Georg Simmel und die
Frauen: Macht - Körper - Wissen
Beat
Bächi
2003
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung
2. Sach-
und Personalelement oder: Geld und Zeit
3. Beweis und
Existenzberechtigung
4. Objektivität und Wahrheit
5. Das Erkenntnisleben der
Frauen
6. Informelles
Traditionswissen: die Kolonisierung der häuslichen Lebenswelt
7. Schluss
8. Bibliographie
1.
Einleitung
«Die
künstlerischen Forderungen [...] die Gerechtigkeit des praktischen
Urteils und die Objektivität des theoretischen Erkennens [...] all diese
Kategorien sind zwar gleichsam ihrer Form und ihrem Anspruch nach
allgemein menschlich, aber in ihrer tatsächlichen historischen Gestaltung
durchaus männlich. Nennen wir solche als absolut auftretenden Ideen
einmal das Objektive schlechthin, so gilt im geschichtlichen Leben unserer
Gattung die Gleichung: objektiv = männlich.»
Mit diesem Zitat aus Georg Simmels Schrift ‘Das Relative und das
Absolute im Geschlechter-Problem’ beginnt ein Kapitel in Evelyn Fox
Kellers Buch ‘Liebe, Macht und Erkenntnis. Männliche oder weibliche
Wissenschaft?’. Damit stand Simmel, so Fox Keller, ausserhalb der
Konvention des akademischen Diskurses seiner Zeit - und Fox Keller selbst
stellt sich, allerdings ohne näher darauf einzugehen, auf die Seite
derjenigen Feministinnen, die durchaus die ‘fortschrittlichen’ Seiten
Georg Simmels anerkennen, dessen zahlreiche Schriften zur
Geschlechtersoziologie sehr unterschiedlich rezipiert wurden. Zentral für
die neueren Arbeiten zu Simmels (lange Zeit vernachlässigtem) Beitrag zur
Soziologie des Geschlechterverhältnisses ist ein Aufsatz von Lewis A.
Coser, der rege Diskussionen auslöste.
Wichtiger
Bezugspunkt für Simmels Analyse des Geschlechterverhältnisses ist seine
Theorie der sozialen und kulturellen Differenzierung. Entscheidend für
die gesellschaftliche Stellung der Frau war seiner Ansicht nach jene
geschlechtsspezifische Form der Arbeitsteilung, die im Verlaufe der
Neuzeit zu einer Verselbständigung der auf den Markt ausgerichteten
Produktion führte und diese im Rahmen einer entfalteten Geldwirtschaft
immer mehr in einen Gegensatz zu traditionellen Formen der Hauswirtschaft
brachte. Entsprechend der allgemeinen Logik der kulturellen
Differenzierung entstanden dadurch unterschiedliche Spielräume für die
jeweilige gesellschaftliche Position der Geschlechter. Die Produktion für
den Gelderwerb und der öffentliche Raum blieben im wesentlichen den
Männern vorbehalten, wohingegen die Frauen nach wie vor auf den
häuslichen Bereich, den privaten Raum, verwiesen waren und dort ihren
Platz für soziale Betätigungen fanden. Mit der industriellen Revolution
ging ein Bedeutungsverlust der traditionellen Form der Hauswirtschaft
einher, da der Haushaltung alle wichtigen ökonomischen Funktionen
genommen und zum Gegenstand von eigens dafür ausdifferenzierten
gesellschaftlichen Institutionen wurden, was zu einer Verschärfung der
geschlechtskodierten Trennung in öffentliche und private Räume führte.
Simmels
Rekonstruktion dieses übergreifenden soziokulturellen
Differenzierungsprozesses verdankt sich der Frage, was man gewinnt,
zugleich aber auch verliert, wenn man das traditionelle Verhältnis der
Geschlechter einer radikalen Gleichheitsforderung unterstellt. Bei der
Integration der Frauen in die Struktur der gesellschaftlichen
Arbeitsteilung (als eine mögliche Form der Emanzipation) wäre nach
Simmel kein unverwechselbarer Beitrag der Frauen zur Vermehrung der
objektiven Kultur, keine spezifisch weibliche Form der Produktivität
möglich. Sein Interesse galt deshalb weniger den
Emanzipationsvorstellungen der proletarischen Frauenbewegung. Mit seinen
Beiträgen zum Geschlechterverhältnis und zur Geschlechterdifferenz
steht er demjenigen Teil innerhalb der bürgerlichen Frauenbewegung der
Jahrhundertwende nahe, welcher neben der Forderung nach einer
rechtlichen, politischen und sozialen Gleichstellung der Frauen
besonders die Frage nach einem unverwechselbaren, eigenständigen
weiblichen Beitrag zur zukünftigen Gestaltung der gesellschaftlichen
Verhältnisse für wichtig erachtete.
Diese
Arbeit versucht folgende Aspekte in Simmels heterogenem Werk zur
Geschlechtersoziologie in den Blick zu bekommen: Was sagt uns der Beweis
über das soziokulturelle Geschlecht der Wissenschaft? Gibt es objektive
Kultur jenseits von männlich und weiblich? Weshalb hat ‘das andere
Geschlecht’ die Möglichkeit, anderes und anders zu sehen? Oder anders
gefragt: was haben das biologische Geschlecht (sex), das soziokulturelle
Geschlecht (gender)
und Erkenntnis miteinander zu tun? Welche Rolle spielt das Haus im
Konflikt zwischen den Geschlechtern und in demjenigen zwischen
subjektiver und objektiver Kultur? Die Behandlung dieser Fragen bedeutet
freilich auch, dass auf zahlreiche andere Themen in Simmels umfangreichem
Werk zum Verhältnis der Geschlechter nicht näher eingegangen werden
kann, wie beispielsweise auf seine Ausführungen zur «Koketterie»,
zur Prostitution,
zur «Soziologie
der Familie»
oder zur Geldheirat.
Die Arbeit
ist so aufgebaut, dass zunächst nach der Umgrenzung dessen gesucht wird,
was für Simmel das ‘Weibliche’ ist. Daran anschliessend soll versucht
werden zu beschreiben, welche Rolle dem Beweis für die Differenz zwischen
dem ‘Männlichen’ und dem ‘Weiblichen’ zukommt. Davon ausgehend
wird zu fragen sein, welchen Wahrheitsbegriff Simmel vertritt und welche
Rolle er dem biologischen Geschlecht (sex) und dem sozialen Geschlecht (gender)
bei der Erkenntnisproduktion zuweist. Bei der Erörterung der kulturellen
Formation des Hauses im Hinblick auf das Geschlechterverhältnis und die
geschlechtsspezifischen Rollen gilt es, die Bedeutung des informellen
Traditionswissens für die häusliche Lebenswelt zu untersuchen.
Inhalt
2.
Sach- und Personalelement oder: Geld und Zeit
Als
objektive Kultur bestimmt Simmel «all
das Ausgesprochene und Geformte, das ideell Bestehende und real Wirksame,
dessen Komplex den Kulturbesitz einer Zeit ausmacht».
Gemeint ist damit die Gesamtheit der historischen Produkte, materielle und
immaterielle, im weitesten Sinne Resultate von Tätigkeit und
schöpferischer Produktion. Dazu zählen auch gesellschaftliche
Verkehrsformen und Wechselwirkungen wie z.B. das Geld als Funktion und
Abstraktion gesellschaftlicher Beziehungen. Das zentrale «Problem»
stellt jedoch für Simmel die Frage dar, «in
welchem Masse, nach Ausdehnung und Intensität, die Individuen an jenen
Inhalten [des objektiven Geistes] teilhaben».
Dies ist das «Problem
der „subjektiven Kultur“».
Entsprechend
der Logik der kulturellen Differenzierung bildeten sich verschiedene
gesellschaftliche Räume aus.
Diesbezüglich stellt sich die Frage, weshalb vorwiegend Männer im
arbeitsteilig organisierten ökonomischen Systems und im öffentlichen
Raum in Erscheinung treten. Simmels nicht weiter begründete Antwort auf
diese Frage lautete: «Arbeitsteilung
aber ist, wie die ganze Geschichte der Arbeit zeigt, offenbar dem
männlichen Wesen unvergleichlich viel adäquater als dem weiblichen.»
Den Frauen weist Simmel aufgrund ihrer «Natur»
die Rolle der Hausfrau und den privaten Raum der häuslichen Lebenswelt
zu: «Noch
heute, wo gerade sie dem Haushalt eine grosse Anzahl differenter Aufgaben,
die früher in seiner Einheit erfüllt wurden, entzogen hat, ist die
Tätigkeit der Hausfrau eine mannigfaltigere, weniger spezialistisch
festgelegte, als irgend ein männlicher Beruf. [...] Diese männliche
Fähigkeit, sich durch eine arbeitsteilige, keine seelische Einheit in
sich tragende Leistung gerade deshalb sein persönliches Sein nicht
zerreissen zu lassen, weil er die Leistung in die Distanz der
Objektivität stellt - gerade diese scheint der weiblichen Natur zu
mangeln [...]».
Die Frauen scheinen bei Simmel durch ihr biologisches Geschlecht, durch
ihre «Natur»,
endgültig festgelegt zu sein. Simmel versucht nirgends zu zeigen, dass es
gerade nicht historisch gewachsene Verhältnisse und ihre Rückwirkungen
auf die Persönlichkeit sind - wie er dies hinsichtlich der Männern
durchaus beachtet -, die er als «überhistorische»
Eigenart festsetzt. In ‘Weibliche Kultur’ hatte er jedoch geschrieben,
dass die Beschränkung der Tätigkeitssphäre der Frauen auf das Haus
historisch sei.
Und, obwohl Simmel die Frauen mit Zeit assoziiert, liest er aus dem «fundamental
einheitlichere[n] Wesen der Frau»
ab, dass diese «notwendig
das unhistorischere [...]»
Geschlecht seien.
Hinsichtlich
der Männern erachtet er die Stellung in der Gesellschaftsstruktur, die
‘Klassenzugehörigkeit’, als durchaus wichtig für ihre individuelle
Persönlichkeit. Nicht zuletzt die Werkzeuge - besonders die Maschine
als «Totalität»
- wirken auf die Persönlichkeit des Arbeitenden zurück. Da die Frauen
nicht in die arbeitsteilig organisierte (Waren-) Produktion integriert
sind, ist es ihnen nicht möglich, die «Distanz
der Objektivität»
zu erreichen. Sie können keine Waren für den Markt herstellten; sie
bleiben innig mit den von ihnen geschaffenen Leistungen verbunden. Von
dem, was sie erzeugen, können sie sich nicht über ein Medium wie das
Geld trennen - zumal das von ihnen erzeugte für Simmel wesentlich das ‘Gezeugte’
ist.
Simmel sah
die moderne Arbeitsteilung geprägt von der entschiedenen «Prärogative»
des «Sachelements»
vor dem «Personalelement».
Diese Entgegensetzung geht einher mit weiteren dichotomischen
Gegenüberstellungen wie derjenigen von Form und Leben,
von objektiver und subjektiver Kultur, von Individuum und Typus, von
Dauer und Verfliessen. Welche der jeweiligen Kategorien den Frauen
zugewiesen wird, macht die folgende Stelle deutlich: «Alle
Kulturgebilde, nach deren Produktion hier gefragt wird, haben den
Charakter der Dauer, sie stehen ihrem Sinne nach jenseits des
individuellen Lebens und seines zeitlichen Verfliessens. Vielleicht aber
ist diesem Schaffenstypus die ganze Art und der Rhythmus des weiblichen
Wesens prinzipiell fremd. Er trägt vielleicht, viel stärker als der
Mann, den Charakter des Fliessenden, in der Forderung des Tages
Aufgehenden, auf das bloss individuelle Leben Gerichteten.»
Über diese Bestimmung des weiblichen Wesens verläuft auch Simmels
Begründung, weshalb die Frau Hausfrau ist beziehungsweise sein
soll: «Daß
man sich die so angedeutete kulturelle Formation des Hauses nicht oft klar
gemacht hat, liegt an den flüssigen, labilen, dem Tage und den Personen
dienenden Einzelheiten seiner Erscheinung worüber man die objektive
Kulturbedeutung der Form, in der das Haus die Synthese dieser fließenden,
verfließenden Leistungen vollzieht, übersehen hat. Immerhin ist das,
was das "Haus" über die Summe seiner momentanen Leistungen
hinaus und als deren eigenartige Formung an Dauerwerten von Einwirkungen,
Erinnerungen, Lebensorganisation besitzt, in einer radikaleren Weise mit
dem variablen und persönlichen Leben von Stunde und Jahr verknüpft, als
es bei objektiven Kulturleistungen männlicher Herkunft der Fall ist.»
Analog der
konfliktiven Grundstruktur zwischen objektiver und subjektiver Kultur
bestimmt Simmel den Mann als versachlichtes, spezialisiertes, objektives
Individuum, weshalb ihm Geld - «das
zur Substanz erstarrte Gelten»
- zugeordnet wird. Die Frau als Typus trägt «den
Charakter des Fliessenden»,
sie ist mit dem «persönlichen
Leben von Stunde und Jahr verknüpft».
Die Frau als Mutter wird modelliert als Mittlerin - sozusagen als
Nabelschnur - zwischen subjektiver und objektiver Kultur. Diese Funktion
kann sie jedoch nur erfüllen, wenn ein Rest von unentgeldlichter Zeit als
dem Austauschmedium menschlicher Beziehungen, das sich in seiner
Unreduzierbarkeit und Universalität - noch - dem allgemeinen
Austauschmedium Geld und seiner Dominanz am Markt widersetzt, erhalten
bleibt. Denn es gibt Residuen von Beziehungen, in denen die Naturwährung
Zeit nur gegen Zeit getauscht werden kann und in denen die Norm der
Reziprozität den Grundton des menschlichen Beisammenseins bestimmt.
Hierzu ist die persönliche Anwesenheit eine Vorbedingung; die Vermittlung
von gekaufter Ersatzzeit über Geld ist hier nicht ohne weiteres möglich.
Indem sich einige Augenblicke mitmenschlicher Zeit dem Geldnexus zu
entziehen vermögen, erhalten sie eine Bedeutung, welche sie als
unverwechselbar herausheben. «Was
die Frauen geben, ist, paradox gesagt, ein Unmitteilbares, ein in ihnen
verbleibendes Sein [...]».
Die Vermittlung über Objektivierung ist im privaten Raum des Hauses nicht
möglich; was hier gegeben wird, ist sowohl unmitteilbar als auch
unmittelbar. Die Frauen leben bei Simmel «ihre
Lebensinhalte nicht in eine gleichsam ihr äußere Form»
hinein. Die Männer gelten durch das Medium des wirtschaftlichen Systems,
das Geld, dem zur Selbständigkeit gelangten Ausdruck des wirtschaftlichen
Verhältnisses,
während die Frauen aus sich selbst heraus gelten; der «weiblichen
Natur»
entspricht Zeit als Naturwährung persönlicher Verhältnisse.
Inhalt
2.1
Das andere Geschlecht
Simmels
Erörterung der Geschlechtersoziologie ist nicht von der Frage nach der
Möglichkeit einer quantitativen, sondern nach derjenigen einer
qualitativen Mehrung der Kultur getragen. «Nach
dem - sicherlich sehr großen - praktischen und sozialen Wert des
weiblichen Arztes, der eben dasselbe kann und tut wie der männliche,
steht hier nicht die Frage, sondern ob von ihm eine solche qualitative
Mehrung der medizinischen Kultur, wie sie durch männliche Mittel nicht
erreichbar ist, zu erwarten ist.»
Diese Feststellung trifft aber nicht nur auf der praktischen Ebene
zu: «Hier
könnten also vielleicht auch in rein theoretischem Sinne die Frauen
vermöge ihres Geschlechtes etwas leisten, was dem Manne versagt ist.»
Wie Simone
de Beauvoir hervorgehoben hat, muss die Männlichkeit die Frau als das ‘Andere’
konstruieren, während Weiblichkeit (als Konstrukt) all das in sich
aufnimmt, was als nicht-männlich definiert wird. Dies trifft auch auf
Simmels Erörterungen des Geschlechterverhältnisses zu. Für Simmel
ist «das
Weibliche als solches, das, was kein Mann kann».«Freilich
kann hier konsequenterweise nur ein ganz radikaler Dualismus helfen: nur
wenn man der weiblichen Existenz als solcher eine prinzipiell andere
Basis, eine prinzipiell anders gerichtete Lebensströmung als der
männlichen zuerkennt, zwei Lebenstotalitäten, jede nach einer völlig
autonomen Formel erbaut - kann jene naive Verwechslung der männlichen
Werte mit den Werten überhaupt weichen.»
Hier zeigt sich, dass Simmel eine prinzipielle, unüberwindliche
Verschiedenheit zwischen dem «männlichen»
und dem «weiblichen
Prinzip»
als unumstössliche Tatsache ansieht. Dabei unterscheidet er jedoch scharf
zwischen Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit. «Je
radikaler auf diese Weise männliches und weibliches Wesen
auseinandertreten, desto weniger folgt aus dieser Spaltung die -
gewöhnlich von ihr abgeleitete - Deklassierung der Frauen, desto
autonomer erhebt sich ihre Welt auf einem völlig eignen, mit der
männlichen Welt nicht geteilten und von ihr nicht entlehnten Baugrund
[...]».
Für die
weitere Rekonstruktion der Ansichten Simmels hinsichtlich des
Geschlechterverhältnisses gilt es zu beachten, dass Simmel vom «Baugrund»
beziehungsweise von der «Basis»
spricht. Meint er damit den Körper, die Organe als Materialisierung des
biologischen Geschlechts? Auffällig ist zudem, dass er die Autonomie der
beiden Geschlechter betont. Diesbezüglich stellt sich die Frage, ob er
die Frauen von den gesellschaftlichen Wechselwirkungen ausnimmt. Wenn
die fortschreitende Differenzierung der Gesellschaft die Ursache der
Differenzierung der Individuen ist, dann müsste eine solche Entwicklung
an jedem Mitglied der Gesellschaft zum Ausdruck kommen, da alle gemäss
Simmels soziologischer Theorie der Wechselwirkungen zueinander in
wechselseitiger Beziehung stehen. Somit würde sich auch die durch die
arbeitsteilig organisierte Produktionsweise bedingte Spezialisierung und
Vereinseitigung der männlichen Gesellschaftsmitglieder, vermittelt über
den gesellschaftlichen Umgang mit ihnen ausserhalb des ökonomischen
Systems, auf die Frauen auswirken, womit nicht erst die Erwerbstätigkeit
eine Veränderung des Gefühlslebens «von
ganz unberechenbaren Folgen»
bewirken würde.
Inhalt
3.
Beweis und Existenzberechtigung
«Vollkommen
aber zeigt sich die Eingestelltheit des Mannes auf den "Beweis"
erst in ihrer Erstreckung über das theoretische Gebiet hinaus: er muß
nicht nur die Welt sich, sondern auch sich der Welt beweisen, mit Taten,
Werken, Wesensoffenbarungen. Mag hierin das Verlangen nach einer tief
ethischen Rechtfertigung seines Anspruchs auf Existenz liegen; allein die
Form - und wahrscheinlich mehr als die Form - dieser Rechtfertigung ist
logischer Natur, ganz abweichend von dem unmittelbaren, beruhigten
Wissen um das Sein und sein Recht, wie es den Frauen über sich selbst und
über andere eigen ist. Darum lächeln sie oft über die Leidenschaft des
Mannes, sich zu beweisen, besonders wenn er damit Eindruck auf sie zu
machen glaubt.»
Den Frauen spricht Simmel offenbar ihr «Wissen
um das Sein und Recht»
ihrer Existenz vermittels der biologischen Tatsache zu, dass sie Kinder
gebären können, weshalb ihre Rechtfertigung des Anspruchs auf Existenz
für Simmel unmittelbar ist. Somit könnte man sagen, dass Simmel nicht
von einem ‘Penisneid’ ausgeht, sondern sozusagen von einem ‘Gebärneid’,
der die Männer dazu treibt (und weiterhin treiben wird), einen formalen,
logischen Beweis für ihre Existenzberechtigung zu liefern. Dieser
Existenz-Beweis liegt im die Welt sich beweisen. Damit zeigt sich für
Simmel, dass Wissenschaft (als Sich-die-Welt-beweisen) und der
soziokulturelle, männliche Existenzbeweis (das Sich-der-Welt-beweisen)
wechselseitig aufeinander verweisen. Die Sublimierung der «männlichen
Energien»
führte zur Etablierung eines Wissenschaft genannten theoretischen
Gebietes. Wissenschaft ist nach Simmel also deshalb männlich, weil nur
die Männer ihren Anspruch auf Existenz logisch rechtfertigen, beweisen
müssen. Dies führt auch dazu, dass Wissenschaft für Simmel eine
soziale, kulturelle Tätigkeit ist. Durch diese Einsicht ergibt sich für
ihn die Möglichkeit, Wissenschaft soziologisch zu erforschen, wobei er
der Rolle des Geschlechts - die Frage, ob es sich hier um das biologische
oder das soziale Geschlecht handelt, soll weiter unten genauer erörtert
werden - im Prozess der Erkenntnisproduktion eine zentrale Bedeutung
zumisst. Um Simmels Ausführungen zum Zusammenhang von Geschlecht und
Erkenntnis besser nachvollziehen zu können, müssen wir uns zunächst
seinen Ausführungen zu «Objektivität»
und «Wahrheit»
zuwenden.
Inhalt
4.
Objektivität und Wahrheit
«Die
Erkenntniskritik hat die Falschheit und Oberflächlichkeit jenes Realismus
herausgestellt, für den die wissenschaftliche Geschichte eine möglichst
photographische Wiedergabe des Geschehens ist, "wie es wirklich
war", ein Hineinschütten der unmittelbaren Realität in das
wissenschaftliche Bewußtsein.»
Was das erkennende Subjekt als ‘Realität’ wahrnimmt, ist keine
photographische Wiedergabe, keine Spiegelung der Dinge an sich.
Erkenntnisse und Wissensbestände sind nicht ein Abbild von Realität.
Erkennen ist Interaktion mit der Umwelt. Eine naturalistische
Repräsentation oder Reproduktion von Wirklichkeit ist unmöglich; der
Gegenstand ergibt sich für die Betrachterin oder den Betrachter erst in
der gedanklichen Beschäftigung mit ihm. «Aber
auf der Basis des bisher Angedeuteten scheint nun das weitere
festzustehen: daß unbezweifelte äußere Tatsachen eine prinzipiell
überhaupt nicht begrenzte Zahl psychologischer Unterbauten zulassen;
innerhalb eines Spielraums, den freilich phantastische und in sich
brüchige Konstruktionen umgeben, wird das gleiche äußere Bild in
verschiedenen Seelen verschiedene innere, d.h. jenes Äußere vom
Seelischen her deutende Bilder hervorrufen können, die alle gleich
berechtigt sind.»
Nach
Simmel ist «Wahrheit»
ein «Verhältnisbegriff»
oder ein «Relationsbegriff».
Oder etwas provokativer gewendet: «Relativität»
ist das «Wesen
der Wahrheit selbst».
Erkennen sei «ein
freischwebender Prozess, dessen Elemente sich gegenseitig ihre Stellung
bestimmen».
Somit können wir niemals wissen, «welches
nun diese absolute Erkenntnis sei»,
so dass die uns zugänglichen Inhalte der Gesetzlichkeiten «immer
historisch bedingt sind».
Dass die Inhalte einem historischen, kulturellen Wandel unterliegen,
begründet Simmel evolutionstheoretisch. Die Welt leiste uns auf unser
praktisches Handeln bestimmte Rückwirkungen «in
der richtigen, d.h. uns nützlichen Weise, wie sie eben solche auch den
Tieren leistet, deren Verhalten durch völlig abweichende Bilder von eben
derselben Welt bestimmt wird. [...] Dies ist doch eine höchst auffallende
Tatsache: Handlungen, auf Grund von Vorstellungen vorgenommen, die mit
dem objektiv Seienden sicherlich keinerlei Gleichheit besitzen, erzielen
aus diesem Erfolge von einer solchen Berechenbarkeit, Zweckmässigkeit,
Treffsicherheit, dass sie bei einer Kenntnis jener objektiven
Verhältnisse, wie sie an sich wären, nicht grösser sein könnten,
während andere Handlungen, nämlich die auf „falsche“ Vorstellungen
hin erfolgenden, in lauter reale Schädigungen für uns auslaufen.»
Ohne Simmel eine platte Gleichsetzung des Wahren mit dem Nützlichen
unterstellen zu wollen, kann dennoch festgehalten werden, dass die
Handlungsrelevanz des Erkennens ein zentraler Bezugspunkt seiner
erkenntnistheoretischen Konzeption darstellt. Deshalb gibt es für Simmel
kein anderes «definitives
Kriterium für die Wahrheit einer Vorstellung vom Seienden, als dass die
auf sie hin eingeleiteten Handlungen die erwünschten Konsequenzen
ergeben.»
Die Gültigkeit der Erkenntnisse ergibt sich «nur
in Beziehung auf bestimmte physisch-psychische Organisationen, ihre
Lebensbedingungen und die Förderlichkeit ihres Handelns.»
Die Erkenntnisse sind somit vom Wesen des erkennenden Subjekts abhängig,
wobei die physisch-psychische Organisation des erkennenden Organismus’
selbst wiederum von der Umwelt, mit welcher er interagiert, abhängig ist.
Wenn als
absolut auftretende Ideen («das
Objektive»)
und die «Objektivität
des theoretischen Erkennens»
in seiner tatsächlichen historischen Gestaltung nicht allgemein
menschlich, sondern männlich sind,
heisst das, dass es keine geschlechtslose objektive Kultur gibt
beziehungsweise geben kann? «Hier
gilt es nun zunächst die Tatsache festzustellen, daß die Kultur der
Menschheit auch ihren reinen Sachgehalten nach sozusagen nichts
Geschlechtsloses ist und durch ihre Objektivität keineswegs in ein
Jenseits von Mann und Weib gestellt wird. Vielmehr, unsre objektive Kultur
ist, mit Ausnahme ganz weniger Gebiete, durchaus männlich.»
Im Gegensatz zur griffigen Formel «objektiv
= männlich»
tönt hier Simmel an, dass es durchaus Ausnahmen gibt. «Die
Mathematik besitzt eine Abstraktheit, die über alle psychologische
Differenziertheit der Menschen hinaus ist [...]»;
oder wie er in der überarbeiteten Version von ‘Weibliche Kultur’
von 1911 schreibt: «[...]
das sublimierteste Gebilde der Geisteskultur, die Mathematik, steht
vielleicht mehr, als irgend ein anderes Geistesprodukt jenseits von
Männlich und Weiblich, ihre Gegenstände geben nicht den geringsten
Anlaß zu differentiellen Reaktionen des Intellekts.»
Es gibt nach Simmel also ein Kontinuum von «Gebilden
der Geisteskultur»,
das von «männlich»
bis allgemein menschlich reicht, wobei die Erkenntnisse auf dem Gebiete
der Mathematik am ehesten als unbeeinflusst vom Geschlecht des
Wissenschaftlers beziehungsweise der Wissenschaftlerin erscheinen.
Inhalt
5.
Das Erkenntnisleben der Frauen
Es gibt
zahlreiche Gebiete hinsichtlich derer Simmel seine Gleichung «objektiv
= männlich»
aufrechterhielt. Diesbezüglich soll nun gefragt werden, inwiefern Simmel
die Ergebnisse dieser Wissenschaftszweige als durch das Geschlecht
beeinflusst sieht. «Von
derselben Voraussetzung aus, daß von einem verschiedenen Sein auch ein
verschiedenes Erkennen getragen wird, könnte die weibliche Psyche der
historischen Wissenschaft mit spezifischen Leistungen dienstbar werden.»
In Anlehnung an Marx’ Feststellung, dass das Sein das Bewusstsein
bestimme, stellt Simmel fest, dass das Sein die Erkenntnis bestimmt. Aber
in welchem Sinne ist hier ‘Sein’ zu verstehen? Geht es Simmel um die
Stellung des erkennenden Subjekts in der Gesellschaftsstruktur oder um die
Abhängigkeit der Erkenntnisproduktion vom biologischen Geschlecht?
«Die
Frauen als solche haben nicht nur eine andere Mischung jener Gleichheit
und Ungleichheit mit den historischen Objekten, als die Männer und
dadurch die Möglichkeit, anderes zu sehen als diese, sondern durch
ihre besondere seelische Struktur auch die Möglichkeit, anders zu
sehen.»
Es geht Simmel also um die Distanz, welche die Frauen infolge ihrer
Stellung innerhalb der Gesellschaft zu den historischen Objekten haben,
und deren Auswirkungen auf die (historische) Erkenntnis. Nicht zuletzt
bedeutet dies, dass der soziale Ort im Gesellschaftsgefüge einen Einfluss
auf das Erkennen und das Erwerben von Wissensbeständen hat. Die durch
die «Machtstellung
der Männer»
gegebene marginale Stellung, die Distanz zu den Zentren der verschiedenen
Gesellschaftssysteme, verändert die Perspektive und die Sicht auf die
Erkenntnisobjekte. Nicht nur die Genusidentität ist kulturell vermittelt
und entfaltet sich im Sozialisationsprozess, sondern auch «Objektivität»: «Das
praktische Verhältnis zu den Dingen [...] erzeugt eine ganze andere Art
von Objektivität».
Das über das soziokulturelle Geschlecht vermittelte «praktische
Verhältnis zu den Dingen»
wirkt auf das Objektivitätsverständnis der erkennenden Subjekte zurück.
Auch das Erkenntnisinteresse ist ein anderes. Nicht nur was zum Objekt der
Wissenschaft wird ist durch das soziale Geschlecht bestimmt, sondern auch
die blinden Flecken der Wissenschaft. Frauen stellen andere Fragen als
Männer und interessieren sich für andere Aspekte, weshalb sie die
Möglichkeit haben, «anderes
zu sehen».
Outsider sehen anderes (und anders) als insider.
In den folgenden Abschnitten soll der Frage nachgegangen werden, was
Simmel meint, wenn er sagt, dass die Frauen die Möglichkeit
hätten, «anders
zu sehen».
Zur Rolle
des Unbewussten bei der Erkenntnisproduktion schreibt Simmel: «Auch
im Erkenntnisleben stellt sich nach langandauernder Übung im bewussten
Denken und Forschen schließlich eine gewisse Unbewusstheit dadurch ein,
dass lange Schlussreihen, vermöge der gewachsenen Denkübung mit
außerordentlicher Schnelligkeit und in entsprechender Verdichtung
vollzogen werden, so dass das Resultat wie durch einen glücklichen Takt,
einen sicheren Instinkt für das Richtige eingegeben scheint.»
Hier sieht Simmel eine Öffnung für das Eindringen dessen, was er «Wesen»
nennt ins «Erkenntnisleben»: «Allein
der Wert dieser Unbewusstheit ist doch von den psychischen Ereignissen
abhängig, die ihr in bewusster Form vorangegangen, jetzt ihren Inhalt und
ihre Richtung bestimmen; indem wir diese Genesis der unbewusst ahnenden
Form des Denkens, die dann allerdings gewissermaßen seine höchste
Vollendung bezeichnet, voraussetzen, gewinnt das Erkenntnisleben der
Frauen in der nachtwandlerischen Sicherheit ihrer Instinkte und ihres
Taktes für unsere Beurteilung einen Vorsprung, den aber ein näheres
Zusehen, sowohl a priori wie a posteriori, ebenso oft als einen Sprung
nach der falschen wie nach der richtigen Seite zeigt.»
Da nebst
dem Unbewussten auch implizites
und subjektives Wissen bei der Erkenntnisproduktion eine Rolle spielen,
ergibt sich für Simmel hier die Möglichkeit eines weiteren Einflusses
des «Wesens».
Allerdings kann es (in bezug auf die medizinische Wissenschaft) nur dann
zu einer Mehrung der Diagnose- und Therapiemöglichkeiten kommen, wenn man
mit Simmel bereit ist, das «Wesen»
der Frauen als instinktiv und gefühlsmässig zu bestimmen. Den spezifisch
weiblichen Beitrag in der Medizin sieht Simmel nämlich in der Ergänzung
der objektiven, männlichen Diagnose- und Therapieverfahren durch
subjektives Wissen: «Und
das scheint mir daraufhin zu bejahen, daß sowohl Diagnose wie Therapie zu
einem nicht kleinen Teile von dem Nachfühlen des Zustandes des
Patienten abhängt. Die objektiv-klinischen Untersuchungsmethoden kommen
oft an ein frühes Ende, wenn sie nicht ergänzt werden durch ein entweder
unmittelbar-instinktives, oder durch Äußerungen vermitteltes,
subjektives Wissen um den Zustand und die Gefühle des Kranken.»
Kulturelle
Gebilde menschlicher Intelligenz und Schaffenskraft (ent)stehen im
Spannungsfeld von sich äusserndem Leben und dessen Artikulation in den
Formen. Gerade die Vermittlung des Wissens durch «Äusserungen»
stellt aber in Simmels Werk ein zentrales Hindernis hinsichtlich einer
qualitativen Mehrung der objektiven Kultur durch Frauen dar. Gleichsam als
Antizipation des ‘linguistic turn’ können seine Bemerkungen zur
Bedeutung der Sprache (als Form) im Erkenntnisprozess gelesen werden.
Seine häufig wiederholte Feststellung, dass «die
Sprache und Begriffsbildung in der Hauptsache auf männliches Wesen
eingestellt ist»,
gilt es ernstzunehmen, da die Generierung von (subjektiven) Wirklichkeiten
zu einem wichtigen Teil über Sprache vermittelt ist. Sprache als
geronnenes, festgefügtes Produkt der geschichtlichen Entwicklung,
Sprache als Form ist für ihn männlich. Sprache als Medium der
Kommunikation und der Tradierung von Wissen widersetzt sich der «formlos
strömenden geistigen Kraft»,
die dem ‘Weiblichen’ bei Simmel entspricht: «
[...] selbst das reine Gedankengebilde zeigt die Begrenzung der an sich
formlos strömenden geistigen Kraft durch die Notwendigkeiten der Logik,
der Sachverhalte, der Sprache.»
Das spannungsgeladene Verhältnis von Leben und Form,
von weiblich und männlich, manifestiert sich anhand der Sprache. Deshalb
wäre, um aus den weiblichen Erfahrungen Sinn zu generieren, ein radikal
neuer konzeptioneller Rahmen notwendig - wie dieser beschaffen sein
könnte zeigt Simmel jedoch nicht.
Inhalt
5.1
Sex und Gender
Simmel
versucht zwischen dem Anspruch auf objektive Wahrheit und den subjektiven
und partiellen Perspektiven der sozial Handelnden zu vermitteln, in dem er
seinen (pragmatisch gewendeten) Begriff von Wahrheit biologisch
beziehungsweise evolutionstheoretisch unterfüttert.
Mit den Organen, die das Vorstellen bedingen und formen, entwickelt sich
auch das, was als «Wahrheiten»
jeweils Inhalt der Vorstellungen ist. Dies wirkt sich auch auf Simmels
Behandlung der geschlechtsspezifischen Erkenntnis aus, da somit auch der
Körper und seine Organe eine wesentliche Rolle im Erkenntnisprozess
spielen. Die Frauen deuten «das
Dasein»
von ihrem «Wesensapriori»aus
anders als die Männer; jedoch, wie Simmel betont, «ohne
daß diese beiden Deutungen der einfachen Alternative: Wahr oder Falsch»
unterliegen.
Dem
Körper als Materialisierung des biologischen Geschlechts weist er eine
zentrale Bedeutung bei der Erkenntnisproduktion zu: «Es
drängt sich also die Konsequenz auf, daß Frauen gegenüber der weibliche
Arzt nicht nur oft die genauere Diagnose und das feinere Vorgefühl für
die richtige Behandlung des einzelnen Falles haben wird, sondern auch rein
wissenschaftlich typische Zusammenhänge entdecken könne, die dem Mann
unauffindbar sind, und so zu der objektiven Kultur spezifische Beiträge
leisten würde; denn die Frau hat eben an der gleichen Konstitution
ein Werkzeug der Erkenntnis, das dem Mann versagt ist.»
Der Körper als Erkenntniswerkzeug ist die biologischen Grundlage für die
‘Entdeckung’ wissenschaftlicher Zusammenhänge. Implizites Wissen
ist hier in einem eminenten Sinne inkorporiertes Wissen. Diese
Betrachtungsweise ist meines Erachtens nicht nur hinsichtlich der
medizinischen Wissenschaft aufschlussreich für Simmels Konzeption des
Zusammenhangs zwischen Geschlecht und Erkenntnis.
In der
ersten Fassung von ‘Weibliche Kultur’ aus dem Jahre 1902 sieht Simmel
das kulturelle Geschlecht (gender) der Frauen als vollständig durch das
biologische Geschlecht (sex) bestimmt: «Unzweifelhaft
ist die physiologisch-sexuelle Beschaffenheit mit den unmittelbar von ihr
ausstrahlenden psychischen Begleiterscheinungen und Trieben die Quelle
auch der vergeistigtsten und sublimiertesten Eigenheiten der weiblichen
Seele.»
Hier nimmt er Gedanken aus ‘Zur Psychologie der Frauen’ wieder auf
und führt die soziokulturellen Äusserungen der Frauen vollständig auf
ihr biologisches Geschlecht zurück. Die «physiologisch-sexuelle
Beschaffenheit»
ist die «Quelle
auch der vergeistigtsten und sublimiertesten Eigenheit der weiblichen
Seele».
Mit seinem zunehmenden Interesse für die Zusammenhänge zwischen den
Kategorien des sozialen und des biologischen Geschlechts tritt dann
allerdings eine Verschiebung in seinem Werk auf. In der überarbeiteten
Version von ‘Weibliche Kultur’ schreibt er 1911, «
[...] daß keineswegs alles, was der Mensch tut und lebt, sich aus jenem
letzten Grund seines Weibtums oder Manntums entwickelt.»
Simmel scheint zwischen 1902 und 1911 verstärkt auf die Bedeutung der
sozialen Überformung des biologischen Geschlecht aufmerksam geworden zu
sein. Der Mensch als soziales und kulturelles Wesen erscheint nun
keineswegs mehr als vollständig durch sein biologisches Wesen
determiniert - allerdings führt er nicht genauer aus, was von alldem, was
der Mensch tut und lebt, nicht von ‘Weibtum’ oder ‘Manntum’
bestimmt wird. Als Beispiel erwähnt er das Verhältnis zum Raum: «Es
läßt sich - bis Psychophysik und Ästhetik sehr viel weiter
fortgeschritten sind - nur tastend und beweislos darauf hinweisen, daß
die Frau wohl ein anderes Verhältnis zum Raum hat als der Mann - was
ebenso aus ihrer überhistorischen physisch-psychischen Eigenart wie aus
der historischen Beschränkung ihrer Tätigkeitssphäre auf das Haus
hervorgehen mag.»
Anhand dieses Beispiels zeigt sich, dass er nun sowohl die
überhistorische physisch-psychische Eigenart (also das, was heute als ‘sex’
bezeichnet wird) als auch die historischen, wandelbaren Aspekte von ‘Geschlecht’
(gender) - hier die historische Beschränkung der Tätigkeitssphäre der
Frauen auf das Haus als einem zentralen Aspekt ihrer Stellung in den
Sozial- und Machtstrukturen und damit ihres sozialen Geschlechts - ernst
nimmt. Dass dieses Beispiel nicht eine Nebensächlichkeit betrifft wird
deutlich werden, wenn wir uns seinen Gedanken zur kulturellen Formation
des Hauses zuwenden werden.
Inhalt
5.2 Die
Nerven im ‘nervösen Zeitalter’
Die «Steigerung
des Nervenlebens»,
welche den «Typus
des Grossstädters»
kennzeichnet, gehe aus dem «raschen
und ununterbrochenen Wechsel äusserer und innerer Eindrücke»
hervor. Die Grossstädte als «Sitze
der Geldwirtschaft»,
so Simmel, heben sich durch einen «tiefen
Gegensatz gegen die Kleinstadt und das Landleben, mit dem langsameren,
gewohnteren, gleichmässiger fliessenden Rhythmus ihres
sinnlich-geistigen Lebensbildes»
ab. Diese von Geldwirtschaft und «Verstandesherrschaft»
geprägten sozialen Orte haben auch die «allgemeine
Verbreitung der Taschenuhren bewirkt»,
nicht zuletzt, weil hier nur noch der «Tauschwert»
von Bedeutung ist. Die Welt ist in der Grossstadt schon fast dem «Ideale
der Naturwissenschaft»
gemäss in ein «Rechenexempel»
verwandelt. Die «rechnerische
Exaktheit des praktischen Lebens»
verlangt auch die exakte Objektivierung von Zeit. Diese von Geld und Uhren
bestimmte Welt entspricht offenbar dem «Rhythmus»
der Männer und ihren spezifischen «Energien».
Der
grossstädtische Lebensstil wirkt sich aber auch auf die «innere
Rhythmik»
der Frauen aus. Der Stil des Lebens als Quelle von Wandel kommt als
endogene Dynamik, als Prozess, der in sich selbst spannungsgeladen ist, in
den Blick. Das «spezifisch
„ungeduldige“ Tempo des modernen Lebens»
interagiert mit der «physiologische[n]
Grundlage unseres Wesens».
Erkennbar wird dies, gerade in bezug auf die Frauen, anhand der
Mode. «Der
Wechsel der Mode zeigt das Mass der Abstumpfbarkeit der Nervenreize an; je
nervöser ein Zeitalter ist, desto rascher werden seine Moden wechseln,
weil das Bedürfnis nach Unterscheidungsreizen, einer der wesentlichen
Träger aller Mode, mit der Erschlaffung der Nervenreize Hand in Hand
geht.»
Gerade das «Wesen»
der Frauen, ihr spezifischer Rhythmus und ihre Energien, scheinen für
Simmel durch das gesteigerte Tempo, die Geldwirtschaft und die
Objektivierung und Entpersönlichung von Zeit bedroht zu sein. Deshalb
erstaunt es nicht, wenn Simmel beim Hinweis auf die Vorteile der «Konstitutionsanalogie
zwischen dem Arzte und dem Kranken»
der «Nervenarzt»
in den Sinn kommt, der ihm einmal gesagt haben soll, «dass
man gewisse nervöse Zustände erst dann ärztlich ganz durchschauen
könnte, wenn man selbst einmal ähnliche erlebt habe.»
Das ‘nervöse
Zeitalter’ materialisierte sich für ihn gleichsam im Inneren des
weiblichen Körpers; die Nerven bildeten somit auch einen biologischen
Beweis für die Schädlichkeit der sozialen Verhältnisse (besonders der
Herrschaft der über das Geld vermittelten sozialen Beziehungen) für
die «weibliche
Natur»
- und für die weibliche Psyche im besonderen. Anhand dieser Bemerkungen
wird ersichtlich, dass die sozialen Verhältnisse (die bei Simmel zu einem
guten Teil als durch die menschliche «Natur»
bedingt erscheinen) auf die biologische Konstitution als
psycho-physiologische Grundlage zurückwirken. Die historischen und die
überhistorischen Aspekte von Geschlecht wirken gegenseitig aufeinander
ein; sex und gender interagieren in einer Weise, dass es nicht möglich
ist zu sagen, dass das eine die Ursache des anderen sei. Dennoch muss
festgehalten werden, dass Simmels diesbezügliche Aussagen äusserst
ambivalent sind und dass er oftmals - seiner eigenen Theorie
widersprechend - gerade hinsichtlich der Frauen dem biologischen
Geschlecht die entscheidende Rolle zuschreibt.
Inhalt
6.
Informelles Traditionswissen: Die Kolonialisierung der häuslichen
Lebenswelt
Die
Handlungsrelevanz des Erkennens ist für Simmel zentral. Der Mensch soll
mehr wissen, um besser handeln und erfolgreicher leben zu können. Da das
Erkennen in den Dienst des Handelns gestellt bleibt, kann es die Kriterien
seines Wertes nicht aus sich selbst heraus gewinnen. Der Wert der
Erkenntnis muss an den Diensten abgelesen werden, die das Wissen den
Menschen leistet. Die Formen und Inhalte menschlichen Wissens unterliegen
einem historischen Wandel und sind abhängig von sozialen
Verhältnissen, die sie wiederum mitkonstituieren. Jeder Mensch, der
irgendwie zielgerichtet handelt, benötigt dazu kognitive
Orientierungsmuster, also Wissensbestände, die es ihm ermöglichen,
Mittel-Zweck-Beziehungen zu erkennen, die für ein wirkungsvolles Handeln
unerlässlich sind. Diese Wissensquellen können als eher external oder
internal charakterisiert werden. Die für die Haushaltsarbeit
erforderlichen Wissensbestände unterliegen einer relativ geringen
sozialen Kontrolle und Verwaltung, weshalb man sie dem «informellen
Traditionswissen»
zuordnen kann. Informelles Traditionswissen umfasst jene
Wissensbestände, «die
(wie die Kenntnisse der Muttersprache, der Haushaltarbeit oder des
Handwerks) innerhalb bestimmter Volks-, Status- oder Berufsgruppen ohne
spezielle Planung und institutionelle Arrangements in beiläufigen
Sozialisationsprozessen übermittelt werden.»
Dieses
personalisierte Wissen sieht Simmel von einer Reihe von Entwicklungen
bedroht. «Eine
längst trivial gewordene Beobachtung muß hier wiederholt werden. Indem
die moderne Entwicklung für eine steigende Zahl von Frauen den
Hausfrauenberuf ausschließt, ihn für andere innerlich entleert: durch
Ehescheu der Männer, durch die Schwierigkeit der Ehe bei gewachsener
Individualisierung, durch die Beschränkung der Kinderzahl, durch
Expatriierung unzähliger Herstellungen aus dem Hause heraus [...]».
Oder wie es in der Philosophie des Geldes heisst: «die
sorgende und erhaltende Tätigkeit der Hausfrau»
sei früher umfänglicher und anstrengender gewesen. «Allein
zu jenem Gefühl der Unfreiheit den Objekten gegenüber kam es nicht, weil
sie der Persönlichkeit enger verbunden waren.»
Diese historischen Veränderungen finden ihren «Ausdruck
in der Klage der Hausfrauen, dass die Pflege der Wohnungsausstattung einen
förmlichen Fetischdienst fordere [...]».
Der basale Konflikt zwischen objektiver und subjektiver Kultur
manifestiert sich auch im Innersten des Hauses.
Die Dinge
und die Menschen sind auseinandergetreten. «Die
Entwicklung der modernen Kultur charakterisiert sich durch das
Übergewicht dessen, was man den objektiven Geist nennen kann, über den
subjektiven, d. h., in der Sprache wie im Recht, in der Produktionstechnik
wie in der Kunst, in der Wissenschaft wie in den Gegenständen der
häuslichen Umgebung ist eine Summe von Geist verkörpert, deren
täglichem Wachsen die geistige Entwicklung der Subjekte nur sehr
unvollständig und in immer weiterem Abstand folgt.»
Das informelle Traditionswissen wird mehr und mehr objektiviert, so dass
die subjektive Kultur, die geistige Entwicklung der Subjekte nur sehr
unvollständig und in immer weiterem Abstand folgt. Die objektive Kultur
tritt hier als Bedrohung für die subjektive Kultur auf. Nicht in den
Gegenständen der häuslichen Umgebung, sondern in der Hausfrau und Mutter
sollte diese Summe von Geist nach Simmel verkörpert sein, nicht die
Gegenstände als objektive Kultur, sondern die Person als Trägerin der
subjektiven Kultur sollte entwickelt werden. Mit dem Prozess der
Differenzierung steigt das objektive, wenn auch nicht zwangsläufig das
subjektive Kulturniveau der einzelnen Subjekte. Die generelle
Komplexität der Prozesse nimmt zu, damit aber auch die Widersprüche. Das
Spannungsverhältnis von Leben und Form ist grundsätzlich konfliktiver
Natur und kann sich zu einer «Tragödie
der Kultur»
steigern. Inspiriert vom Theorem der evolutionären Differenzierung
beschreibt er die Struktur prozessualer Kulturentwicklung. Die ihr
innewohnende Dynamik bestimmt das Wechselverhältnis zwischen Individuum
und Gesellschaft sowie das Binnenverhältnis der Individuen selbst.
Hier zeigt
sich Simmels Sorge um den Verlust von informellem Traditionswissen und um
die Verkümmerung der subjektiven - nicht von ihrer Trägerin ablösbaren
- Haus-Kultur. Die Dominanz des Sach- über das Personalelement (sowohl
Voraussetzung als auch Folge der arbeitsteiligen Produktionsweise), der
objektiven über die subjektive Kultur führt zur Kolonialisierung der
häuslichen Lebenswelt. Die an der Persönlichkeit haftenden und nicht
formal erlernbaren Fähigkeiten, die bloss im Rahmen der Rollentätigkeit
in Erscheinung treten und infolge ihrer Personengebundenheit immer auf
etwa demselben Niveau verharren, sind in Simmels Augen gefährdet durch
das in den Gegenständen externalisierte und materialisierte Wissen. Nicht
zuletzt scheint seine Sorge dem mit der Hausarbeit und mit der Erziehung
der Kinder verbundenen impliziten Wissen zu gelten, das inkorporiertes
subjektives - und nicht materialisiertes, gleichsam ‘verdinglichtes’
Wissen sein soll.
Inhalt
7.
Schluss
Die von
Simmel gleichsam als naturwüchsig dargestellte soziale Stellung der
Frauen begründet er äusserst ambivalent. Dass Arbeitsteilung «dem
männlichen Wesen unvergleichlich viel adäquater als dem weiblichen»
sei, zeigt ihm «die
ganze Geschichte der Arbeit».
Neben den ‘historischen’ Erklärungsmustern zieht sich auch ein ‘naturwissenschaftlicher’,
biologischer Argumentationsstrang durch Simmels Werk zum
Geschlechterverhältnis. Dort ist die «physiologisch-sexuelle
Beschaffenheit»«Quelle
auch der vergeistigtsten und sublimiertesten Eigenheiten der weiblichen
Seele».
Dies führt zu einem unaufhebbaren Konflikt zwischen der «überhistorischen
physisch-psychischen Eigenart»,
dem biologischen Geschlecht, und den (historisch variablen) Sozial- und
Machtstrukturen als Einflussfaktoren auf das soziokulturelle Geschlecht.
Somit bleibt Simmel hinsichtlich der Bedeutung der analytischen Kategorien
von sex und gender äusserst ambivalent, wobei empirische Aussagen oftmals
in Wesensaussagen übergehen.
Die Frauen scheinen stärker durch ihr (biologisches) Geschlecht
bestimmt zu sein; dies im Gegensatz zu den Männern (als Individuen), die
in wesentlich höherem Masse durch ihre Klassenzugehörigkeit bestimmt
werden.
Somit scheint Simmel die Frauen zumindest teilweise von seiner
soziologischen Theorie der Wechselwirkungen auszuschliessen.
Dass
Wissenschaft eine soziokulturelle Tätigkeit ist, zeigt sich für Simmel
anhand der Tatsache, dass die Männer ihren Anspruch auf Existenz
logisch rechtfertigen müssen. Der ‘Gebärneid’ treibt sie dazu, sich
der Welt zu beweisen - indem sie die Welt sich beweisen. So führte die
Sublimierung der spezifisch männlichen Energien nach Simmel zur
Etablierung von ‘Wissenschaft’. Da Erkenntnis immer auch eine
Interaktion des erkennenden Subjekts (als körperlichem Wesen) mit seiner
Umwelt darstellt, wobei die Organe entscheidend an der
Erkenntnisproduktion beteiligt sind, und weil Simmel einen relationalen
beziehungsweise einen pragmatischen Wahrheitsbegriff vertritt, ergibt sich
für die Frauen die Möglichkeit, anderes und anders zu sehen. Die durch
die «Machtstellung
der Männer»
bedingte marginale Stellung ermöglicht den Frauen eine ihnen eigene
Sichtweise und spezifische Erkenntnisinteressen. Das «praktische
Verhältnis zu den Dingen»
erzeugt eine andere Art von Objektivität. Das Unbewusste, das in
Simmels Erkenntnistheorie eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt,
sieht er durch das «Wesen»
des erkennenden Subjekts bestimmt. Zudem ist das, was dem nach Erkenntnis
strebenden Subjekt als wahr erscheint, stark von seinem Körper als
(biologisch festgesetztem) Erkenntniswerkzeug beeinflusst. Bedingt durch
die Organe als Erkenntnisinstrumente, so Simmel, sehen die Frauen
(zwangsläufig) anders. So gesehen bedingen sowohl das soziokulturelle
Geschlecht als auch das biologische Geschlecht das «Erkenntnisleben».
Der
zentrale Konflikt zwischen objektiver und subjektiver Kultur manifestiert
sich auch in dem den Frauen zugewiesenen privaten Raum des Hauses. Hier
droht die objektive Kultur, das vergegenständlichte externale Wissen, das
informelle Traditionswissen als semi-externales, personengebundenes (und
gleichsam ‘inkorporierte’) Wissen zu verkümmern. Diese nicht über
das Medium des Geldes vermittelbaren Wissensbestände sind jedoch als
Quellen kognitiver Orientierung in der häuslichen Lebenswelt
unerlässlich, da seiner Ansicht nach von einer Expertenkultur
produziertes und verwaltetes Wissen einer Kolonialisierung dieser
Lebenswelt gleichkäme. Nicht weiter hinterfragt wird jedoch von Simmel,
weshalb dieses Wissen von Frauen verwaltet werden muss. Für ihn ist es
ohne weiteres evident, dass sie als dasjenige biologische Geschlecht,
welches die Nachkommen zur Welt bringt, auch für deren weiteres Gedeihen
verantwortlich sind - jedenfalls in der häuslichen Lebenswelt.
Die
Kulturkritik Simmels an den Erstarrungen und der Dominanz des objektiven
Geistes und den damit zusammenhängenden Entfremdungsphänomenen setzt im
Zusammenhang der Geschlechtersoziologie auf den ‘subjektiven Faktor Frau’.
Zur Domestizierung der drohenden Übermacht der materiellen Kultur hofft
Simmel auf die unhistorische «Natur»
der Frau. Im Haus sollen unentgeltliche (unentgeldliche), persönliche
Beziehungen herrschen; die sozialen Beziehungen sollen unmittelbar sein.
Der Rhythmus des natürlichen Lebens scheint zwingend zu sein, so dass
die durch den Rhythmus der Maschinen bestimmten Männer hier nichts
ausrichten können. Das «Personalelement»
kann und darf in dieser Welt nicht vom «Sachelement»
verdrängt werden - und dass die Frauen das Personalelement bzw. die
Männer das Sachelement verkörpern, ist für Simmel eine unumstössliche,
biologische Tatsache.
Die
kognitiven Strukturen als Wissensbestände, welche für ein wirkungsvolles
Handeln unerlässlich sind, wirken selbst wieder auf die Weise zurück,
wie Menschen in soziale Beziehungen zueinander treten. Das Haus als ‘natürliche’
Umwelt der Frau und die von dieser von den Frauen geforderten
Wissensbestände wirken sich auch auf die Möglichkeiten der Frauen in der
modernen Gesellschaft aus, sowie darauf, wie und in welche sozialen
Beziehungen die Frauen (ausserhalb des Hauses) treten (können).
Hinsichtlich der historischen Beschränkung der Frauen auf das Haus als
dem ihnen gleichsam aufgrund ihrer «Natur»
angestammten sozialen Raum könnte man Simmel mit Simmel
antworten: «Die
Grenze ist nicht eine räumliche Tatsache mit soziologischen Wirkungen,
sondern eine soziologische Tatsache, die sich räumlich formt.»
Inhalt
8. Bibliographie
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Simmel,
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Simmel,
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Inhalt
Fussnoten
Fox Keller 1998, S. 87. Das vollständige Zitat lautet: «Die
künstlerischen Forderungen und der Patriotismus, ebenso wie der
Kosmopolitismus, die allgemeine Sittlichkeit und die besonderen
sozialen Ideen, die Gerechtigkeit des praktischen Urteils und die
Objektivität des theoretischen Erkennens, die Kraft und die
Vertiefung des Lebens - all diese Kategorien sind zwar gleichsam ihrer
Form und ihrem Anspruch nach allgemein menschlich, aber in ihrer
tatsächlichen historischen Gestaltung durchaus männlich. Nennen wir
solche als absolut auftretenden Ideen einmal das Objektive
schlechthin, so gilt im geschichtlichen Leben unserer Gattung die
Gleichung: objektiv = männlich.»
Simmel, Das Relative und das Absolute, S. 58f.
Coser 21995; siehe Cavana 1991; Dahme, Köhnke 1985;
Lichtblau 1997; Menzer 1992; Ulmi 1989 und Vromen 1990.
Siehe Lichtblau 1997, S. 99f. und 103 und Vromen 1990, S. 323f. Zur
Frauenbewegung um die Jahrhundertwende vgl. auch Evans 1976 und
Frevert 1986.
Ich verstehe die Begriffe „sex“ und „gender“ als analytische
Kategorien; siehe hierzu beispielsweise Harding 31999, S.
11-13. «Wenn
wir das soziale Geschlecht als eine analytische Kategorie definieren,
in der die Menschen gesellschaftlich denken und handeln, und es nicht
als natürliche Konsequenz der biologischen Geschlechterdifferenz oder
lediglich als gesellschaftliche Variable auffassen, die den Individuen
gemäss der Kultur, in der sie leben, zugerechnet wird, dann erst
beginnen wir damit, den Geschlechtsbegriff theoretisch zu
erfassen [...]».
Harding 31999, S. 13.
Simmel, Die Koketterie. In: Ders. Philosophische Kultur. Leipzig, 1919
(2. Auflage), S. 95-115. Siehe auch Lichtblau, 1997, S. 109f. und
Simmel, Psychologie der Frauen.
Vgl. z.B. Simmel, Philosophie des Geldes, S. 513f.
Vgl. z.B. Simmel, Philosophie des Geldes, S. 523ff. Siehe auch S. 504
zur Kaufehe und S. 511 zum Prinzip der Mitgift. Ich kann in dieser
Arbeit auch nicht darauf eingehen, inwiefern Simmel ein Vertreter der
sog. ‘Ergänzungstheorie’ ist. Siehe hierzu Cavana 1991, S. 92-95.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 255.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 255.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 259.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 259.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 278.
Simmel, Das Relative und das Absolute, S. 92.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 637.
Vgl. Kapitel 3 ‘Beweis und Existenzberechtigung’.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 258f.
Siehe hierzu auch das Kapitel 5 ‘Das Erkenntnisleben der Frauen’.
Simmel, Weibliche Kultur 1902, 173.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 286.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 124.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 291.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 295.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 122.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 269f.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 271.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 294.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 266.
Zum männlichen und weiblichen Prinzip vgl. auch Menzer 1992, S. 165.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 294.
Simmel, Psychologie der Frauen. (siehe http://socio.ch/sim/index_sim.htm)
Simmel, Das Relative und das Absolute, S. 81.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 271.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 273.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 100 und 105.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 116.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 100.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 96f.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 101.
Vgl. besonders Simmel, Philosophie des Geldes, S. 102.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 103. (Hervorhebung im Original)
Hier verwendet Simmel auch die Begriffe «Selektion»
und «Auslese».
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 103.
«Für
das Tier ist diejenige Vorstellung die wahre, auf die hin es sich in
der für seine Umstände günstigsten Weise verhält, weil eben die
Forderung dieser Verhaltensart selbst die Organe gebildet hat, die
sein Vorstellen überhaupt formen. Die tiefe Verschiedenheit der
tatsächlich vorliegenden Sinneswelt beweist, dass es vielerlei solche
Wahrheiten geben muss.»
Simmel, Über eine Beziehung der Selektionslehre zur
Erkenntnistheorie. Zit. nach Helle 1988, S. 61.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 256.
Simmel, Weibliche Kultur 1902, S. 167.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 276.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 271.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 274. (Hervorhebung B. B.)
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 52.
Siehe hierzu auch Coser 21995, S. 82.
Simmel, Psychologie der Frauen (siehe http://socio.ch/sim/index_sim.htm).
Simmel, Psychologie der Frauen (siehe http://socio.ch/sim/index_sim.htm).
Mit implizitem Wissen soll hier gemeint sein, «dass
wir mehr wissen, als wir zu sagen wissen».
(Polanyi 1985, S. 14). In diesem Sinne kann das folgende Zitat Simmels
gelesen werden: «Ich
halte dieses Mitwissen für ein ausnahmslos wirksames Apriori der
ärztlichen Kunst, das nur wegen seiner Selbstverständlichkeit
nicht bewußt zu werden pflegt [...]».
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 270. (Hervorhebung B. B.)
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 270.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 264.
Simmel, Das Relative und das Absolute, S. 71.
Siehe hierzu Vromen, 1990, S. 325f.
Vgl. Kapitel 4 ‘Objektivität und Wahrheit’.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 274. (Hervorhebung B. B.)
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 270. (Hervorhebungen B. B.) Vgl.
auch Simmel, Weibliche Kultur 1902, S. 166: «[...]
weibliche Seele mit ihren besonderen Wahrnehmungs- und Nachfühlungsorganen
hier leisten können [...]».
(Hervorhebung B. B.)
Simmel, Weibliche Kultur 1902, S. 169. In ‘Das Relative und das
Absolute im Geschlechter-Problem’ hiess es: «Die
[...] äußere und kulturgeschichtliche Entwicklung ist doch wohl das
Phänomen einer in der überhistorischen Basis des
Geschlechtsunterschiedes wurzelnden Bestimmtheit.»
Simmel, Das Relative und das Absolute, S. 63.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 294.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 278.
Alle Zitate nach Simmel, Die Grossstädte, 185ff.
Simmel, Die Mode, S. 33. In ‘Die Frau und die Mode’ meint Simmel,
dass «die
Mode für die Frauen in gewissem Sinne einen Ersatz für die Stellung
innerhalb eines Berufsstandes»
bilden würde.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 271.
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 292.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 638.
Simmel, Philosophie des Geldes, S. 638.
Simmel, Die Grossstädte (Hervorhebung B. B.; siehe http://socio.ch/sim/index_sim.htm)
Simmel, Weibliche Kultur 1911, S. 259.
Simmel, Weibliche Kultur 1902, S. 169.
Vgl. zu dieser Ambivalenz in Simmels Werk auch Vromen 332f und 336f.
Vgl. Simmel, Weibliche Kultur 1902, S. 160.
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