren ist indes weit weniger wichtig, als sie zu begreifen. Denn Irrungen dieser Art sind keine rein theoretischen Fehlschlüsse, sondern der angemessene Ausdruck einer bestimmten historischen Lage; ihre Formulierung in Worten ist eigentlich nur der Schatten praktischer Wirklichkeiten, die als solche ganz jenseits von Wahr und Falsch stehen.

In unvermeidlicher Reaktion auf die herrschende Gesellschaftsverfassung entstand im 18. Jahrhundert ein Begriff der Individualität, der sich gar nicht treffender und logischer als mit dem in sich so unlogischen Ideal von Freiheit und Gleichheit aussprechen ließ.

Denn es war eine Zeit, in der die individuellen Kräfte im unerträglichsten Gegensatz gegen ihre sozialen und historischen Bindungen und Formungen empfunden wurden.

Als überständig und verrottet, als Sklavenfesseln, unter denen man nicht mehr atmen konnte, erschienen die Vorrechte der oberen Stände, wie die despotische Kontrolle von Handel und Wandel; die immer noch mächtigen Reste der Zunftverfassung wie der unduldsame Zwang des Kirchentums; die Frohnpflichten der bäuerlichen Bevölkerung wie die politische Bevormundung im Staatsleben und die Einengungen der Stadtverfassungen.

In der Bedrücktheit durch solche Institutionen, die jedes innere Recht verloren hatten, die aus Vernunft zu Unsinn, aus Wohltat zu Plage geworden waren, entstand das Ideal der bloßen Freiheit des Individuums; wenn nur jene Bindungen fielen, die die Kräfte der Persönlichkeit in ihr unnatürliche Bahnen zwängen, so würden alle inneren und äußeren Werte, zu denen die Energien vorhanden, aber politisch, religiös, wirtschaftlich lahmgelegt waren, sich entfalten und die Gesellschaft aus der Epoche der historischen Unvernunft in die der natürlichen Vernünftigkeit überführen.

Hierbei aber ging nun eine höchst verhängnisvolle Täuschung vor sich. jene ständischen, zünftigen, kirchlichen Bindungen hatten unzählige Ungleichheiten zwischen den Menschen geschaffen, deren Ungerechtigkeit aufs schärfste empfunden wurde, und so schloss man, dass die Beseitigung jener Institutionen, weil mit ihr diese Ungleichmäßigkeiten fallen müssten, alle Ungleichheiten überhaupt aus der Welt schaffen würde.

Man verwechselte die bestehenden, sinnlosen Unterschiedenheiten mit der Ungleichheit überhaupt und hielt die Freiheit, die die ersteren vernichten sollte, für den Träger der allgemeinen und dauernden Gleichheit. Und dies traf nun mit dem Rationalismus des 18. Jahrhunderts zusammen, für den nicht der besondere, in seiner Eigenheit unvergleichliche Mensch der Gegenstand des Interesses war, sondern der allgemeine Mensch, der Mensch überhaupt.

Wie die Literatur der Revolutionszeit fortwährend von dem Volke, dem Tyrannen, der Freiheit ganz im allgemeinen spricht, wie die »natürliche Religion« eine Vorsehung überhaupt, eine Gerechtigkeit überhaupt, eine göttliche Erziehung überhaupt hat, so ist es auch das allgemeine Abstraktum Mensch, dem alle Begeisterung gilt, der immer und überall der gleiche ist, weil von allem abgesehen ist, was die Menschen von einander unterscheidet.

Das Grundmotiv ist, dass in jedem Individuum ein Kern enthalten ist, der das wesentliche an ihm und der zugleich in allen Menschen derselbe ist, wie Kant es einmal ausdrückt: der Mensch sei zwar unheilig genug, aber die Menschheit in ihm sei heilig.

Und nun versteht man, dass Freiheit und Gleichheit so unbefangen als ein einheitliches Ideal empfunden wurden: wenn der Mensch nur in Freiheit gesetzt würde, so müsste sein bloß menschliches Wesen, das die historischen Verbindungen und Verbildungen überdeckt und entstellt hätten, wieder als sein eigentliches Ich hervortreten und dieses würde also, weil es eben den allgemeinen Menschen in uns darstellte, bei allen das gleiche sein.

Wenn Friedrich der Große den Fürsten als »den ersten Richter, den ersten Finanzmann, den ersten Minister der Gesellschaft«, in demselben Atem aber ihn als »einen Menschen wie den geringsten seiner Untertanen« bezeichnet, so dokumentiert er, wie der Allgemeinbegriff Mensch das Alleinherrschende in der Vorstellung des Menschlichen geworden ist, wie sehr sein Wert alle individuellen Unterschiede sich unterworfen hatte.

Aber dieser allgemeine Mensch tritt eben schlechthin als Individuum auf, er soll ein auf sich stehender, für sich allein verantwortlicher sein, in schärfstem Gegensatz gegen alle vom Mittelalter her überlebenden Normen, die den Menschen nur als Glied einer Einung, als Element einer Kollektivität kannten.

Dies ist der originelle und höchst bedeutsame Standpunkt des 18. Jahrhunderts: die Allgemeinheit bedeutete nicht soziale Verschmelzung, sondern inhaltliche oder Rechts- oder Wertgleichheit isolierter Individuen.

Mit leuchtender Klarheit und abschließend formuliert Fichte dieses Stadium der gesellschaftlichen Idealbildung: »ein Vernunftwesen muss schlechthin ein Individuum sein, aber nicht eben dieses oder jenes bestimmte.«

Das ökonomische Ideal jenes alten Liberalismus: Individuen, die mit absoluter Freiheit ihren Interessen nachgehen und eben damit - da diese in natürlicher Harmonie stehen - den größtmöglichen Fortschritt der Gesamtheit bewirken, und die Tatsache, dass Kant den Träger aller Objektivität und Allgemeingültigkeit in unserem Denken und Handeln doch das Ich nennt und von diesem vernünftigen und moralischen Ich das persönlich-subjektive, das bei jedem ein anderes sei, aufs schärfste scheidet - dies sind nur zwei Ausstrahlungen eben desselben Prinzips: des Individualismus, der den Menschen ganz auf das eigene, von aller Bindung gelöste Ich stellt, dieses Ich aber als das allgemein menschliche, in allen gleiche und gleich wertvolle deutet.

Diese Vereinung von Freiheit und Gleichheit, oder, dasselbe anders ausgedrückt, von Individualität und Gleichheit, ging nun im 19. Jahrhundert in zwei ganz divergente Strömungen auseinander.

In allgemeinen Begriffen, die vieler Vorbehalte bedürfen, bezeichnen wir sie als die Tendenz auf Gleichheit ohne Individualität und auf Individualität ohne Gleichheit.

Die erstere, wesentlich im Sozialismus verkörpert, liegt hier außerhalb unseres Interesses; die andere hat die Art des Individualismus geschaffen, die, bei Fortbestand jener früheren, als die spezifisch moderne gelten kann und sich von Goethe über Schleiermacher und die Romantik bis zum Nietzscheanismus entwickelt.

Nachdem die prinzipielle Lösung des Individuums von den verrosteten Ketten der Zunft, des Geburtsstandes, der Kirche vollbracht war, geht sie nun dahin weiter, dass die so verselbständigten Individuen sich auch von einander unterscheiden wollen; nicht mehr darauf, dass man überhaupt ein freier Einzelner ist, sondern dass man dieser Bestimmte und Unverwechselbare ist, kommt es an.

Die Idealbildung des 18.Jahrhunderts forderte isolierte und im Wesen gleichartige Individuen, die zusammengehalten waren durch ein rational-allgemeines Gesetz und durch die natürliche Harmonie der Interessen.

Die für das 19. Jahrhundert charakteristische rechnete mit lauter arbeitsteilig differenzierten, zusammengehalten durch Organisationen, die gerade auf der Arbeitsteilung und dem Ineinandergreifen des Differenzierten beruhten.

Zu der Wirklichkeit der modernen Wirtschaft sind beide Prinzipien unentwirrbar zusammengewachsen. -

Gewiss soll Wilhelm Meister das »rein Menschliche« in allem Schicksal, Bildung, Innerlichkeit des Menschen herausstellen und zur Geltung bringen.

Und doch ist hier zum erstenmal eine Welt gezeichnet, die ganz auf die individuelle Eigenheit ihrer Individuen gestellt ist und sich nur durch sie organisiert.

Dies künstlerisch Anschauliche hat Schleiermacher abstrakt geformt: gewiss sei jedes Wesen Ausdruck und Spiegel des gesamten Weltseins, jeder Mensch ein Kompendium der Menschheit; aber er sei es in besonderer, unvergleichlicher Form.

Seine leidenschaftlichste Gegnerschaft gilt jenem Individualismus des 18. Jahrhunderts, der in einem jeden den » allgemeinen Menschen« sah.

Wer nur ein Mensch überhaupt sein wollte, sagt er, sich aber dagegen wehrte, dieser oder jener besondere zu sein, der würde sich gegen das Leben selbst wehren.

Eine nur ihm eigene Bedeutung, eine nur von ihm zu lösende Aufgabe kommt einem jeden zu.

So sehr Kant und Fichte die Unbeschränktheit, die unendliche Freiheit des Ich in den Mittelpunkt ihrer Normen stellten - in dem Inhalt der Werte, die es verwirklichen sollte, bestand doch Nivellement; die Gleichheit vor dem Gesetz, in dem Gesetz, beherrschte ihre Ethik.

Dass auch die Verschiedenheit des Menschlichen eine sittliche Forderung sei, dass jeder gleichsam ein besonderes Idealbild seiner selbst, das keinem anderen gleich ist, zu verwirklichen habe - das war eine ganz neue Wertung, ein qualitativer Individualismus gegenüber jenem, der allen Wert auf die Form des freien Ich legte.

Bei genauer Scheidung dieser beiden Lebensauffassungen, die man wegen des gemeinsamen Namens Individualismus so oft verwechselt, erklären sich manche tief gelegenen Vorgänge der Geistesgeschichte und ordnen sich den großen Strömungen derselben ein.

Wenn Kant den ganzen Wert der Menschen und alle Wertunterschiede zwischen ihnen ausschließlich in den Willen verlegt, so setzt dies im letzten Grunde voraus, dass das Sein der Menschen, das naturgegebene Fundament ihrer Entwicklung, bei allen ununterschieden ist.

Der etwas mechanische Gerechtigkeitsbegriff des 18. Jahrhunderts konnte nicht zugeben, dass dasjenige, wofür der Mensch nichts konnte, über seinen Wert entschiede; wenn er minderwertig ist, so muss er es sich ganz allein zuzuschreiben haben.

Dass der Wille allein allen Menschenwert trägt, ist also die konsequente Entwicklung jener Lebensauffassung, für die das letzte, unabänderliche Fundament der Menschen das in allen gleiche ist, so dass der Grund ihrer Wertdifferenz nicht in ihrem Sein, sondern oberhalb desselben, in dem variablen Element des Willens gesucht werden muss.

Im Gegensatz dazu hat Goethe das tiefste Gefühl für das Sein der Menschen und die Wertunterschiede, die damit von vornherein gegeben sind.

Die Romantik hat dies auf das lebhafteste aufgenommen.

Freilich hat die in die letzten Tiefen der individuellen Natur hinabreichende Differenzierung des Seins leicht einen mystisch-fatalistischen Zug, durch den sie sich der Romantik ebenso empfahl, wie sie sich damit dem hellen Rationalismus der Aufklärungsepoche entfremdete.

Endlich ist für Nietzsche diese Wertung des Seins und damit der elementare Unterschied zwischen Mensch und Mensch der eigentliche Drehpunkt des ethischen Interesses geworden.

Hier liegt vielleicht der tiefste Grund seines Hasses gegen den Kantischen Moralismus: nicht was die Menschen wirken, d. h. wollen, sondern was sie sind, begründet ihren Rang - er musste es als eine Gewalttat empfinden, das Sein zu egalisieren, zum höheren Ruhme des Willens und der moralischen Verantwortung.

»Die höhere Natur des großen Mannes«, sagt er, »liegt im Anderssein, in der Unmittelbarkeit, in der Rangdistanz - nicht in irgendwelchen Wirkungen, ob er auch den Erdball erschütterte.«

Der Unterschied des Individualismus, der sein Ideal in der Gleichheit und Gleichberechtigtheit der gesellschaftlichen Elemente sieht - gegen den anderen, für den die Unterschiede zwischen ihnen den ganzen Sinn der Menschheit ausmachen - jener konsequent eine formale Freiheit, dieser ein naturgegebenes Befehlen und Gehorchen predigend - hat hier seinen absoluten moralphilosophischen Ausdruck gefunden.

Eine merkwürdige und extreme Erscheinung in der Geschichte des Individualismus stellt sich jenseits beider Formen: Stirner, der nur die Tatsache der Individualität überhaupt zum Sinn des menschlichen Daseins macht, aber jeden Inhalt derselben, mag es der der Gleichheit oder der der Differenziertheit sein, als ganz gleichgültig ablehnt.

So wendet er sich einerseits gegen den Individualismus des 18.Jahrhunderts: »Die individuelle Freiheit,« sagt er, »über welche der bürgerliche Liberalismus eifersüchtig wacht, bedeutet keineswegs eine vollkommen freie Selbstbestimmung, sondern nur Unabhängigkeit von Personen, aber um so unterwürfiger ist man dagegen geworden gegen Gesetze.

Man wird in aller Form Rechtens geknechtet.«

Er klagt die Revolution an, nicht den einzelnen Menschen als solchen, sondern nur den Bürger, den politischen Menschen frei gemacht zu haben; nicht um jenen, sondern immer nur um ein Exemplar der Menschengattung, speziell der Bürgergattung habe es sich damals gehandelt.

»In Dir und Mir nichts weiter sehen als »Menschen«, wie eben der Rationalismus der Menschenrechte es tut, das heißt, die christliche Auffassung, wonach einer für den anderen nichts als ein Begriff (z. B. ein zur Seligkeit berufener) ist, auf die Spitze treiben«.

Zweifellos hat Stirner hiermit die schwachen Seiten des älteren Individualismus scharf gekennzeichnet: dass diese fundamental gleichen Gesellschaftsatome eigentlich keine Persönlichkeiten, sondern bloß isolierte Exemplare eines Allgemeinbegriffes sind und dass die formale Gleichheit vor dem Gesetz, der Stolz dieser Weltanschauung, die ärgste Vergewaltigung der Individualität nicht zu verhindern weiß.

Aber er verkannte die Größe der Leistung, die doch damit geschehen war: die Emanzipierung des Menschen aus verkünstelt und naturwidrig gewordenen Verbindungen, das jugendliche

Kraftgefühl, das in diesem Sich-Aufsichselbststellen lag, die ungeheure Aufgabe, gerade von dem Boden der fundamentalen Gleichheit aus ein wertvolles Leben und Sichentwickeln zu gewinnen.

Nun aber ist das Merkwürdige, dass Stirner darum keineswegs sich dem Individualismus der Differenziertheit zuneigt.

»Ich will nichts besonderes vor anderen haben oder sein,« sagt er, »ich messe mich nicht an anderen.

Ob andere ähnliches sind oder haben, was kümmert es mich? dasselbe können sie weder sein noch haben.«

»Der letzte und entschiedenste Gegensatz, der des Einzigen gegen den Einzigen, ist im Grunde über das, was Gegensatz heißt, hinaus. Du hast als Einziger nichts gemeinsames mehr mit dem anderen und darum auch nichts trennendes; der Gegensatz verschwindet in der vollkommenen Geschiedenheit.«

Vor dem Ich in seiner absoluten Einzigkeit sinken ihm dessen einzelne Qualitäten unter: nicht nach meinen Eigenschaften, sagt er, sondern als ich selbst will ich geachtet sein.

Die Einheit des Ich, für das die ganze Welt, seine eigenen Beschaffenheiten und Schicksale eingeschlossen, nur ein Gegenstand des Verbrauches ist, macht ihn gegen jeden Inhalt der Persönlichkeit gleichgültig: sowohl gegen das allgemeine Gesetz, das der ersten Form des Individualismus ihr Ideal gab, wie gegen die spezielle, unterschiedliche Qualifizierung, in der der Sinn der zweiten lag.

So hat Stirner die bloße Form des Individualismus seinen beiden Ausgestaltungen entgegengesetzt; der Gegensatz beider hat sich bei ihm allerdings aufgehoben, aber so, dass sie beide verneint wurden und als ihr caput mortuum nur das von jedem Inhalt entleerte, radikale gesetz- und gegensatzlose Ich des Egoismus zurückblieb.

Das Interesse der Stirnerschen Lehre liegt in der Reinlichkeit, mit der sie die Konsequenz des Individualismus nach seiner rein negativen Seite hin zieht.

Die große Aufgabe der Zukunft aber ist eine Lebens- und Gesellschaftsverfassung, die eine positive Synthese der beiden Arten des Individualismus schafft. das unhistorische Ideal des 18. Jahrhunderts mit seinen gleichen und gleichberechtigten, nur durch das allgemeine und bloß rationale Gesetz verbundenen Individuen in eine höhere Einheit mit dem des 19.Jahrhunderts zu fassen, das in der Differenz der Einzelnen, in der Eigengesetzlichkeit der Persönlichkeiten und in ihrer Organisierung durch das historische Leben seine geistesgeschichtliche Leistung fand.


 

Editorial:

Prof. Hans Geser
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