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Towards Cybersociety and "Vireal" Social Relations


 

"Can anyone tell me how to
/join#real.life?"

Zur Identitätskonstruktion im Cyberspace

Evelina Bühler-Ilieva  

(Zürich 1997)

Inhaltsverzeichnis
 

1 Einleitung

2 Definition von VR ('virtual reality') und Cyberspace

3 MUDs und "Mudding": perfektes Setting eines spätmodernen Selbst

3.1 Drachen töten oder im 'Living room' mit DicTurpin plaudern
3.2 Eine LambdaMOO-Session
3.3 Vergewaltigung im Cyberspace

4 Identität : theoretische Ansätze

4.1 I, Me and the Generalized Other: G.H.Mead und ein Konzept des virtuellen Selbst
4.2 Begriffsorientierung: Identität, Selbst, Ich-Identität
4.3 Theorie der sozialen Identität
4.4 Identitätsdiffusion als kulturelle Anpassungsleistung

5 Technologie des Selbst

5.1 "Shattered" selves
5.2 The saturated Self

6 "Life is made up of many windows and real life is only one of them"

6.1 Very desirable Cyberself
6.2
Einige MUDs-Biographien: mein echtes Zuhause

7 Psychotherapie oder Sucht?

8 "Gender swapping" in VR

9 Schlusswort: SURplus-Identity on-line

10 Literatur

 

I split my mind...I can see myself as being two or three more. And I just turn on one part of my mind and then another when I go from window to window. I'm in some kind of argument in one window and trying to come on to a girl in a MUD in another, and another window might be running a spreadsheet programm or some other technical things for school...And then I'll get a real-time message that flashes on the screen as soon as it is sent from another system user, and I guess that's RL (Anmerkung E.B.: Real Life). RL ist just one more window, and it's not usually my best one".

Doug, College-Student (Turkle 1995b)  

"You can be whoever you want to be. You can completely redefine youself if you want. You can be the opposite sex. You can be more talkative. You can be less talkative. Whatever. You can just be whoever you want, really, whoever you have the capacity to be...It's easier to change the way people perceive you, because alle they've got is what you show them. They don't look at your body and make assumptions. They don't hear your accent and make assumptions. All they see is your words."

[Inhalt]


1 Einleitung

"Our private sphere has ceased to be the stage where the drama of the subject at odds with his objects...is played out; we no longer exist as playrights or actors, but as terminals of multiple networks"

Jean Baudrillard, The Ecstasy of Communication (Gergen 1991, 63)  

Das ist das eigentliche Paradox: Einige Leute benutzen "unpersönliche" Kommunikationen, damit sie möglichst persönlicher miteinander kommunizieren können. Wir bewegen uns von einer "modernen Kalkulation" zur "postmodernen Simulation", wo das Selbst als vielgestaltiges, verstreutes und zerteiltes System aufzufassen sei (Turkle 1995b). Die Erfahrung in einer Windows-Software ist die der vielen Fenster und eines Selbst ohne Kern, ohne Kohärenz, quasi dezentriert, grenzenlos vervielfältigt, in vielen Fensterwelten existierend; ein Selbst, das viele Rollen simultan vorführen kann: So, wie es ein College-Student beschreibt: "To turn pieces of my mind on and off". Der Computer besitzt bereits eine neue, entscheidende Eigenschaft: er ist nicht mehr oder nicht ausschliesslich ein Rechner, also eine intellektuelle Identität; die Stichwörter heissen inzwischen nicht Regeln, Rechnen, Schnelligkeit, sondern Simulation, Navigieren ("Surfen"), Interaktion.

"But the authenticity of human relationships is always in question in cyberspace, because of the masking and distancing of the medium, in a way that it is not in question in real life. Masks and self-disclosures are part of the grammar of cyberspace, the way quick cuts and intense images are part of the grammar of television. The grammar of CMC (Anm. E.B.: Computer-mediated-Communications) media involves a syntax of identity play: new identities, false identities, multiple identities, exploratory identities, are available in different manifestations of the medium"(Rheingold 199X).

Eine neue Identität ist das erste, was in einem MUD-Spiel [1] kreiert wird. Man trifft eine Entscheidung, wie der soeben gestaltete "Charakter" oder "Persona" heissen soll. Die nächste Aufgabe ist zu beschreiben, wer diese neue Schöpfung ist und was sie in der Welt eines MUD will. Durch die Bildung neuer Identitäten wird eine "zweite" Welt geschaffen. Die digitalen Technologien haben heute unumstritten einen substantiell anderen Einfluss auf die kognitive Struktur des Individuums. Und dies wird höchstwahrscheinlich bedeutendere Folgen für die Konstruktion sozialer Realität haben, als je zuvor angenommen wurde. Es ist empirisch evident, dass wir von uns selbst, anderen Personen oder Computereinheiten auf grundverschiedene Art und Weise denken. "This is more real than my real life," sagt ein virtueller "Charakter", der eigentlich ein Mann ist, gibt sich aber on-line für eine Frau aus: "In this game the rules of social interaction are built, not received"(Turkle 1997). Also: meine Identität ist konstruierbar, nicht auf einmal für alle Zeiten zugeschrieben. "On the Internet no one knows you're a dog" - sagt ein Hund, seine Pfote auf dem Keyboard haltend, zu einem anderen Hund in einer Karikatur, die in einer humoristischen New Yorker Zeitung publiziert wurde. Das Wort Identität hat nicht mehr viel Gemeinsames mit seiner lateinischen Wurzel 'idem', was 'dasselbe' bedeutet. Im Internet bist du nicht dich selbst, sondern dein erwünschtes Ich: "You are who you pretend to be" (Turkle 1995).

Selbst Sherry Turkle freut sich über die gelungene Bezeichnung der MUDs- Spiele als 'Identityworkshops', erfunden von ihrer Schülerin Amy Bruckman. Sie entspreche genau, so Turkle, der Wesensart der Identitätskonstruktion im Internet. Die MUDs-Spiele sind ein gutes Umfeld für Konstruktion, aber auch für Rekonstruktion (oder Dekonstruktion) von Identität; eine Möglichkeit für Widerspiegelung konventioneller Identitätsbedeutungen.

Es ist überdies eine spannende Beschäftigung, breite Nachforschung in der Literatur über Cyberspace, MUDs und Internet zu starten, um eine gewisse Sensibilisierung der Sprache für dieses 'Neuland' festzustellen: Bei der Frage nach dem Konzept des Selbst istvon mehreren 'Selves'die Rede [2].Es wimmelt von Adjektiven wie 'unitary (oder unifed) self', 'essentialistic self', 'saturated self' (siehe Gergen 1991), 'authentic self' (Taylor 1992), 'real self' als Pendant zum, einerseits, 'virtual self', 'electronic self' oder 'cyberself' (Turkle 1995a, 1995b, 1997) und andererseits - 'presented self'; Dazu kommen noch 'second self' (Turkle 1995b), 'acceptable self' und 'embodied self' oder 'disembodied self' (Miller 1995). Die Liste geht weiter mit 'relational self', 'private self', 'autonomous self', 'narcisstic self', usw. Die vielen 'selves' werden bezeichnet als: multiple, fragmented (Taylor 1989); shattered (Glass 1993); produktiv (Kelly in Anlehnung an Marx) usw. Besonders vielfältig ist das Sprachrepertoire für die Komposita vom "Selbst": Self-image, Self-configuration, Self-creation, Self-fashioning, Self-definition, Self-discovery, Self-truth, Self-expression, Self-promotion, Self-presentation, Self-conception, Self-examination, Self-formation usw. Anthony Giddens spricht sogar von "reflexive project of the self":

"The reflexive project of the self, which consists in the sustaining of coherent, yet continuously revised, biographical narratives [3], takes place in the context of multiple choice as filtered through abstract systems". (Giddens 1991, 5)

Der "reflexive Selbstentwurf" ist also demzufolge ein Prozess, wo die persönliche Identität, oder Ich-Identität, wie sie Giddens nennt, durch ein reflexives Ordnen von Selbstdarstellungen (self-narratives [4]) konstituiert wird. Die Hauptfrage dabei: Ist die Identität einheitlich oder besteht sie aus mehreren Teilen? Prof. Dr. Sherry Turkle, die berühmte MUDs-Forscherin, die 1960 in Paris Poststrukturalismus, danach Anthropologie, Individualpsychologie und Soziologie studierte, wirft grundsätzliche Fragen auf:

  • Welche Arten von Persönlichkeiten konstruieren wir in der virtuellen Realität?

  • Welche Beziehung haben diese zu unserem traditionellen Begriff von der "unzerlegbaren" (untrennbaren) Persönlichkeit?

  • Sind diese als eine Erweiterung des Selbst zu betrachten oder als etwas vom Selbst Autonomes?

  • Lernen unsere verschiedenen 'Alltags-Selbst' etwas von den virtuellen "Charakteren"? Sind diese virtuellen "Oeuvres" Fragmente der Persönlichkeit im realen Leben? Wie stehen sie miteinander in Beziehung?

  • Warum tun wir das? Aus Freude am Spielen? Ist das nur ein oberflächliches Spiel, eine gigantische Zeitverschwendung? Oder schlicht Ausdruck einer Identitätskrise, die wir normalerweise in der Adoleszenzphase beobachten? Handelt es sich um die zögernd heranschreitende Vision eines neuen, formenreichen Denkstils [5]?

Im allgemeinen kann man von einer neuen Soziologieder virtuellen Räume on-line sprechen - "a new social and psychological world"(Turkle 1997). Die Distanz zwischen Menschen und Maschinen wird immer kleiner, was sich gleichlaufend mit der wachsenden Komplexität und Fragmentierung der gegenwärtigen Gesellschaft vollzieht. Der Computer ist nicht mehr nur eine Leistungsmaschine: Er macht mich zum "Surfer", ich bin an vielen Orten im gleichen Augenblick.

Diese Aussage beinhaltet nichts Neues - problematisch dagegen ist eher, ob der Computer helfen kann, unsere Bedürfnisse nach Gemeinsamkeit, Kommunikation und Beteiligung an der sozialen Wirklichkeit zu erfüllen, oder ob er die eh schon fragilen Beziehungen noch fragiler machen wird. Wird er die Einsamkeit des Menschen noch vertiefen? Welche negativen Auswirkungen könnten Computer- oder Internetsucht haben? Wird die jetzige Wirklichkeit ganz verschwinden oder nur schrumpfen, eingezäunt von Scharen virtueller Wirklichkeiten?

Dem Leser ist mit Sicherheit aufgefallen, dass dazu mehr Fragen als Antworten existieren. In der vorliegenden Arbeit wird jedoch, selbst im Bewusstsein, Neuland zu betreten, der Versuch unternommen, zumindest teilweise die oben umrissenen Problembereiche näher zu erläutern.

Warum mir dieses Thema so aktuell zu sein scheint? Wir sind im Alltag von unsanften Aufforderungen nahezu überflutet, unser Selbst zu vervollkommnen: durch Psychoanalyse und Therapien verschiedener Art, durch Bücher und Gruppen zur Selbsthilfe, durch Fitness und Diäten für gesunde Ernährung. "We are a culture obsessed with the self" (Garnar 19XX). Garnar hat recht, dass dieses Streben, das 'Ich' zu perfektionieren, oft Selbstzweck wird:

"Be it through physical or mental exercise it seems that our society is continually bent on up-grading ourselves. This drive has taken on a fetish like character ever since the Enlightenment. We now have the ability to transform, create, re-create and mass produce the self. Books can convey how to better our self-image. The World Wide Web allows anyone with a computer to construct a facsimile of themselves and post it" (Garnar 19XX).

[Inhalt]


2. Definition von VR ('virtual reality') und Cyberspace

Zuerst wird da ein unprätentiöser Versuch unternommen, eine Definition von "VR" - Abkürzung für computergenerierte virtuelle Realität oder Cyberspace (die beiden Begriffe werden da als Synonyme verwendet) zu geben. Es handelt sich dabei um eine Welt des 'Nicht- oder Noch-nicht-Realen' (Schwab 1995), eine Art "virtuelle Surrealität" (Dennet 1991). Sutherland (1965, 507, zit. nach Schwab 1995) drückt diesen Gedanken folgendermassen aus: "The screen is a window through which one sees a virtual world. The challenge is to make that world look real, act real, sound real, feel real". In 1965 könnte sich Sutherland nur wünschen, dass die virtuelle Welt so real aussehen kann, wie die bestehende Welt. Sieht die heutige virtuelle Welt real aus?

Rein technisch verstanden wird VR durch die An- oder Abwesenheit bestimmter Geräte definiert. Diese Auffassung ist aber für die Sozialforschung unbefriedigend: virtual reality in den Sozialwissenschaften kann als besondere Form des Erlebensbeschrieben werden und nicht als Geräteansammlung (Schwab 1995). Eine medienpsychologische Perspektive führt den Begriff ‘Telepräsenz’ ein, der sowohl Merkmale der Technologie (Lebhaftigkeit, Interaktivität) als auch Merkmale des Rezipienten (Engagement) berücksichtigt (Steuer 1992). Dabei versteht man unter Telepräsenz eine medial vermittelte Umwelt wohingegen der Begriff ‘Präsenz’ die Wahrnehmung der natürlichen Umwelt bezeichnet. An dieser Stelle übernehme ich eine Definition für Cyberspace oder virtual reality von Steuer (1992):

Eine reale oder simulierte Umwelt, in welcher der Rezipient Telepräsenz erlebt. Information wird nicht vom Sender zum Empfänger übermittelt, sondern vermittelnde Umwelten werden erzeugt und erlebbar gemacht (Steuer 1992, 76).

Die virtuelle Realität besitzt laut Schwab (1995) zwei Grundcharakteristika:

"Vividness" (Lebhaftigkeit): Das sind Möglichkeiten der Technologie, eine sensorisch reiche Umwelt zu erzeugen;

"Interactivity" (Interaktivität): Möglichkeiten des Anwenders, Formen oder Inhalte der vermittelten Umwelt zu beeinflussen.

Die Idee des Cyberspace verspricht einen synergetischen oder fulgurativen Effekt bei der Fusionierung dieser Technologien (Schwab 1995). "Fulguration" verwendet Lorenz (1977) im Sinne eines blitzartigen Auftauchens neuer Systemeigenschaften beim Zusammenschalten mehrerer Einzelsysteme, ähnlich dem gestaltpsychologischen Satz: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

Wir unterscheiden grundsätzlich zwei Typen CMC (Computer Mediated Communications):

  1. asynchronische Kommunikation, die private elektronische Post (E-mail) beinhaltet und sogenannte "many-to-many" Kommunikation in discussion groups, Usenet newsgroups, BBSs usw;

  2. synchronische chat modes, solche wie Internet Relay Chat (IRC), MUDs und MOOs. IRC ist wohl der berühmteste chat mode mit ca. 25'000 Benutzern, wobei weitere 10'000 mindestens einmal in IRC anwesend waren. In dieser Studie beschäftige ich mich aber ausschliesslich mit MUDs und MOOs. In den letzteren kann man im Vergleich zu IRC eine neue, künstliche Umwelt gestalten - zum Beispiel neue Zimmer im bereits bestehenden Haus oder andere Möbel in der Stube, allerlei Gegenstände, Platten mit Biskuits, Katzen oder fliegende Teppiche. Ausserdem sind die meisten MUDer und IRC-Teilnehmer junge Leute, überwiegend College-Studenten männlichen Geschlechts. Dies interessiert mich vor allem deshalb, weil Identitätsbildung am intensivsten während der Pubertät und Adoleszenz erfolgt (siehe unten im Kapitel 4.4: Identitätsdiffusion als kulturelle Anpassungsleistung). Die Beschäftigung in den IRC, MOOs und MUDs "has become a new form of leisure for the young, educated, and computer-literate. Players play with language, the software, cultural content of all kinds, as well as with aspects of their identity" (Miller 1995).

[Inhalt]


3 Muds und "Mudding": perfektes Setting eines spätmodernen Selbst

3.1 Drachen töten oder im 'Living room' mit DicTurpin plaudern

Sie werden "die wilde Seite" der Cyberkultur genannt (Rheingold 19XX), wo das Magische real und die Identität "fliessend" ist. MUD bedeutet Multi-User Dungeons - die Phantasiewelten in den Computerdatenbanken, wo Leute die Sprache und dazu spezielle Programme benutzen, um Melodramen zu improvisieren, eine neue Umwelt mit verschiedenen Gegenständen aufzubauen, Rätsel zu lösen. Man darf sich auch amüsieren oder für Prestige und Macht konkurrieren, Weisheit erreichen und nach Rache suchen, Habgier, Lust und Gewaltimpulsen nachgeben. Man kann in einigen MUDs körperlosen Sex haben und in anderen sogar töten oder sterben.

Alles beginnt auf einem Computer in einer englischen Universität im 1980. Bereits im Juli 1992 sind mehr als 170 Multi-User-Dungeons-Spiele zu verzeichnen, die 19 verschiedene, Welten bauende Sprachen verwenden. Die bekanntesten haben Tausende von Teilnehmern. Richard Bartle, einer der Väter des MUDdens, schätzte 1992 deren Zahl auf 100'000 frühere und gegenwärtige MUDs-Spieler. Der Erfinder und Forscher der MUDs Pavel Curtis nennt die Zahl von 20'000 aktiven MUDern im selben Jahr 1992. Die Population der MUDer sollte momentan kleiner sein als diejenige anderer Internetsbereiche, aber sie vergrössert sich unglaublich schnell und nimmt auf eine bemerkenswerte Art [6] immer neue Formen ein.

Die MUDs-Spiele sind eigentlich in den frühen 70ern entstanden, und zwar vom sogenannten "Dungeons and Dragons"-Spiel. Mit 'Dungeon' bezeichnet man den virtuellen Ort. MUD bedeutet in der Tat 'Multi User Domains' oder 'Multi User Dimensions'. Sie bieten unzählige Möglichkeiten für soziale Interaktionen im virtuellen space an, d.h. in einer Vielfalt von Welten, in welchen man als "Charakter" erscheinen kann (z.B. "Achilles"), oder sogar lediglich als "Anonymous", oder man spielt eine Rolle wie eine übergestülpte Maske - entweder nicht weit weg vom realen Selbst oder ganz im Abseits. Die Spiele unterscheiden sich vor allem dadurch, wie die bestehende Welt unnatürlich, künstlich, ausgedacht ist. Es könnte eine mittelalterliche Phantasielandschaft sein, wo Drachen getötet werden oder Goldmünzen und Waffen zu entdecken sind, oder ein ziemlich offener Ort, wo Rollen vorgeführt werden und am Aufbau der dortigen Umwelt teilgenommen wird.

Es existieren zwei Typen MUDs:

  • Abenteuerliche MUDs: "hack and slay". In einer mittelalterliche Landschaft werden Monster und Drachen getötet und Goldschätze ausgegraben. In der Regel verfügen die Spieler über mehr Kraft als im realen Leben.

  • Soziale MUDs. Sie bestehen aus relativ offenen Räumen, wo man beliebig irgend etwas spielen und seiner Phantasie freien Lauf lassen kann. Das Wichtigste dabei ist, dass man sich in Interaktion mit den anderen Spielern befindet. In einigen MUDs kreiert man sogar eigene Objekte (z.B. eine Katze). Turkle erklärt das als Hybrid zwischen Programmieren und "Schreibfiktionen'. Es gibt Spiele (MOOs = MUDs of the Object Oriented Variety), wo alle das Recht haben, eigene Wirklichkeiten zu bauen; in anderen bleibt das Privileg nur dem Wizard (Meister) vorbehalten. Beide Spiele haben gemeinsam, dass jeder Teilnehmer seinen Charakter steuert und mit anderen Figuren interagiert.

Manche MUDs haben Bilder oder Ikonen. Aufgrund des Gegenstandes dieser Arbeit aber interessiere ich mich ausschliesslich für MUDs, bei denen nur ein gewöhnlicher Text verwendet wird, sog. 'plain text'. Die Spieler schreiben für andere Spieler, die sich im selben Raum befinden. Die Aussagen können alle betreffen, oder nur einen (zwei) bestimmte(n) Spieler. Die Sprache bekommt dadurch eine enorm wichtige Rolle - nämlich im postmodernistischen Sinn: alles ist Text.

Das bekannteste Spiel MOO, LambdaMOO hat momentan ca. 8'000 Charaktere; somit wird es zum virtuellen Äquivalent einer kleinen Stadt: "LambdaMOO is purely recreational-social" (Danet 1996). Ein anderes MOO, MediaMOO, wurde von Amy Bruckman, Schülerin von Sherry Turkle, für Mediaforschungen entwickelt. Trotz der rein professionellen Aufgaben ist MediaMOO sehr sozial und hat sogar eine "Happy Hour" am Ende der Arbeitswoche. Im LambdaMOO wird die RL-Identität der Teilnehmer hinter den Charakteren nicht enthüllt, wohingegen im MediaMOO - aus spezifisch fachlichen Gründen - die echten Namen der Spieler bekannt sind.

[Inhalt]

3.2 Eine LambdaMOO-Session

Im folgenden Kapitel werden Ausschnitte aus einer eigenen LambdaMOO-Session [7] wiedergegeben, um das genaue Funktionieren eines der wichtigsten MUDs-Spiele zu veranschaulichen. Über ein Interface, das zur Zeit noch häufig auf Text basiert (Telnet-Protokoll) können die Benutzer eines MUDs virtuelle Räume erstellen und beschreiben, sich zwischen diesen Räumen bewegen und Gegenstände kreieren. Mit anderen Spielern, die sich im selben Raum befinden, können sie in Echtzeit kommunizieren.

Nach dem Einloggen in LambdaMOO sieht man auf dem Bildschirm folgende Beschreibung:

The Linen Closet

The linen closet is a dark, snug space, with barely enough room for one person in it. You notice what feel like towels, blankets, sheets, and spare pillows. One useful thing you've discovered is a metal doorknob set at waist level into what might be a door. Another is a small button, set into the wall.

Die Teilnehmer in jedem Raum sind auch erwähnt:

In "The Linen Closet" (#47726) with Argyle(2d) and Chas(14h).

Nachdem meine Figur den erwähnten 'small button' an die Wand gedrückt hat, folgt die Beschreibung des "Wohnzimmers":

press button
You press the button.
A trap door suddenly opens up beneath you! You fall through, into some kind of chute. The chute twists this way and that, until you completely lose your bearings. You bump into a panel that seems to give way, and suddenly find yourself in The Living Room!

The Living Room

It is very bright, open, and airy here, with large plate-glass windows looking southward over the pool to the gardens beyond. On the north wall, there is a rough stonework fireplace. The east and west walls are almost completely covered with large, well-stocked bookcases. An exit in the northwest corner leads to the kitchen and, in a more northerly direction, to the entrance hall. The door into the coat closet is at the north end of the east wall, and at the south end is a sliding glass door leading out onto a wooden deck. There are two sets of couches, one clustered around the fireplace and one with a view out the windows.

Dann, wie gewohnt, dürfen wir die Zusammensetzung der Personen und Gegenstände, die sich in diesem Raum befinden, erfahren:

You see README for New MOOers, Welcome Poster, a fireplace, Cockatoo, Helpful Person Finder, The Birthday Machine, lag meter, and a map of LambdaHouse here.
Abraxas, Tock_WatchDog (Magician) (distracted), Tesla (daydreaming), and xdr (distracted) are here.
Tock_WatchDog becomes idle, maybe he is drinking coffee?

FordPerfect (unser Charakter), etwas verwirrt von seinem langen Fall durch den versteckten Tunnel, lächelt die im Living Room versammelten Personen an mit:

emote smiles at everyone.

Alle im Living Room sehen auf ihren Bildschirm:

FordPerfect smiles at everyone.

Wie lebendig es in diesem Raum sein kann, sehen wir aus dem folgenden Abschnitt:

Dic_Turpin feeds Fidi a cookie treat.
Fidi munches the cookie
Copper_Guest comes out of the closet (so to speak...).
Using sign language, Dic_Turpin explicitly describes, in exquisite detail, Copper_Guest's highly improbable ancestry.
Fidi smiles at Dic_Turpin.
Dic_Turpin winks to Fidi.
Fidi pokes at xdr.
xdr jumps
The cuckoo clock begins making a small whirring noise.
>> Cuckoo! <<
>> Cuckoo! <<
>> Cuckoo! <<
>> Cuckoo! <<
You hear a small click coming from the cuckoo clock.
Copper_Guest puts some kindling in the fireplace.
Fidi kisses Tock_WatchDog (Magician) platonically.
Copper_Guest puts some logs in the fireplace.

Copper_Guest throws a match into the fireplace and the fire rapidly catches.
Dic_Turpin [to Fidi]: that she really wants to speak with Carioke!
Cockatoo squawks, "I can't even get a @dossier on you"
xdr puts Copper_Guest on the fire
Dic_Turpin grins at Carioke.
Copper_Guest sizzles.

Der obige Abschnitt ist eine gute Illustration dafür, wie lebendig das Leben im MUD sein kann, obwohl man eigentlich weder hört, noch spürt oder riecht und ausser Text auch nichts sieht. In MUDs reden die virtuellen Charaktere miteinander, benutzen Gesten, äussern Emotionen, gewinnen und verlieren virtuelles Geld, ändern ihren sozialen Status, schlafen, wenn sie müde sind oder sterben (man kann sie einfach schliessen). Die Art der Kommunikation in MUDs ist etwas zwischen der geschriebenen und mündlichen Kommunikation: man schreibt für die anderen Texte und bekommt nahezu simultan (nach einigen Sekunden, je nach Verbindung) ihre Antworten. Entsprechend wird auch die graphische Gestaltung dieser Kommunikation, die doch ein Bedürfnis verspürt, ein nur aus Buchstaben bestehendes Instrument (das lateinische Alphabet) durch graphische Zeichen mit einem höheren Visualisierungsgrad zu ergänzen, die dem Ganzen eine frische Note verleihen - wie z.B.:  

:-) lächelndes Gesicht;
:-( unglückliches Gesicht
@} -,-,-'-- eine Rose

[Inhalt]

3.3 Vergewaltigung im Cyberspace

In der heilen Welt der MUDs wird es jedoch ab und zu recht dunkel. Immer wieder sind Fälle von Missbrauch der technischen und sozialen Bewegunsfreiheit aufgetreten. Einige Benutzer haben die Welt der MUDs missbraucht, um sexuelle oder rassistische Aggressionen zum Schaden ihrer Mitspieler auszuleben. Einen heftigen Wind verursachte in LambdaMOO Mr Bingle, der mit einer voodoo-Puppe zwei Mitspielerinnen (Starsinger und legba) virtuell vergewaltigt hat:

"They say he raped them that night. They say he did it with a cunning little doll, fashioned in their image and imbued with the power to make them do whatever he desired. They say that by manipulating the doll he forced them to have sex with him, and with each other, and to do horrible, brutal things to their own bodies. And though I wasn't there that night, I think I can assure you that what they say is true, because it all happened right in the living room -- right there amid the well-stocked bookcases and the sofas and the fireplace -- of a house I came for a time to think of as my second home."(Dibbel 1993)

Bis zum Abend des zweiten Tags nach diesem Geschehen rief Legba vereinsamt: "I am requesting that Mr. Bungle be toaded for raping Starsinger and I. I have never done this before, and have thought about it for days. He hurt us both." [8] Und im Laufe der nächsten 24 Stunden meldeten sich nicht weniger als 50 Spieler auf dem "*sozial" und andere Forums, dass sie zufrieden sein wären, wenn Mr. Bingle ausradiert von der Oberfläche des MOOs wäre:

"...the citizenry was indeed moving towards a resolve to have Bungle's virtual head. Since getting the wizards to toad Mr. Bungle (or to toad the likes of him in the future) required a convincing case that the cry for his head came from the community at large, then the community itself would have to be defined; and if the community was to be convincingly defined, then some form of social organization, no matter how rudimentary, would have to be settled on. And thus, as if against ist will, the question of what to do about Mr. Bungle began to shape itself into a sort of referendum on the political future of the MOO. (Dibbell 1993).

Derartige Vorfälle haben in einigen Muds die Entstehung eines Systems für Recht und Ordnung, ähnlich wie in der echten Gesellschaft. Mr Bingle wurde nach einer langen Diskussion aus dem LambdaMOO verbannt:

"Where does the body end and the mind begin?"- Quastro asked (attempts to fine-tune the differences between real and virtual violence).

"Is not the mind a part of the body?"

"In MOO, the body IS the mind," -offered HerkieCosmo.

The not-so-aptly named Obvious seemed to agree: "All reality might consist of ideas, who knows"(Dibbell 1993).

[Inhalt]


4 Identität : theoretische Ansätze

4.1 I, Me and the Generalized Other: G.H.Mead und ein Konzept des virtuellen Selbst

In diesem Kapitel wird von einigen theoretischen Ansätzen in Bezug auf Identität und ihrer Konstruktion berichtet, die für vorliegende Ausführungen wichtig zu sein scheinen. Um die qualitativen Veränderungen, die mit dem Konzept von Selbst und Identität anfallen, besser verstehen zu können, benötigen wir im kurzen eine allgemeine Einführung in die Identitätstheorie.

Die Grundlagen der soziologischen Theorien über Identität findet man beim Amerikaner G.H.Mead. Das Selbst, oder die Ich-Identität, ist sowohl Verursacher als auch Auslöser sozialer Interaktionen als auch deren Folge (Produkt). Er unterschied drei Komponenten des Selbst: 'I', 'Me', 'The Generalised Other'. Das 'Me' repräsentiert die Situation, in der das Individuum durch seine Nation, den Ort, seine familien- und politischen Verhältnisse situiert ist. Seine Inhalte werden vom Wirtschaftssystem, von der Religion, vom Patriotismus oder anderen Ideologien bestimmt. Das 'Me' kann als innere Kontrollinstanz und als Zensor wirken. Im Extremfall kann jemand bis zur Selbstaufopferung an den Inhalten des 'Me' hängen. Dagegen liefert das 'I' ein Gefühl der Freiheit und der Initiative. Unkonventionelle, aber auch oppositionelle Haltungen könnten deshalb nur aus den Funktionen des 'I' entspringen. Für mich ist an dieser Stelle ausser dieser "schöpferischen und faszinierenden Energie", die 'Me' enthält, auch der Begriff des 'Verallgemeinerten anderen" sehr spannend. Das Individuum entwickelt so viele unterschiedliche 'Me', wie es unterschiedlichen funktionalen Einheiten (z.B. Parteien) oder abstrakten gesellschaftlichen Klassen angehört. Vor einer Rollenkonfusion bewahrt ihn seine Fähigkeit, aus den diversen Stücken ein Muster zu bilden - das verallgemeinerte andere - das als Ganzes in die Erfahrung des einzelnen tritt [9]. Gesten, Sprache, Symbole sind das Medium, in dem das Bild des verallgemeinerten Anderen entsteht. Das Selbst ist mehr als das passive Übernehmen der Haltungen anderer, es erfordert eine aktive Integrationsleistung - das Selbst wird also konstruiert durch die Fähigkeit des Menschen zu Selbstreflexion und Integration.

'I', 'Me' und 'The Generalised Other' stellen ein kognitives System dar, das den Individuen erlaubt, eine Vorstellung von sich zu entwickeln, in der sozialen Welt zu handeln und soziale "Zukunft" zu konstruieren, in welcher sie potentielle Akteure sein und Verhaltensweisen voraussehen können. Individuen sammeln traditionellerweise Information während einer sozialen 'face-to-face'-Interaktion und entwerfen Selbstschilderungen ('Me'). Verbale und nonverbale Merkmale in der zwischenmenschlichen Interaktion sind Ressourcen, mit welchen wir unsere Selbstdarstellungen zu gestalten vermögen (z. B. Augenblicke, Lautstärke der Stimme, Unterbrechungen und Berührungen, Sitzordnung usw.)

Face-to-face Interaktion hat eine enorme Bandbreite informationtragender Art. Jeder der fünf Sinne (Sehen, Hören, Tasten, Riechen und Schmecken) kann riesige Mengen sozialer Information zwischen zwei oder mehr Individuen transportieren. Weitere Untersuchungen belegen sogar, dass Individuen kognitiv fähig sind, diese Information simultan zu verarbeiten, um Impressionen über sich selbst (Konstruktion von 'Me') und über die anderen (Konstruktion des 'verallgemeinerten anderen') zusammenzusetzen.

Mit dem Florieren der digitalen Technologien nimmt die soziale Interaktion zwischen Individuen immer mehr eine digitale Form an, dagegen nimmt die traditionelle Face-to-face-Kommunikation ab. Eine Konsequenz davon ist die Formierung eines virtuellen Selbst - d.h. ein virtuelles Me ausserhalb der direkten Kontrolle und des Wissens des Individuums. Multiple virtuelle Selves vermögen sogar gleichzeitig zu existieren. In einer virtuellen Realität stattfindenden Konstruktion kann sich ein Individuum zusätzliche virtuelle Selbst "klonen". Mead betrachtete das soziale Individuum als 'Auswechsler' (engl. 'Exchanger') von bedeutungstragenden Symbolen. Wendet man diese Definition für das virtuelle Selbst an, wird das heissen, die virtuellen Selves wären echte Mitglieder der sozialen Welt. Sie wechseln bedeutungstragende Symbole untereinander aus - nicht schlechter als dies ein virtuelles Selbst mit einem realen Selbst tut.

[Inhalt]

4.2 Begriffsorientierung: Identität, Selbst, Ich-Identität

Noch William James machte im Jahre 1890 die Unterscheidung zwischen dem empirischen 'Selbst' oder 'Me' als das Objekt, das erkannt wird, und dem reinen Ich ('I') als das Subjekt, das erkennt. Da wird das Wort 'Selbst' als umfassender Begriff gebraucht, wenn die Einheit der Person angesprochen wird (engl. 'self'). Identität und Selbst (self) werden häufig als Synonyme verwendet. Dabei meint man unter Identität 'persönliche Identität', oder 'Identitätskonfiguration' oder 'Ich-Identität', obwohl der letzte Begriff aus Erickson's Identitätstheorie stammt. Ausserdem hat das Selbst nach psychoanalytischen und psychologischen Auffassungen eine kognitive und eine emotionale Seite, die nicht voneinander zu trennen sind. Jakobson (1964, zit. nach Giddens 1991, 28) charakterisiert das Selbst durch drei Eigenschaften:

  • Die Vorstellung einer differenzierten, aber organisierten Einheit, die sich als von ihrer Umwelt unterschiedlich erlebt (Eine Erfahrung des Selbst ist also die Individualität).

  • Die Vorstellung, Kontinuität und Gerichtetheit zu besitzen; diese Erfahrung kann nur im Verlauf der Zeit gemacht werden, es wird ständig aktualisiert;

  • Die Fähigkeit, sich selbst auch durch Krisen und Umbrüche treu zu bleiben, mit sich weiterhin identisch zu sein (lat. idem - dasselbe). Das Selbst kann auch ungleichartige Erfahrungen integrieren und in die Vorstellung einer Ganzheit umwandeln.

Der Begriff 'Selbst' ist auf die Person bezogen, während bei dem Begriff 'Identität' es sich um eine Aussenperspektive (Subjekt und Objekt der Identifizierung sind getrennt, z.B. 'soziale Identität', 'kollektive Identität', 'nationale Identität') oder um Innenperspektive (Subjekt und Objekt sind eine Person, z.B. persönliche Identität) handelt. Ich zitiere hierzu eine umfassende Definition von Identität (Gildemeister/Robert 1987, 219, zit. nach Giddens 1991), die eher auf den Aspekt der Verbindung zwischen äusserer Welt und Selbst gerichtet ist:

Identität wird hergestellt, sie ist das Ergebnis einer spezifisch menschlichen Leistung, sich selbst zum Gegenstand der eigenen Wahrnehmung zu machen und als Ich zu identifizieren. Dies geschieht auf der Grundlage praktischer und kommunikativer Interaktionen. Sowohl Strukturen als auch Inhalte von Identität sind damit verstehbar als subjektiver Niederschlag und Verarbeitung realer Beteiligungen am sozialen Leben. Hinzu treten die Aneignung und Erschliessung weiterer, nicht unmittelbarer Sinnquellen (wie z.B. Medienprodukte) zur Orientierung und Strukturierung des eigenen Lebens. Damit verweisen beide Aspekte von Identität systematisch auf Strukturen und Deutungsmuster des sozialen Umfeldes, der Institutionen, sozialen Welten, Milieus und Kommunikationskanäle, in die die jeweilige Person eingebunden ist. Identität ist mithin ein variables Muster der Orientierung und Selbstverortung in der Welt, auch und gerade im Umstand ihrer Zentrierung auf die individuelle Person ein Ausdruck eines möglichen sozialen Musters, einer sozial lebbaren und lizensierten Form von Orientierung, Selbstverständnis und Handeln. ...Identität stellt ein auf die eigene Person bezogenes Zentrum der Organisation von Erleben und Handeln, Orientierung und darin Reflexion und hoher prädikativer Sinngebung dar. Sie ist vor allem auf die eigene Person rückbezogene Strukturbildung. Deren hohe affektive Besetzung resultiert daraus, dass sie für eine Person den existentiell nicht (ohne weiteres) hintergehbaren 'Ort' ihres Lebens symbolisch repräsentiert.

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4.3 Theorie der sozialen Identität

Die Theorie der sozialen Identität wurde von Tajfel & Turner 1979 entwickelt und beinhaltet drei Hauptideen: Kategorisierung, Identifikation und sozialer Vergleich. Unter Kategorisierung wird Folgendes gemeint: wir kategorisieren Gegenstände, um sie verstehen zu können auf eine ähnliche Weise, wie wir dies mit Menschen tun, um die soziale Umwelt zu begreifen. Solche sozialen Kategorien haben eine pragmatische Bedeutung, zum Beispiel "schwarz", "weiss", "Muslim", "Amerikaner", "Student", "Buschauffeur".

Die Identifikation bedeutet, dass wir uns mit Gruppen identifizieren, zu denen wir Zugehörigkeit haben. Dieser Prozess hat zwei Bedeutungen: Manchmal denken wir von uns selbst wie von "us", "them", "we", "they", und manchmal von "I", "he/she" - das heisst , einmal sind wir Mitglieder einer sozialen Gruppe und ein anderes Mal einzelne Individuen. Diese zwei Seiten sind Teile unseres Selbstkonzepts: Die erste ist unsere soziale Identität, die zweite - unsere persönliche Identität. Bei der dritten Idee handelt es sich um die bekannte Theorie des sozialen Vergleichs von L. Festinger (1954). Um ein möglichst positives Selbstkonzept zu bilden - Voraussetzung für ein gesundes psychologischesLeben -, neigen wir dazu, uns mit ähnlichen Personen zu vergleichen. Daraus folgt, dass Menschen motiviert sind, ihre Gruppen als relativ besser als ähnliche Gruppen anzusehen (sog. "positive and negative distinctiveness"). Das Konzept der sozialen Kreativität resultiert aus den oben erwähnten Prozessen: Gruppen wählen solche Dimensionen aus, die das Positive ihrer eigenen Gruppe zu maximieren vermögen.

Etwas später entwickelten Turner und Kollegen (1985) eine sozialpsychologische Theorie der Selbstkategorisierung. Hauptpostulat ist, dass wir uns zu bestimmten Zeiten lediglich wie einzelne Individuen wahrnehmen und zu anderen Zeiten wie Gruppenmitglieder - und diese zwei Wahrnehmungen sind im gleichen Ausmass gültige Ausdrücke unseres Selbst. In welchem Ausmass wir uns auf dem persönlichen oder sozialen Niveau definieren, ist eine flexible und funktional antagonistische Prozedur. Man lässt die Möglichkeit zu, dass es mehr als zwei Abstraktionsniveaus gibt. Im allgemeinen tendieren Individuen dazu, sich als relativ veränderlich zu definieren.

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4.4 Identitätsdiffusion als kulturelle Anpassungsleistung

Es wurde bereits am Anfang erwähnt, dass die meisten MUDs und IRC-Benutzer jüngere Männer in Ausbildung sind. Eine Tatsache, die mich veranlasst, an dieser Stelle der Begriff der 'Identitätsdiffusion' etwas näher zu erläutern. Mit ihm bezeichnet E. Erickson ein mögliches Ergebnis von Identitätsbildung in der Adoleszenz. Das Identitätsproblem muss am Ende der Adoleszenz seine Integration als relativ konfliktfreier psychosozialer Kompromiss finden - oder es bleibt unerledigt und konfliktbelastet. Das "Unerledigte" bezeichnet Erickson als Identitäsdiffusion.

Dieses Konzept wurde von James Marcia mit Hilfe von vier Identitätszuständen operationalisiert ("Identity Status"): Achievement [10], Moratorium [11], Foreclosure [12],Diffusion. Aufgrund empirischer Untersuchungen vermutet er, dass es eine neue Form der Diffusion gibt, die aus der Sicht des Subjekts sinnvoll ist. Er nennt sie 'kulturell adaptiv': Dort, wo gesellschaftliche Bedingungen Unverbindlichkeit und Indifferenz nahelegen, ist es vernünftig, sich nicht festzulegen, Chancen zwar zu ergreifen, aber dabei mögliche andere Optionen nicht aus dem Blickfeld zu verlieren (Kraus & Mitzscherlich 1995). Die Diffusion kann ausserdem noch in drei verschiedenen Formen existieren: 'disturbed'[13], 'carefree' [14] und 'developmental' [15]. Letzterer Typus äussert sich in der Vorstellung, dass Identität nicht mehr als einmalig abschliessende und für alle Zeiten festgelegte Organisation verstanden wird, sondern als alltagsorientierter, dezentraler und lebenslanger Prozess des Verknüpfens widersprüchlicher biographischer Erfahrungen, sozialer Rückmeldungen und daraus gewonnener Selbstbestimmungen, Werte und Überzeugungen.

Es stellt sich berechtigterweise die Frage, ob es übergreifende Muster in der Identitätsentwicklung gibt, erfolgreiche Bewältigungsstrategien, die es den Jugendlichen ermöglicht, trotz Individualisierung und Fragmentierung des Lebens sich als ganzheitlich, gesund und sogar glücklich zu erfahren (Kraus & Mitzscherlich 1995). Beide Autoren kommen bei ihrem empirischen Versuch, die vier Typen von Marcia zu belegen, zu einem anderen Typus, sog. "Surfer", der für den Gegenstand dieser Ausführungen nicht ganz unwichtig zu sein scheint. In einer spätmodernen Zeit mit schwankendem gesellschaftlichen Untergrund ist vielleicht weniger die feste Position das Sinnvollste für das Individuum als vielmehr das wache, spielerische Dahingleiten mit einer ständigen Positionskorrektur, so wie es im Bild des Surfers gesehen werden kann.

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5 Technologie des Selbst

Nachdem wir einiges darüber erfahren haben, nämlich wie und in welcher Lebensphase die soziale Identität besonders intensiv modelliert wird, lautet die nächste essentielle Frage: Was macht das moderne Selbst möglich? Besitzt das spätmoderne Selbst eine qualitativ andere Natur als das moderne Selbst? In den folgenden Ausführungen stütze ich mich auf den Artikel von Garnar (19XX), der seinerseits von M. Foucault und sein Werk über die Technologien des Selbst inspiriert war. Das Selbst ist, wie unzählige Male betont wurde, kein kohärentes Ganzes, sondern

"a constellation of tensions and attractions. There are many diverse elements to the self, some of which come in and out of phase. These include race, gender, class, language, role-models, etc. The self is contingent on its historical location. This location determines to some degree what aspects of the constellation are most active. When I refer to depth in the self, I refer to the richness involved in the interaction between the various composite parts"(Garnar 19XX).

Die soziale Konstruktion persönlicher Identität wird nach M. Foucault durch sogenannte "technologies of the self" gegeben. Foucault beschreibt die Technologien der postmodernen Zeit so:

  1. "Technologies of production, which permit us to produce, transform, manipulate things;

  2. Technologies of sign systems, which permit us to use signs, meanings, symbols, or signification;

  3. Technologies of power, which determine the conduct of individuals and submit them to certain ends or domination, an objectivizing of the subject;

  4. Technologies of the self, which permit individuals to effect by their own means or with the help of others a certain number of operations on their own bodies and souls, thoughts, conduct, and way of being, so as to transform themselves in order to attain a certain state of happiness, purity, wisdom, perfection, or immortality." (Foucault 1988, 18)

Diese Technologien fordern uns heraus, unsere Selbst so zu ändern, wie wir wirklich sein wollen. In seinem Essay über die Technologie des Selbst gibt Foucault ein Beispiel von der Antike, nämlich das stoische Sorgen um sich selbst. Wenn einst dieses Prinzip in Erfüllung geht, beginnt der Prozess des "Sich Selbst-Erkennens". Es sind mehrere Wege, dies zu erreichen:

"...letters to friends and disclosure of self; examination of self and consciousness, including a review of what was done, of what should have been done, and a comparison of the two." (Foucault 1988, 34-35)

Garnar beschreibt das Verhältnis zwischen dem 'self-as-is' und dem 'self-as-desired' als ein für die Reflexion unentbehrlicher Zwiespalt:

"We can divide the self and use one aspect of the self to understand another. We distance one part of the self into this abstracted space and can perform operation on it. At least for a temporary time, that aspect of the self is objectivized. This abstract space is used to turn one area of our subjectivity into an object of study. This space is the providence of our technologies of the self....It is only where there can be a distance between the self-as-is and the self-as-desired can the criticism necessary come to be. We must be able to distinguish between the self-as-is and the self-as-desired to develop an innovation to change the self. We must have a space in which we can show something is "wrong" before we can change what is" (Garnar 19XX).

Internet bietet eine durchaus positive Vision von Freiheit und "geteilter Menschlichkeit" an und in negativer Hinsicht ein Instrument für globale Kontrolle, Überwachung und persönliche Isolation. Foucault vereinigt in seiner Bezeichnung "self-fashioning" (soici de soi) beide Seiten, da die potentiell gegebene Möglichkeit zum Erschaffen auferlegt, aber auch frei gewählt werden könnte.

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5.1 "Shattered" selves[16]

James Glass (1993) 'erfand' seinerseits die "shattered Selves" im Gegensatz zum einheitlichen Selbst ("unitary self"). Die Befreiung des Selbst oder "to live fully aware of the contingent nature of human value and social facts is to live as a postmodernist" (Glass 1993, 1). Wie erfährt das Selbst das Leben in seiner totalen Zufälligkeit? Wird dieses Leben, erlebt als Ästhetik, zu einem Kunstwerk? Das Selbst in seiner spielerischen Qualität erfordert von ihm entweder fliessend und ungezwungen, oder multipel und fragmentiert zu sein:

"I must become a fabulous opera and not the area of the known. Understand it the way it is: always more than one, diverse, capable of being all those it will at one time be, a group acting together, a collection of singular beings that produce the enunciation. Being several and insubordinable, the subject can resist subjugation" (Cixous 1974, zit. nach Glass 1993).

Wenn man aber von fragmentierter Identität spricht, sind grundsätzlich zwei denkbare Situationen anzunehmen:

(1) Falls die postmodernistische Theorie unter Vervielfachung mehr als ein rein emotionaler Pluralismus meint, wie lässt sich mit einer fragmentierter Identität leben (siehe in diesem Zusammenhang Glass 1993)? Die Dekonstruktion von Identität vollzieht sich eigentlich in einer Psychose. Wir interessieren uns an dieser Stelle aber für mehr oder weniger gesunde Menschen. Und wenn diese Identität zerbrochen sein sollte, zerbrochen in Bezug auf was? Könnte man nicht doch von einer organisierten Fragmentierung sprechen?

(2) Wenn dann doch ein Kern, ein Zentrum einer jeden Identität denkbar wäre, kommen wir doch wieder zu einem alten "essentiellen Selbst"? Oder wäre es nicht hilfreicher, von "gesunden" fragmentierten Identitäten auszugehen, um eine Kernidentität gruppiert? Man darf nicht vergessen, dass im poststrukturalistischen Sprachgebrauch Texte gemeint waren und nicht Körper, Briefe gemeint waren und nicht Gefühle (Roland Barthes). Sogar der Körper im poststrukturalistischen Denken wurde als eine Art Text interpretiert, als Sprache; seine Bedeutung und Präsenz erscheint durch seinen Kontext in der Sprache.

Die Frage, die so viele Poststrukturalisten und gar Psychoanalitiker zu umgehen wünschen, stellt sich trotzdem: welches sind die praktischen Effekte der Vervielfachung und was bedeuten sie? Auf welche Art und Weise steuert die Mannigfaltigkeit, als Phänomenologie der Erfahrung, das menschliche Verhalten und Handeln? Ein komplexer Prozess menschlicher Interaktion und Transformation, in Bezug auf das, was wir auf andere projizieren (psychoanalytische "projizierende Identifikation").

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5.2 The saturated Self

Kenneth Gergen, der eine gewichtige Präsenz on-line in Sache Identitätskonstruktion aufweist , sprach noch 1991 vom "Dilemmas of identity" und "composing a life":

"Where both the romantic and the modernist conceptions of identifiable selves begin to fray, the result may be something more than a void, an absence of self (Gergen 1991, 146).

Wird eine Auflösung des Selbst verkündet? Das Selbstkonzept beginnt eine neue Ära, wo das Selbst umdefiniert wird - nicht mehr Essentielles an sich, sondern etwas Relatives. Gergen beschreibt den sogenannten 'social saturation'-Prozess [17] als Vorhandensein von vervielfachten Beziehungen; Wandel der Lebensformen ('bending the Life-forms'); neue Formen von Beziehungen wie beispielsweise "friendly lover relationship" und "microwave ralationship".

Nach Gergen erfährt die Selbstkonstruktion drei Stadien, die den Übergang von der modernen zur postmodernen Zeit markieren sollen (Gergen 1991,147):

  • Strategische Manipulation

Man ist nicht von einer haltbaren Bekräftigung seiner Identität abhängig. Es gibt keine bequemen Muster authentischen Handelns. Identität wird eher in Frage gestellt als bestätigt:

"...As the modernist confronts the challenge of social saturation, he or she is continuously ripped from the security of an essential or unified self." (Gergen 1991)

Die soziale Saturation vervielfältigt die verfügbaren Standards für Selbstvergleich.

  • "Pastiche" [18] Persönlichkeit

Die "pastiche" Persönlichkeit ist ein soziales Chamäleon, "constantly borrowing bits and pieces of identity from whatever sources are available and constructing them as useful or desirable in a given situation" (Gergen 1991). David Riesman benutzte in einem ähnlichen Zusammenhang den Ausdruck Monitoring, wobei er zwei Typen unterschied: beim hohen Selbstmonitoring den sogenannten 'inner-directed', sich selbstbestimmenenden Typ und beim niedrigen Selbstmonitoring einen 'other-directed' oder in sozialer Hinsicht gefügigen (engl. 'malleable') Typ. In der heutigen spätmodernen Zeit bewegen wir uns von einer Stabilität des Selbst - das Selbst als Objekt zum "Wandel des Selbst" - das Selbst als Prozess, somit wird dem Selbst noch ein Attribut zugefügt: mutable (variable) Self. Die individuelle Erfahrung in Form einer Befreiung vom Essentiellen befähigt die Person, Freude an den vielen willkürlichen Formen der Selbstexpression zu haben.

"As social relationships become opportunities for enactment, the boundary between the real and the presented self - between substance and style - is erased"(Gergen 1991, 155)

Letztendlich definiert Gergen das relative Selbst aus den obigen Ausführungen ableitbaren Schlüssen folgendermassen:

"As the self as a serious reality is laid to rest and the self is constructed and reconstructed in multiple contexts, one enters finally in the stage of the relational self. One's sense of individual autonomy gives way to a reality of immersed interdependence, in which it is relationship that constructs the self (Gergen 1991, 147).

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6 "Life is made up of many windows and real life is only one of them"

Nach der Einführung in die Welt der MUDs im Kapitel 3 gilt es zu erklären, warum sie ein "perfektes Setting" für eine neue Selbstkonstruktion darstellen sollen. Tatsächlich entwickeln erfahren MUDs-Spieler eine Denkweise, als würde die Welt aus vielen Fenstern bestehen und das reale Leben nur ein Fenster unter vielen anderen sei...Dieses rein formelle window-artige Spielen ermöglicht parallel verlaufende Lebenswelten - in den ON-Welten des Cyberspace. Verloren im Cyberspace war tatsächlich ein Relay-Chat-Spieler, der halb im ernst, halb als Spass lauthals ausrief: "Can anyone tell me how to /join # real.life"?

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6.1 Very desirable Cyberself

Eine Frau, mit der die bereits viel zitierte MUDs-Forscherin Sherry Turkle ein Interview führte, war sehr nervös, weil sie vor einem Face-to-face-Treffen mit einem Mann stand. Sie befand sich monatelang mit ihm in "virtueller Intimität". Eigentlich war 'pretty sure', ihr elektronischer Geliebter wäre ein Mann und nicht eine Frau, die sich als Mann ausgab - sonst wäre er sicher nicht einverstanden gewesen, sich mit ihr zu treffen. Ihre Sorgen hatten eine ganz andere Ursache, nämlich, dass weder sie, noch er sich ihren "very desirable cyberselves" genügen könnten.

"I didn't exactly lie to him about anything specific, but I feel very different online. I am a lot more outgoing, less inhibited. I would say I feel more like myself. But that's a contradiction. I feel more like who I wish I was. I'm just hoping that face-to-face I can find a way to spend some time being the online me."

Wenn Menschen sich einem MUD anschliessen, kreiern sie eine kunstvolle "persona" oder "character", dessen Beschreibung gespeichert wird und nach Verlangen jedem Teilnehmer mit einem speziellen Befehl zugänglich ist.

"The paradoxical combination of both anonymity and intimacy in this textual medium (one can type in one's pyjamas, in the middle of the night) releases people from their usual inhibitions, allowing them to pretend to be someone other than they are in RL. (...) the software enables individuals to cultivate stable virtual or online identities which may be radically different from their RL ones. Some individuals are already living part of their daily life in these modes, adopting either a gender-free identity, or playing a role as a member of the opposite gender". (Miller 1995 )

Was macht den Hauptunterschied zwischen Theaterspielen und MUD-Spielen aus? Nun, im Theater verfügt man über ein Szenario, das mehr oder weniger fest steht. Wohingegen im MUD jede Figur unmittelbar nach ihrer Entstehung ihre eigene Biographie besitzt, einen von ihrem Schöpfer teilweise völlig unabhängigen Curriculum - und Monate, wenn nicht Jahre damit leben kann.

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6.2 Einige MUDs-Biographien: mein echtes Zuhause

In diesem Kapitel kann ich der Versuchung nicht widerstehen, einige der spannendsten MUDs-Biographien von Sherry Turkle nochmals aufzurollen, und die theoretischen Überlegungen über Identitätskonstruktion lebendig zu illustrieren. Wie Sherry Turkle ihre Feldforschung im Internet tatsächlich betreibt, erfahren wir von ihrer eigenen Beschreibung:

"My method of investigation has been ethnographic and clinical: play the games, "hang out" with games players in virtual as well as real space, interview game players in person both individually and in groups. Some of my richest data came from a series of weekly "pizza parties" for MUDders within the Boston area. There the topic was open and conversation turned to what was on the players' minds: most often love, romance, and what can be counted on as real in virtual space." (Turkle 1997)

Gordon (23) war sehr unglücklich; in MUDs änderte er seinen Charakter und fühlte sich wie neugeboren. Er spielte gleichzeitig drei Personae. Die erste war ihm ähnlich, nur herzlicher und romantischer; die zweite war ruhig, älter, weniger interessiert an dem, was die Leute so alles tun, und die dritte war sogar eine Frau. Sie flirtete, experimentierte, war auch sexuell viel offener: "He talks about his real self as starting to pick up bits and pieces from his characters." Jeder Charakter war ein Aspekt seines Selbst und die Charaktere haben auch eine Beziehung zueinander.

Matthew (19) zog vor, nur einen Charakter zu spielen - seinen idealisierten Vater. Er probierte allerlei alternative Situationen aus, die im realen Leben von ihm nicht erlebt worden waren, um zu sehen, welche Resultate sie bringen würden. In den MUDs hatte er eine spezielle Rolle: er gewann neue Mitglieder und half diesen, sich im MUD zurechtzufinden. Dies hat ihm einen guten Ruf verschafft. Er benutzte MUDs, um einen Mann spielen zu können, von dem er sich wünschte, er wäre sein Vater. Seine Freundin hat ihn verlassen, deshalb bekam er von MUDs den gewünschten sozialen Erfolg. Er verbrachte 15 bis 20 Stunden in dieser "highly satisfying" alternativen Welt (sie war auch sein echtes Zuhause, wo er immer mit jemandem sprechen und nach Belieben tun und lassen konnte).

Stewart (23) "Du bist wer du denkst zu sein" (You are who you pretend to be): Wie bereits mehrmals erwähnt, werden in MUDs Erfahrungen gemacht, die man im realen Leben nie erfahren würde. Das Leben expandiert - zum Beispiel indem man sehr viel reist, wie Stewart, der im realen Leben dazu wenig Möglichkeiten hatte. Stewart glaubte, MUDs sei ein Teil seines realen Lebens, er eigentlich nicht verschiedene Rollen spiele, sondern MUDs ihm erlaube, die bessere Version von sich selbst zu sein. In MUDs gestaltete er die passende Wohnumgebung für sein ideales Selbst. Er hatte dadurch ein Medium, wo seine Phantasie ihre Projektion fand. Er arrangierte sogar eine Hochzeitszeremonie zwischen seiner eigenen Figur Achilles und einem anderen Charakter namens Winterlight). Im realen Leben war Stewart scheu, führte ein eher isoliertes Leben und hatte Gesundheitsprobleme, auch seine ökonomische Lage schränkte ihn ein. Im MUD fand er eine Kompensation für das, was ihm im RL fehlte.

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7 Psychotherapie oder Sucht?

Ist das stundenlange Sitzen vor dem Bildschirm, eingeloggt in einem MUD, nur eine Sucht und damit bloss Zeitverlust? "There is a limit how many years you can spend in front of a computer screen" - warnen viele vom neuen Wahn angeschlagenen Opfer. MUDs haben Stewart trotzdem nicht geholfen, sich mit seinem Selbst besser zu fühlen (trotz intensiver sozialer Kontakte, erlebter Romantik und Hochzeit). Er fühlte sich weiter abwesend, lustlos und zerbrochen. Er versuchte, seinen Achilles zu einem Teil seines realen Lebens zu machen. Doch der Versuch misslang. Die MUDs zerstörten einige seiner Barrieren. Aber er erhielt dafür keinen Ersatz. Er verstand sich weiterhin als verletzlich, nur jetzt auf eine neue Art.

Die MUDs können als eine Art von Maschine bei der "Selbstreparatur" helfen. Das heisst nicht, sie versprächen automatisch Erfolg. Sie bieten neue bequeme Möglichkeiten für Moratorien im Erickson'schen Sinne und "Fortsein" (Vacations) an (sie sind in immer verfügbaren Windows vorhanden!), enthalten aber auch neue Risiken: "The distinction between acting out and working through is crucial to thinking about MUDs as settings for personal growth" (Turkle 1995).

Die Intimität, die aus der körperlosen Interaktion resultiert, führt neben den positiven Aspekten zur „Projektionsgefahr“. Turkle beobachtete eine erste Phase des MUDdens, charakterisiert durch eine aufregend schnelle Entwicklung der virtuellen Beziehung. Dabei findet eine Übertragung von Dingen des Realen Lebens in die virtuelle Welt statt.  Eine weitere, zweite Phase zeichnet sich durch die umgekehrte Bewegung aus - nämlich durch Gegenstandsübertragung von der virtuellen Welt ins reale Leben. In dieser zweiten Phase, so Turkle, scheitern die meisten Menschen (wie Stewart, der letztendlich ob seiner „nur“ on-line Hochzeit doch nicht glücklich war und noch immer so einsam vor seinem Bildschirm sass). MUD ermutigt die Projektion und damit das Idealisieren, da  fehlt Information über die echte Person, mit der man kommuniziert. Man befindet sich, während des Tippens, in einer ungewöhnlichen „Stille“, es findet kein visueller Austausch statt. All dies fördert die Projektion, gewisse Eigenschaften werden übertrieben und sogar idealisiert.  Ironisch könnte man dazu fragen, was für Menschentypen ein Treffen mit dem on-line-Partner ohne Schäden „überleben“? Ist meine Bewunderung über die unerwartete Performance meines Cyber-Selbst eine Hilfe zum Sich-Selbst-Verstehen (im Sinne des Aurelischen ‘Erkenne dich selbst’)?

Zusammenfassend: MUDs haben zum Teil gewisse psychotherapeutische Auswirkungen auf die Persönlichkeit. Sie stimulieren zweifelsohne den psychodynamischen, therapeutischen Prozess, und es besteht keine Gefahr für Schwangerschaft oder Krankheit, wie Turkle spasshalber anzumerken beliebt. Nur in einigen Fällen, meint sie, könnten die MUDs die psychische Entwicklung positiv beeinflussen. Ich würde ihr hier zustimmen und anfügen, dass eine negative Beeinflussung hauptsächlich dort zu erwarten wäre, wo das on-line Leben den Anspruch erhebt, das ungenügende oder wenig intensive real life zu kompensieren. Die Erfahrung in MUDs könnte sinnvoll, mitunter sehr bereichernd sein, wenn es als zusätzliche Beschäftigung statt als Ersatz betrachtet würde. Wir zweifeln halt (noch) daran, dass das RL „quite another window“ ist.

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8 "Gender swapping" in VR

"Cyberspace is a strange new, frontier-like "space" without physicality; when we "enter" it, we leave our bodies behind. To date, most communication in cyberspace is text-based; individuals communicate by typing, and can't see one another. Therefore, conventional signals of gender identity such as intonation and voice pitch, facial features, body image, non-verbal cues, dress and demeanour, are absent" (Danet 1996).

Die Software von MOOs ist programmiert, eine verrückte Vielfalt von Geschlechtern anzubieten, aus welchen man auslesen kann. Neben "male" und "female" bieten sich an: "neuter," "either," "Spivak," "splat," "plural," "egotistical," "royal" (wie im königlichen "we" ), "2nd," und in MediaMOO neu erhältlich: "person." Das Letzte erlaubt den Spielern folgende Ausdrucksweise: "Person reads pers book perself." Auf den ersten Blick wirkt dies reichlich extravagant. Man soll deswegen aber nicht vergessen, dass viele der Dialoge in MUDs und MOOs in der dritten Person stattfinden: "Chatting on MOOs is more like writing collective fiction than like writing the dialogue of a drama (IRC dialogue, on the other hand is more traditionally dramatic in nature--players write primarily in the first person)" (Danet 1996).

Jedes Geschlecht hat sein eigenes Set von Pronomen. Zum Beispiel den Satz "Ich habe mein Buch selbst gelesen" erscheint im "royal we"-Form wie "Wir lesen unser Buch" auf dem Bildschirm. Interessant ist auch, dass ein grosser Teil der Spieler unkonventionelle Geschlechter für ihre Figuren auslesen. Das häufigste ist immer noch "männlich", gefolgt von "weiblich". Es mag aber überraschen, wieviele Leute andere Möglichkeiten vorziehen (in MediaMOO ein Drittel; in LambdaMOO ein Fünftel). In LambdaMOO wählten 7065 Personen die von der Software angebotenen Fix-Geschlechtstypen und immerhin 243 kreierten ihre eigenen 'Gender'.

Sehr spannend ist zu beobachten, wie die Spieler ihre Figuren "taufen". Die meisten nicht-standardisierten sind neutral: "Chaos," "salty," "neutral," "opus," "none", "lover," "me," "Ghost," "wood," " married". Amüsant sind auch die wählerischen Optionen, solche wie "whatever I feel at the time" ("Tanya") oder "mood-dependent, usually neuter" ("The-Prisoner"), "s-he" ("Natalia"). Da sich bekanntlich mehr Männer als Frauen im Internet tummeln, lässt sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit behaupten, viele Männer wählten das weibliche Geschlecht oder ein anderes, neutrales. Es ist prinzipiell im LambdaMOO nicht möglich zu eruieren, wer sich hinter den künstlichen Namen versteckt - im Gegensatz zu MediaMOO, insofern die echten Namen das Geschlecht verraten. Es sind auch einige Vorfälle bekannt, wo die Spieler Probleme kriegten, als ihr Geschlecht im RL enthüllt worden war:

"A New York Jewish male psychiatrist in his 50's played a female called "Talkin' Lady" on Compuserve; he created an elaborate persona of a woman who had been in a car accident in which her fiancé had been killed; "she" had been hospitalised and was now in a wheelchair. At first "depressed," "she" gradually became more outgoing. When virtual friends arranged to meet "her" for lunch, s/he peeked from afar. Eventually the subterfuge was discovered, much to the chagrin of those who had been taken in" (Van Gelder, 1990, zit. nach Danet 1996).

"Virtual cross-dressing" sollte trotz allem viel einfacher sein als jenen im RL. Gleichzeitig werden immer mehr Vermutungen geäussert, die textuelle Umwandlung könnte weit schwieriger sein, als dies gemeinhin angenommen würde: "Once [males] are online as female, they soon find that maintaining this fiction is difficult. To pass as a woman for any length of time requires understanding how gender inflects speech, manner, the interpretation of experience" (Turkle, 1995, 212).

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9 Schlusswort: SURplus-Identity on-line [20]

Die konventionellen Konzepte vom Individuum - als Wissenszentrum und "possessor of rationality" (rationalitätsbeherrschend, Herrscher über die Rationalität), als jemand, der schafft, entscheidet, manipuliert oder beabsichtigt - all dies wird in Frage gestellt (Gergen 1991, 156).

Aus Gründen der Vereinfachung teilen wir die Identität in RL-Identität und On-line Identität. Oder das Selbst in Cyber-Selbst und Reales- (Alltags-)Selbst. Beide unterscheiden sich voneinander mehr oder weniger stark, insofern die 'erfundene' on-line Persona in der virtuellen Gesellschaft auf eine Art und Weise effizienter ist, als die reale Persona. Da der cyberspace unsere physische Identität entfernt (der Körper bleibt im realen Leben mehr oder weniger gleich), fühlen wir uns als körperlose Kreaturen im Internet ganz anders. Die MUDs-Spiele stimulieren sogar solche "Metamorphosen" - , dort seine eigene Persönlichkeit zu spielen wäre unüblich. Mein Charakter kann den Namen "Human" tragen, und falls die anderen Spielteilnehmer mit dem Befehl "look at Human" etwas mehr über mich erfahren möchten, wird klar, dass der/die 'Human' ja nicht mal ein bestimmtes Geschlecht besitzt. Ausserdem braucht ein Cybercharakter nicht um jeden Preis im herkömmlichen Sinne zu "überleben"- die virtuellen Personae existieren wegen "pleasure or just because it seems right" (Newitz 1995).

Im Cyberspace werden offensichtlich Erfahrungen gemacht, welche die Grenzen zwischen realen und irrealen Erfahrungen, zwischen Simulation und Wirklichkeit, materiell und ideell verwischen und von der jeweiligen Betrachtungsperspektive abhängen: "RL is just one more window, and it's usually not my best one". Denn wie steht es um unseren Verstand, wenn er Reales nicht mehr von Fiktion zu unterscheiden vermag? Newitz (1995) plädiert für eine neue Definition des "Realen" und zitiert A. Toffler, wonach es im gegenwärtigen Kapitalismus einfacher sei, unvernünftig zu sein, also den gesunden Menschenverstand zu verlieren, als seine Identität als unteilbares Ganzes zu erfahren. In einer Welt des Mottos "How can I get more" scheint alles ohne Verbindung zum Materiellen sinnlos zu sein (antireal). In der Kultur der "Surplus-Werte" aber geniesst die Freiheit höchste Priorität. Wir ergattern uns ein Plätzchen im Internet dank eigenem Konto, was uns eine neue Version von Selbst zu konfigurieren erlaubt. Diese vermeintliche Freiheit aber ist illusorisch. Sie ermöglicht uns sicherlich keine Flucht vom RL: "Inventing a self on-line which contradicts other aspects of your identity only perpetuates the problems we associate with real life and its vicious circles." (Newitz 1995).

Die folgenden Punkte mögen theoretischer Rahmen zukünftiger Forschung im Internet sein:

  1. Forschung in der Soziolinguistik und diskursive Sprach-, Geschlechter- und Kommunikationsanalysen im RL und Internet;

  2. Die Ethnographie des Schreibens, ein weit weniger entwickeltes Feld als die Ethnographie des Sprechens;

  3. Forschung des interaktiven digitalen Schreibens als 'Performance';

  4. Literatur über die soziale Konstruktion der Geschlechter im realen Leben und über gender als 'Performance';

  5. Soziologie, Sozialpsychologie und Psychologie der Internet-Identität (Newitz 1995).

Was soll die immer breiter werdende Diskussion über das "elektronische Selbst"? Wie Miller (1995) zu Recht feststellt, gibt die Tatsache, dass elektronische Kommunikationen keine zwischenpersönlichen Interaktionen in der von Goffman beschriebenen Art darstellen, Anlass zur Sorge. Aber warum muss eine Interaktion überhaupt eine "körperliche", physische Dimension enthalten? Es wurde mehrmals hervorgehoben, dass die MUDs-Interaktionen dieser physischen Komponente konventioneller Art entbehren. Die Modelle, die wir zum Erklären des Selbst aufstellen, variieren je nach geschichtlichen Perioden oder jeweiliger Kultur. Das wesentliche Charakteristikum des Jetzt ist das Verschwinden des autonomen Selbst bei gleichzeitigem Entstehen der autonomen Repräsentation (Katz 19XX). An die empirische Evidenz des Cyber-Selbst glauben noch lange nicht alle WissenschafterInnen:

"We should wait to see what happens when people have actually grown up with the Web. My feeling, as an old-fashioned psychologist, is that sociality and interaction are necessary for us to know who we are and what we can say about ourselves to others, and much more depth and richness in EC is needed before 'electronic selves' can emerge." (Miller 1995)

Meines Erachtens brauchen wir nicht auf hinzukommende Tiefe und Reichtum in elektronischen Kommunikationen zu warten. Die Cyber-Selbst-Identität auf Internet, präziser: der Identitäten-Set, existiert bereits. Nur stellt er keine konstante Grösse mehr dar - man hatte früher seine "forged identity" (ge/verschmiedete Identität), 'inner direction' (David Riesman), oder 'core identity' , die, wenn überhaupt, sich nur noch mühsam "ausziehen" liess. Ist die Identität einheitlich oder besteht sie aus mehreren Teilen? Die komplexen Assoziationsketten mit Bedeutung für das Individuum führen an keinen Endpunkt, auch nicht zu einem Zentrum oder Kern des Selbst. Die Cyber-Selbst-Identität mag man sich als Mosaik vorstellen. Seine Steine lassen sich beliebig mischen und wieder einordnen. In der Vorstellung dieser Mosaik-Selbst, die immer wieder neue Identitätsentwürfe zulässt, besteht "the newly emerging sense of self" in Zeiten des Internets:

"Where does the body end and the mind begin?"
"Is not the mind a part of the body?"
"In MOO, the body IS the mind.
"All reality might consist of ideas, who knows" [
21]

[Inhalt]


10 Literatur

Baacke, D.(1986): Autobiographische Texte als Beitrag zur Ich-Konstruktion. In: Neue Sammlung, 26(3), 350-367.

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[Inhalt]

Fussnoten

[1] Multi-User-Domains (Näheres im Kapitel 3) [zurück]

[2] Man beachte, dass das Wort 'Self' im Englischen im Plural möglich ist, wohingegen im Deutschen das Äquivalent "Selbst" nur in der Einzahl existiert. [zurück]

[3] Giddens definiert das sog. 'Narrative of the self' so: "The story or stories by means of which self-identity is reflexively understood, both by the individual concerned and by the others" (Giddens 1991, Glossar). [zurück]

[4] narrative (engl.) - Erzählung, Geschichte, Darstellung, Schilderung [zurück]

[5] Engl. "Style of thinking about the mind". [zurück]

[6] Die Zahlen habe ich von Rheinhold (199X)übernommen. [zurück]

[7] Mit Christoph Lüscher. [zurück]

[8] 'toading' meint hier das Löschen der Figur aus dem MUD. [zurück]

[9] Habermas verwendet denselben Begriff, meint aber Kollektivbewusstsein, Gruppenidentität, und nicht die Innenperspektive. [zurück]

[10] Mit diesem Begriff bezeichnet Marcia die nach einer explorativen Phase ausgebildete Identität, gekennzeichnet durch gefestigte Zukunftsvorstellungen. [zurück]

[11] Jugendliche, die sich noch in der explorativen Phase befinden. Später kommt ein Wechsel zum Identity-Achievement-Status. [zurück]

[12] Personen mit festen, rigiden Vorstellungen, die sie ohne explorative Phase entwickelt haben (z.B. von den Eltern ohne Auseinandersetzung). [zurück]

[13] Charakterisiert durch biographische Verletzungen und damit verbundenem Mangel an Ressourcen. Dies geht einher mit sozialer Isolation, praktischem Scheitern und kompensatorischen Grössenphantasien. [zurück]

[14] Solche Jugendliche erscheinen auf den ersten Blick gut integriert und sozialkompetent. Sie verfügen über eine Vielzahl von Kontakten, jedoch ohne emotionale Verbindlickeit und zeitliche Kontinuität.[zurück]

[15] Ein Durchgangsstadium auf dem Weg zur erfolgreichen Identitätsbildung. Sie unterscheidet sich vom Moratorium, weil sie im Unterschied dazu nicht durch Krise, Experiment und Auseinandersetzung gekennzeichnet ist, sondern durch Undeutlichkeit, Unentschiedenheit und fehlende Verbindlichkeit. [zurück]

[16] shatter (engl.) : zerschlagen, zerbrechen, zertrümmern, zerschmettern, zerrüten. [zurück]

[17] Sättigung. [zurück]

[18] pastiche (engl.): Flickwerk, Machwerk [zurück]

[19] swap (engl.) vertauschen, austauschen, wechseln. Diese Bezeichnung hat sich in der Literatur über Identitätskonstruktion im Internet nahezu eingebürgert, um die Geschlechtsumwandlung zu benennen. [zurück]

[20] surplus (engl): Überschuss. [zurück]

[21] Auszug aus der Diskussion zur Verbannung von Mr. Bingle aus dem LambdaMOO wegen virtueller Vergewaltigung (Dibbell 1993) [zurück]

[Inhalt]

 Copyright © 1997 Evelina Bühler-Ilieva

  Last update: 01.02.2015
 

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